TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/8 2002/03/0309

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Veröffentlicht am 08.06.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Kleiser, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des K K in H, vertreten durch Dr. Hans Peter Kandler, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 53a/1/5, gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 8. Oktober 2002, Zl. LF1-J- 104/104-2002, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem NÖ Jagdgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (BH) vom 14. August 2002, 9-J-929/6, wurde dem Beschwerdeführer die weitere Wildtierhaltung zur Tierzucht und zur Gewinnung von Fleisch auf näher bezeichneten Parzellen der KG Gschaidt im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gemäß § 3a Abs 1 iVm Abs 9 NÖ Jagdgesetz 1974, LGBl 6500 (NÖ JG), untersagt und ihm aufgetragen, den noch vorhandenen Zaun bis längstens 31. Oktober 2002 gänzlich zu entfernen.

Am 2. September 2002 brachte der Beschwerdeführer bei der BH einen mit 27. August 2002 datierten Schriftsatz ein, der wie folgt einleitete:

"An die BH Wr. Neustadt

9-J-926/6

Bescheid d. Herrn G Anzeigenschreiben R falsch"

und in der Folge Anschuldigungen gegen näher bezeichnete, am Verwaltungsverfahren beteiligte Personen enthielt und wie folgt endete:

"PS Wer hat überhaupt ein Gatter in Gschaidt das H G zusperren lassen will."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Schriftsatz als Berufung gewertet und diese gemäß "§ 66 Abs 3 und 4 AVG" als unzulässig zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer komme im anhängigen Verfahren ohne Zweifel Parteizustellung und Berufungslegitimation zu. § 63 Abs 3 AVG richte sich an rechtsunkundige Parteien, sodass bei der Auslegung des Merkmales eines begründeten Berufungsantrages kein strenger Maßstab angelegt werden solle. Jedoch enthalte das Schreiben des Beschwerdeführers vom 27. August 2002 überhaupt keine sachlichen Ausführungen zur Untersagung der Wildtierhaltung. Auch insgesamt ergäben die in der Berufung gemachten Aussagen für die Behörde keinen erkennbaren Sinn, nicht zuletzt, weil sie kaum zu entziffern seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht "nach dem NÖ Jagdgesetz" verletzt und führt im Wesentlichen aus, er sei nicht mehr Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft G und sohin nicht mehr Betreiber des verfahrensgegenständlichen Wildgeheges. Dies habe er in seiner Berufung bereits zum Ausdruck gebracht.

2.

Gemäß § 63 Abs 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

3.

Die belangte Behörde hat den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 27. August 2002 zutreffend als (wenn auch mangelhafte) Berufung bewertet, da die Eingabe erkennen ließ, dass sich der Beschwerdeführer durch den Bescheid der BH als beschwert erachtete (vgl hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), 1175, E 98 zu § 63 AVG zitierte hg Rechtsprechung).

4.

Die Behörde ging auch zu Recht davon aus, dass diese Berufung keinen begründeten Berufungsantrag gemäß § 63 Abs 3 AVG enthielt.

Bei der Auslegung des Merkmals des "begründeten" Berufungsantrages soll zwar kein strenger Maßstab angelegt werden; wenn aber eine Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber enthält, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll, fehlt es an einem "begründeten" Berufungsantrag. Es genügt, es ist aber auch erforderlich, dass die Berufung erkennen lässt, was die Partei anstrebt und worin sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt. Einer Berufung, die keinen begründeten Berufungsantrag enthält, fehlt ein wesentlicher Bestandteil, der den Inhalt und nicht die Form des Rechtsmittels betrifft (vgl die bei Walter/Thienel, aaO, 1184, E 155 f zu § 63 AVG bzw 1190 zu § 63 AVG zitierte hg Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall enthält die Berufung lediglich Anschuldigungen gegen näher bezeichnete, am Verwaltungsverfahren beteiligte Personen. Der letzte Satz der Berufung lässt - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch bei nicht formalistischer Auslegung eine Geltendmachung der nunmehr in der Beschwerde behaupteten Unrichtigkeit des Bescheides der BH nicht erkennen, da er lediglich eine allgemein gehaltene Frage in den Raum stellt.

5.

Jedoch konnte dieser inhaltliche Mangel der Berufung nicht ohne Weiteres zur Zurückweisung der Berufung führen:

Gemäß § 13 Abs 3 AVG idF der Novelle BGBl I Nr 158/1998 ermächtigen Mängel schriftliche Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Diese - im vorliegenden Fall maßgebliche - Fassung des § 13 Abs 3 AVG stellt nicht mehr nur auf Formgebrechen, sondern ganz allgemein auf Mängel schriftliche Anbringen ab, worunter auch inhaltliche Mängel zu subsumieren sind (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 31. März 2005, Zl 2001/03/0334, mwN). Ein solcher verbesserungsfähiger inhaltlicher Mangel liegt auch im Falle des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages vor (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zl 2001/11/0399, mwN).

Indem die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Hinblick auf das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages keinen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erteilte, sondern seine Berufung, ohne einen solchen Auftrag zu erteilen, gemäß § 66 Abs 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben war.

6.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist. Wien, am 8. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002030309.X00

Im RIS seit

06.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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