TE OGH 1984/7/3 9Os78/84

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Veröffentlicht am 03.07.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juli 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak (Berichterstatter), Dr. Reisenleitner, Dr. Felzamnn und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Giovanni A und andere wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach § 15, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Andreino B und Fabrizio DEL` C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 1. März 1984, GZ 20 Vr 3336/83-137, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und der Verteidiger Dr. Dallinger und Dr. Lenhart, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fabrizio DEL` C wird teilweise Folge gegeben und die erstgerichtliche Vorhaftanrechnung bei diesem Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs 1 StPO auch bei den Angeklagten Giovanni A und Andreino B dahin ergänzt, daß dem Angeklagten A die Verwahrungshaft vom 22. September 1983, 18,10 Uhr, bis 23. September 1983, 17,00 Uhr, und den Angeklagten B und DEL` C jeweils auch die Verwahrungshaft vom 22. September 1983, 18,10 Uhr, bis 23. September 1983, 18,30 Uhr, gemäß § 38 Abs 1 StGB auf die Strafe angerechnet wird.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DEL`

C und jene des Angeklagten Andreino B (diese zur Gänze) verworfen.

III. Den Berufungen der Angeklagten B und DEL` C wird nicht Folge gegeben.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten B und DEL` C auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf den Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurden der 22-jährige Giovanni A, der 20-jährige Andreino B und der 28- jährige Fabrizio DEL` C des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach § 15, 142 Abs 1, 143, erster und zweiter Fall, StGB und Giovanni A überdies des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffenG schuldig erkannt. Darnach haben die Genannten am 22. September 1983 in Innsbruck in Gesellschaft als Beteiligte Helmut D durch Vorhalten einer Pistole und die Aufforderung, Geld herauszugeben, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abzunötigen getrachtet, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und Giovanni A als Alleintäter in Innsbruck und anderen Orten am 22. September 1983 unbefugt eine Pistole, mithin eine Faustfeuerwaffe, besessen und geführt.

Dieses Urteil, das in Ansehung des Giovanni A in Rechtskraft erwachsen ist, wird von Andreino B und Fabrizio del C mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft; nominell relevieren beide die Z 8 des § 345 Abs 1 StPO, B überdies die Z 5 und 9 und DEL` C auch die Z 13 der genannten Gesetzesstelle.

Rechtliche Beurteilung

Zur Beschwerde des Andreino B:

Der Verfahrensrüge (Z 5) dieses Angeklagten zuwider verfiel sein in der Hauptverhandlung gestellter Antrag, zwei Polizeibeamte zum Beweis dafür zu vernehmen, 'ob bei der Rekonstruktion der Tat Widersprüche hinsichtlich der Tatfrage bzw. der Täterbeteiligung aufgetreten sind, oder ob über Widersprüche trotz Vorhalt hinweggegangen wurde' (II/314) zu Recht und ohne daß hiedurch Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers geschmälert worden wären, der Ablehnung, weil es sich hiebei um einen - obendrein weitgehend unsubstatiierten - Erkundungsbeweis handelt. Die erst in der Beschwerdeschrift nachgetragene Konkretisierung bzw. Zielrichtung des Antrages bedürfte - als verspätet - keiner Erörterung; nur der Vollständigkeit halber sei aber hiezu angemerkt, daß es weder für die Qualifikation der Gesellschaftstäterschaft (§ 143 erster Fall StGB) noch für die Frage strafaufhebenden Rücktrittes vom Versuch (§ 16 StGB) entscheidend ist, ob B am Tatort die Schublade geöffnet hatte und DEL` C an der Tür gestanden war oder ob es sich umgekehrt verhielt. Setzt doch Gesellschaftsraub lediglich gleichzeitig Anwesenheit der Täter am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe, Einverständnis mit dem unmittelbaren Täter über die Tatausführung sowie eine diese zumindest fördernde Tätigkeit im Sinne eines sonstigen Tatbeitrages nach dem dritten Fall des § 12 StGB voraus (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 E 1 zu § 143 StGB u.a.) und könnte aus einem (blossen) Ander-Tür stehen nichts abgeleitet werden, was die Kriterien eines freiwilligen Rücktrittes vom Versuch im Sinne des § 16 Abs 1 StGB - bei Beteiligung mehrerer Täter: Verhinderung der Tatausführung oder Erfolgabwendung - erfüllte.

Die auf die Z 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Rüge, die Rechtsbelehrung an die Geschwornen sei rein optisch so abgefaßt gewesen, daß für die Laien praktisch nur ein Schuldspruch in Frage gekommen wäre, entzieht sich einerseits mangels Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung und erweist sich im übrigen, soweit auf Verfahrensergebnisse Bezug genommen wird, als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Soweit unter dem genannten Nichtigkeitsgrund, der Sache nach aber unter der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO die Stellung einer Zusatzfrage dahin gefordert wird, ob B nicht allenfalls zufällig in der Trafik anwesend gewesen war, als der Angeklagte A die Pistole zückte, ist dem zu entgegnen, daß in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung die Frage des Einverständnisses des einen Täters mit dem anderen und die übrigen Voraussetzungen einer Gesellschaftstäterschaft von der betreffenden Hauptfrage umfaßt wird.

Schließlich geht aber auch das auf die Z 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Vorbringen des Angeklagten B fehl:

Ungeachtet der - ersichtlich auf einen Schreibfehler zurückzuführenden - Unrichtigkeit der Bezeichnung des Tattages in der Hauptfrage 3 ('20.' statt '22.' September) steht die Identität der von den drei Hauptfragen erfaßten Tat vorliegend außer Zweifel; von einer widersprechenden Fragebeantwortung kann daher keine Rede sein.

Dem weiteren, die Z 9 des § 345 Abs 1 StPO relevierenden Einwand, die Bejahung der Hauptfrage 3 sei 'aktenwidrig', weil nach dem Beweisverfahren lediglich A eine Waffe verwendet habe, nicht aber, wie der Fragetext besage, auch B, ist zunächst zu entgegnen, daß mit dem angezogenen Nichtigkeitsgrund lediglich aus dem Wahrspruch selbst hervorgehende Mängel abgeleitet werden können, nicht aber solche, die aus einem Vergleich mit Beweisergebnissen resultieren (Mayerhofer-Rieder, E 6 zu § 345 Z 9 StPO). Im übrigen haftet auch ein unbewaffneter Gesellschaftstäter für die Qualifikation der Verwendung einer Waffe beim Raub, wenn er in Kenntnis einer solchen Verwendung durch einen anderen Beteiligten ist, und es wurden die Geschwornen hierüber und über die Möglichkeit einschränkender Beantwortung der Schuldfrage hinreichend aufgeklärt (vgl. S 5 und 9 der Rechtsbelehrung).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B war daher zur Gänze

zu verwerfen.

Zur Beschwerde des Fabrizio DEL` C:

Wenn dieser Angeklagte vermeint, durch den Einleitungssatz der Rechtsbelehrung ('erst nach dem Vorliegen des Wahrspruches der Geschwornen wird im Falle eines auf dieser Grundlage zu fällenden Schuldspruches gemeinsam mit den Mitgliedern des Schwurgerichtshofes, also mit den drei Berufsrichtern, über die gesetzlichen Folgen, insbesondere über die Strafe zu beraten sein') ergebe sich bereits eine negative Beeinflussung der Geschwornen, da diese hiemit auf einen Schuldspruch fixiert würden, wird mit dieser Behauptung eine unrichtige Rechtsbelehrung im Sinne der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO nicht einmal behauptet; abgesehen davon, entspricht der zitierte Satz inhaltlich der Bestimmung des § 338 StPO Den folgenden Beschwerdeausführungen unter denselben Nichtigkeitsgrund zuwider ist ferner die - bei Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B bereits erörterte - Belehrung zur Gesellschaftstäterschaft im Sinne des § 143 erster Fall StGB (S 4 f der Rechtsbelehrung) richtig, vollständig und allgemein verständlich abgefaßt.

Die in diesem Zusammenhang vom Angeklagten DEL` C erhobene, der Sache nach die Z 6 des § 345 Abs 1 StPO relevierende Rüge des Unterbleibens einer 'Zusatzfrage' in Richtung einer zufälligen Anwesenheit des Beschwerdeführers am Tatort, wird - um Wiederholungen zu vermeiden - auf das oben zur gleichlautenden Beschwerde des Angeklagten B Gesagte verwiesen.

Berechtigung kommt der Beschwerde des Angeklagten DEL` C nur insoweit zu, als er mit der Z 13 des § 345 Abs 1 StPO den Ausspruch über die Vorhaftanrechnung anficht:

Nach den vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Erhebungen wurden nämlich alle drei Angeklagten am 22. September 1983 um 18,10 Uhr festgenommen, worauf sie sich bis zum Beginn des Vollzuges der jeweils über sie verhängten Verwaltungsstrafen (A: 23. September 1983, 17,00 Uhr; B und DEL` C: 23. September 1983, 18,30 Uhr) im gegenständlichen Verfahren in sicherheitsbehördlicher Verwahrungshaft befanden.

Da dieser Zeitraum vom Erstgericht nicht angerechnet wurde, war dies in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DEL` C bzw. bei den Angeklagten A und B, die insoweit kein Rechtsmittel ergriffen haben, gemäß § 290 Abs 1 StPO nachzuholen und die Vorhaftanrechnung zu ergänzen.

Zu den Berufungen der Angeklagten B und DEL` C:

Das Geschwornengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei B und DEL` C den Umstand, daß die Qualifikation nach § 143

StGB in zweifacher Hinsicht erfüllt wurde, bei DEL` C ferner die Vorstrafe wegen Diebstahls in der Bundesrepublik Deutschland, zog als mildernd bei beiden Angeklagten den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben war sowie bei B überdies dessen Alter unter 21 Jahren und das bisher tadelfreie Vorleben in Betracht und verhängte über B unter Anwendung des § 41 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier und über DEL` C eine solche im Ausmaß von fünf Jahren.

Die Berufungen der Angeklagten, mit denen sie Strafherabsetzung anstreben, sind nicht begründet.

Keiner der beiden Berufungswerber vermag nennenswerte zusätzliche Milderungsgründe ins Treffen zu führen bzw. die vom Erstgericht festgestellten erschwerenden Umstände in Zweifel zu setzen. Auf der Basis der vom Geschwornengericht angenommenen Strafzumessungsgründe jedoch und angesichts des hohen Unrechtsgehaltes jedes bewaffneten Raubüberfalles erscheinen die gefundenen Freiheitsstrafen durchaus tatschuldadäquat und mithin einer Reduktion unzugänglich.

Es mußte daher auch den Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04599

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00078.84.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19840703_OGH0002_0090OS00078_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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