TE OGH 1984/11/22 7Ob614/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Martin B*****, vertreten durch Dr. Robert Gasser, Rechtsanwalt in Lienz, wider die beklagte Partei Emma S*****, vertreten durch Dr. Philipp Gruber, Rechtsanwalt in Lienz, wegen Unterlassung (Streitwert 16.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. April 1984, GZ 3a R 160/84-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Lienz vom 5. Jänner 1984, GZ 2 C 1084/83-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.603,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 240 S Barauslagen und 214,88 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt das Unterlassen des Betretens seines Hauses durch die Beklagte aufgrund eines wegen ihres aggressiven Verhaltens als Besucherin eines Mieters erteilten Hausverbots. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass das behauptete Fehlverhalten der Beklagten nicht erwiesen werden konnte. Es geht nur noch um das grundsätzliche Recht des Eigentümers, Besucher eines Mieters vom Betreten seines Hauses auszuschließen.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er erachtete den Eigentümer eines Hauses zu einer Unterlassungsklage nach den §§ 354 und 366 ABGB auch im vorliegenden Fall für berechtigt, weil dem Besucher eines Mieters keine von diesem abgeleitete Befugnis gegen den Hauseigentümer zustehe; es wäre Sache des Mieters, sachlich nicht gedeckte Eingriffe in seine Mietrechte abzustellen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagen Folge und änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, dass der (Wert des) Streitgegenstand(es) 15.000 S nicht aber 300.000 S übersteigt, und erklärte die Revision für zulässig. Die zweite Instanz vertrat die Rechtsansicht, das Recht des Hauseigentümers, jeden anderen von dem Besitz seiner Sache auszuschließen, werde durch das Bestandrecht seines Mieters beschränkt. Eine Unterlassungsklage gegen den Besucher eines Mieters sei ihm deshalb versagt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Befugnis des Eigentümers nach § 354 ABGB, jeden anderen im Wege der Eigentumsfreiheitsklage nach den §§ 366 und 523 ABGB auszuschließen, ist nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts durch die Benützungsbefugnisse eines Mieters beschränkt (SZ 54/43 ua), zu ihnen gehört grundsätzlich auch das Recht, Besucher zu empfangen (Klang in Klang2 V 54). Umstritten ist allerdings die Frage, ob der Bestandgeber einen unmittelbaren Unterlassungsanspruch gegen jene dritten Personen hat, die die Benützungsbefugnisse des Mieters überschreiten (vgl Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 366 mwN sowie SZ 42/47 und SZ 54/43). Diese Frage nach der passiven Klagslegitimation eines unbefugten Dritten bedarf aber im vorliegenden Fall keiner Prüfung, weil nach den negativen Feststellungen der Vorinstanzen keinerlei Verhalten der Beklagten hervorgekommen ist, das ein Hausverbot gegen sie hätte rechtfertigen können. Der Fall unterscheidet sich damit auch von denen der Entscheidungen EvBl 1965/161 und SZ 38/16, wo es um den Besuch bei einem Hotelgast bzw um eine Passantin ging, die ein fremdes Haus als Tierschützerin aufgesucht hatte. Das Fehlen einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur hier relevanten Frage der Zulässigkeit einer Klage unmittelbar gegen den befugten Besucher eines Mieters mag darin liegen, dass die negative Antwort selbstverständlich ist. Der Beklagte kann eine Eigentumsfreiheitsklage stets durch den Nachweis abwehren, ein Recht zum Eingriff zu haben (Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz 9 und 10 zu § 523; SZ 43/47 ua). Dieses Recht, abgeleitet vom Mieter ist nach dem Gesagten hier nicht zu bezweifeln (vgl etwa die Fälle des Abstellens eines Kinderwagens durch den Besucher eines Mieters, MietSlg 17.152, oder des Parteienverkehrs in einer Notariatskanzlei MietSlg 20.144). Der Mieter müsste sich nur solche Eingriffe in sein Bestandrecht – auch zu Lasten seiner Besucher – gefallen lassen, die dessen Ausübung nicht wesentlich erschweren oder gefährden und die die einzige Möglichkeit bilden, das Haus und die Bewohner vor Nachteilen zu bewahren (MietSlg 20.145 ua).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Textnummer

E119050

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00614.840.1122.000

Im RIS seit

22.08.2017

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten