TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/2 2002/07/0087

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Veröffentlicht am 02.06.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E03502000;
E6J;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
59/04 EU - EWR;
80 Land- und Forstwirtschaft;
80/05 Pflanzenschutz Schädlingsbekämpfung;

Norm

11997E036 EG Art36;
11997E056 EG Art56;
31991L0414 Pflanzenschutzmittel-RL Art12;
31991L0414 Pflanzenschutzmittel-RL Art3 Abs1;
61980CJ0272 Biologische Producten VORAB;
AgrRÄG 2002;
EURallg;
PGT1 1998 §1 Abs2;
PGT1 1998 §1;
PGT1 1998;
PMG 1997 §11 idF 2000/I/039;
PMG 1997 §11 idF 2002/I/110;
PMG 1997 §32 Abs3 idF 2000/I/039;
PMG 1997 §32 idF 2000/I/039;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der A-Reisebüro-Handelsgesellschaft m.b.H. Nfg. HN in H, vertreten durch Neudorfer, Griensteidl, Hahnkamper, Stapf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Esslinggasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 23. Juli 2001, Zl. 12.407/188-I A 2/00, betreffend Vorschreibung von Gebühren in Angelegenheit Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesamtes und Forschungszentrums für Landwirtschaft (kurz: BFL) vom 10. August 2000 wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 32 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 und 4 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 60/1997 (kurz: PMG 1997), i.V.m. Pflanzenschutzmittelgebührentarif 1- PTG1 1998, BGBl. II Nr. 136/1999, verpflichtet, für die Tätigkeit der Behörde im Zusammenhang mit einer Pflanzenschutzmittelzulassung nach § 11 PMG 1997 folgende Gebühren zu entrichten:

Gegenstand der Lieferung oder Leistung

(ATS)

(EUR)

Grundgebühren gem. Pflanzenschutzmittelgebührentarif

 

 

1-PGT 1 1998, Abschnitt II, Tarifpost 4

212.000,--

15.406,64

Gebühren für die Vollständigkeitsprüfung gem.

 

 

Pflanzenschutzmittelgebührentarif 1- PGT 1 1998,

 

 

Abschnitt II, Tarifpost 5

212.000,--

15.406,64

abzüglich bereits entrichteter Stempelgebühren

-23.200,--

-1.686,01

 

400.800,--

29.127,27

In der Begründung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der einschlägigen Rechtsvorschriften u. a. ausgeführt, dass auf Grund der Anlage II des PTG1 1998 pro eingebrachtem Antrag eine Grundgebühr (kurz: GG) von ATS 2.000,-- (EUR 145,35) und eine Gebühr für die Vollständigkeitsprüfung (kurz: VPG) von ATS 2.000,-- (EUR 145,35) vorgeschrieben worden sei, sodass sich - nach Abzug der entrichteten Stempelgebühren - der Gesamtbetrag von ATS 400.800,-- (EUR 29.127,27) ergeben habe. Eine Vorschreibung der Grundgebühr allein, wie sie vom Antragsteller in der Stellungnahme vorgeschlagen worden sei, sei rechtlich nicht vorgesehen. Die Begutachtungsgebühr sei nicht Gegenstand des Bescheides, sodass darauf nicht näher einzugehen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie führte in der Berufungsbegründung im Wesentlichen aus, dass die erstinstanzliche Behörde die Frage, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorschreibung der Vollständigkeitsprüfungsgebühr im Sinne des § 32 Abs. 3 PMG 1997 überhaupt vorlägen, nicht überprüft und die Zulässigkeit, die Begutachtungsgebühr einzuheben, mit dem Hinweis mangelnder Gegenständlichkeit abgetan habe.

Ferner wurde eingewendet, dass eine Gebühr für die Vollständigkeitsprüfung im Sinne des PMG 1997 nur dann zu entrichten sei, wenn die Vollständigkeitsprüfung auf Grund des Parteienantrags erforderlich sei. Im konkreten Fall sei keine derartige Prüfung erforderlich, weil schon auf Grund des Antrags, des Vorbringens und des angeschlossenen Gutachtens eine Erledigung habe erfolgen können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Juli 2001 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, dass die Gebühr, weil diese nach Rechnungslegung nicht entrichtet worden sei, mit Bescheid vorzuschreiben sei. Das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei über die Notwendigkeit einer Begutachtung der beantragten Pflanzenschutzmittel unter Hinweis auf die Vorlage von Gutachten der biologischen Bundesanstalt in B sei von der Behörde nicht zu prüfen gewesen, weil die Begutachtungsgebühr nicht vorgeschrieben worden und somit nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides sei. Soweit die beschwerdeführende Partei an die Vorlage des Gutachtens auch die Entbehrlichkeit der Vorschreibung der Gebühr für die Prüfung der Vollständigkeit knüpfe, habe die Behörde dieser Auffassung nicht folgen können, weil jede Antragstellung die Verpflichtung der Behörde zur Prüfung der Angaben des Antrags, der vorgelegten Unterlagen und Probenmengen auf ihre Vollständigkeit begründe.

Hinsichtlich der Begutachtungsgebühr sei die Feststellung des BFL zutreffend, dass diese nicht Gegenstand des Bescheides gewesen sei, sodass von der Behörde auf das Vorbringen in der Berufung nicht näher einzugehen gewesen sei.

Zum Vorbringen, dass bei einer Zulassung eines Pflanzenschutzmittels Gebühren in der Höhe von ATS 20.000,-- (d.s. EUR 1.453,46) abzuführen seien und bei einem Antragsvolumen von über 100 Anträgen sich ein Betrag von ATS 2,000.000,-- (d.s. EUR 145.345,67) ergebe, der geeignet sei, einen neuen (kleinen) Anbieter wirksam von einem Marktantritt fernzuhalten und für die wenigen bisherigen österreichischen Anbieter eine monopolgleiche Stellung gewährleiste, wurde von der belangten Behörde auf die vom EuGH in seinem Urteil vom 17. Dezember 1981, Rs. 272/80 ("Biologische Producten BV"), vertretene Rechtsauffassung hingewiesen, wonach der Umstand, dass Kosten ein Unternehmen stärker belasteten als seinen Konkurrenten noch nicht die Schlussfolgerung zulasse, dass diese Kosten eine willkürliche Diskriminierung oder verschleierte Beschränkung im Sinne des Artikels 36 des EWG-Vertrags darstellten.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 11. Juni 2002, B 1253/01- 11, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben rechtswidriger Gebührenvorschreibungen verletzt und macht die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 11 Abs. 1 PMG 1997 i.d.F. des Agrarrechtänderungsgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 39, bedarf das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, die

1. mit einem im Inland bereits - ausgenommen nach § 13 - zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch sind und

2. in anderen Staaten, die Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, zugelassen sind

einer vereinfachten Zulassung durch das Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft.

Gemäß § 11 Abs. 3 PMG 1997 i.d.F. der Novelle BGBL. I Nr. 39/2000 hat der Antrag folgende Angaben zu enthalten:

1. eine Erklärung, dass das Pflanzenschutzmittel, das in das Inland verbracht werden soll, mit einem bestimmten im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch ist und

2. die beabsichtigte Kennzeichnung gemäß § 20.

§ 32 PMG 1997 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 39/2000

lautet:

"(1) Für Tätigkeiten der Behörden - insbesondere für Begutachtungen und Überprüfungen in einem Zulassungsverfahren gemäß den §§ 8 bis 14 - sind Gebühren nach Maßgabe eines Tarifs zu entrichten, den der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung kostendeckend festzusetzen hat.

(2) Anlässlich von amtlichen Kontrollen (§ 5 Abs. 3 und § 28) ist - abgesehen von etwaigen Straffolgen - eine Gebühr nur dann zu entrichten, wenn Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wurden.

(3) Für folgende Tätigkeiten sind die Gebühren jedenfalls im Vorhinein zu entrichten:

1.

Anerkennung von Versuchseinrichtungen,

2.

Vollständigkeitsprüfungen, die auf Grund eines Parteienantrags erforderlich sind,

3.

vereinfachte Zulassungen gemäß § 11,

4.

Veröffentlichungen im Amtlichen Pflanzenschutzmittelverzeichnis,

5.

Ausstellung einer Bewilligung gemäß § 26 und

6.

Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 27.

(4) Wenn Gebühren nicht ohne weiteres entrichtet werden, sind sie mit Bescheid vorzuschreiben."

§ 1 Abs. 1 und 2 PTG1 1998, BGBl. II Nr. 136/1999, lautet:

"(1) Die Gebühren für Anerkennungen, Zulassungen, Begutachtungen, Überprüfungen, einschließlich der Vollständigkeitsprüfungen, Veröffentlichungen und Bewilligungen infolge eines Antrages auf Grund der §§ 5, 11, 12, 13, 23, 26 oder 27 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 sowie - soweit keine gutachtlichen Stellungnahmen des Bundeskanzleramtes oder des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie erforderlich sind - der §§ 18 oder 19, werden in der Anlage festgesetzt.

(2) Die jeweilige Grundgebühr (GG) und die Gebühr für die Vollständigkeitsprüfung (VPG) gemäß der Anlage sind im Vorhinein zu entrichten."

Abschnitt II der Anlage zum PTG1 1998 legt für die vereinfachte Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, die mit im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln identisch sind, gemäß § 11 des Pflanzenschutzmittelgesetzes 1997 folgende Gebühren fest:

"Gebührenart

Tarifpost

Gebührenspezifikation

Gebühren in ATS

GG

4

je Pflanzenschutzmittel

2 000

VPG

5

je Pflanzenschutzmittel

2 000

BG

6

je Pflanzenschutzmittel

16 000"

Die beschwerdeführende Partei macht in der Beschwerde insbesondere die Unzulässigkeit der Pflicht zur Vorlage von Proben zur neuerlichen Analyse geltend. Bereits bei der Einfuhr eines in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Schädlingsbekämpfungsmittels seien die zuständigen Behörden gehalten, zur Erleichterung der Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel beizutragen. Daher dürften sie nicht ohne Not technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangen, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in einem anderen Mitgliedsstaat durchgeführt worden seien und ihre Ergebnisse diesen Behörden zur Verfügung stünden oder auf deren Anfrage zur Verfügung gestellt werden könnten.

Im Fall der Identität eines Importproduktes mit einem bereits in dem Mitgliedstaat zugelassenen Produkt erachte die EG-Kommission die Durchführung eines erneuten Formalzulassungsverfahrens überhaupt für unnötig. Bereits im Urteil des EuGH "Adriaan de Peijper" (Rs. 104/75) erwarte der EuGH von den nationalen Behörden, die Identitätsprüfung von Amts wegen vorzunehmen (Hinweis auf das zitierte Urteil RN 26/27). Diese Forderung sei auch in Art. 12 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln festgeschrieben worden.

Nach dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-94/98 ("Rhone Poulenc Rorer Ltd. u.a.") komme es dem EuGH darauf an, dass sich die zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaates bei der Einfuhr auf Grund der ihnen vorliegenden Angaben vergewisserten, dass das parallel importierte Mittel, auch wenn es nicht in allen Punkten mit den von ihnen bereits zugelassenen Mitteln identisch sei, den gleichen Wirkstoff enthalte, die gleichen Wirkungen habe und im Hinblick auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit keine Probleme aufwerfe.

Auch im Urteil des EuGH vom 27. Juni 1996, Rs. C-293/94 ("Jacqueline Brandsma"), werde zum Parallelimport von Pflanzenschutzmitteln ausdrücklich ausgeführt, die zuständigen Behörden dürften nicht ohne Not technische oder chemische Analysen oder Laborversuche verlangen, wenn die gleichen Analysen und Versuche bereits in einem anderen Mitgliedsstaat durchgeführt worden seien und ihre Ergebnisse diesen Behörden zur Verfügung stünden oder auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden könnten. Gebühren für unzulässige Kontrollen stellten aber selbst dann verbotene Abgaben dar, wenn sie den tatsächlichen Kosten der jeweiligen Kontrolle entsprächen.

Die Pflanzenschutzmittel seien in Österreich schon registriert gewesen, der Behörde seien alle Unterlagen zur Verfügung gestanden und im Pflanzenschutzmittelregister sei ersichtlich gewesen, dass die Mittel verkehrsfähig seien. Die Behörde vermeine offensichtlich, dass jeder, der ein identes Mittel parallel importiere, sich der Zulassung unterziehen müsse, was alleine schon rechtsirrig sei, weil hier kein patentschutzähnliches Rechtsinstrument geschaffen werden sollte, sondern verhindert werden sollte, dass Pflanzenschutzmittel, die nicht den österreichischen Normen entsprächen, in Verkehr gebracht würden.

Die beschwerdeführende Partei verweist insbesondere auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2002 (1133 d.B. zu den Sten. Protokollen des NR, XXI. GP), mit welchem § 11 PMG 1997 novelliert wurde. Danach habe damit der Gesetzgeber bereits zugestanden, dass die Beibringung des Pflanzenschutzmittels zur Untersuchung dem EU-Recht widerspreche und daher auch der Gebührentarif für einen Antrag auf vereinfachte Zulassung nach § 11 PMG 1997 "abzustufen" sei.

§ 11 PMG 1997 regelt das zulässige Inverkehrbringen eines bereits im Inland zugelassenen identen oder eines in einem anderen EWR-Staat zugelassenen Pflanzenschutzmittels, wofür auch nach der von der beschwerdeführenden Partei zitierten Novelle des Pflanzenschutzmittelgesetzes auf Grund des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 110, weiterhin eine "vereinfachte Zulassung" erforderlich ist. In der Regierungsvorlage (RV) zum Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 (563 d. B. zu den Sten. Prot. des NR, XX. GP) wird zur vereinfachten Zulassung nach § 11 leg. cit. (s. S. 31 der RV) u.a. ausgeführt, dass Pflanzenschutzmittel - unabhängig von dem Umstand, ob sie in einem anderen Mitgliedsstaat bereits zugelassen sind - gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EWG auch einer Zulassung in Österreich bedürfen. An dem Aspekt der erforderlichen Zulassung nach § 11 PMG 1997 hat sich auch durch die Rechtsentwicklung bis zur Erstellung der Regierungsvorlage zum Agrarrechtsänderungsgesetz 2002 (siehe insbes. die Erläuterungen auf S. 27 der RV 1133 d.B. zu den Sten. Prot. des NR, XXI. GP) nichts geändert.

Auch wenn seit Inkrafttreten des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2002 die obligatorische Beibringung einer für die Untersuchung ausreichenden Menge des zur Zulassung beantragten Pflanzenschutzmittels in Originalverpackung mit der Antragstellung entfällt und der Gebührentarif an die geänderten Zulassungsbedingungen "entsprechend" anzupassen ist, wurde im Beschwerdefall keine Begutachtungsgebühr für die Durchführung einer derartigen Begutachtung vorgeschrieben. Es gehen daher auch die Beschwerdeausführungen betreffend die Unzulässigkeit von chemischen Analysen und Laborversuchen und die damit in Zusammenhang stehenden Gebühren ins Leere.

Entgegen den Beschwerdebehauptungen trifft es auch nicht zu, dass in Art. 12 der Richtlinie 91/414/EWG die Forderung einer von Amts wegen vorzunehmenden Identitätsprüfung enthalten ist, zumal diese Vorschrift - wie schon aus der Überschrift hervorgeht - den Informationsaustausch betreffend Pflanzenschutzmittel regelt.

Weiters macht die beschwerdeführende Partei die Unzulässigkeit der Vollständigkeitsprüfungsgebühr geltend. Eine Grundgebühr von ATS 2.000,-- für die Entgegennahme, Bearbeitung und die Erledigung des Antrages sei dann als angemessen und damit als kostendeckend im Sinne des § 32 Abs. 1 PMG 1997 anzusehen, wenn es ausschließlich um die vereinfachte Prüfung gehe. Gemäß der aktuellen Rechtslage und bei EU-Rechtskonformer Interpretation auch gemäß der zur Zeit der Antragstellung geltenden Rechtslage habe ein Antrag auf vereinfachte Zulassung nach § 11 PMG 1997 Folgendes zu enthalten:

1. die Erklärung, dass das Pflanzenschutzmittel mit einem im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittel identisch sei und

2.

die beabsichtigte Kennzeichnung und

3.

die Originalbezeichnung bzw. frühere Unterlagen, auf Grund derer die Identität habe beurteilt werden können.

Die Überprüfung, ob alle drei Bestandteile (die in den Anträgen enthalten seien) vorlägen, könne im Normalfall in wenigen Sekunden erfolgen. Für diese wenigen Sekunden Tätigkeit sehe Abschnitt II des PTG1 1998 eine Vollständigkeitsgebühr von weiteren S 2.000,-- vor. Diese wenigen Sekunden Tätigkeit sollten mit der gleichen Gebühr wie die vollständige Abwicklung des übrigen Zulassungsverfahrens abgegolten werden. Bei einer Bearbeitungsdauer von maximal 10 Sekunden würde dieser Arbeitsschritt zu hochgerechnet mindestens S 720.000,-- pro Stunde vergütet werden. Es könne wohl niemand behaupten, dass dieser Satz notwendig sei, um die durchschnittlichen, durch die Vollziehung des PMG 1997 entstehenden Kosten abzudecken. Dieser Gebührensatz sei durch nichts gerechtfertigt und verstoße auf Grund seiner importhemmenden Wirkung gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 und 30 EG.

§ 1 Abs. 1 PTG1 1998 knüpfe die Vorschreibung von Gebühren lediglich an die tatsächliche Vornahme gebührenfähiger Amtshandlungen infolge eines Antrages an und schränke die Vergebührung nicht auf die Amtshandlungen ein, die auch tatsächlich erforderlich gewesen seien. So sei eine enorm aufwendige Vollständigkeitsprüfung auch dann vorzunehmen, wenn sie nur mit dem persönlichen Unvermögen des vollziehenden Organs zu erklären wäre. Würde einem vollständigen Antrag unnötiger Weise auch noch eine Probe des Pflanzenschutzmittels beigeschlossen werden, was im vorliegenden Fall ja vom BFL tatsächlich verlangt werde, könnte eine unnötiger Weise erfolgte Begutachtung dieser Probe dem Antragsteller sogar mit S 16.000,-- pro Antrag verrechnet werden. Bei konsequenter Anwendung des PTG1 1998 wäre daher für den Serienantrag vom 22. September 1999 auf Zulassung von 106 Pflanzenschutzmitteln anstatt einer angemessenen Gebühr von S 212.000,-- (Grundgebühr) eine Gebühr von S 2,120.000,-- (GG, VPG, BG) vorgeschrieben worden. Der PTG1 1998, einschließlich der in diesem Fall relevanten Vollständigkeitsgebühr, widerspreche daher dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit. Auf Grund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechtes seien die Tarifpost 5 und 6 gar nicht anwendbar, sodass keine Gebühren für die Vollständigkeitsprüfung vorgeschrieben hätten werden dürfen.

§ 32 PMG 1997 und der PTG1-1998 bilden die Grundlage für die Vorschreibung jener Kosten, welche (bei einer "Durchschnittsbetrachtung"; vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 18. Juni 1990, VfSlg. Nr. 12.387) der Behörde durch deren Tätigkeit im Zuge der Antragstellung entstehen.

Die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten Bedenken gegen die Angemessenheit der Höhe der Vollständigkeitsgebühr wurden vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilt (vgl. den vorzit. Beschluss vom 11. Juni 2002, B 1253/01-11). Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt angesichts der von der Behörde nach § 11 PMG 1997 durchzuführenden "Identitätsprüfung" keine Bedenken gegen die Höhe der diesbezüglich festgelegten Gebühr, zumal eine gewissenhafte Prüfung je Antrag erfahrungsgemäß jedenfalls erheblich mehr als die von der beschwerdeführenden Partei erwähnten 10 Sekunden in Anspruch nimmt. Ferner kann in diesem Zusammenhang auch keine unzulässige "Wettbewerbsbeschränkung" i. S.d. Art. 28 und 30 EG gesehen werden, zumal die Tätigkeit der Behörde im Zusammenhang mit der vereinfachten Zulassung nach § 11 PMG 1997 insbesondere unter der Zielsetzung der "Zugrundelegung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt" (vgl. § 1 leg. cit.) erfolgt.

Schließlich kann das Beschwerdeargument, dass schwächere Wirtschaftsteilnehmer durch die Gebührenvorschreibung benachteiligt würden, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Der EuGH hat - wie bereits von der belangten Behörde ausgeführt - im Urteil vom 17. Dezember 1981, Rs. 272/80 ("Biologische Producten B.V."), zum Parallelimport von Schädlingsbekämpfungsmittel ausgesprochen, dass der bloße Umstand, dass die von einem Mitgliedstaat eingehobenen Kontrollkosten ein Unternehmen, das ein zugelassenes Erzeugnis in geringerer Stückzahl in den Verkehr bringt, stärker belasten als seinen Konkurrenten, der davon eine viel größere Stückzahl vertreibt, noch nicht die Schlussfolgerung zulässt, diese Kosten stellten eine willkürliche Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung im Sinne des Art. 36 (EWG) dar (RN 15).

Die in § 32 Abs. 3 PMG 1997 i.V.m. § 1 Abs. 2 PTG1-1998 angeführten und im Vorhinein zu entrichtenden Gebühren fallen - unabhängig vom weiteren Verfahren - allein auf Grund der Antragstellung an. Eine Diskriminierung ergibt sich daher schon deshalb nicht, weil die Gebühr von jedem Antragsteller auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels bzw. auf vereinfachte Zulassung gemäß § 11 leg. cit. zu entrichten ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG i.V.m. mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Juni 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 61980J0272 Biologische Producten VORAB

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002070087.X00

Im RIS seit

30.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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