TE OGH 1984/4/5 13Os174/83

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Veröffentlicht am 05.04.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.April 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Karl A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 30. August 1983, GZ. 6 c Vr 3648/83-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gerö, des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, und des Vertreters der Finanzstrafbehörde, Oberfinanzrats Dr. Gerstner, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der einen Großhandel mit Bijouteriewaren betreibende Kaufmann Karl A wurde des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a, Abs 3 lit b und d FinStrG schuldig erkannt (richtig:

nur nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG, weil nurdort der Tatbestand umschrieben ist - 'wer vorsätzlich ... bewirkt ...' - und § 33 Abs 3 lit a bis f FinStrG bloßLegaldefinitionen des Bewirkens, d.h. der möglichen Arten und des Zeitpunkts der technischen Vollendung des Vergehens, enthält).

Inhaltlich des Urteils hat A vom 1.Februar 1980 bis August 1982 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen durch Einreichung falscher, und zwar teils zu geringe Erlöse und teils überhöhte Vorsteuerabzüge ausweisender, Umsatzsteuervoranmeldungen eine von ihm nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehaltene Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer im Betrag von 782.445 S für das Jahr 1980, von 709.459 S für das Jahr 1981 und von 177.854 S für die erste Hälfte des Jahrs 1982 bewirkt. Den Urteilsfeststellungen zufolge hatte es der Angeklagte bewerkstelligt, daß auf seinem Umsatzsteuerkonto fälschlich Guthaben von 592.996 S für das Jahr 1980, von 148.568 S für das Jahr 1981 sowie von 18.851 S für die Monate Jänner bis Juni 1982 entstanden. Die Umsatzsteuerzahllasten beliefen sich laut Umsatzsteuerrevision auf 189.449 S für 1980, 560.891 S für 1981 und 159.003 S für 1982. Die jeweiligen Summen der nicht existenten Guthaben und der Zahllasten wurden im Urteil als Verkürzungsbeträge angenommen. Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Er ficht die Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge an, deren Summe vermeintlich die Grenze von 500.000 S nicht übersteige, und macht dergestalt den Mangel der gerichtlichen Zuständigkeit (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG) geltend.

Rechtliche Beurteilung

Die Generalprokuratur glaubt, der Sache nach eine weitere Rüge gemäß § 281 Abs 1 Z. 11 StPO zu erkennen. Indes ist neben der Bestreitung der Geltendmachung von Abgabengutschriften das ausschließliche Beschwerdeanliegen die Gerichtskompetenz (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO), wozu der Beschwerdeführer freilich die Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge anfechten muß, ohne aber eine zu Unrecht verhängte Strafe zu behaupten ! Die Rechtsrüge ist insoweit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, als in Abweichung vom Urteilssachverhalt eingewendet wird, die Zahllast für das Jahr 1981 habe nicht 560.891 S, sondern 148.568 S betragen. Letztere Größe stellt den - mit den Ergebnissen der Umsatzsteuerrevision (S. 26) und mit dem Inhalt der EDV-Ausdrucke der Umsatzsteuervoranmeldungen (S. 31 bis 57) übereinstimmenden - Urteilsannahmen zufolge in Wahrheit die Gutschrift dar, die sich aus den überhöhten Vorsteuerausweisungen für das Jahr 1981 ergab. Dagegen beläuft sich die richtige Umsatzsteuerzahllast allein für das Jahr 1981

auf 560.891 S. Darnach bedarf die gerichtliche Zuständigkeit (§ 53 Abs 1 lit b FinStrG) keiner weiteren Erörterung.

Umsatzsteuervorauszahlungen gehören zu den selbst zu berechnenden Abgaben (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG, § 201, 202 BAO.). Festgestelltermaßen hat der Beschwerdeführer in den Umsatzsteuervoranmeldungen einerseits seine Erlöse zu niedrig ausgewiesen und zunächst auf dieser Grundlage die Umsatzsteuervorauszahlungen teilweise nicht abgeführt (§ 33 Abs 3 litÖb FinStrG, § 21 Abs 1, zweiter Satz, UStG. 1972). Er hat aber andererseits durch überhöhte Anmeldungen von Vorsteuerbelastungen (§ 12 Abs 1, 20 Abs 2 UStG. 1972) Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht (§ 33 Abs 3 litÖd FinStrG, § 21 Abs 1, erster Satz, UStG. 1972). Indem das Gericht aus den nicht abgeführten Umsatzsteuervorauszahlungen und aus den zu hoch geltend gemachten Vorsteuerbelastungen jeweils Summen gebildet und diese Summen als Abgabenverkürzungen angenommen hat, ist es einem Mißverständnis unterlegen.

Wie schon eingangs verwiesen, enthält § 33 Abs 3 FinStrG nur Legaldefinitionen: auf welche Art eine Abgabenverkürzung nach § 33 Abs 1 oder 2 FinStrG bewirkt wird und in welchem Zeitpunkt das Vergehen technisch vollendet ist (vgl. Fellner, § 33 FinStrG RZ. 59, 60). Keineswegs definiert aber § 33 Abs 3 FinStrG den Verkürzungsbetrag (§ 33 Abs 5 FinStrG). Dieser ist vielmehr, wie bereits die Benennung sagt, jenes Ausmaß an Abgaben, das dem Fiskus wirklich entgangen ist. Der Verkürzungsbetrag ist sonach jene Zahlengröße, mit der die Abgabe festzusetzen bzw. zu berechnen gewesen wäre; er ergibt sich regelmäßig aus der nach der Aufdeckung des Finanzvergehens endgültig (§ 200 Abs 2 BAO.) vorgenommenen Abgabenfestsetzung (siehe hier § 201 BAO.; Fellner, § 33 FinStrG RZ. 69). Die im Urteil bezogene Entscheidung LSK. 1978/319 (12 Os 64/78) behandelte ausschließlich eine Verkürzungsbewirkung nach § 33 Abs 3 lit d FinStrG und kann darum mit dem gegenständlichen Fall nicht verglichen werden.

Aus dem Gesagten folgt, daß die in den Umsatzsteuerrevisionen endgültig festgesetzten Zahllasten, und zwar 189.449 S für 1980, 560.891 S für 1981 und 159.003 S für 1982, die verkürzte Umsatzsteuer angeben. Indes haben die mittels der o.a. Summierungen vom Gericht zu hoch errechneten Verkürzungsbeträge weder auf die Frage öör gerichtlichen Zuständigkeit, wie schon ausgeführt, noch auf die mit 300.000 S weit unter der im § 33 Abs 5 FinStrG normierten Grenze gebliebene Strafe einen Einfluß ausgeübt (13 Os 131/81, 13 Os 140/81).

Demnach erübrigt nur mehr das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe keine Gutschrift geltend gemacht, weil er diese weder einer Steuerschuld entgegengesetzt noch darüber verfügt habe. Damit verkennt der Nichtigkeitswerber das Wesen der im § 33 Abs 3 lit d FinStrG

erfaßten Verkürzungsbewirkung. Für diese genügt die Herbeiführung der ungerechtfertigten Gutschreibung, die im Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren die denknotwendige Folge der einen überhöhten Vorsteuerabzug ausweisenden Anmeldung ist. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Karl A nach § 33 Abs 5 FinStrG (bei irriger Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG, weil ja nur ein einziger Tatbestand - § 33 Abs 2 lit a FinStrG - angenommen wurde) eine Geldstrafe von 300.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Monaten. Dabei waren der relativ lange Tatzeitraum und die mehrfache Tatbegehung erschwerend, das Geständnis, die wirtschaftliche Notlage des Angeklagten, die Selbstanzeige und die Leistung von Ratenzahlungen zwecks Schadensgutmachung mildernd. Die 'Selbstanzeige' wird als 'zu spät gekommen' bezeichnet (S. 85). Das wäre sie aber nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs 3 lit a bis c FinStrG gewesen. In Wahrheit waren die Selbstanzeigen vom 2. Juni 1981 und vom 23.August 1982 wegen Nichteinhaltung der gemäß § 29 Abs 2, letzter Satz, FinStrG gewährten Zahlungserleichterung rechtsunwirksam (siehe Vfg.v. 7. Sept. 1982 im ESt-Akt, vorletztes Blatt).

Berufungsziele sind die Ermäßigung der Geldstrafe und die bedingte Strafnachsicht; allein die Berufung greift zu kurz. Wohl kommt der Milderungsgrund des § 34 Z. 2 StGB (ordentlicher Lebenwandel) hinzu, weil der Berufungswerber gerichtlich und finanzbehördlich unbescholten ist (S. 82). Hingegen sind die Notlage, das Geständnis und die eingeleitete Schadensabdeckung schon in erster Instanz strafmildernd verwertet worden (s.o.). Entscheidend ist aber der Stellenwert der geschöpften Unrechtsfolge im gesetzlich vorgegebenen Rahmen. Gemäß § 33 Abs 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrags geahndet; neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 FinStrG auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu erkennen.

Sonach hätten über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 1,818.686

S und zusätzlich ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt werden können. Das erweist die vom Landesgericht gefundene Strafe als nicht reduktionsbedürftig.

Der Gewährung der bedingten Strafnachsicht (§ 26 Abs 1 FinStrG i. V.m. § 43 Abs 1 StGB) steht die mangelnde kriminalpolitische Effektivität einer bedingten Geldstrafe entgegen (LSK. 1983/169). Hiebei sind - der Ansicht des Berufungswerbers zuwider - nicht nur spezial-, sondern auch generalpräventive Belange zu berücksichtigen (LSK. 1983/170). Gerade diese lassen im vorliegenden Fall die bloße Androhung der verhängten Strafe als nicht ausreichend erscheinen.

Anmerkung

E04526

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00174.83.0405.000

Dokumentnummer

JJT_19840405_OGH0002_0130OS00174_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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