TE OGH 1984/6/7 8Ob15/84

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Veröffentlicht am 07.06.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Paul F*****, vertreten durch Dr. Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Georg U*****, vertreten durch Dr. Albin Ortner, Rechtsanwalt in Villach, wegen 62.800 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 30. Dezember 1983, GZ 7 R 37/83-26, womit im wiederaufgenommenen Verfahren AZ 20 Cg 438/78 des Landesgerichts Klagenfurt das Klagebegehren abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Graz mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil vom 30. 12. 1983 durch den erforderlichen Ausspruch nach § 500 Abs 3 ZPO zu ergänzen.

Text

Begründung:

In dem zu AZ 20 Cg 438/78 des Landesgerichts Klagenfurt geführten Rechtsstreit begehrte der Kläger vom Beklagten aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus einem am 6. 10. 1978 stattgefundenen Verkehrsunfall die Zahlung von 62.800 S sA. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Urteil vom 27. 4. 1979, GZ 20 Cg 438/78-10, statt. Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht mit Urteil vom 26. 11. 1979, GZ 7 R 117/79-18, Folge. Es traf nach Beweiswiederholung andere Tatsachenfeststellungen als das Erstgericht und änderte dessen Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Eine gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Klägers blieb erfolglos; der Oberste Gerichtshof gab ihr mit Urteil vom 6. 3. 1980, GZ 8 Ob 15/80-23, nicht Folge.

Mit seiner am 23. 2. 1983 beim Oberlandesgericht Graz eingebrachten Wiederaufnahmsklage begehrte der Kläger unter Geltendmachung des Wiederaufnahmsgrundes nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO die Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 20 Cg 438/78 des Landesgerichts Klagenfurt und die Aufhebung der in diesem Verfahren ergangenen Urteile sowie die Entscheidung im wiederaufgenommenen Verfahren im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens.

Das Oberlandesgericht Graz gab dem Wiederaufnahmebegehren des Klägers statt und hob die im Vorprozess ergangenen Urteile auf; diese Entscheidung blieb unbekämpft.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wies das Oberlandesgericht Graz im wiederaufgenommenen Verfahren das Klagebegehren neuerlich ab.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.

Über das vorliegende Rechtsmittel kann derzeit noch nicht abgesprochen werden.

Gemäß § 535 ZPO ist ein im Wiederaufnahmeverfahren oder im wiederaufgenommenen Verfahren ergehendes Urteil des Berufungsgerichts über eine bei ihm unmittelbar eingebrachte Wiederaufnahmsklage nur mit Revision bekämpfbar (s dazu Fasching Kommentar IV 536; SZ 10/107; 4 Ob 23/73; EvBl 1978/148; 3 Ob 586/82). Der Revisionswerber ist daher auf die im § 503 ZPO normierten Revisionsgründe beschränkt und es gelten auch die gesetzlichen Revisionsbeschränkungen, soweit sie unter Bedachtnahme auf die Art der bekämpften Entscheidung anwendbar sind.

Da die angefochtene Entscheidung nach dem 30. 4. 1983 gefällt wurde, ist die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit nach den dafür geltenden Bestimmungen der ZPO idF der ZVN 1983 zu beurteilen (Art XVII § 2 Abs 1 Z 8 der ZVN 1983).

Das angefochtene Urteil wurde vom Oberlandesgericht Graz nicht in seiner Funktion als ein die Richtigkeit einer Entscheidung überprüfendes Rechtsmittelgericht gefällt. Es handelt sich daher um keine bestätigende Entscheidung iSd § 502 Abs 3 ZPO, sodass die in dieser Gesetzesstelle normierte Revisionsbeschränkung nicht anzuwenden ist (vgl Fasching aaO; SZ 10/107; EvBl 1978/148).

Hingegen entspricht es Lehre und Rechtsprechung, dass in einem derartigen Fall die Revision unzulässig ist, wenn die im § 502 Abs 2 ZPO normierten Revisionsbeschränkungen vorliegen, wenn also eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs wegen der Art der behandelten Rechtssache oder eines zu geringen Anfechtungsstreitwerts überhaupt unzulässig ist (vgl Fasching aaO; SZ 10/107; EvBl 1978/148).

Im vorliegenden Fall kommt zwar auch die im § 502 Abs 2 ZPO normierte Revisionsbeschränkung nicht zum Tragen. Im Hinblick auf die durch die ZVN 1983 eingeführte Revisionsbeschränkung des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist aber zu prüfen, ob diese Revisionsbeschränkung dann anzuwenden ist, wenn eine Entscheidung des Berufungsgerichts im wiederaufgenommenen Verfahren über eine bei ihm unmittelbar eingebrachte Wiederaufnahmsklage iSd § 535 ZPO mit Revision bekämpft wird.

Diese Frage ist zu bejahen, weil die im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO geschaffene Revisionsbeschränkung (da der Streitgegenstand im vorliegenden Fall 300.000 S nicht übersteigt, kommt die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO nicht in Betracht) im Wesentlichen den gleichen Zwecken dient wie die im § 502 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionszulässigkeit. Der Zweck der Vorschrift des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO liegt nämlich im Wesentlichen darin sicherzustellen, dass der Oberste Gerichtshof, soweit es sich um Rechtsmittel im Zulassungsbereich handelt, grundsätzlich nur mit wichtigen, zumindest potentiell für eine größere Anzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsamen Rechtsfragen befasst wird, um damit seiner Leitfunktion besser gerecht werden zu können (s dazu AB 1337 BlgNR 15. GP 19). Wenn die Bestimmung des § 502 Abs 2 ZPO die Anrufung des Obersten Gerichtshofs in bestimmten Fällen überhaupt ausschließt, so lässt sie die Vorschrift des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in anderen Fällen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. In beiden Fällen besteht kein Anlass, die im Gesetz normierten Revisionsbeschränkungen nicht anzuwenden, wenn es sich um die Bekämpfung einer Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz handelt, die von ihm zwar nicht in seiner Funktion als Rechtsmittelgericht gefällt wurde, die aber iSd § 535 ZPO nur mit Revision bekämpft werden kann. Dass in derartigen Fällen die durch die ZVN 1983 eingeführte Rechtsmittelbeschränkung des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht anzuwenden wäre, ist weder dem Gesetz zu entnehmen noch ergibt sich derartiges, wie dargestellt, aus dem Zweck dieser Bestimmung. Sie ist vielmehr auch unter Bedachtnahme auf die Art der im vorliegenden Fall bekämpften Entscheidung anwendbar.

Daraus ergibt sich aber im vorliegenden Fall die Verpflichtung des Oberlandesgerichts Graz, iSd § 500 Abs 3 ZPO auszusprechen, ob die Revision gegen sein Urteil nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist und diesen Ausspruch kurz zu begründen. Da es dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, war ihm die entsprechende Berichtigung (Ergänzung) seiner Entscheidung aufzutragen.

Sollte es aussprechen, dass die Revision nicht nach § 502 Abs 4 Z 1 zulässig ist, wäre die bereits erstattete Revision dem Klagevertreter zur allfälligen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs 1 Z 5 zurückzustellen.

Textnummer

E119360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00015.840.0607.000

Im RIS seit

29.09.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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