TE OGH 1984/12/4 5Ob599/84

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Veröffentlicht am 04.12.1984
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Guntram Lins, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Jörg Kaiser, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 60.000 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. April 1984, GZ 6 R 73/84-14, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 28. Dezember 1983, GZ 2 a Cg 341/83-9, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Beschluss

gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat in der Zeit von 1972 bis 1975 an die Eheleute Inge und Kurt S***** unter Eigentumsvorbehalt Waren geliefert und Leistungen erbracht und hierüber folgende Rechnungen ausgestellt:

Rechnung vom 20. 12. 1972 222.227,00 S

Rechnung vom 31. 12. 1972  20.521,20 S

Rechnung vom 8. 2. 1973  11.294,60 S

Rechnung vom 21. 3. 197  4.721,80 S

Rechnung vom 8. 11. 1973  17.668,56 S

Rechnung vom 17. 9. 1974  55.179,67 S

Rechnung vom 31. 1. 1975  30.400,47 S

                                                      __________

insgesamt    362.013,30 S

Die bestellten Waren, eine für das auf der Liegenschaft EZ 739 KG ***** des Kurt S***** errichtete Haus bestimmte Heizungsanlage, Ölfeuerung, Sanitäranlage und Elektroanlage, wurden von der Klägerin auch montiert. Als der zur Bezahlung der Rechnungen über 121.327 S ausgestellte Wechsel nicht eingelöst wurde, erwirkte die Klägerin einen Wechselzahlungsauftrag und in weiterer Folge ein exekutives Pfandrecht für diese Forderung an der genannten Liegenschaft (COZ 34: TZ 1057/75, E 1546/75).

Am 13. 9. 1976 wurde der Beklagten vom Bezirksgericht Montafon zu E 38/76 die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 739 KG ***** bewilligt. Am 12. 12. 1977 wurde die Liegenschaft um das dem geringsten Gebot entsprechende Meistbot von 1.744.598,50 S der Beklagten zugeschlagen. Mit dem seit 30. 11. 1978 rechtskräftigen Meistbotsverteilungsbeschluss vom 16. 10. 1978 wurde die Verteilungsmasse zum Großteil der Beklagten zugewiesen. Die Klägerin, die ihre Forderung von 121.327 S sA zur Meistbotsverteilungstagsatzung angemeldet hatte ging leer aus. Ihren angeblichen Eigentumsvorbehalt hatte die Klägerin im Zwangsversteigerungsverfahren aufgrund eines Versehens ihres Rechtsfreundes nicht geltend gemacht.

Mit der am 17. 6. 1983 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags von 60.000 S samt 13,5 % Zinsen seit 15. 2. 1979.

Sie brachte vor:

Es sei ihr bisher nicht möglich gewesen, die ausstehende Forderung einbringlich zu machen. Sie habe den Eheleuten S***** unter anderem nachstehende Gegenstände geliefert:

Heizungsanlage: Einen Kessel TKM, eine Umwälzpumpe, ein Expansionsgefäß, Kessel-Armaturen abzüglich Schamottierung, Radiatoren samt Zubehör und Ventilen;

Ölfeuerung: Zwei Öltanks zu je 2000 1, einen Ölbrenner Convair, Öl-Armaturen;

Sanitäranlage: zwei WC-Anlagen, zwei WC-Anlagen, zwei Waschtische, zehn Waschtische, zwei Piss-Anlagen komplett, eine Spültisch-Anlage;

Elektroanlage: Eine Leuchtstofflampe ZL 1/65, zwei Leuchtstofflampen ZL 1/40, eine Leuchtstofflampe ZL 1/40, zwei Händetrockner Type 815, einen Daimer 600 Watt für Kombi, 10 Nurglas-Leuchten.

Die genannten Gegenstände seien demontierbar und nicht Zubehör der Liegenschaft geworden. Sie hätten einen Neuwert von 117.685 S und im Zeitpunkt der Versteigerung einen Wert von mindestens 60.000 S gehabt. Die Beklagte habe durch den Zuschlag der Liegenschaft Eigentum an den Gegenständen erworben. Da die Liegenschaft durch diese Gegenstände eine Werterhöhung erfahren habe, sei die Beklagte durch die Ersteigerung der im Eigentum der Klägerin gestandenen Fahrnisse bereichert worden. Die Beklagte sei überdies als Pfandgläubigerin aus dem Versteigerungserlös befriedigt worden, der infolge des Unterbleibens der Demontage der ihr (der Klägerin) gehörenden Gegenstände wesentlich höher gewesen sei. Auch dadurch sei die Beklagte bereichert worden (AS 15). Sie sei daher mit Schreiben vom 29. 1. 1979 zur Zahlung des Klagebetrags aufgefordert worden.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete ein:

Kurt S***** habe auf die einzelnen Rechnungen, denen Einzelaufträge zugrundegelegen seien, folgende Zahlungen geleistet:

15. 11. 1972   82.000 S

11. 4. 1973  145.000 S

04. 8. 1973   11.000 S

01. 8. 1974   20.000 S

                                    _________

zusammen  258.000 S

Dadurch seien zumindest die Rechnungen vom 20. 12. 1972, 31. 12. 1972 und 8. 2. 1973 voll bezahlt worden. Schon das habe ein Erlöschen des Eigentumsvorbehalts hinsichtlich der Gegenstände zur Folge gehabt, auf die sich die genannten Rechnungen bezogen hätten.

Die von der Klägerin gelieferten Waren seien im Übrigen so eng mit der Liegenschaft, die im Zeitpunkt der Montage Kurt S***** gehört habe, verbunden worden, dass sie nicht mehr oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden könnten. Die gelieferten Waren seien daher in das Eigentum des Kurt S***** übergegangen, der Eigentumsvorbehalt der Klägerin sei erloschen. Da die Klägerin aufgrund des Wechselzahlungsauftrags über 121.327 S sollte der Eigentumsvorbehalt bis dahin noch aufrechtbestanden haben – wissentlich Exekution auf die Vorbehaltssachen geführt hätte, wäre der Eigentumsvorbehalt wegen begrifflicher Unvereinbarkeit von Eigentum und Pfandrecht erloschen.

Die Klägerin habe die Geltungmachung des Eigentumsvorbehalts in dem die Liegenschaft betreffenden Zwangsversteigerungsverfahren nicht versehentlich unterlassen, sondern damit absichtlich zugewartet, bis die Liegenschaft samt Zubehör versteigert sei, um dann vom betreibenden Gläubiger, der aus dem Erlös Befriedigung erlangt habe (hier: von der Beklagten), die Herausgabe des (auf die Vorbehaltssachen entfallenen) Erlöses zu verlangen; an der Herausgabe der angeblich noch in ihrem Eigentum stehenden Waren habe die Klägerin nämlich keinerlei Interesse gehabt. Die Klägerin habe ihren Herausgabeanspruch arglistig nicht geltend gemacht bzw stelle ihr Verhalten einen Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt dar.

Der Versteigerungserlös sei ihr nicht zur Gänze, sondern nur zu 94,77 % zugewiesen worden. Der auf die angeblichen Vorbehaltssachen, deren Wert im Zeitpunkt der Versteigerung auch nicht mehr 60.000 S betragen habe, entfallende Erlösanteil würde außerdem nur 50 % des Schätzwerts ausmachen.

Als Ersteherin könne sie nicht bereichert sein; insoweit fehle ihr demnach die Passivlegitimation.

Hinsichtlich des mehr als drei Jahre zurückreichenden Zinsenbegehrens werde Verjährung eingewendet.

Die Klägerin replizierte (AS 18, 21 ff):

Ihre Forderungen und die Zahlungen der Eheleute S***** seien kontokorrentmäßig verrechnet worden. Die Eheleute S***** hätten niemals Erklärungen darüber angegeben, auf welche der offenen Forderungen sie Zahlungen leisteten. In der Abrechnung seien immer mehrere Schuldposten in einer Gesamtsumme zusammengefasst worden. Die einzelnen Teilzahlungen seien nicht auf bestimmte Posten, sondern anteilsmäßig zur Tilgung aller Schuldposten herangezogen worden. Der Eigentumsvorbehalt sei daher nicht erloschen.

Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. P***** vertrete die Klägerin schon seit vielen Jahren. Gegen Schuldner der Klägerin müsse immer wieder einerseits Exekution geführt und andererseits der Eigentumsvorbehalt geltend gemacht werden. Dabei werde immer so vorgegangen, dass zunächst das Pfandrecht auf der Liegenschaft einverleibt und erst im Zuge der Schätzung der Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren mitgeteilt werde, an welchen Gegenständen der Eigentumsvorbehalt geltend gemacht werde. Die Gegenstände würden auf der Liegenschaft belassen, um mit dem späteren Erwerber, der als bester potentieller Käufer dieser Gegenstände angesehen werden müsse, eine Sondervereinbarung zu treffen. Auf diese Art und Weise seien bereits in zahlreichen Fällen die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenstände anlässlich der Versteigerung der Liegenschaft dem Ersteher verkauft worden. Auch im gegenständlichen Fall hätte die übliche Vorgangsweise eingehalten werden sollen. Dies sei versehentlich nicht geschehen, weil Dr. P***** im Konkurs über das Vermögen der Eheleute S***** zum Masseverwalter bestellt worden sei, ihm die im Verlauf des Zwangsversteigerungsverfahrens zugestellten Schriftstücke irrtümlich jeweils mit dem Konkursakt vorgelegt worden seien und er lediglich die Aufhebung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens angestrebt (und auch erreicht) habe. Dem Verhalten der Klägerin sei jedenfalls schlüssig zu entnehmen gewesen, dass sie auf ihrem Eigentumsrecht beharre.

Das Erstgericht, das von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausging, wies die Klage aus nachstehenden rechtlichen Erwägungen ab:

Wie aus dem Vorbringen der Klägerin hervorgehe und im Zuge des Beweisverfahrens von Dr. Roland P***** als Zeuge bestätigt worden sei, habe die Klägerin im Zuge eines Exekutionsverfahrens zur Hereinbringung ihrer Werklohnforderungen ein Pfandrecht an der Liegenschaft erwirkt, auf der sich die Vorbehaltssachen befunden hätten. Die Klägerin habe somit wissentlich ein Pfandrecht an den Vorbehaltssachen erwirkt. Wegen der begrifflichen Unvereinbarkeit von Eigentum und Pfandrecht an derselben Sache sei damit der Eigentumsvorbehalt erloschen. Ohne näher prüfen zu müssen, ob hinsichtlich der von der Klägerin gelieferten Gegenstände ein Eigentumsvorbehalt überhaupt möglich sei, ergebe sich daher schon aus dem Vorbringen der Klägerin selbst, dass der Klageanspruch nicht zu Recht bestehe. Die Beklagte könne weder als Ersteherin noch als zum Zuge gekommene Pfandgläubigerin von der Klägerin in Anspruch genommen werden.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung und neuen Urteilsfällung an das Erstgericht zurück. Es führte aus:

Es sei der Klägerin darin beizupflichten, dass der vom Erstgericht für die Abweisung des Klagebegehrens herangezogene Grund nicht tragfähig sei. Das Erstgericht stütze seine Rechtsansicht offensichtlich auf das Judikat 246. Darin habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der Eigentumsvorbehalt erlösche, wenn der Verkäufer auf den Kaufgegenstand selbst Exekution zur Hereinbringung seiner konnexen Kaufpreisforderung führe. Das Erstgericht übersehe aber, dass die spätere Rechtsprechung im Fall der Exekution auf die Vorbehaltssache, auf den sich das Judikat 246 unmittelbar bezogen habe, die Annahme eines konkludenten Verzichts zu einer widerlegbaren Verzichtsvermutung abgeschwächt habe (vgl Aicher in Rummel, ABGB, Rz 103 zu § 1063 samt der dort zitierten Literatur; siehe ferner EvBl 1966/4; JBl 1980, 262 ua). Es sei daher jeweils im Hinblick auf die für den Vorbehaltskäufer als Adressaten der etwa vorliegenden Erklärung überblickbaren Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob dieser Käufer aus der Exekution auf die Vorbehaltssache zweifelsfrei (§ 863 ABGB) den Schluss auf den Verzichtswillen des Vorbehaltseigentümers ziehen dürfe. Bei der Exekution des Vorbehaltsverkäufers in die Vorbehaltssache werde somit das Verhalten des Vorbehaltsverkäufers daraufhin geprüft, ob es klar und eindeutig den Willen zum Ausdruck bringe, die bisher eigene Sache als fremde zu behandeln, anders ausdrückt, ob der Vorbehaltsverkäufer durch schlüssiges Verhalten im Sinne des § 863 ABGB auf sein Eigentum an der Vorbehaltssache verzichtet habe (vgl Bydlinski in Klang² IV/2, 642 f; Feil, ABGB VI 187 f und die dort jeweils zitierte weitere Literatur). Es gebe also entgegen der Ansicht des Erstgerichts keinen Rechtssatz, der besagen würde, dass eine Exekutionsführung des Vorbehaltsverkäufers auf die Vorbehaltssache auf jeden Fall und unter allen Umständen ein Erlöschen des Eigentumsvorbehalts zur Folge habe. Vielmehr könne bei einer Exekutionsführung auf die eigene Sache nur unter dem Gesichtspunkt eines schlüssigen Verzichts unter Umständen ein Erlöschen des Eigentumsvorbehalts angenommen werden. Dass ein solcher Verzicht von der Klägerin gewollt worden wäre oder dass die Exekutionsführung von den Vorbehaltskäufern in diesem Sinne hätte verstanden werden müssen, sei nicht hervorgekommen und sei von der Beklagten auch gar nicht behauptet worden. Abgesehen von dem Gesagten wäre aber das Judikat 246 auf den vorliegenden Fall unanwendbar. Die Klägerin habe nämlich nicht auf die Verkaufsgegenstände Exekution geführt, sondern für ihre vollstreckbare Forderung ein Pfandrecht an der Liegenschaft erwirkt, auf der sich das Haus befinde, in dem die von der Klägerin gelieferten Anlagen montiert worden würden, deren Wert im Verhältnis zur gesamten Liegenschaft völlig in den Hintergrund getreten sei. Der Oberste Gerichtshof habe in einem vergleichbaren Fall die Anwendbarkeit des Judikats 246 verneint, obwohl dort die unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenstände (zwei Omnibusse) wesentlicher Bestandteil jenes Autounternehmens gewesen wären, bezüglich dessen der Vorbehaltseigentümer Exekution durch Zwangsverwaltung geführt habe (JBl 1952, 520). Die Annahme des Erlöschens des Eigentumsvorbehalts infolge Erwirkung eines Zwangspfandes an der Liegenschaft EZ 739 KG ***** durch die Klägerin sei also nicht haltbar; die allein darauf gestützte Abweisung des Klagebegehrens sei demnach nicht zu Recht erfolgt.

Auch andere rechtliche Gründe, die die Klageführung von vornherein als unzulässig erscheinen lassen würden, seien nicht zu erkennen. Insbesondere stehe – der von der Beklagten vertretenen Ansicht zuwider – der Klageführung nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Eigentumsrechte nicht früher geltend gemacht habe. Der Vorbehaltseigentümer sei nämlich nicht verpflichtet, die Klage nach § 37 EO zu erheben. Vielmehr könne er, wenn der Ersteher gemäß § 367 erster Fall ABGB an den Vorbehaltssachen Eigentum erworben habe, mit der Verwendungsklage nach § 1041 ABGB den Erlös, der dem Gläubiger unberechtigt aus seiner Sache zugeflossen sei, herausverlangen (Feil, ABGB VI 174 und die dort zitierte weitere Judikatur, siehe ferner SZ 11/211, SZ 16/114 ua). Die Berechtigung einer Verwendungsklage im Sinne des § 1041 ABGB ergebe sich grundsätzlich dann, wenn eine Zwangszahlung aus fremden Mitteln erfolgt sei, weil dadurch eine Verrmögensverschiebung ohne rechtlichen Grund eingetreten sei und diese Verschiebung nach dem allgemeinen Grundsatz, dass sich niemand auf Kosten eines anderen bereichern dürfe, rückgängig gemacht werden müsse (JBl 1973, 315). Die Verbindung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen mit der Liegenschaft habe den Eigentumsvorbehalt nicht zum Erlöschen gebracht; nach der neueren Rechtsprechung erlösche das Eigentum des Vorbehaltseigentümers nicht einmal durch Verarbeitung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren (EvBl 1977/26; Feil, ABGB VI 186 f).

Es sei somit in Stattgebung der Berufung der Klägerin das Ersturteil aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen gewesen. Dieses werde sich nun mit der Höhe der geltend gemachten Forderung auseinanderzusetzen und insbesondere durch Sachbefund den Wert der in der Klage angeführten Gegenstände zum Zeitpunkt ihrer Schätzung im Versteigerungsverfahren festzustellen haben. Bezüglich des von der Beklagten der Klägerin zu ersetzenden Anteils dieses Werts der erwähnten Gegenstände liege insofern ein Sonderfall vor, als die Beklagte nicht nur als Pfandgläubigerin teilweise Befriedigung ihrer Forderungen erlangt habe, sondern ihr die Liegenschaft als Meistbietendem zugeschlagen worden sei. Im Hinblick darauf, dass dieser Zuschlag um das Meistbot von lediglich 1.744.598,50 S erfolgt sei, während der Schätzwert 3.498.197 S betragen habe, werde davon auszugehen sein, dass die Beklagte um den gesamten Wert der erwähnten Gegenstände bereichert worden sei; die vom Obersten Gerichtshof in SZ 11/211 entwickelten Grundsätze würden also hier nicht zum Tragen kommen.

Der Rechtskraftvorbehalt sei ausgesprochen worden, weil die vorliegende Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen des materiellen Rechts abhänge, denen zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme (§ 527 Abs 2 letzter Satz und § 502 Abs 4 Z 1 ZPO).

Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet sich der auf den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Ersturteil zu bestätigen. Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass ihre bereits in erster Instanz erhobene Einwendung zu prüfen gewesen wäre, dass der Eigentumsvorbehalt der Klägerin hinsichtlich jener Gegenstände erloschen sei, auf die sich deren Rechnungen vom 20. 12. 1972, 31. 12. 1972 und 8. 2. 1973 bezogen hätten. In diesem Zusammenhang wird die Lehre und Rechtssprechung zum erweiterten Eigentumsvorbehalt zu beachten sein (vgl Bydlinski in Klang2 IV/2, 484, 677 ff.; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 108 ff zu § 1063 je mit weiteren Nachweisen; JBl 1981, 256 ua). Soweit der Eigentumsvorbehalt der Klägerin auch bei Berücksichtigung der genannten Einwendung der Beklagten noch nicht untergegangen ist, ist zu unterscheiden: In dem Umfang, in dem die von der Klägerin unter Eigentumsvorbehalt gelieferten und von den Bestellern noch nicht zu Gänze bezahlten Gegenstände den Behauptungen der Klägerin entsprechend nicht unselbstständige Bestandteile der Liegenschaft des Kurt S***** geworden sein sollten – was im fortgesetzten Verfahren im einzelnen zu prüfen sein wird – wäre der Eigentumsvorbehalt der Klägerin nicht erloschen und zwar weder durch die von der Klägerin vorgenommene Montage der Gegenstände auf der Liegenschaft – selbständige Bestandteile und Zubehör sind sonderrechtsfähig (Koziol-Welser 6 II 10 f.; vgl auch Bydlinski aaO 484 ff; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 294, Aicher aaO Rz 37 zu § 1063; JBl 1981, 256 noch durch die von der Klägerin erwirkte Einverleibung eines Zwangspfandrechts auf der Liegenschaft – das Zwangspfandrecht an einer Liegenschaft erfasst ebenso wie das Vertragspfandrechts an einer solchen nur die selbständigen Bestandteile und Zubehörstücke der Liegenschaft, die im Eigentum des Liegenschaftseigentümers stehen (Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 1 und 2 zu § 457; Heller-Berger-Stix 916), weshalb die Exekutionsführung der Klägerin nach §§ 87 ff EO schon deswegen nicht als schlüssiger Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt gedeutet werden kann; das Judikat 246 betrifft das Erlöschen des Eigentumsvorbehalts an einer beweglichen Sache durch die Exekutionsführung des Vorbehaltsverkäufers auf die Vorbehaltssache selbst – noch durch die Unterlassung der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes im Zuge der von der Beklagten und anderen Gläubigern betriebenen Zwangsversteigerung der Liegenschaft-JBl 1973, 315; Bydlinski aaO 559, 614 f iVm 606 FN 705 und 706. Bei der Beurteilung einer Handlung auf ihre konkludente Aussage ist nämlich größte Vorsicht geboten, weil die Gefahr besteht, dass dem Handelnden Äußerungen unterstellt werden, die nicht in seinem Sinne sind. Deshalb bestimmt das Gesetz, dass eine konkludente Erklärung nur dann angenommen werden kann, wenn eine Handlung nach der Verkehrssitte, nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt. Gemäß § 863 Abs 2 ABGB kommen zwar als konkludente Handlungen auch Unterlassungen in Betracht, doch darf dem Schweigen allein im österreichischen Privatrecht grundsätzlich kein Erklärungswert beigemessen werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass Untätigkeit die verschiedensten Ursachen haben kann. Es ist möglich, dass ein Schweigender zustimmen will, es ist aber ebenso denkbar, dass er verhindert ist zu antworten, oder die Antwort für nicht der Mühe wert hält. Schweigen gilt also im Regelfall keinewegs als Zustimmung (Koziol-Welser6  I 70 f). Besonders strenge Anforderungen sind an einen schlüssigen Verzicht zu stellen (siehe die in der MGA31 des ABGB unter den Nummern 8 ff: zu § 1444 abgedruckten Entscheidungen ua, zuletzt etwa 1 Ob 613/ 84; insbesondere zum schlüssigen Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt vgl Bydlinski aaO 637 f). Im gegenständlichen Fall ergäben sich weder aus dem beiderseitigen Parteienvorbringen noch aus dem Akteninhalt eindeutige Anhaltspunkte für einen schlüssigen Verzicht der Klägerin auf dem Eigentumsvorbehalt; dass die Vorbehaltskäufer aus dem Verhalten der Klägerin tatsächlich auf einen solchen Verzicht geschlossen hätten, wurde nicht einmal vorgebracht (vgl dazu Bydlinski aaO 642 bei und in FN 800). Aus der Replik der Klägerin auf die betreffende Einwendung der Beklagten folgt vielmehr, dass von einer Eindeutigkeit des Verhaltens der Klägerin in dem von der Beklagten behaupteten Sinn keine Rede sein kann.

Daraus folgt, dass die Beklagte als betreibende Gläubigerin im vorerwähnten Umfang aus dem Erlös der Versteigerung nicht dem Verpflichteten, sondern der Klägerin gehöriger Gegenstände befriedigt wurde. Das verschafft der Klägerin nach herrschender Lehre und Rechtsprechung einen Verwendungsanspruch gegen die Beklagte (siehe außer den bereits genannten Belegstellen – Bydlinski aaO, 559, 614 f iVm 606 FN 705 und 706; JBl 1973, 315 – Aicher in Rummel, ABGB, Rz 81 zu § 1063; EvBl 1977/233; 5 Ob 790/80 ua). Dieser Anspruch ist – sofern der Vorbehaltsverkäufer vom Kaufvertrag nicht rechtswirksam zurückgetreten ist – der Höhe nach zweifach begrenzt, und zwar einerseits mit dem dem betreibenden Gläubiger zugewiesenen Anteil am Erlös der versteigerten Vorbehaltssache und andererseits mit dem Restkaufpreis, dem noch offenen Sicherungsinteresse des Vorbehaltsverkäufers (Bydlinski aaO 615; Aicher aaO Rz 81 zu § 1063). Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die darauf bezüglichen Einwendungen der Beklagten zu berücksichtigen haben. Dass der betreibende Gläubiger – wie hier die Beklagte – zugleich gutgläubiger Ersteher ist, ist für die Höhe des Verwendungsanspruchs entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, wie der Beklagten einzuräumen ist, ohne Bedeutung, weil der gutgläubige Ersteher durch die Zwangsversteigerung originär alles erwirbt, was im Schätzungsprotokoll, in den Versteigerungsbedingungen und im Versteigerungsedikt als Gegenstand der Versteigerung angeführt ist, mögen auch einzelne Sachen einem Dritten gehören, und die in Ansehung der versteigerten Gegenstände präkludierten Rechte sich in Ansprüche auf das erzielte Meistbot verwandeln (Heller-Berger-Stix 1309; Aicher aaO Rz 39 zu § 1063; SZ 24/123, 43/88, 51/117, 52/13, ua, zuletzt etwa 3 Ob 85/83; siehe auch Heller-Berger-Stix 461 unten, 462 oben).

In dem Umfang, in dem die von der Klägerin unter Eigentumsvorbehalt gelieferten und von den Bestellern noch nicht zur Gänze bezahlten Gegenstände den Einwendungen der Beklagten entsprechend unselbständige Bestandteile der Liegenschaft des Kurt S***** geworden sein sollten, wäre der Eigentumsvorbehalt der Klägerin, wie der Beklagten beizupflichten ist, abweichend von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die nicht auf die einen Fall der Verarbeitung betreffende Entscheidung EvBl 1977/26 = SZ 49/138 gestützt werden kann, schon deswegen erloschen, weil unselbständige Bestandteile nicht sonderrechtsfähig sind und durch die untrennbare Verbindung zwischen Haupt- und Nebensache letztere als selbständige Sache samt allen an ihr bestehenden Rechten untergeht (Bydlinksi aaO 486, 632; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 294, Rz 1 ff., insbesondere 4 zu § 416; Aicher aaO Rz 37 und 95 zu § 1063), sodass die Frage der Anwendbarkeit des zweiten Satzes des Judikats 246 (der Eigentumsvorbehalt an beweglichen Sachen erlischt, wenn der Verkäufer auf den Kaufgegenstand selbst Exekution führt [§ 863 ABGB]) auf diesen Fall und die Bedeutung der diesem Judikat nachfolgenden Entwicklung der Rechtsprechung für diesen Fall auf sich beruhen kann. Durch den Untergang des Eigentumsvorbehalts der Klägerin würde Kurt S***** das Eigentumsrecht an den zu unselbständigen Bestandteilen der Liegenschaft gewordenen Gegenstände erworben haben; die Klägerin bliebe auf schuldrechtliche Ansprüche gegen Kurt S***** beschränkt (vgl Bydlinski aaO 632; Spielbüchler aaO Rz 1 und 6 § 416; Aicher aaO Rz 95 zu § 1063).

Obgleich der Oberste Gerichtshof somit nicht allen vom Berufungsgericht im angefochtenen Aufhebungsbeschluss geäußerten Rechtsansichten folgen konnte, hat es dennoch im Ergebnis bei der Aufhebung des Ersturteils zu verbleiben, weil die Rechtssache auch nach der vom Obersten Gerichtshof dargelegten Rechtsmeinung noch nicht spruchreif ist.

Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Der Vorbehalt der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO sowie auf der Erwägung, dass das Rekursverfahren zur Klärung der Rechtslage beigetragen hat.

Textnummer

E116785

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00599.840.1204.000

Im RIS seit

17.01.2017

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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