TE OGH 1984/5/22 9Os50/84

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Veröffentlicht am 22.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 (erster Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. Februar 1984, GZ 2 e Vr 8985/83-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Reich-Rohrwig, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

1.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

2.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Unterstellung des zu Punkt B des Urteilsspruches umschriebenen Verhaltens des Angeklagten unter die Bestimmung des § 198 Abs. 2 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Peter A hat durch das zu Punkt B des Urteilsspruches umschriebene Verhalten das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils weiters zur Last liegende Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 130 erster Fall StGB gemäß § 130 erster Strafsatz StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 (achtzehn) Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

              3.              Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 32-jährige Peter A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach § 127 Abs. 1, 128

Abs. 1 Z 4, 130 (gemeint ersichtlich: erster Fall) StGB sowie des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Gegen diese Entscheidung - der Sache nach nur in Ansehung des Schuldspruches wegen des Verbrechens nach § 127 ff StGB - wendet sich der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung der Mängelrüge (Z 5) beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, die - für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung im Sinne des § 130

StGB relevanten - Feststellungen des Erstgerichtes, wonach er die ihm angelasteten (5) Diebstähle in der Absicht begangen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und wonach er aus seinen Tathandlungen auch im wesentlichen seinen Unterhalt bestritten hat, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, wobei er versucht, seiner Verantwortung, er habe die einzelnen Diebstähle nur begangen, weil jeweils gerade die Gelegenheit günstig gewesen sei, im übrigen aber seinen Unterhalt aus Gelegenheitsarbeiten und aus Unterstützungen seiner Mutter bestritten, zum Durchbruch zu verhelfen. Die Beschwerdeausführungen sind demnach nicht geeignet, den relevierten Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen, zumal dem Erstgericht - welches seine Feststellungen hinreichend begründet hat - damit keine Verstöße gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorgeworfen werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge muß daher versagen.

Mit der Rechtsrüge (Z 10) bekämpft der Beschwerdeführer - seine Ausführungen hiezu formal zum Teil bereits in den Rahmen seiner Darlegungen zur Mängelrüge verlegend - die rechtliche Beurteilung seines Handelns als gewerbsmäßig begangene Diebstähle im Sinne des § 130 StGB (§ 70 StGB).

Soweit er dabei behauptet, auch auf Grund der getroffenen Feststellungen seien die ihm angelasteten fünf Diebstähle nicht von einem einheitlichen Tatwillen umfaßt gewesen, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund allerdings nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da er nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht, wonach er sich entschlossen hatte, sich durch die Begehung der im Spruch genannten Diebstähle (Abmontieren und Verkaufen von Jugendstilleuchten) eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen (S 242, 244). Angesichts dieser Feststellungen des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite irrt der Beschwerdeführer aber, wenn er meint, die Annahme gewerbsmäßigen deliktischen Handelns nach § 130 (§ 70) StGB setze weiters die Begehung einer größeren Zahl von Diebstählen (innerhalb eines kurzen Zeitraumes) mit jeweils annähernd gleichen - und zwar entsprechend hohen - Erlösen voraus. Vielmehr muß beim gewerbsmäßigen Handeln der Täter bloß darauf abzielen (§ 5 Abs. 2 StGB), durch die wiederholte Begehung von Straftaten desselben Deliktstypus (hier Diebstähle) ein fortlaufendes, d.h.

ein entweder überhaupt ständiges oder aber doch für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen, wobei es weder auf die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Straftaten, noch darauf ankommt, welche Bedeutung die Größe der erstrebten Einnahmsquelle für den Täter im Rahmen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hat, weshalb auch das Verhältnis zwischen den allfälligen sonstigen Einkünften des Täters und dem aus den Straftaten erstrebten Einkommen nicht berücksichtigt zu werden braucht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 70 RN 3, 4, 5 und die dort zitierten Entscheidungen).

Zu Recht hat das Erstgericht sohin die dem Angeklagten zur Last liegenden Diebstähle als gewerbsmäßig im Sinne des § 70 StGB begangen beurteilt und diese Straftaten sohin auch rechtsrichtig dem § 130 StGB (erster Fall; vgl. 'schwerer gewerbsmäßiger' Diebstahl) unterstellt.

Auch die Rechtsrüge des Angeklagten erweist sich daher als verfehlt, sodaß die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Die erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gibt jedoch insoweit Anlaß für eine Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO zu Gunsten des Angeklagten, als dieser - von ihm nicht bekämpft - auch des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs. 2 StGB schuldig erkannt wurde (Faktum B), weil er in der Zeit von Anfang November 1981 bis 31. Mai 1983 und vom 8. August 1983 bis Ende November 1983 dadurch, daß er für seine am 9. August 1975 geborene Tochter Daniela A keinerlei Unterhaltszahlungen leistete, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzte und dadurch bewirkte, daß der Unterhalt der Unterhaltsberechtigten ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre. Das Erstgericht begründete die Unterstellung der Tat unter den 2. Absatz des § 198 StGB damit, daß der Angeklagte bereits einmal wegen Nichtzahlung der Unterhaltsleistung verurteilt worden und infolge des langen Zeitraumes die Verletzung als gröblich anzusehen sei.

Demgegenüber ist eine gröbliche Verletzung der Unterhalts pflicht bereits Tatbestandsmerkmal des Grundtatbestandes des § 198 Abs. 1 StGB, während die Anwendung des (einen strengen Strafsatz normierenden) Abs. 2

der genannten Gesetzesstelle voraussetzt, daß der Täter rückfällig (§ 39) ist - also schon zweimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und diese Strafen wenigstens zum Teil verbüßt hat - oder aber die Tat die Verwahrlosung oder eine beträchtliche Schädigung der Gesundheit oder der körperlichen oder geistigen Entwicklung des Unterhaltsberechtigten (Abs. 2 1. Fall) bzw. sogar dessen Tod (Abs. 2 2. Fall) zur Folge hatte. Keine dieser Voraussetzungen trifft hier jedoch nach der Aktenlage zu, vielmehr ist der Angeklagte - wie das Erstgericht auch zutreffend in seinen Urteilsgründen ausführt - (erst) einmal einschlägig vorbestraft (vgl. Strafregisterauskunft S 11). Die Anwendung des § 198 Abs. 2 StGB war demnach verfehlt; der Angeklagte wäre vielmehr rechtsrichtig des Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB schuldig zu erkennen gewesen.

Somit erweist sich das Urteil als mit dem vom Angeklagten in dieser Richtung nicht geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, der sich (bei der Strafbemessung) zum Nachteil des Angeklagten auswirken konnte, weshalb insoweit spruchgemäß zu erkennen war. Bei der infolge der getroffenen Sachentscheidung notwendig gewordenen Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art, die einschlägigen Vorstrafen und die Verletzung der Unterhaltspflicht durch einen längeren Zeitraum, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung.

Ausgehend von diesen besonderen Strafzumessungsgründen sowie unter entsprechender Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erschien eine Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß der Schuld des Angeklagten und seiner kriminellen Täterpersönlichkeit angemessen.

Daß die Verletzung der Unterhaltspflicht nur nach dem 1. Absatz des § 198

StGB zu beurteilen war, fällt bei der Strafbemessung kaum zu Gunsten des Angeklagten ins Gewicht; die insoweit geänderte rechtliche Beurteilung konnte daher nicht zur Verhängung einer geringeren Strafe als jener, auf die bereits im Ersturteil erkannt worden war, führen.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04811

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00050.84.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19840522_OGH0002_0090OS00050_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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