TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/7 2003/14/0039

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Veröffentlicht am 07.06.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §47 Abs2;
KommStG 1993 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der S-GmbH in I, vertreten durch Dr. Josef R. Harthaller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 24/1, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen Innsbruck vom 27. Feber 2003, Zl. I-Rm-1149e/2001, betreffend Kommunalsteuer 1995 bis 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Geschäftsführungsagenden bei der beschwerdeführenden GmbH wurden - den Feststellungen des Prüfers im Zuge einer abgabenbehördlichen Nachschau für den Zeitraum 1995 bis 1998 zufolge - von einem "operativen" Geschäftsführer und von einem "kontrollierenden" Geschäftsführer wahrgenommen. Die beiden Geschäftsführer waren an der Beschwerdeführerin nicht beteiligt.

Die Bezüge des "kontrollierenden" Geschäftsführers WF (1995 bis 1998 insgesamt ca 820.000 S) hatte die Beschwerdeführerin nicht der Kommunalsteuer unterzogen.

Den Feststellungen des Prüfers folgend wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Magistrates Innsbruck eine Kommunalsteuer-Nachforderung für den Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1998 samt Säumniszuschlag vorgeschrieben.

Die gegen diese Vorschreibung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. Oktober 2001, Zl. I- 1149/2001, als unbegründet ab. Die belangte Behörde gelangte zu dem Ergebnis, es liege auch hinsichtlich des Geschäftsführers WF ein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG vor, weshalb die Kommunalsteuervorschreibung zu Recht bestehe.

Mit dem hg Erkenntnis vom 22. Oktober 2002, 2001/14/0219, wurde der genannte Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In diesem Erkenntnis, auf das zur weiteren Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird, führte der Verwaltungsgerichtshof u.a. aus, das völlige Fehlen einer Weisungsunterworfenheit schließe idR ein Dienstverhältnis aus. Allerdings reicht es bei leitenden Angestellten aus, wenn sich die Weisungsgebundenheit auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränke. In der am Beginn eines Vertragsverhältnisses zwischen einer Gesellschaft und einem ihrer Geschäftsführer (im Anstellungsvertrag) vorgenommenen Festlegung des Aufgabenumfanges als solcher liege - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - keine Weisungsunterworfenheit.

Weisungsunterworfenheit bedeute vielmehr, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen könne. Ob eine Weisungsunterworfenheit in diesem Sinne vorgelegen sei, habe die belangte Behörde -  in Verkennung der Rechtslage - nicht festgestellt.

Im fortgesetzten Verfahren vernahm die belangte Behörde WF als Zeugen. Er brachte u.a. vor, Eigentümer (Gesellschafter) der Beschwerdeführerin seien die S-R Wien, mehrere Banken GmbHs sowie eine X-Bank gewesen (offenkundig zählen alle Gesellschaften wie auch die Beschwerdeführerin zum selben Bankensektor). Zu seinen Aufgabengebieten habe die Mitwirkung bei der Einstellung von Personal, die laufende Hilfestellung bei komplexen Immobiliengeschäften, die Hilfestellung bei Problemfällen personeller Art zwischen den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin und den Mitarbeitern der Gesellschafter und schließlich die Präsentation des Quartals- und Jahresergebnisses im Rahmen von halbjährlich stattfindenden "Beiratssitzungen" gehört. Er sei gegenüber "der Holding Wien und Beteiligungsmanagement T" verantwortlich gewesen. Im Zuge der "Beiratssitzungen" seien ihm diverse Aufgaben zugeteilt worden. Hauptziel der Beschwerdeführerin sei die Beibringung von Kredit- und Veranlagungsgeschäften im Rahmen von Immobiliengeschäften für die einzelnen Banken des Sektors.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Geschäftsführer WF habe im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme seine Aufgaben angeführt (Mitwirkung bei der Einstellung von Personal, laufende Hilfestellung bei komplexen Immobiliengeschäften, Hilfestellung bei Problemfällen personeller Art zwischen Mitarbeitern der Beschwerdeführerin und Mitarbeitern der Gesellschafter und Präsentation des Quartals- und Jahresergebnisses im Rahmen von halbjährlich stattfindenden "Beiratssitzungen"). Im Zuge der "Beiratssitzungen" seien WF konkrete Aufgaben vom "Beteiligungsmanagement T", Herrn Mag. H bzw Herrn Mag. S in Wien, zugeteilt worden. Hiebei habe es sich um Fragen der strategischen Planung und der Verbesserung von Kreditgeschäften gehandelt. "Bezugnehmend auf diese wahrzunehmenden Aufgaben des Geschäftsführers muss von einer Weisungsunterworfenheit seinerseits ausgegangen werden. Wenn (WF) angibt, dass er im Zuge von regelmäßigen Beiratssitzungen auch konkrete Aufgaben von für ihn verantwortlichen Personen zugeteilt erhielt, so ist nach Ansicht der Berufungsbehörde das Erfordernis für eine gegebene Weisungsunterworfenheit, nämlich die individuell konkrete Anordnungsbefugnis bzw die Beeinflussung des Dienstnehmers durch individuell konkrete Anordnung, jedenfalls als erfüllt anzusehen." Der Geschäftsführer empfange Weisungen in den halbjährlichen "Beiratssitzungen" und gebe diese an die Mitarbeiter, mit denen er regelmäßig Kontakt pflege, weiter.

     Die Eingliederung des WF in den Betrieb der

Beschwerdeführerin folge daraus, dass WF  - wie sich das aus

seiner Zeugenaussage ergebe  -  wöchentlich sechs bis acht Stunden

für die Beschwerdeführerin tätig sei. Jeder Geschäftsfall werde mit einem der beiden Geschäftsführer besprochen. Der Umfang der Tätigkeit und der Umstand, dass kein Geschäftsfall ohne vorangegangene Besprechung weiter betrieben werde, lasse den Schluss auf eine starke Eingliederung des WF zu.

Gegen diesen Bescheid - soweit er die Vorschreibung von Kommunalsteuer betrifft - wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§§ 1 und 2 des KommStG, BGBl 819/1993, in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung lauten:

§ 1

"Der Kommunalsteuer unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind."

§ 2

"Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

§ 47 Abs 2 EStG lautet:

"Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen."

§ 20 Abs 1 GmbHG lautet:

"Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, alle Beschränkungen einzuhalten, die in dem Gesellschaftsvertrage, durch Beschluss der Gesellschafter oder in einer für die Geschäftsführer verbindlichen Anordnung des Aufsichtsrates für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, festgesetzt sind."

Die Beschwerdeführerin wendet sich in der Beschwerde - wie bereits im Verwaltungsverfahren - u.a. gegen die Feststellung des angefochtenen Bescheides, WF sei ihr gegenüber weisungsgebunden. Sie bringt in diesem Zusammenhang vor, aus der Aktenlage sei einwandfrei zu erkennen, dass WF völlig frei in seinen Entscheidungen sei. Eine Weisungsgebundenheit könne aus der Aktenlage nicht abgeleitet werden.

Dem "Werkvertrag", aufgrund dessen WF für die Beschwerdeführerin tätig ist, ist eine Weisungsgebundenheit unstrittig nicht zu entnehmen. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass der "Anstellungsvertrag" (eventuell durch mündliche oder konkludente Vereinbarung) eine Ergänzung oder Modifikation erfahren hat. Im angefochtenen Bescheid stützt die belangte Behörde die Weisungsunterworfenheit des WF auf dessen Aussagen im Rahmen der Einvernahme als Zeuge, wonach er im Rahmen der halbjährlich stattfindenden "Beiratssitzungen" konkrete Aufgaben von "Beteiligungsmanagement T" (Herrn Mag. H) bzw Herrn Mag. S in Wien (offenkundig ein Mitarbeiter der "Holding Wien") zugeteilt erhalte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2001/14/0219 zum Ausdruck gebracht hat, bedeutet Weisungsunterworfenheit, dass der Arbeitgeber die Tätigkeit des Dienstnehmers beeinflussen kann. Wenn der angefochtene Bescheid von einer Anordnungsbefugnis eines "Beirates" bzw der "Beteiligungsmanagement T" bzw des Mag. H bzw der "Holding Wien" bzw des Mag. S in Wien ausgeht, wird nicht die Anordnungsbefugnis der Beschwerdeführerin dargelegt, zumal der Bescheid nicht offen legt, in welcher Beziehung die genannten Personen und Einrichtungen zur Beschwerdeführerin stehen.

Der Berufungsvorentscheidung ist zu entnehmen, dass die X-Bank zu 25% an der Beschwerdeführerin beteiligt und WF Dienstnehmer der X-Bank sei. Die Weisungsunterworfenheit des WF gegenüber der X-Bank begründet als solche noch kein Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin. Es bedarf vielmehr einer (einem Organ) der Beschwerdeführerin zuzuordnenden Weisungsbefugnis. Ob aber etwa "Beteiligungsmanagement T" bzw "Holding Wien" Gesellschafter sind oder solche "verkörpern" ist der Aktenlage und dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde sohin unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob eine Weisungsgebundenheit des WF der Beschwerdeführerin gegenüber vereinbart ist. Gesetzt den Fall, der Beschwerdeführerin kommt WF gegenüber keinerlei Weisungsbefugnis zu, kann seine Tätigkeit für die Beschwerdeführerin nicht als solche im Rahmen eines Dienstverhältnisses iSd § 47 EStG angesehen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 7. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003140039.X00

Im RIS seit

03.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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