TE OGH 1984/9/5 11Os71/84

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Veröffentlicht am 05.09.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta (Berichterstatter), Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Beran als Schriftführers, in der Strafsache gegen Otto A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengerichts vom 7. Februar 1984, GZ 10 Vr 2538/83-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug und des Verteidigers Dr. Mayer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des im schuldigsprechenden Teil des Erkenntnisses umschriebenen Sachverhaltes auch unter die Bestimmung des § 288 Abs. 1 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Otto A hat durch das im schuldigsprechenden Teil des angefochtenen Urteils näher bezeichnete Verhalten das Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 41 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Monaten verurteilt.

Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 20. November 1924 geborene Pensionist Otto A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 11. April 1983 vor dem Bezirksgericht Klagenfurt in der Rechtssache 7 C 40/83 als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die beeideten Angaben 'Ich war im Bett ... daneben (gemeint neben dem Fahrzeug) bin ich jedenfalls nicht gestanden' falsch ausgesagt hatte. Von einem weiteren Anklagevorwurf in Richtung eben dieses Verbrechens wurde er gemäß dem § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

Gegen den schuldigsprechenden Teil dieses Erkenntnisses wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Z 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rüge kommt teilweise Berechtigung zu.

Unter Bezugnahme auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund behauptet der Angeklagte, daß es vorliegend deshalb am Tatbestand des § 288 StGB mangle, weil der inkriminierte Teil seiner Zeugenaussage nicht in den Rahmen seiner förmlichen Vernehmung zur Sache gehört habe. Als 'nicht zur Sache' gehörig seien nicht nur die Identifizierungsangaben eines Zeugen, sondern überhaupt alle Angaben zu betrachten, die nicht die Wahrheitsfindung sichern, wobei es belanglos bleibe, ob es zu solchen Angaben am Beginn der Vernehmung oder - wie vorliegend 'zwischendurch' komme. Zum Beweisthema selbst habe der Angeklagte aber als Zeuge keine falschen Angaben gemacht. Dieses Vorbringen des Angeklagten nimmt darauf Bezug, daß er nach den getroffenen Feststellungen in der Rechtssache des Bezirksgerichtes Klagenfurt Walter B gegen Erika C wegen Räumung einer Wohnung zu einer für den 9. März 1983 anberaumten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung als Zeuge geladen war, aber nicht erschien und sich vom Beklagtenvertreter unter Vorlage eines ärztlichen Attestes mit einer Grippeerkrankung entschuldigen ließ. Bei der auf den 11. April 1983 erstreckten Tagsatzung fand dann die Zeugenvernehmung des Angeklagten statt, wobei er zu Beginn vorschriftsmäßig beeidet und im Zuge der Vernehmung vom Klagevertreter u.a. auch über seinen Verbleib am Tag der vorangegangenen Tagsatzung befragt wurde. Im Rahmen dieser Befragung behauptete er auch, er sei zum Zeitpunkt der Tagsatzung vom 9. März 1983 in seinem Haus in Tuderschitz bettlägerig gewesen und dort nicht neben jenem Fahrzeug gestanden, an welchem sein Sohn Reparaturarbeiten durchgeführt habe. Nachdem in der darauffolgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27. Juni 1983 drei Zeugen (Ilse D, Adele E und Konrad F) Aussagen abgelegt hatten, welche auf eine objektive und subjektive Unrichtigkeit dieser Angaben des nunmehrigen Angeklagten hindeuteten, unterbrach der Richter des Bezirksgerichtes Klagenfurt das Verfahren 7 C 40/83 dieses Gerichtes und übermittelte den Akt der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zur Prüfung dieser Verdachtsmomente. Auf Grund der hierauf von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt in Richtung des Verbrechens der (beeideten) falschen Beweisaussage vor Gericht erhobenen Anklage erging der eingangs erwähnte Schuldspruch. Der Schöffensenat vertrat hiebei die Rechtsansicht, daß der Angeklagte, welcher zu Beginn seiner Vernehmung gemäß dem § 321 ZPO ausdrücklich belehrt und vorschriftsmäßig beeidet worden war, auf alle an ihn gerichteten Fragen die volle Wahrheit auszusagen gehabt hätte.

Hiezu war folgendes zu erwägen:

Richtig ist, daß nach dem Inhalt des in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. Dezember 1982 gefaßten Beweisbeschlusses Thema der Vernehmung des Angeklagten als Zeuge die in der Strafsache 7 C 40/83 (damals 7 C 1315/82) des Bezirksgerichtes Klagenfurt entscheidungswesentlichen Umstände waren, 'ob die Töchter der Beklagten Erika B bereits selbsterhaltungsfähig geworden sind und nicht mehr in der den Gegenstand der Räumungsklage bildenden Wohnung wohnen und ob die Beklagte eine Lebensgemeinschaft mit dem Angeklagten eingegangen ist' (vgl. S 15 d.A 7 C 40/83 des Bezirksgerichtes Klagenfurt). Damit ist aber für den Standpunkt des Angeklagten nichts zu gewinnen. Denn wie sich aus dem Kontext der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 11. April 1983 vom Angeklagten auf Befragen des Klagevertreters gemachten Angaben ergibt (S. 33 ff d.A 7 C 40/83 des Bezirksgerichtes Klagenfurt), waren die Fragen des Klagevertreters darauf gerichtet, im Hinblick auf die notwendige Klärung der in diesem Zivilprozeß entscheidungswesentlichen Frage, ob zwischen der Beklagten und dem Angeklagten eine Lebensgemeinschaft und somit eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, im Detail zu ermitteln, wann und wie lange sich der Angeklagte jeweils bei der Beklagten in der verfahrensgegenständlichen Wohnung 9020 Klagenfurt, Siebenhügelstraße 31, oder aber auf seinem Anwesen in 9062 Moosburg, Tuderschitz 42, aufgehalten hatte. Neben anderen Zeiträumen bezog sich dabei die Befragung auch auf die einzelnen Tage zwischen dem 7. März und dem 14. März 1983, wobei der Angeklagte in bezug auf den 9. März 1983 u.a. die nun inkriminierten, (auch) für die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit relevanten Angaben machte. Seine nach den Feststellungen des Erstgerichtes auch subjektiv falsche, beeidet abgelegte Zeugenaussage gehörte daher entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sehr wohl (noch) 'zur Sache' im Sinn des § 288 (Abs. 1) StGB Nur der Vollständigkeit halber sei vermerkt, daß es im übrigen auch auf die Erheblichkeit einer falschen Aussage für die sodann ergangene gerichtliche Entscheidung nicht ankommt (vgl. Pallin im WK, RZ 11 zu § 288 StGB).

Ohne Rechtsirrtum erkannte sohin das Erstgericht den Angeklagten des Deliktes der falschen Beweisaussage nach dem § 288 StGB schuldig. Berechtigt ist die Beschwerde hingegen, soweit sie unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO rügt, daß der Schöffensenat die Tat nicht nur dem § 288 Abs. 2 StGB, sondern auch dem Abs. 1 dieser Gesetzesstelle unterstellte. Denn § 288 Abs. 2 StGB umschreibt nicht bloß strafsatzändernde Umstände der in § 288 Abs. 1 StGB bezeichneten Tat, sondern bildet gegenüber der letztgenannten Gesetzesstelle einen eigenen Tatbestand, bei dessen Vorliegen jener des § 288 Abs. 1 StGB verdrängt wird (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 33 zu § 288, S 1.494; Pallin im WK, RZ 16 zu § 288).

Die dem Angeklagten angelastete Tat war daher richtigerweise (nur) als Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB zu beurteilen. Es war daher spruchgemäß zu erkennen. Bei der Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof keinen Umstand als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber den bisher ordentlichen Wandel des Angeklagten als mildernd. Unter Bedachtnahmne auf die im vorliegenden Fall gemäß dem § 32 Abs. 2

und 3 StGB bei der Strafbemessung bedeutsamen Momente erachtete der Oberste Gerichtshof - in übereinstimmung mit der vom Erstgericht vertretenen Auffassung die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach dem § 41

StGB für gerechtfertigt. In Anbetracht des Wegfalls des vom Erstgericht zu Unrecht angenommenen Tatbestandes nach dem § 288 Abs. 1 StGB erschien (nunmehr) eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten tat- und tätergerecht.

Die bedingte Strafnachsicht war - abgesehen von ihrer sachlichen Rechtfertigung schon wegen des Verschlimmerungsverbotes zu gewähren. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04867

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00071.84.0905.000

Dokumentnummer

JJT_19840905_OGH0002_0110OS00071_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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