Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner sowie Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 1.Februar 1984, GZ 8 Vr 106/83- 16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 2.April 1979 in Oberpullendorf als Leiter der dortigen Sparkassen-Filiale in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Unbekannten als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Anton B als Kassier dieses Instituts durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch die Vorgabe, Franz C persönlich wolle 200.000 S von seinem Sparbuch-Konto abheben, zu deren Auszahlung an den unbekannten Komplizen, also zu einer Handlung verleitet, die den genannten Konto-Inhaber um jenen Betrag am Vermögen schädigte, wobei er zur Täuschung einen Auszahlungsbeleg, den er selbst mit dem Namen des Geschädigten unterschrieben hatte, sohin eine falsche Urkunde benützte.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.
Inwiefern die Erstattung eines Gutachtens darüber, ob die Empfänger-Unterschrift auf dem Auszahlungsbeleg vom Beschwerdeführer stammt, mit einer solchen Schwierigkeit verbunden sein sollte, daß mit dem Fachwissen eines einzigen Experten nicht das Auslangen gefunden werden könnte (§ 118 Abs 2 StPO), ist der Beschwerde (Z 4) nicht zu entnehmen: die (sicherlich mit Recht hervorgehobene) Wichtigkeit des in Rede stehenden - allerdings zu Unrecht als überhaupt einziges Kriterium der Beweiswürdigung bezeichneten -
Beweisthemas hat mit dem Schwierigkeitsgrad der Begutachtung jedenfalls nichts zu tun.
Demgemäß ist die Verfahrensrüge in Ansehung der (nur auf der Annahme einer derartigen Schwierigkeit beruhenden) Ansicht, durch die Ablehnung des Antrags auf Einholung eines zweiten graphologischen Gutachtens bei einem anderen Sachverständigen und auf Beischaffung eines Kreditaktes mit weiteren Vergleichsunterschriften des Franz C zu diesem Zweck (S. 146) seien Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt worden, mangels einer insoweit notwendigen (weiteren) Substantiierung einer - über die Erwiderung, daß eine derartige Beeinträchtigung nicht zu erkennen ist, hinausgehenden - sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.
Die im Rahmen der Mängelrüge erhobene Behauptung aber, das schriftliche Gutachten des Sachverständigen D (ON. 14) sei in der Hauptverhandlung nicht zur Verlesung gelangt, trifft nach dem für das Rechtsmittelgericht maßgebenden Inhalt des Protokolls (S. 142) nicht zu, sodaß die darauf gestützten Einwände des Beschwerdeführers, das Erstgericht hätte jene Expertise im Urteil nicht auswerten dürfen (Z 5) und eben deswegen umso mehr seinen zuvor erörterten Beweisanträgen stattgeben sollen (zu Z 4), jeglicher Deckung durch die Aktenlage entbehren.
Nicht gesetzmäßig ausgeführt hinwieder ist die Beschwerde mit dem Vorwurf, die Urteilsbegründung sei in Ansehung der Feststellung, daß das Geld entweder am Nachmittag des 30.März oder am Vormittag des 2. April 1979 und damit zu einer Zeit behoben wurde, für die C ein Alibi erbracht hat, nur offenbar unzureichend (Z 5). Denn mit der Hypothese, die Behebung könne genausogut am Vormittag des zuerst oder am Nachmittag des zuletzt angeführten Tages stattgefunden haben, setzt sich der Angeklagte, der im Vorverfahren selbst davon gesprochen hatte, daß das Geld zu den vom Erstgericht angeführten Zeitpunkten abgehoben worden sei (S. 27), über die vom Schöffengericht für die bekämpfte Annahme der Tatzeit ins Treffen geführten - demnach von ihm selbst stammenden - Argumente (S. 153) einfach hinweg, ohne eine Unvereinbarkeit jener Begründung mit den Denkgesetzen oder mit allgemeiner Lebenserfahrung auch nur zu behaupten.
Nichts anderes gilt für seine weiteren Einwände (Z 5), das Erstgericht habe sich mit der Anzeige insoweit nicht befaßt, als daraus hervorgehe, daß sich C um das Fehlen der behobenen 200.000 S drei Jahre lang nicht gekümmert habe; dazu genügt es daher gleichfalls, den Beschwerdeführer auf die Entscheidungsgründe (S. 154) zu verweisen.
Von einer (in der Mängelrüge abermals nicht näher erläuterten) Widersprüchlichkeit der Urteilsfeststellungen (Z 5) im Hinblick darauf indessen, daß darnach die Abhebung des tatgegenständlichen Geldbetrages einmal auf ein Konto, ein anderes Mal aber auf ein Sparbuch und dann wieder auf ein 'Sparbuch-Konto' bezogen werde, kann keine Rede sein: zum einen ist doch den Gründen der angefochtenen Entscheidung unmißverständlich zu entnehmen, daß das Geld von einem Sparbuch behoben wurde, und zum anderen werden naturgemäß auch Sparguthaben bei Geldinstituten kontenmäßig erfaßt. Die Rechtsrüge des Angeklagten (Z 9 lit a) schließlich, mit der er (sinngemäß) die Auffassung vertritt, von einer (gemeint: für die erörterte Auszahlung kausalen) Irreführung des Kassiers könne deshalb nicht gesprochen werden, weil letzterer beim Sparbuch des C, obgleich es auf Namen lautete, nicht verpflichtet gewesen sei, die Berechtigung des überbringers zur Abhebung zu überprüfen, läßt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung schon deshalb vermissen, weil es bei der Beurteilung, ob jemand - wie das Erstgericht in bezug auf Anton B feststellte - tatsächlich in Irrtum geführt, also zu einer unrichtigen Vorstellung von der Wirklichkeit gebracht (oder darin bestärkt), und hiedurch zu einem bestimmten Verhalten veranlaßt wurde, um eine Tatfrage geht.
Bei deren Lösung aber ist dem Schöffengericht ein (damit der Sache nach allenfalls geltend gemachter) Begründungsmangel (Z 5) nicht unterlaufen. Denn die eine Annahme, daß ein Kassenangestellter zur Prüfung der Identität einer Person, die von einem Sparbuch Geld abhebt, an sich nicht verpflichtet ist, steht der anderen, daß er über diesen Umstand nichts destoweniger getäuscht wird, durchaus nicht entgegen, zumal ein Geldinstitut jedenfalls dazu legitimiert ist, bei Bedenken gegen die materielle Berechtigung des überbringers die Auszahlung zu verweigern (vgl. ÖJZ-LSK. 1982/107); dazu kommt noch, daß der Beschwerdeführer mit der Behauptung, bei Abhebungen vom Sparbuch des C habe es keines Nachweises der Identität des (gemeint: überbringers mit dem) Berechtigten bedurft, jene Konstatierungen übergeht, nach denen im Hinblick darauf, daß das Buch bei der Sparkasse im (von B betreuten - ON. 5) Depot verwahrt wurde, bei (dem Letztgenannten oblegenen - S. 76) Ausfolgungen sehr wohl eine derartige Identitätsprüfung, wenn auch durch den Schalterangestellten, vorzunehmen war (S. 152). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur teils als offenbar unbegründet und teils mangels gesetzmäßiger Ausführung schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 i.V.m. § 285 a Z 2 StPO).
über die Berufung dagegen wird gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E04664European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00078.84.0508.000Dokumentnummer
JJT_19840508_OGH0002_0100OS00078_8400000_000