TE OGH 1984/3/20 9Os203/83

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Veröffentlicht am 20.03.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat am 20. März 1984 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hans und Gudrun A wegen des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach § 295 StGB über die von den Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 2. November 1983, GZ 8 Vr 2399/81-165, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers, Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, im zweiten Rechtsgang erflossenen (vgl. 9 0s 101/83-11) Urteil wurden der am 6. Oktober 1941 geborene frühere Leiter der Filiale der Z-Bank in Klagenfurt und nunmehrige Angestellte Hans A und seine am 10. Dezember 1941 geborene, als Hausfrau tätige Gattin Gudrun A des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels nach Par 295 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie im Mai 1981 in Klagenfurt dadurch, daß sie (die mit ihnen befreundete) Ulrike B veranlaßten, 316 Stück 100 US-Dollarbanknoten in Kenntnis des Umstandes, daß es sich um Fälschungen handelt, zu verstecken, Beweismittel, die zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt gewesen sind und über die sie nicht allein verfügen durften, unterdrückt. Gegen diesen Schuldspruch wenden sich die beiden Angeklagten mit (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf Z 9 lit a, Gudrun A auch auf Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO stützen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Beschwerden sind unbegründet.

Der Einwand, Hans A habe über die verfahrensgegenständlichen Falsifikate, die ihm von Luigi di C übergeben worden waren, allein verfügen dürfen, verkennt den Begriff dieses tatbildbegrenzenden Merkmals, der nicht am Vorliegen eines dinglichen Rechtes am Wertpapier oder einer faktischen Verfügungsmöglichkeit zu messen ist, sondern als das in der Rechtsordnung, vornehmlich in den Verfahrensvorschriften vorgezeichnete Recht zu verstehen ist, ausschließlich über einen Gegenstand als Beweismittel verfügen zu dürfen (WK RN 8 zu § 229 StGB und RN 2 zu § 295 StGB ). Dieses Recht stand der Z-Bank als der mit der Umwechslung beauftragten Kreditunternehmung zu, deren Machthaber (leitender Angestellter) Hans A in Klagenfurt wohl war, deren Geschäftsleitung im Sinne des § 4 Abs 3 KWG. (Geschäftsführung und Vertretung nach außen) aber immer nur einem (mindestens aus zwei Mitgliedern bestehenden)Kollegial organ zukommen darf (§ 5 Abs 1 KWG., §§ 16, 37 SpG), das allerdings verpflichtet war, der Verfälschung verdächtige in- und ausländische Banknoten einzubehalten, sie durch die Österreichiche Nationalbank überprüfen zu lassen und als gefälscht erkannte Noten den Sicherheitsbehörden zu über Zeitpunkt die Möglichkeit genommen wird, sich seiner im Verfahren zu bedienen (WK, RN 5 zu § 295 StGB ).

Diesem Erfordernis war aber im vorliegenden Fall schon dadurch entsprochen, daß die Beschwerdeführer die Verbringung und Verbergung der 316 gefälschten Dollarbanknoten mit dem im Urteil festgestellten Ziel veranlaßten, diese Beweismittel vor den mit Sicherheit zu erwartenden (vgl. neuerlich § 79 Abs 4 NBG.) Nachforschungen der Obrigkeit im Rahmen des zu diesem Zeitpunkt bereits eingeleiteten polizeilichen Ermittlungsverfahrens zu verbergen (S. 221 oben, 222 oben/III). Dieser überzeugung des Gerichtes entsprechend wollten die Angeklagten mit ihrer Handlungsweise erreichen, daß die Falsifikate den ihnen obliegenden Beweiszweck nicht mehr erfüllen können (nach dem ursprünglichen Wollen der Angeklagten sollten sie ja vernichtet werden). Damit war das Delikt aber bereits vollendet, auch wenn letztlich der erstrebte Erfolg deshalb ausblieb, weil die Beweismittel später bei einer Hausdurchsuchung doch noch sichergestellt werden konnten. Beim Tatbestand nach § 295 StGB handelt es sich nämlich - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - um ein Absichts(kupiertes Erfolgs-)delikt, bei welchem der Eintritt des Erfolges außerhalb des Tatbestandes liegt und nach der Vorstellung des Täters ohne sein weiteres Zutun eintreten soll (vgl. neuerlich WK, RN 6 zu § 295

StGB ), so daß auch dieser Einwand ins Leere geht.

Die Angeklagten glauben aber, daß der Tatbestand der Unterdrückung eines Beweismittels vor allem deshalb nicht verwirklicht sei, weil die unterdrückten Banknoten noch nicht zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt waren; sind jedoch auch hiemit nicht im Recht.

Wohl umfaßt der Schutzbereich des § 295 StGB nur zur Verwendung als Beweismittel in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmte Gegenstände. Eine derartige Verwendungsbestimmung des Beweismittels muß sich aber nicht in einem förmlichen prozessualen Akt manifestieren, es genügt vielmehr ein - wenn auch nicht ausdrücklich erklärter - 'Wille' für die Verwendung des betreffenden Beweismittels in einem solchen Verfahren. Dies kann auch in einer bloß faktischen Maßnahme, wie der Entgegennahme einer Anzeige, die nach dem üblichen Verfahrensablauf zur Einleitung von Erhebungen und zur Fahndung nach Tätern und Tatgegenständen führen muß, bestehen. Nicht erforderlich ist, daß das gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verfahren im Zeitpunkt der Unterdrückung des Beweismittels bereits in Gang war, soferne nur der Gegenstand in einem derartigen Verfahren (künftig) als Beweismittel benützt werden sollte (Leukauf-Steininger 2 , RN 3 und 4 zu § 295 StGB , WK, RN 1 zu Par 295 StGB ). Wer daher Sachen, die zur Begehung einer Straftat verwendet oder durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, zu einem Zeitpunkt unterdrückt, in dem ein sicherheitsbehördlicher Erhebungsakt und im Zusammenhang damit die Suche nach solchen Gegenständen bereits eingesetzt hat oder unmittelbar bevorsteht, verantwortet den Tatbestand des Par 295 StGB , soferne er weiß oder zumindest ernstlich rechnet und sich damit abfindet, daß die Behörde die betreffenden Sachen als Beweismittel benützen will. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte Hans A am 13. Mai 1981 erfahren, daß es sich bei den von ihm an die Bankzentrale in Wien zwecks Umwechslung übersendeten 191 Stück 100 US-Dollarbanknoten um Fälschungen handelt. Noch am selben Tag wurde seitens der Z-Bank Anzeige bei der Polizei erstattet und ein Angestellter der Bankzentrale in Wien verlangte von Hans A (telefonisch) noch 'Daten', um diese der Sicherheitsbehörde mitteilen zu können. Nach überzeugung des Erstgerichtes wußten die Beschwerdeführer daher bei der von ihnen anschließend veranlaßten Verbringung der noch in ihrem Gewahrsam befindlichen restlichen 316 Falsifikate, daß unter allen Umständen mit polizeilichen Erhebungen zu rechnen und demgemäß ein Strafverfahren wegen Geldfälschung bzw. Weitergabe nachgemachten oder gefälschten Geldes (§§ 232, 233 StGB ) unausbleiblich war, in dem naturgemäß dieGesamtheit der nach Österreich eingeführtenFalsifikate das wichtigste Beweis stammenden nachgemachten US-Dollarbanknoten. Nach dem Willen der Behörde waren daher alle diese Banknoten als Beweismittel im Strafverfahren bestimmt, auch wenn deren Verwahrungsort und genaue Anzahl im einzelnen noch nicht bekannt war. Sachverhaltserhebungen in Geldfälschungsangelegenheiten können sich schon ihrer Sache nach nicht auf die schon zustandegebrachten Banknoten beschränken, sondern müssen immer auch auf allfällige weitere in Verkehr gesetzte unechte Banknoten ausgedehnt werden (vgl. hiezu auch S. 83 f., 131 f., 141/I und ON.

35/II). Anders läge der Fall nur dann, wenn der Vorfall als solcher der Behörde noch nicht zur Kenntnis gelangt gewesen wäre, da bei einer derartigen (hier jedoch keinesfalls gegebenen) Fallgestaltung es an der Voraussetzung der Verwendungsbestimmung der Falsifikate als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren noch mangeln könnte (vgl. abermals SSt 49/51).

Den Beschwerdeführern kann schließlich auch darin nicht gefolgt werden, daß es angesichts der bereits erfolgten Sicherstellung von 191

gefälschten US-Dollarbanknoten an jeglichem Beweiswert der unterdrückten restlichen 316 Banknoten gemangelt habe. Zu einer den strafgesetzlichen Vorschriften entsprechenden Ahndung dieses Delikts ist nämlich die Zustandebringung sämtlicher gefälschter und in Verkehr gesetzter Beweismittel nicht nur zum Zwecke der vollständigen Aufklärung des Sachverhalts erforderlich, sondern auch zur Durchsetzung des staatlichen Anspruchs auf Einziehung dieser Falsifikate (§ 26 StGB ).

Nach dem Gesagten ist dem Schöffengericht somit kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn es beide Angeklagte nach § 295 StGB schuldig erkannte.

Soweit Gudrun A aber, gestützt auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO für sich die Anwendung des § 42 StGB und damit einen Freispruch nach § 259 Z 4 StPO reklamiert, ist diesem Ansinnen schon deshalb nicht näher zu treten, weil sich die inkriminierte Beweismittelunterdrückung auf ein schweres, auch wegen seines internationalen Charakters wirtschaftlich besonders gefährliches Delikt bezogen hat und in Ansehung ihrer Sozialschädlichkeit keinesfalls hinter dem in den betreffenden Strafdrohungen typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt; abgesehen davon, daß auch generalpräventive Bedenken zu beachten wären.

Beiden Nichtigkeitsbeschwerden war daher der Erfolg zu versagen. Hans A wurde für das bereits in Rechtskraft erwachsene Vergehen nach § 288 Abs 1 StGB (vgl. neuerlich 9 0s 101/83-11) unter Anwendung des § 28 StGB (im Hinblick auf den nunmehrigen Schuldspruch nach § 295 StGB ) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten und Gudrun A nach § 295 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Hinsichtlich beider Angeklagter wurde die Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, wobei der hohe Schaden, der durch die Unterdrückung der Beweismittel hätte entstehen können, bei Hans A zusätzlich das Zusammentreffen zweier Vergehen als erschwerend, und als mildernd bei beiden Berufungswerbern deren Unbescholtenheit, bei Gudrun A auch ihre Minderbeteiligung gewertet wurden. Beiden Beref%ngen, mit denen die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine (bedingte, allenfalls auch unbedingte) Geldstrafe angestrebt wird, kommt Berechtigung nicht zu.

Dem Vorbringen der Gudrun A, sie habe die Tat nur begangen, um ihren Gatten vor Schande und der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung zu bewahren, wurde bereits vom Schöffengericht durch die Verhängung einer relativ geringen Freiheitsstrafe ausreichend Rechnung getragen. Bei der Beurteilung, ob die vom Gesetz angedrohte Freiheitsstrafe (bis zu einem Jahr) in eine Geldstrafe umgewandelt werden kann (§ 37 Abs 1 StGB ), ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht schon deshalb erforderlich ist, um der Begehung derartiger strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Bedenkt man, daß im gegenständlichen Fall die beiden Berufungswerber durch ihre Handlungsweise den Machenschaften einer international tätigen, offenichtlich sehr gefährlichen Geldfälscherbande Vorschub geleistet haben, obwohl der Angeklagte Hans A in seiner Funktion als Leiter einer Bankfiliale die Verpflichtung hatte, alles zu tun, um den Umlauf bzw. den Umtausch von Falschgeld in echtes Geld hintanzuhalten, zeigt sich, daß es - zumal bedingte Strafnachsicht ohnehin gewährt wurde - zumindest der Androhung der kriminalpolitisch effektiveren Freiheitsstrafe bedarf (LSK. 1983/169, 170), um dem Strafzweck in generalpräventiver Richtung Genüge zu tun. Schon aus diesem, auch vom Schöffengericht richtig herangezogenen Grund kann eine Umwandlung der Freiheitsstrafe weder in eine bedingt nachzusehende noch in eine unbedingte Geldstrafe in Frage kommen, so daß den Berufungen ein Erfolg nicht beschieden sein konnte. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04493

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00203.83.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19840320_OGH0002_0090OS00203_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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