TE OGH 1984/12/6 12Os156/83

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Veröffentlicht am 06.12.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof.

Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Radosztics als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dipl.Ing. Dr. Ernst A und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB.

und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Josef D, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 20.April 1983, GZ. 7 Vr 841/82-885, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, der Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Josef D, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G sowie der Verteidiger Dr. Ernst Fasan, Dr. Elisabeth Zimmert, Dr. Eugen Radel, Dr. Manfred Lampelmayer, Dr. Christoph Raabe, Dr. Karl Böck, Dr. Rudolf Tobler und Dr. Georg Grießer zu Recht erkannt:

Spruch

I/ Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G wird teilweise, jener des Angeklagten Josef D zur Gänze Folge gegeben und, zum Teil auch gemäß § 290 Abs. 1 zweiter Satz, erster und zweiter Fall, StPO., das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen (einschließlich der Aussprüche über die von jedem dieser Angeklagten insgesamt zu verantwortende Schadenshöhe) 1. des Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A a) wegen Untreue laut den Punkten A/I/1/b/bb (H), A/I/2/a/bb (I), A/I/2/a/cc (J), A/I/2/a/dd (K), A/I/2/b/ee, insoweit jedoch nur hinsichtlich eines Betrages von 14.199 S (L), sowie A/I/2/b/hh (M), A/I/2/b/ii (N) und A/I/2/b/jj (O), b) wegen betrügerischer Krida laut den Punkten B/1/a, jedoch nur in Ansehung der zu A/I/2/a/bb (I) und A/I/2/a/cc (J) bezeichneten Tathandlungen, und B/1/b, jedoch nur in Ansehung der zu A/I/1/b/bb (H), A/I/2/a/dd (K) und A/I/2/b/ee, insoweit jedoch nur hinsichtlich eines Betrages von 14.199 S (L) bezeichneten Tathandlungen, und c) wegen Veruntreuung laut Punkt C/;

2. des Angeklagten Dkfm. Horst B a) wegen Untreue als Beteiligter laut Punkt A/II/1/b, jedoch nur hinsichtlich der Fakten A/I/2/a/bb (I), A/I/2/a/cc (J), A/I/2/b/hh (M), A/I/2/b/ii (N) und A/I/2/b/jj (O), sowie b) wegen betrügerischer Krida laut Punkt B/1/a, jedoch nur in Ansehung der zu A/I/2/a/bb (I) und A/I/2/a/cc (J) (in Verbindung mit A/II/1/b) bezeichneten Tathandlungen;

3.

des Angeklagten Johann C wegen Untreue laut Punkt A/I/1/b/bb (H);

4.

des Angeklagten Josef D wegen Untreue als Beteiligter laut Punkt A/II/3/a/aa (einschließlich A/II/3/a/aa/aaa) (somit zur Gänze);

              5.              des Angeklagten Dipl.Ing. Otto E wegen Untreue als Beteiligter laut Punkt A/II/3/a/cc (I);

              6.              des Angeklagten Walter F wegen Untreue als Beteiligter laut Punkt A/II/3/a/dd, jedoch nur hinsichtlich eines Betrages von insgesamt 3,514.199 S, sohin nicht in Ansehung der verbleibenden 400.000 S;

              7.              des Angeklagten Heinz G wegen Untreue als Beteiligter laut Punkt A/II/2;

sowie demgemäß auch in den die Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Josef D, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die den Genannten angerechneten Vorhaften) aufgehoben, und es wird a) gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Dipl.Ing. Dr. Ernst A ist (weiters) schuldig, er hat in Eisenstadt, Wien und anderen Orten Österreichs in der Zeit vom Jänner 1975 bis zum Juli 1978 als Obmann des Vorstandes der 'WOHNBAU P gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung' ('WBO') die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über Vermögen der 'WBO' zu verfügen, auch dadurch wissentlich mißbraucht und hiedurch der 'WBO' einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, daß er die Versicherungsanstalt der Q R, Versicherungs-Aktiengesellschaft veranlaßte, für die 'WBO' bestimmte Geldbeträge (Versicherungsprovisionen) im Gesamtbetrag von 544.298,60 S auf ein 'WBO'-fremdes Bankkonto zu überweisen, und dieses Geld in der Folge teils für eigene, teils für andere als der 'WBO' dienende Zwecke verwendete;

er hat (auch) hiedurch das Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. begangen;

              b)              im übrigen die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

II/ Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G verworfen.

III/ Mit ihren Berufungen werden alle zu I/ genannten Angeklagten auf die dort getroffene Entscheidung verwiesen.

IV/ Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Dipl.Ing. Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B; Johann C, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Landesgericht Eisenstadt als Schöffengericht schuldig:

1. den am 8.September 1940 geborenen Landesbeamten Dipl.Ing. Dr. Ernst A

a) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/I des Schuldspruchs), b) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. (Punkt B/1 des Schuldspruchs), c) des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2

(zweiter Fall) StGB. (Punkt C/ des Schuldspruchs) und d) des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter nach §§ 15, 12 (zweiter Fall), 288 Abs. 1 StGB. (Punkt D/ des Schuldspruchs);

2. den am 22.Juni 1941 geborenen Angestellten Dkfm. Horst B a) des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/1 des Schuldspruchs) und b) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. (Punkt B/1/a des Schuldspruchs);

3. den am 14.Mai 1941 geborenen Hauptschullehrer Johann C a) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/I/1 des Schuldspruchs) und b) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 StGB. (Punkt B/2 des Schuldspruchs);

4. den am 28.Juni 1950 geborenen Kaufmann Walter S des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (zweiter und dritter Fall), 153

Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/3/a/bb und A/II/3/b/aa des Schuldspruchs);

5. den am 8.März 1930 geborenen Kaufmann Josef D des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (zweiter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2

(zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/3/a/aa des Schuldspruchs);

6. den am 23.Mai 1948 geborenen Kaufmann Dipl.Ing. Otto E des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (zweiter und dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/3/a/cc und A/II/3/b/bb des Schuldspruchs);

7. den am 29.April 1942 geborenen Angestellten Walter F des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (zweiter Fall), 153

Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/3/a/dd des Schuldspruchs);

8. den am 21.Jänner 1945 geborenen Angestellten Heinz G des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB. (Punkt A/II/2 des Schuldspruchs).

Nach dem Inhalt der einzelnen Schuldsprüche haben in Eisenstadt, Wien und anderen Orten Österreichs A/ in den Jahren 1979, 1980 und 1981 der Firma 'WOHNBAU P gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung' (im folgenden kurz: 'WBO') einen Vermögensnachteil zugefügt, wobei sie durch die Tat einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführten, und zwar I/ Dipl.Ing. Dr. Ernst A als Obmann und Johann C als Obmannstellvertreter des Vorstandes der 'WBO' unter wissentlichem Mißbrauch der ihnen durch Rechtsgeschäft eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, dadurch, daß 1. Dipl.Ing. Dr. Ernst A und Johann C in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken a) Sparbücher der 'WBO' zwecks Besicherung von Krediten nachgenannter Firmen ohne Gegenleistung für die 'WBO' verpfändeten, nämlich aa) am 9.Mai 1980 das Sparbuch Nr. 333-804- 812/00 mit einem Kapitalstand von 1,270.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'K Handels GesmbH & Co KG' bei der Q T Aktiengesellschaft, Filiale Wr. Neustadt, und überdies am 10.August 1981 das Sparbuch samt aufgelaufenen Zinsen zugunsten des Kontos Nr. 333-148-597/02 dieser Firma bei der genannten Bank auflösen ließen;

Schaden: 1,353.742,22 S;

bb) am 26.Juni 1980 das Sparbuch Nr. 333-805-623 mit einem Kapitalstand von 1,950.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'COSMOGOM Warenhandels GesmbH' bei der Q T Aktiengesellschaft, Filiale Wr. Neustadt, und überdies das Sparbuch am 10.August 1981 samt aufgelaufenen Zinsen zugunsten des Kontos Nr. 333-149-913 dieser Firma bei der genannten Bank auflösen ließen; Schaden:

2,016.000 S;

cc) am 3.Juli 1980 das Sparbuch Nr. 38.120-108-848 mit einer Einlage von 4,000.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'S Handelsges.m.b.H.' bei der U V W X Y, Filiale Eisenstadt, wobei das Sparbuch samt aufgelaufenen Zinsen am 17.April 1981 zur Kreditabdeckung verwendet wurde; Schaden: 4,303.948,10 S;

dd) wobei die Verpfändung der Sparbücher in den nachfolgenden Fällen aaa), bbb) und ccc) bis November 1981 und im Falle ddd) bis 30. September 1981

aufrecht blieb:

aaa) am 20.Februar 1980 das Sparbuch Nr. 381-10796-5 mit einem Kapitalstand von 1,000.000 S und das Sparbuch Nr. 381-10798-1 mit einem Kapitalstand von 500.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'COMMERCIA Management und Beteiligungs GesmbH' bei der U V W X Y, Filiale Eisenstadt; Schaden: 1,500.000 S;

bbb) am 21.August 1980 das Sparbuch Nr. 38120-108-856 mit einem Kapitalstand von 1,000.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'RESIDENZ Grundstück- und Vermögensverwaltungs GesmbH' bei der U V W X Y, Filiale Eisenstadt; Schaden: 1,000.000 S;

ccc) am 19.Oktober 1981 das Sparbuch Nr. 38120-109-518 mit einem Kapitalstand von 827.133,28 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'Hans Günther Z GesmbH' bei der U V W X Y, Filiale Eisenstadt;

Schaden: 827.133,28 S;

ddd) am 12.November 1980 ein Sparbuch mit einem Kapitalstand von 500.000 S zur Besicherung eines Kredites der Firma 'D GesmbH' bei der AA AB; Schaden: 500.000 S;

b) aus dem Vermögen der 'WBO' aa) einer mit Josef D getroffenen Vereinbarung gemäß am 3.Juli 1980

der insolventen Firma 'D & Co' zwecks 'Sanierung' zunächst einen Geldbetrag von 7,000.000 S ohne Gegenleistung zuwendeten und sodann der Firma 'D GesmbH', in welche die Firma 'D & Co' eingebracht worden war, in der Zeit vom 30.September 1980 bis 5.Juni 1981 unter dem Vorwand von Vorauszahlungen für künftige Warenlieferungen an die 'WBO' weitere Geldbeträge in der Höhe von insgesamt 7,500.000 S ohne Gegenleistung zufließen ließen;

Schaden: 14,500.000 S;

bb) von Juli 1980 bis September 1981 den Zufluß eines Betrages von insgesamt 18.204 S an Johann C ohne Gegenleistung und unter dem Vorwand von Ansprüchen des Genannten aufgrund angeblicher Dienstreisen veranlaßten;

Schaden: 18.204 S;

2. Dipl.Ing. Dr. Ernst A aus dem Vermögen der 'WBO' durch deren Interessen zuwiderlaufende Dispositionen a) an nachstehend genannte Firmen nach vorheriger Absprache mit deren Organen im Rahmen einer vornehmlich zu diesem Zweck hergestellten bzw. aufrechterhaltenen Geschäftsverbindung Geldbeträge ohne Gegenleistung bzw. unter dem Vorwand von - wirtschaftlich nicht vertretbaren - Vorauszahlungen für künftige Warenlieferungen fließen ließ, nämlich

aa) an die Firma 'Walter S' und an die Firma 'S Handels GesmbH' aaa) in der Zeit vom 8.Mai 1980 bis 5.Mai 1981 Teilbeträge in der Höhe von zusammen 6,643.275 S;

bbb) in der Zeit vom 19.März 1981 bis 6.Juli 1981 Teilbeträge in der Höhe von zusammen 6,241.101,46 S;

ccc) am 7.September 1981 einen Betrag von 950.000 S;

Schaden: insgesamt 13,834.376,46 S;

bb) an die Firmen 'FERTIGBAU GesmbH & Co KG' und 'HANSE Malerei- und Raumausstattungs GesmbH' in der Zeit vom Oktober 1979 bis Herbst 1981

Teilbeträge in der Höhe von insgesamt zumindest 1,652.796,72 S;

cc) an die Firma 'J Kunststoffverarbeitungs GesmbH' in der Zeit vom 10. September 1980 bis 31.März 1981 Teilbeträge in der Höhe von insgesamt zumindest 1,200.000 S;

dd) an die Firma 'K HandelsGesmbH & Co KG' am 15.Juni 1981 den Betrag von 600.000 S;

b) den Abgang von Geldbeträgen ohne Gegenleistung veranlaßte, nämlich aa) am 5.September 1979 750.000 S, bb) am 12.Oktober 1979 2,500.000 S, cc) am 15.November 1979 2,000.000 S, dd) am 3.November 1980 500.000 S, ee) vom Frühjahr 1981 bis Oktober 1981 an Walter F in mehreren Teilbeträgen insgesamt 3,914.199 S, ff) am 3.April 1981 1,000.000 S, gg) von April 1980 bis Sommer 1981 zur Finanzierung der Zeitschrift 'SüDP EXPRESS' in mehreren Teilbeträgen insgesamt 3,971.128,40 S, hh) am 24.April 1980 155.044 S, ii) am 25. und 26. September 1980 in zwei Teilbeträgen insgesamt 223.610,25 S, jj) am 21.Oktober 1980 241.200 S;

II/ Dkfm. Horst B, Walter S, Josef D, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G dadurch, daß sie Dipl.Ing.

Dr. Ernst A und Johann C bzw. ersteren allein in Kenntnis deren bzw. des ersteren Befugnismißbrauchs dazu bestimmten, die unter Punkt A/I des Urteilsspruchs beschriebenen Tathandlungen in dem im folgenden näher beschriebenen Umfang auszuführen bzw. sonst zu ihrer Ausführung beitrugen, und zwar 1. Dkfm. Horst B als leitender Angestellter der 'WBO', indem er a) die unter Punkt A/I/a (richtig: A/I/1/a) des Urteilsspruchs beschriebenen Tathandlungen mitplante, den erforderlichen Schriftverkehr mit den betreffenden Banken vorbereitete und die mit den Banken nötigen Verhandlungen führte; zu verantwortender Schaden: zumindest 11,500.823,60 S;

b) die unter Punkt A/I/1/b/aa; A/I/2/a/aa/aaa und bbb; bb; cc; b/gg, hh, ii und jj des Urteilsspruchs beschriebenen Tathandlungen mitplante und die zur Auszahlung der dort angeführten Geldbeträge erforderlichen Verfügungen der Geschäftsführung vorbereitete bzw. zur Durchführung brachte; zu verantwortender Schaden: zumindest 46,328.979,43 S;

c) den Dipl.Ing. Otto E zu dem im folgenden unter Punkt 3/b/bb beschriebenen Tatbeitrag mitveranlaßte und an dem unter Punkt A/I/2/b/aa bis cc des Urteilsspruchs erwähnten Abgang von Geldbeträgen ohne Gegenleistung durch Einflußnahme auf Dipl.Ing. Otto E mitwirkte; zu verantwortender Schaden: 5,250.000 S;

2. Heinz G als Leiter der Finanzierungsabteilung der 'WBO', indem er Dipl.Ing. Dr. Ernst A Beträge von insgesamt 3,000.000 S der aus Punkt A/I/2/b/ee und ff des Urteilsspruchs ersichtlichen Gesamtsumme teils bargeldlos überwies, teils nach Vervollständigung blanko vorgefertigter Schecks nach deren Einlösung bar zuführte; zu verantwortender Schaden:

zumindest 3,000.000 S;

3. indem sie jeweils nach vorheriger Absprache mit Dipl.Ing. Dr. Ernst A bzw. auch mit Dkfm. Horst B a) die im Folgenden näher bezeichneten Geldbeträge aus dem Vermögen der 'WBO' verlangten und annahmen, und zwar aa) Josef D als Geschäftsführer der Firmen 'D & Co' bzw. 'D GesmbH' die unter Punkt A/I/1/b/aa des Urteilsspruchs beschriebenen Zahlungen und aaa) überdies dadurch, daß er die unter Punkt A/I/1/a/dd/ddd des Urteilsspruchs beschriebene Verpfändung verlangte und annahm; zu verantwortender Schaden: insgesamt zumindest 15,000.000 S;

bb) Walter S als Einzelhandelskaufmann bzw. Geschäftsführer der Firma 'S GesmbH' die unter Punkt A/I/2/a/aa/aaa bis ccc des Urteilsspruchs angeführten Zahlungen; zu verantwortender Schaden:

zumindest 13,834.376,46 S;

cc) Dipl.Ing. Otto E als handlungsbefugtes Organ der Firma 'FERTIGBAU GesmbH & Co KG' die unter Punkt A/I/2/a/bb des Urteilsspruchs ersichtlichen Zahlungen; zu verantwortender Schaden:

zumindest 1,652.796,72 S;

dd) Walter F die unter Punkt A/I/2/b/ee des Urteilsspruchs genannten Geldbeträge; zu verantwortender Schaden: zumindest 3,914.199 S;

b) überdies an weiteren Tathandlungen mitwirkten, und zwar aa) Walter S, indem er am 4.März 1981 ein der Auszahlung eines Teilbetrages von 2,000.000 S der unter Punkt A/I/1/b/aa des Urteilsspruchs erwähnten Gesamtsumme zugrundeliegendes Ansuchen um 'Vorauszahlung' dem Josef D vorbereitete und den Genannten zu dessen Unterfertigung veranlaßte; zu verantwortender Schaden: 2,000.000 S;

bb) Dipl.Ing. Otto E, indem er Dipl.Ing. Dr. Ernst A vor der Begehung dessen unter Punkt A/I/2/b/bb und cc des Urteilsspruchs beschriebener Tathandlungen zusicherte, die entsprechenden Geldbeträge zum Schein als - tatsächlich nicht erfolgte - Akontozahlungen der 'WBO' an seine Firmen zu verbuchen; zu verantwortender Schaden: zumindest 4,500.000 S;

B/ in der Zeit zwischen Anfang 1981 bis September 1981

1. Dipl.Ing. Dr. Ernst A als Obmann des Vorstandes und Dkfm. Horst B als leitender Angestellter der Gemeinschuldnerin 'WOHNBAU P gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung' ('WBO'), durch das unter Punkt A des Urteilsspruchs beschriebene, im Folgenden näher bezeichnete Verhalten, soweit es im Jahre 1981 erfolgte Geldabgänge aus dem Vermögen der 'WBO' betrifft, das Vermögen der 'WBO' wirklich verringert und dadurch die Befriedigung der Gläubiger der 'WBO' geschmälert, und zwar a) Dipl.Ing. Dr. Ernst A und Dkfm. Horst B durch die unter den Punkten A/I/1/a/aa bis cc; A/I/1/b/aa sowie A/I/2/a/aa/aaa und bbb;

A/I/2/a/bb; A/I/2/a/cc und A/I/2/b/gg des Urteilsspruchs;

b) Dipl.Ing. Dr. Ernst A überdies durch die unter den Punkten A/I/1/b/bb und A/I/2/a/aa/ccc, A/I/2/a/dd, A/I/2/b/ee und ff des Urteilsspruchs beschriebenen Tathandlungen, wodurch sie einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführten;

2. Johann C als Obmannstellvertreter der Gemeinschuldnerin 'WOHNBAU

P gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung' ('WBO'), durch das unter Punkt A/I/1/a/aa bis cc;

A/I/1/b/aa und bb des Urteilsspruchs beschriebene Verhalten, soweit es im Jahre 1981 erfolgte Geldabgänge aus dem Vermögen der 'WBO' betrifft, an der Gewährung leichtsinnigen und unverhältnismäßigen Kredites an andere mitgewirkt, Bestandteile des Vermögens der 'WBO' verschleudert und (zu ergänzen: dadurch die Zahlungsunfähigkeit der 'WBO' herbeigeführt sowie) in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der 'WBO' fahrlässig die Befriedigung der Gläubiger der 'WBO' dadurch zumindest geschmälert, wenn nicht vereitelt, daß er bei der Entstehung neuer Schulden mitwirkte und nicht veranlaßte, daß rechtzeitig die Einleitung eines Insolvenzverfahrens beantragt wurde;

C/ Dipl.Ing. Dr. Ernst A sich dadurch, daß er in der Zeit von Jänner 1975 bis Juli 1978 ihm als Vorstandsobmann der 'WOHNBAU P gemeinnützige Baugenossenschaft, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung ('WBO'), von der Versicherungsanstalt 'ÖSTERREICHISCHE RVERSICHERUNGS-Aktiengesellschaft' zwecks Zuführung in das Vermögen der 'WBO' überlassene Geldbeträge in der Höhe von insgesamt zumindest 544.298,60 S teils für eigene, teils für andere nicht der 'WBO' dienende Zwecke verwendete, ein Gut im Wert von mehr als 100.000 S, das ihm anvertraut worden war, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder Dritte dadurch unrechtmäßig zu bereichern; D/ Dipl.Ing. Dr. Ernst A dadurch, daß er am 17.Februar 1983 in Eisenstadt Melitta A in einem an sie gerichteten Brief, den er ihr durch seinen Verteidiger Dr. Ernst AC zukommen zu lassen trachtete, aufforderte, Matthias AD zu veranlassen, bei seiner förmlichen Vernehmung als Zeuge vor Gericht im Verfahren 7 Vr 841/82, Hv 27/82 des Landesgerichtes Eisenstadt ihn belastende Umstände zu verschweigen, den Matthias AD zur falschen Aussage vor Gericht zu bestimmen versucht.

Hinsichtlich des Angeklagten Dipl.Ing. Otto E erging ferner zu einem Anklagepunkt ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch (Punkt E/ des Urteilssatzes).

Schließlich wurde dem öffentlichen Ankläger gemäß § 263 Abs. 2 StPO. die selbständige Verfolgung des Dipl.Ing. Dr. Ernst A und des Heinz G wegen weiterer Anklagefakten vorbehalten (Punkt F/ des Urteilsspruchs).

Der Angeklagte Walter S hat gegen das Urteil die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung angemeldet. Seine Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluß des Landesgerichts Eisenstadt vom 4.November 1983, ON. 960, gemäß § 285 a Z. 1 StPO. zurückgewiesen; die von ihm begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 18.Oktober 1984, GZ. 12 Os 160/84-28, verweigert und zugleich auch seine Berufung gemäß §§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO. zurückgewiesen, sodaß das Urteil gegen S in Rechtskraft erwachsen ist.

Zu erkennen ist demnach über die Rechtsmittel der Angeklagten Dipl.Ing.

Dr. Ernst A, Dkfm. Horst B, Johann C, Josef D, Dipl.Ing. Otto E, Walter F und Heinz G. Die Genannten bekämpfen die gegen sie ergangenen Schuldsprüche, G überdies den ihn betreffenden Verfolgungsvorbehalt, mit Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch haben sie Berufung ergriffen.

In ihren Nichtigkeitsbeschwerden machen die genannten Angeklagten folgende Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 StPO. geltend:

der Angeklagte Dipl.Ing. Dr. A jene der Z. 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10; hinsichtlich des (weiters geltendgemachten) Nichtigkeitsgrundes der Z. 1 a sowie jenes der Z. 4, soweit damit der Ausschluß des Rechtsanwaltes Dr. AC von der Verteidigung des Beschwerdeführers und die Abweisung der Anträge auf Wiederzulassung des Genannten als Verteidiger, auf Vertagung der Hauptverhandlung und auf Ablehnung des Schöffensenates wegen Befangenheit gerügt wird, wurde die Nichtigkeitsbeschwerde im Gerichtstag zurückgezogen;

der Angeklagte Dkfm. B jene der Z. 1, 3, 4, 5, 9 lit. a und 10;

der Angeklagte C jene der Z. 5 und 9 lit. a;

der Angeklagte D jene der Z. 3, 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10;

der Angeklagte Dipl.Ing. E jene der Z. 5, 9 lit. a und 10;

der Angeklagte F jene der Z. 4, 5 und 9 lit. a, und der Angeklagte G jene der Z. 5, 9 lit. a und 9 lit. b.

I. Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 1 des § 281 Abs. 1 StPO.:

Unter Anrufung dieses Nichtigkeitsgrundes behauptet der Angeklagte Dkfm. B, der Gerichtshof sei nicht gehörig besetzt gewesen, weil als Beisitzer ein Richter fungiert habe, der zwar beim Landesgericht Eisenstadt ernannt ist, aber während der Zeit der Hauptverhandlung dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs zur Besorgung der Geschäfte im Evidenzbüro zugeteilt war; diese Zuteilung enthebe von der Berechtigung zum Richteramt, was sich auch aus der Trennung von Justiz und Verwaltung in allen Instanzen ergäbe.

Rechtliche Beurteilung

Dabei übersieht der Beschwerdeführer jedoch, daß der Gerichtshof nur dann nicht gehörig besetzt (und somit der Nichtigkeitsgrund der Z. 1 des § 281 Abs. 1 StPO. gegeben) ist, wenn seinen Mitgliedern (oder einem von ihnen) die für das Richteramt vorgeschriebene Qualifikation abgeht, wenn sie nicht in der gesetzlich bestimmten Zahl an der Hauptverhandlung teilnehmen oder wenn die Beiziehung eines Protokollführers unterblieben ist (vgl. Mayerhofer/Rieder StPO. 2 Nr. 1 zu § 281 Z. 1). Daß nicht die erforderliche Zahl von Richtern an der Hauptverhandlung teilgenommen habe, oder die Beiziehung eines Protokollführers unterblieben sei, behauptet die Beschwerde gar nicht. Sie vermag aber auch nicht darzutun, daß dem beigezogenen Beisitzer die für das Richteramt vorgeschriebene Qualifikation gefehlt habe. War (und ist) doch der betreffende (nach der Geschäftsverteilung zuständige) Beisitzer auf eine richterliche Planstelle beim Landesgericht Eisenstadt ernannt, mithin Richter dieses Gerichtshofs. Daß er (zugleich) mit einem Teil seiner Arbeitskraft dem Präsidenten eines anderen Gerichtshofs (gemäß § 77 Abs. 5 RDG.) zugeteilt gewesen ist, änderte daran nichts. Denn eine derartige Zuteilung steht der Wahrnehmung richterlicher Agenden bei jenem Gericht, bei dem der betreffende Richter ernannt ist, keineswegs entgegen. Es widerspricht aber auch nicht dem im Art. 94 B-VG. normierten Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung, wenn ein Richter (neben seiner richterlichen Tätigkeit) auch Agenden der Justizverwaltung wahrnimmt (vgl. Art. 87 Abs. 1 B-VG.).

II. Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 3 des § 281 Abs. 1 StPO.:

Das Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrundes machen die Angeklagten Dkfm. B und D geltend; beide zu Unrecht.

Wenn der Angeklagte Dkfm. B einwendet, das angefochtene Urteil verstoße gegen die Vorschrift des § 260 StPO., weil es nicht anführe, welche strafbare Handlungen durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, begründet werden, womit er der Sache nach eine Verletzung des § 260 Abs. 1 Z. 2 StPO. behauptet, so negiert er den ihn betreffenden Urteilsspruch (Urteil ON. 885/S. 12, 13, 17, 18 in Verbindung mit S. 21), aus dem klar und unmißverständlich hervorgeht, welchen Tatbeständen die dem Beschwerdeführer angelasteten Taten unterstellt wurden, das heißt, welche strafbaren Handlungen er begangen hat. Soweit in diesem Zusammenhang aber in ganz allgemeiner Form eine mangelhafte oder fehlende Begründung releviert wird, so wird damit nicht der geltendgemachte Nichtigkeitsgrund, sondern jener der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bezogen, wobei es jedoch mangels entsprechender Konkretisierung des bezüglichen Vorbringens an einem Substrat für eine argumentationsbezogene Erörterung und infolgedessen an einer gesetzmäßigen Ausführung der Beschwerde fehlt.

Der Angeklagte D behauptet eine Verletzung des § 427 Abs. 1 StPO., weil er während der Hauptverhandlung erkrankt war, und die Verhandlung - mit seiner Zustimmung - an vier Tagen in seiner (krankheitsbedingten) Abwesenheit durchgeführt wurde. Entgegen der von ihm verfochtenen Auffassung kann in dem von ihm gerügten Vorgang ein Verstoß gegen diese Gesetzesstelle von vornherein nicht erblickt werden, weil § 427 StPO. hierauf nicht anwendbar ist. Die bezeichnete Vorschrift, die das 'Ungehorsamverfahren gegen Abwesende und Flüchtige' (III. Abschnitt des XXIV. Hauptstückes der Strafprozeßordnung) regelt, läßt nämlich die im XVIII. Hauptstück der Strafprozeßordnung enthaltenen Bestimmungen über den Gang der Hauptverhandlung, die unter verschiedenen Gesichtspunkten eine zeitweise Abwesenheit des Angeklagten vorsehen (§§ 234, 250, 269, 275 StPO.), unberührt, sodaß letztere (als Spezialnormen) der Regelung des § 427 StPO. vorgehen. Gemäß dem (hier maßgebenden) § 275 StPO. ist die Hauptverhandlung im Falle einer Erkrankung des Angeklagten während derselben nur dann zu vertagen, wenn der Angeklagte nicht in die Fortsetzung der Verhandlung in seiner Abwesenheit (und in die Verlesung seiner in der Voruntersuchung abgegebenen Erklärung) einwilligt;

daraus folgt, daß dann, wenn der Angeklagte der Fortsetzung der Verhandlung in seiner (krankheitsbedingten) Abwesenheit zustimmt, die Hauptverhandlung trotz seiner Abwesenheit fortgesetzt werden darf (vgl. auch Mayerhofer/Rieder a.a.O. Nr. 1 zu § 275). Da vorliegend der Beschwerdeführer, wie er selbst einräumt, diese Zustimmung erteilt hat (vgl. HV-Prot. ON. 884/S. 2081), durfte demnach die Verhandlung trotz seiner Abwesenheit fortgesetzt werden. Im übrigen stünde eine Verletzung des § 275 StPO. nicht unter Nichtigkeitssanktion; eine solche könnte auch nicht über den Umweg des § 427 StPO. geltend gemacht werden (vgl. SSt. 34/42).

III. Zum Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO.:

Verletzungen von Verteidigungsrechten im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes machen die Angeklagten Dipl.Ing. Dr. A, Dkfm. B,

D und F geltend.

1. Einen Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO. bewirkenden Verfahrensmangel erblicken alle vier genannten Angeklagten in der Abweisung ihres in der Hauptverhandlung am 8.März 1983 (gemeinsam) gestellten Antrags, sämtliche von der Erhebungsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland wo immer beschlagnahmten und in Verwahrung des Landesgendarmeriekommandos befindlichen Unterlagen (ersichtlich gemeint: die 'WBO' betreffend) beizuschaffen oder, falls dies aus technischen Gründen wegen des Umfangs dieser Unterlagen nicht möglich sein sollte, der Erhebungsabteilung des Landesgendarmeriekommandos den Auftrag zu erteilen, den Verteidigern unbeschränkte Akteneinsicht in die Unterlagen zu gewähren (HV-Prot. ON. 884/S. 1277, 1278). Sie haben dies damit begründet, daß im Zuge der Hauptverhandlung vom Ankläger mehrmals neue relevante Urkunden aus dem beim Landesgendarmeriekommando befindlichen (nicht zum vorliegenden Verfahren genommenen) Beweismaterial vorgelegt wurden, die sogar zur Ausdehnung der Anklage gegen mehrere Angeklagte führten; daraus müsse abgeleitet werden, daß sich bei diesen Unterlagen, die den Verteidigern nicht zur Verfügung stünden, auch Urkunden befinden, die die Angeklagten entlasten, wobei jedoch - mangels Kenntnis der einzelnen Dokumente - nicht bezeichnet werden könne, um welche Urkunden es sich im einzelnen handelt und in welchen konkreten Punkten die Angeklagten entlastet werden können; dies könne zwangsläufig erst nach Einsicht in die Urkunden bekanntgegeben werden (HV-Prot. ON. 884/S. 1278 ff.).

Dieser Antrag wurde vom Schöffensenat als unzulässig abgewiesen, weil es sich um einen Erkundungsbeweis handle (HV-Prot. ON. 884/S. 1281). In den Urteilsgründen (ON. 885/S. 701 f.) heißt es hiezu, daß - abgesehen von der technischen Unmöglichkeit (die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland arbeitete zum damaligen Zeitpunkt, wie auch heute noch, an vielen Teilbereichen des 'WBO-Skandales' und benötigte die dort befindlichen Urkunden für ihre Nachforschungen) - im Beweisantrag kein Beweisthema genannt werde, und die bloß abstrakte Möglichkeit einer Förderung der Wahrheitsfindung durch eine beantragte Beweisaufnahme regelmäßig nicht für die erforderliche Erheblichkeit des begehrten Beweises ausreiche.

Nach Auffassung der Beschwerdeführer verletzt dieses Zwischenerkenntnis die Verteidigungsrechte der Angeklagten. Ihr Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht in der Hauptverhandlung sei beschränkt und der Grundsatz der Waffengleichheit verletzt worden, denn der öffentliche Ankläger habe die Möglichkeit gehabt, uneingeschränkt in jene beschlagnahmten Urkunden einzusehen, die nicht (als Beweisgegenstände) zum vorliegenden Verfahren genommen wurden, und Urkunden vorzulegen, die sogar zur Ausdehnung der Anklage führten, während den Verteidigern die Möglichkeit genommen worden sei, jene beschlagnahmten Urkunden einzusehen, die in dem beim Untersuchungsrichter anhängig gebliebenen (weiteren) Verfahren zum Komplex 'WBO' verblieben; es gehe nicht an und widerspreche jedenfalls den Grundsätzen des Verfahrens, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist, wenn die Auswahl der verfahrensrelevanten Beweismittel den Erhebungsbeamten des Landesgendarmeriekommandos bzw. dem öffentlichen Ankläger überlassen bleibe, ohne der Verteidigung dieselben Möglichkeiten einzuräumen.

Der Verfahrensrüge kann, entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur, teilweise Berechtigung nicht abgesprochen werden. Der Sache nach zielte der in Rede stehende Beweisantrag darauf ab, der Verteidigung (auch) jene Beweisgegenstände zugänglich zu machen, die von der Erhebungsabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland im Gesamtkomplex 'WBO' sichergestellt worden waren, jedoch anläßlich der (gemäß § 57 StPO. erfolgten) Ausscheidung des gegenständlichen Strafverfahrens nicht zu diesem genommen, sondern - wie sowohl das Erstgericht als auch die Generalprokuratur einräumen - 'aus Zweckmäßigkeitserwägungen' beim Stammakt belassen wurden, wiewohl in der Folge (nach Auswahl durch die Gendarmerieerhebungsbeamten) einzelne dieser Beweisgegenstände (Urkunden) dann doch seitens des öffentlichen Anklägers durch Vorlage in der Hauptverhandlung zu Beweismitteln des gegenständlichen Strafverfahrens gemacht und zum Anlaß von Anklageausdehnungen genommen wurden. Damit hatte der Antrag zum Ziel, jene (den Komplex 'WBO' betreffende) Sammlung von Beweisgegenständen (§ 98 Abs. 2 StPO.), die nicht Bestandteil des vorliegenden Strafverfahrens geworden war, aus welcher aber der öffentliche Ankläger (via Erhebungsabteilung des Landesgendarmeriekommandos) in der Hauptverhandlung (belastende) Beweismittel schöpfen konnte, im vorliegenden Strafverfahren auch den Angeklagten zu ihrer Verteidigung zugänglich zu machen. Da diese, aus einem Konvolut von Urkunden bestehende Beweisquelle formal nicht Bestandteil des gegenständlichen Strafakts war, trifft es zwar zu, daß die Angeklagten insoweit in ihrem Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht nicht verletzt wurden, weil sich dieses Recht nur auf solche Geschäftsstücke (Beweisgegenstände) bezieht, die nach der Geschäftsordnung zu einer als Akt bezeichneten Einheit verbunden worden sind samt den dazugehörigen Beilagen und Beweisgegenständen. Das schließt es aber nicht aus, daß die Verteidigung grundsätzlich berechtigt ist, die Beischaffung (und damit Verlesung; vgl. § 252 Abs. 2 StPO.) jener beim Stammakt verbliebenen Urkunden, die für das gegenständliche Strafverfahren von Bedeutung sind, zur Wahrung der Verteidigungsrechte des/der Angeklagten zu begehren und solcherart zu erwirken, daß diese Urkunden zu Beweisgegenständen des vorliegenden Verfahrens werden, auf welche sich sodann das uneingeschränkte Akteneinsichtsrecht der Verteidigung erstreckt (vgl. SSt. 25/59). Wird der Verteidigung in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem umfangreiches Beweismaterial sichergestellt und dieses anläßlich einer Verfahrensausscheidung dergestalt aufgeteilt wurde, daß ein Teil davon zum ausgeschiedenen Verfahren genommen wird, während der andere Teil beim Stammverfahren verbleibt, diese Möglichkeit genommen, so ist ein solcher Vorgang grundsätzlich geeignet, Verteidigungsrecht zu beeinträchtigen, wie dies die Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend aufzeigen.

Daraus folgt aber - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - noch nicht, daß ihrer Rüge zur Gänze Berechtigung zukommt. Soweit sich ihr Antrag nämlich auf jene Fakten bezieht, die bereits Gegenstand der gegen die Angeklagten eingebrachten Anklageschrift waren, sodaß ihnen die bezüglichen Vorwürfe bereits von Anfang an bekannt gewesen sind, so hätte es im Antrag der Angabe jener nicht von ihnen zu vertretenden Gründe bedurft, aus denen es ihnen unmöglich gewesen ist, schon vor der Hauptverhandlung (oder jedenfalls am Beginn derselben) sich darüber Klarheit zu verschaffen, welche zu ihrer Verteidigung dienenden Urkunden noch nicht Beweisgegenstände des vorliegenden Verfahrens sind, und diese sodann im Beweisantrag konkret zu bezeichnen und überdies auch konkret anzuführen, auf welches Faktum sie sich beziehen, und was damit bewiesen werden soll (vgl. hiezu Mayerhofer/Rieder a.a.O. Nr. 158 zu § 281 Z. 4). In bezug auf die bereits in der Anklageschrift inkriminierten Fakten fehlt es daher an einem den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag, sodaß insoweit der Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO.

nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann.

Anders hingegen, soweit sich der Antrag (und dies seinem Wortlaut nach ersichtlich in erster Linie) auf in das Verfahren (erst) in der Hauptverhandlung einbezogene neue Tathandlungen bezieht, die zum Gegenstand nachträglicher Anklageausdehnungen (ausgenommen das Urteilsfaktum D/) und darauf beruhender Schuldsprüche wurden. Mit den diesbezüglichen (neuen) Anklagevorwürfen wurden die Angeklagten (an sich zulässigerweise; vgl. § 263 StPO.) erstmals in der Hauptverhandlung konfrontiert, ohne die Möglichkeit einer rechtzeitigen, entsprechenden Vorbereitung ihrer Verteidigung gehabt zu haben, sodaß es ihnen auch nicht möglich war, jene Urkunden, deren Beischaffung (und implicite Verlesung) sie zur Entkräftung der neuen Anklagevorwürfe anstrebten, schon im Beweisantrag näher zu bezeichnen und im einzelnen darzutun, inwieweit die begehrte Beweisaufnahme für die Schuldfrage von Bedeutung ist und auch tatsächlich zur Entkräftung des betreffenden Tatverdachts dienlich sein werde. So gesehen kommt daher ihrem Antrag, soweit er sich auf diese Fakten bezieht, entgegen der Meinung des Erstgerichts (und der Generalprokuratur) Relevanz zu, zumal es zu den das Wesen der Verteidigung sichernden Verfahrensgrundsätzen gehört, daß der Angeklagte, der in der Hauptverhandlung vom Ankläger mit neuen Beweisen (und darauf beruhenden neuen Anschuldigungspunkten) überrascht wird, an deren Aufnahme er sich nicht vorbereitet beteiligen konnte (vgl. § 222 StPO. sowie hiezu SSt. 27/42), die Möglichkeit erhält, aus denselben Beweisquellen zu schöpfen wie der Ankläger, obwohl er im Zeitpunkt seiner bezüglichen Antragstellung noch nicht dartun kann, inwieweit die Durchführung der vom ihm beantragten Beweisaufnahme auch tatsächlich zu seiner Entlastung dienen werde.

Gerade die rechtliche Möglichkeit der Anklageausdehnung auf neue, in die schriftliche Anklage nicht einbezogene Straftaten kann Folgen haben, die dem Geist der Strafprozeßordnung widersprechen, sehen sich doch der Angeklagte und sein Verteidiger unter Umständen, ohne daß dies sachlich gerechtfertigt wäre, einer Lage gegenüber, auf die sie nicht vorbereitet sein können, und die die Verteidigung beeinträchtigen, weshalb das Gesetz dem Gericht gemäß § 263 Abs. 3 StPO. das Recht einräumt, vom Urteil zunächst abzusehen, weil eine sorgfältige Vorbereitung nötig scheint, womit auf die Rechte der Verteidigung im Gesetz Rücksicht genommen wird (Mayerhofer/Rieder a.a.O. Nr. 93 zu § 263).

Die Verfahrensrüge der eingangs genannten vier Angeklagten ist somit im aufgezeigten Umfang berechtigt, im übrigen jedoch nicht berechtigt. Bei jenen Fakten, in denen sie nach dem Gesagten berechtigt ist, handelt es sich im einzelnen um folgende:

a) betreffend den Angeklagten Dipl.Ing. Dr. A:

Fakten A/I/2/a/cc und B/1/a des Schuldspruchs, soweit sich letzteres auf das erstbezeichnete Faktum bezieht (1,2 Mio. S an J KunststoffverarbeitungsGmbH); Fakten A/I/2/a/dd und B/1/b des Schuldspruchs, soweit sich letzteres auf das erstbezeichnete Faktum bezieht (600.000 S an Firma K HandelsGmbH & Co KG); Faktum A/I/2/b/hh des Schuldspruchs (155.044 S für den Ankauf zweier Gutenberg-Bibeln); Faktum A/I/2/b/ii des Schuldspruchs (223.610,25 S für den Ankauf eines Zeltzubaues der MIETHALLENBETRIEBS-GmbH); Faktum A/I/2/b/jj des Schuldspruchs (241.200 S für den Ankauf zweier Rolex-Uhren), alle laut Nachtragsanzeige vom 17.Jänner 1983, ON. 713; weiters Fakten A/I/2/b/ee (jedoch nur hinsichtlich des Betrages von 14.199 S) und B/1/b des Schuldspruchs, soweit sich letzteres auf das erstbezeichnete Faktum (hinsichtlich des Betrages von 14.199 S) bezieht (Finanzierung einer Tagung im Hotel L; Nachtragsanzeige vom 21. Feber 1983, ON. 758).

b) betreffend den Angeklagten Dkfm. B:

Fakten A/II/1/b und B/1/a des Schuldspruchs, soweit sich diese auf die den Angeklagten A betreffenden Fakten A/I/2/a/cc (1,2 Mill. S an J KunststoffverarbeitungsGmbh), A/I/2/b/hh (155.044 S für den Ankauf zweier Gutenberg-Bibeln), A/I/2/b/ii (223.610,25 S für den Ankauf eines Zeltzubaus der MIETHALLENBETRIEBS-GesmbH) und A/I/2/b/jj (241.200 S für den Ankauf zweier Rolex-Uhren) beziehen; alle laut Nachtragsanzeige vom 17.Jänner 1983, ON. 713;

c) betreffend den Angeklagten D:

Faktum A/II/3/a/aa/aaa des Schuldspruchs (Verlangen und Annahme der Verpfändung eines Sparbuchs der 'WBO' mit einem Kapitalstand von 500.000 S, wobei die Verpfändung bis 30.September 1981 aufrecht blieb); Anklageausdehnung HV-Prot. ON. 884/S. 2249;

d) betreffend den Angeklagten F:

Faktum A/II/3/a/dd des Schuldspruchs, soweit es sich um den Betrag von 14.199 S aus dem den Angeklagten A betreffenden Faktum A/I/2/b/ee (Finanzierung einer Tagung im Hotel L) handelt; Nachtragsanzeige vom 21.Feber 1983, ON. 758.

Insoweit war den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Dipl.Ing. Dr. A, Dkfm. B, D und F aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. Folge zu geben, ohne daß es erforderlich ist, auf das weitere Beschwerdevorbringen zu den von der Urteilaufhebung betroffenen Schuldsprüchen einzugehen.

2. Der Angeklagte Dipl.Ing. Dr. A macht weiters folgende Verfahrensmängel im Sinne der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. geltend:

a) Zum Schuldspruch laut Punkt C/ des Urteilssatzes ('Konto SYBILLE') rügt der Beschwerdeführer - der sich im übrigen zu diesem Faktum, worauf er auch in seiner Nichtigkeitsbeschwerde Bezug nimmt (ON. 943/S. 665), schuldig bekannt hat - die Abweisung mehrerer von ihm gestellter Beweisanträge. Er vermag damit jedoch eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte nicht aufzuzeigen. Der Angeklagte A hat die Vernehmung des Zeugen Matthias AE und die Beischaffung der Vereinbarung zwischen der R-Versicherung und der 'WBO' zum Beweis dafür beantragt, daß er die Zahlungen der R-Versicherung für Spenden an die AF Burgenland und nicht für der 'WBO' zustehende Gelder gehalten habe (HV-Prot. ON. 884/S. 2104 f., siehe auch S. 1608 f.). Das Beweisthema betraf somit die Behauptung eines bestimmten Vorstellungsinhalts, der seinem Wesen nach einer sinnlichen Wahrnehmung durch andere Personen entzogen und einem Zeugenbeweis nur ausnahmsweise zugänglich ist, nämlich soweit es um die Erweisbarkeit von wahrnehmbaren Umständen geht, die ihrerseits als Ausgangspunkt für eine Schlußfolgerung auf einen solchen Bewußtseinsinhalt dienen können. Die Erwartung eines derartigen Ergebnisses der beantragten Beweisführung fand aber weder in den in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben des Matthias AE vor der Sicherheitsbehörde (HV-Prot.

ON. 884/S. 1698; ON. 280/S. 611 ff.) eine Stütze, noch wäre sie mit der Verantwortung des Angeklagten A vereinbar gewesen, über 'solche Sachen' mit AE überhaupt nicht gesprochen zu haben (HV-Prot. ON. 884 S. 141). Bei dieser Sachlage hätte anläßlich der Antragstellung aber begründet werden müssen, weshalb von der Beweisaufnahme trotz dieser gegenteiligen Hinweise ein sachdienliches Ergebnis zu erwarten sei (siehe hiezu Mayerhofer/Rieder, a.a.O., Nr. 19 zu § 281 Z. 4). Mangels eines derartigen Vorbringens konnte das Erstgericht den Antrag mithin ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ablehnen. Inwiefern eine schriftliche Vereinbarung zwischen 'WBO' und R-Versicherung betreffend Provisionsansprüche hätte geeignet sein sollen, die Verantwortung des Angeklagten A zu stützen, ebendiese Provisionszahlungen für Parteispenden gehalten zu haben, wurde anläßlich der bezüglichen Antragstellung nicht dargelegt. Der Angeklagte hat sich auch gar nicht darauf berufen, in seiner Meinung von einer derartigen schriftlichen Vereinbarung - die er gar nicht kannte und von der er nie etwas gehört hatte (HV-Prot. ON. 884/S. 1596) - beeinflußt worden zu sein. Für die Existenz einer zur Zeit der Tätigkeit des Angeklagten A namens der 'WBO' abgeschlossenen Vereinbarung über diese Provisionsansprüche ergab sich zudem keinerlei Verfahrenshinweis, vielmehr wird in einem Schreiben der R-Versicherung vom 8.Feber 1982 von Leistungen 'seit ca. 1952/1953 aufgrund damaliger Vereinbarung' gesprochen und als Empfänger die 'BURGENLöNDISCHE SIEDLUNGSGENOSSENSCHAFT' (womit ein früherer Firmenname der 'WBO' - nämlich AG AH AI, AJ X AK, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung - gemeint ist) bezeichnet (ON. 560, Beilage 10). Angesichts dieser Umstände fehlt es von vornherein an einem hinreichenden Grund für die Annahme, daß die angestrebte Beweisführung ein für das angegebene Beweisthema relevantes Ergebnis bringen könnte, weshalb durch die letztlich erfolgte Ablehnung (HV-Prot. ON. 844/S. 2225) der zunächst vom Erstgericht in die Wege geleiteten Nachforschungen (HV-Prot. ON. 844/S. 1609; ON. 808) Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt worden sind.

Die Anträge auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Versicherungsfach, auf Vernehmung der Zeugen N. AL, N. AM, N. AN, N. AO, auf Ausforschung der Angestellten der R-Versicherung, die die Belege vom 8.Jänner '1984' (?) und 17.Jänner 1975 als Aussteller unterzeichnet haben, ferner auf Beischaffung aller im Zusammenhang mit der 'WBO' stehenden Provisionsakten der R-Versicherung (HV-Prot. ON. 884/S. 2228 f.) sollten dem Nachweis dienen, daß die Provisionsleistungen der R-Versicherung überhaupt nicht für die 'WBO', sondern für andere Personen, eventuell auch für die 'AF Burgenland' bestimmt gewesen seien.

Die Frage, für wen eine Zahlung bestimmt sein soll, wird in der Regel nur vom Erbringer der Leistung beantwortet werden können. Die vorliegenden Zahlungen sind namens der R-Versicherung vom Leiter der Filialdirektion Burgenland, Friedrich AP, bewirkt worden, nach dessen durch Urkunden gedeckter Aussage aber die AG AK (Firmenbezeichnung ab 1979: 'WBO') der Leistungsempfänger war (siehe hiezu HV-Prot. ON. 884/S. 1592 ff.;

ON. 560/S. 449 und 451; ON. 280/S. 607 und 609 sowie 639 ff.). Im Hinblick auf diese Verfahrensergebnisse wäre es Sache des Antragstellers gewesen, darzulegen, aus welchen Gründen entgegen aller Erfahrung erwartet werden konnte, daß die Durchführung der beantragten Beweise dennoch das behauptete Ergebnis erbringen werden, und sich daraus eine von den Angaben des anweisenden Versicherungsangestellten und vom Inhalt der Auszahlungsanordnung abweichende Widmung des Geldes für einen anderen Empfänger ergeben werde. Da ein solches Vorbringen nicht erstattet worden ist, war eine Eignung der Beweisaufnahme zur Erzielung des vom Antragsteller angestrebten Ergebnisses nicht erkennbar, sodaß die Antragsablehnung ohne Hintansetzung von die Verteidigung sichernden Verfahrensgrundsätzen erfolgen konnte. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, daß diese Anträge auch für die Klärung der subjektiven Tatseite bedeutsam gewesen wären, ist lediglich darauf zu verweisen, daß solche Gründe anläßlich der Antragstellung nicht vorgebracht worden sind und demgemäß im Rechtsmittelverfahren keine Berücksichtigung finden können (SSt. 41/71).

b) Der Beschwerdeführer hat die 'Einholung eines graphologischen Gutachtens zum Beweise dafür beantragt, daß die Schecks über 5,250.000 S nicht von Dr. A giriert wurden, und daher auch ihm keine Zahlungen zugekommen sind' (HV-Prot. ON. 884/S. 2106). In Stattgebung dieses Antrags wurde in der Hauptverhandlung ein zu diesem Beweisthema vom Gericht eingeholter Untersuchungsbericht des Büros für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung der Bundespolizeidirektion Wien sowie ein ergänzender Gendarmeriebericht (ON. 871) verlesen (HV-Prot. ON. 884/S. 2224 und 2226). Eine Ergänzung oder Erweiterung des Gutachtens oder ein mündlicher Vortrag in der Hauptverhandlung, bzw. die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wurden nicht beantragt. Die nunmehr in der Nichtigkeitsbeschwerde ohne nähere Begründung aufgestellte Behauptung, die entsprechenden Beweise seien 'nicht zur Gänze' durchgeführt worden, ist einer weiteren sachlichen Erörterung nicht zugänglich. Soweit der Angeklagte A jedoch darauf abstellt, daß das Schöffengericht über den Beweisantrag hinausgehende Nachforschungen zu veranlassen gehabt hätte, bringt er den angerufenen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil eine Verfahrensrüge nicht auf tatsächliche oder vermeintliche Unvollständigkeiten der Erhebungen, sondern nur auf unerledigt gebliebene oder abgelehnte Anträge des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung gestützt werden kann (siehe dazu Mayerhofer/Rieder, a. a.O., Nr. 149 f zu § 281 Z. 4).

c) Dem Antrag auf 'Beischaffung des Voruntersuchungsaktes, der dem Akt 4 St 950/83 der Staatsanwaltschaft zugrundeliegt' (HV-Prot. ON. 884/S. 2104, siehe hiezu auch 2224), mit welchem der Angeklagte A ersichtlich eine Beweisführung durch Heranziehung von Teilen des Aktes 5 Vr 1301/81-Ur 801/81 des Landesgerichtes Eisenstadt anstrebte, ist nach dem Hauptverhandlungsprotokoll durch 'Verlesung des gesamten Akteninhalts einschließlich der Gutachten samt Beilagen und der angeschlossenen Beiakten' (HV-Prot. ON. 884/S. 2243) bzw. durch Vornahme der 'beantragten Verlesungen' (HV-Prot. ON. 884/S. 2250) entsprochen worden. Zudem wird vom Beschwerdeführer mit seinem vom Unterbleiben einer Verlesung des genannten - im übrigen mit dem vorliegenden Akt inhaltlich teilweise übereinstimmenden - Aktes ausgehenden Vorbringen keine Verletzung seiner Verteidigungsrechte aufgezeigt. Die nach Ansicht des Beschwerdeführers seine Verantwortung stützenden Gutachten des Sachverständigen Dr. AQ zum Komplex 'BABENBERGIA-HASENDORFER' befinden sich als Beilage 39 beim vorliegenden Akt und sind ohnehin Gegenstand intensiver Erörterungen in der Hauptverhandlung gewesen (HV-Prot. ON. 884/S. 2178 ff.). In dieser Hinsicht erging auch ein Gerichtsbeschluß, dem Verteidiger die Vorbereitung dieser Erörterung zu ermöglichen (HV-Prot. ON. 884/S. 2006), sodaß die behauptete Beeinträchtigung bei der Verwertung von Verfahrensergebnissen aus dem genannten Voruntersuchungsakt nicht zu erkennen ist. Die vom Beschwerdeführer unterstellte Gefahr von 'Doppelverurteilungen' wegen der Erfassung desselben deliktischen Geschehens auch im Rahmen der erwähnten Voruntersuchung, vermochte im gegenständlichen - ersten - Verfahren von vornherein keinen Anlaß für Beweisaufnahmen bilden, weil sich die Frage nach dem Vorliegen einer bereits durch die Bestrafung der Vortat abgegoltenen Nachtat (und aus prozessualer Sicht nach einem Verfolgungshindernis) erst in einem nachfolgenden Verfahren ergeben könnte. Der Antrag auf ergänzende Vernehmung des Zeugen Karl AR (HV-Prot. ON. 884/S. 2238) bezog sich dem hiezu genannten Beweisthema zufolge auf Leistungen der 'WBO' an das 'WERBEZENTRUM P' und hätte demnach nur für einen nicht vom Schuldspruch, sondern lediglich vom (unanfechtbaren) Verfolgungsvorbehalt (Punkt F/1/a des Urteilsspruchs) erfaßten Anklagepunkt Bedeutung haben können, weshalb eine für den Beschwerdeführer nachteilige Auswirkung der Antragsablehnung (HV-Prot. ON. 884/S. 2242) den ganz allgemeinen und das Vorbringen anläßlich des Beweisbegehrens vernachlässigenden Beschwerdebehauptungen zuwider auszuschließen ist. Dem Schuldspruch im Faktum A/I/2/b/gg wegen Finanzierung der Zeitschrift 'SüDP-EXPRESS' liegen nämlich nur Zahlungen an die AS, Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H. & Co. KG. und nicht an das AT P zugrunde. Im übrigen wurde der Beweisantrag zu Recht abgewiesen. Das Erstgericht begründete diese Ablehnung keineswegs nur mit der Annahme, die Antragstellung diene der Verfahrensverzögerung, sondern auch mit der in der Hauptverhandlung bereits erfolgten ausführlichen Befragung des Zeugen Karl AR (HV-Prot. ON. 884/S. 1249 ff.), welcher in seiner Aussage ebenso wie im Vorverfahren (ON. 557; ON. 273 und 276) davon ausgegangen war, daß das Unternehmen 'AT P' wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten von der 'WBO' mehr Leistungen bezahlt erhalten hatte, als erbracht worden waren. Somit ergab sich aus diesen Angaben keinerlei Hinweis auf eine Verrechnungspraxis, derzufolge im Auftrag der 'WBO' wirklich getätigte Leistungen dieses Unternehmens im Ergebnis unhonoriert geblieben wären. Wenn unter diesen Umständen der Verteidiger des Angeklagten A - nachdem er anläßlich der Vernehmung des Zeugen AR in der Hauptverhandlung das Fragerecht nicht ausgeübt hatte - eine neuerliche Vernehmung dieses Zeugen zum Nachweis dafür begehrte, daß Zahlungen der 'WBO' für erbrachte Leistungen nicht widmungsgemäß zugeordnet, sondern willkürlich dem Konto der 'EGGHARDT Gesellschaft mit beschränkter Haftung' gutgeschrieben worden seien, hätte er auch darlegen müssen, aus welchen Gründen ungeachtet der bisherigen Angaben des Zeugen von dieser nochmaligen Beweisaufnahme nunmehr das behauptete Ergebnis erwartet werden könne. Mangels eines derartigen Vorbringens durfte das Schöffengericht davon ausgehen, daß auch eine neuerliche Vernehmung des Zeugen AR keine zusätzlichen für die Schuldfrage bedeutsamen Erkenntnisse erbringen würde.

d) Nach Vorschrift der §§ 285 Abs. 1, 285 a Z. 2 StPO. müssen Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnet werden, wobei der Tatumstand, welcher die Nichtigkeit begründen soll, zumindest durch einen deutlichen Hinweis anzuführen ist. Für Verfahrensrügen wegen unterbliebener Beweisaufnahme bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer auch klarzustellen hat, welche von ihm während der Hauptverhandlung gestellten Anträge der Anfechtung zugrundeliegen. Der allgemeine Hinweis in der Verfahrensrüge des Angeklagten A, das Erstgericht hätte 'allen Beweisanträgen nachgehen müssen, die eine Aufklärung der Entziehung aller ungeklärten 'WBO'-Abgänge anstrebten' (ON. 943/S. 689), entspricht daher nicht den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Darstellung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes; eine nähere Erörterung des Vorbringens wäre daher gar nicht möglich.

e) Dem Verlangen des Beschwerdeführers nach Beischaffung (und Verlesung) der Kreditverträge für das Objekt 'WOHNPARK EISENSTADT' (HV-Prot. ON. 884/S. 2126) ist ohnehin entsprochen worden (ON. 873 in Verbindung mit HV-Prot. ON. 884/S. 2226 f.), weshalb in der Hervorhebung der Relevanz dieses Antrages kein zielführendes Beschwerdevorbringen zu erkennen ist.

f) Der Antrag auf Vernehmung eines Sachverständigen aus dem Möbel- und Einrichtungsfach zum Beweis dafür, daß die Rechnungen der Firma

S an den Angeklagten A überhöht gewesen seien, daher in Wirklichkeit insoweit keine Verbindlichkeit gegenüber Walter S bestanden habe, und ein Zusammenhang von Akonto-Zahlungen (der 'WBO' an S) mit diesen privaten Schulden des Angeklagten A nicht gegeben gewesen sei (HV-Prot. ON. 884/S. 2105), wurde vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen, daß die Forderung der Firma S jedenfalls zufolge der unbeanstandet gebliebenen Rechnungen existiert hat, und außerdem die Einrichtungsgegenstände zum Teil nicht mehr vorhanden gewesen sind, weshalb der Sachverständigenbeweis nicht durchführbar sei (HV-Prot. ON. 884/S. 2225 f.).

In der Nichtigkeitsbeschwerde wird dagegen vorgebracht, das Erstgericht habe einen Zusammenhang zwischen ungerechtfertigten Zahlungen (Faktum A/I/2/a/aa/aaa) mit den privaten Schulden des Angeklagten A für die Lieferung von Möbeln durch die Firma S angenommen; daher sei der Beweisantrag wesentlich.

Auch diese Rüge versagt. Denn das Erstgericht hat zwar angenommen, daß die Forderungen der Firma S für die Möbellieferungen nicht überhöht waren (Urteil ON. 885/S. 115), ist aber davon ausgegangen, daß A mit der Firma S, unabhängig von der Frage, ob diese Rechnungen angemessen waren oder nicht, vereinbarte, daß S zur Abdeckung des gegen A offenen Rechnungsbetrages Rechnungen über fingierte Leistungen an die 'WBO' legen und Akontozahlungen der 'WBO' erhalten sollte (Urteil ON. 885/S. 116).

Die Forderungen gegen A - unabhängig, ob sie in dieser Höhe berechtigt waren oder nicht - sollten somit von der 'WBO' bezahlt werden. Ob daher S dem Angeklagten A angemessene oder überhöhte Preise verrechnet hat, betrifft nach dem Gesagten keine entscheidende Tatsache, weshalb der Beweisantrag ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden konnte. Damit erweist sich aber auch der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf einer mangelhaften, weil unvollständigen Begründung (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) der Urteilsannahme, wonach die von S verrechneten Preise angemessen waren, als unbegründet, weil er einen nicht entscheidungswesentlichen Umstand betrifft.

3. Auch der Angeklagte Dkfm. B bekämpft mit seinen weiteren Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. die Abweisung (weiterer) Beweisanträge, nämlich auf Beischaffung eines Prüfungsberichts aus einem Wohnbauförderungsakt betreffend den 'WOHNPARK EISENSTADT', weiters des Vertrages und des Pflichtenhefts betreffend die NIXDORF-EDV-Anlage und schließlich auf Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen für das Zeitungs- und Verlagswesen. Seine Beschwerde ist insoweit in keiner Richtung im Recht:

a) Die Beischaffung eines Prüfungsberichts aus einem Wohnbauförderungsakt betreffend den 'WOHNPARK EISENSTADT' wurde zum Beweis dafür beantragt, daß darin im Mai 1981 die Geschäftsführung der 'WBO' als ordnungsgemäß befunden worden sei (HV-Prot. ON. 884/S. 2221). Diesen Antrag hat das Schöffengericht mit der Begründung abgewiesen, daß es für die Sachverhaltsbeurteilung ohne Belang sei, ob der Niedergang der 'WBO' für die Burgenländische Landesregierung erkennbar war (HV-Prot. ON. 884/S. 2226). Eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers ist darin nicht zu erblicken. Das mit dem in Rede stehenden Antrag angestrebte Beweisergebnis hätte nämlich zu keinen für den Beschwerdeführer günstigen Schlußfolgerungen führen können, weil es höchstens die Annahme gestattet haben würde, daß anläßlich der damaligen Prüfung Geschäftsführungsmängel nicht wahrgenommen worden sind, woraus aber noch keineswegs abzuleiten gewesen wäre, daß der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfe

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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