TE OGH 1985/1/24 6Ob516/85

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Veröffentlicht am 24.01.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 26.November 1983 gestorbenen, zuletzt in Wien 16., Feßtgasse 10/1 wohnhaft gewesenen Journalisten Albert H*** (1 A 854/84 des Bezirksgerichtes Hernals), vertreten durch Dr. Guido Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Josef P***, Bundesheerbeamter, Klagenfurt, Waidmannsdorferstraße 1, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 73.692,48 samt Nebenforderungen und eidlich zu bekräftigender Vermögensangabe (Teilstreitwert S 15.000), infolge außerordentlichen Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18.Juni 1984, GZ 11 R 136/84-71, womit der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 27.März 1984, 17 Cg 123/79-68, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8.Oktober 1984 (ON 76) zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Rekurs wird s t a t t g e g e b e n,

der angefochtene Beschluß a u f g e h o b e n und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über den zurückgewiesenen Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des außerordentlichen Rekurses sind Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung:

Das Begehren auf Zahlung von rund S 73.700,-- sowie auf eidlich zu bekräftigende Vermögensangabe wurde durch die am 26.März 1979 erfolgte Anbringung der Klage bei einem ordentlichen Gericht anhängig. Das Vorliegen der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit war im erstinstanzlichen Verfahren weder Gegenstand einer Prozeßeinrede noch einer amtswegigen Erörterung. Gegen das teils klagsstattgebende und teils klagsabweisende Urteil der ersten Instanz vom 15.6.1983 erhoben beide Streitteile Berufung.

Das Berufungsgericht prüfte von Amts wegen das Vorliegen einer Nichtigkeit wegen Verletzung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit und faßte am 17.2.1984 in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß auf Aufhebung des angefochtenen Urteiles und des diesem vorangegangenen Verfahrens, sowie auf Zurückweisung der Klage. Dieser berufungsgerichtliche Zurückweisungsbeschluß blieb unangefochten. Die klagende Partei stellte innerhalb von 14 Tagen ab der Zustellung dieser berufungsgerichtlichen Entscheidung unter Zitierung des § 230 a ZPO den Antrag, die Rechtssache an das Arbeitsgericht Wien zu überweisen.

Das Prozeßgericht faßte einen Überweisungsbeschluß im Sinne

dieses Antrages.

Der Beklagte erhob dagegen Rekurs.

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel in Anwendung des im § 230 a ZPO angeordneten Rechtsmittelausschlusses als unzulässig zurück.

Rechtliche Beurteilung

Im übrigen, insbesondere zur Zulässigkeit des außerordentlichen Rekurses, genügt ein Hinweis auf den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 8.November 1984, 6 Ob 1533/84.

Das Prozeßgericht hat seinen Überweisungsbeschluß, ebenso wie die klagende Partei ihren diesbezüglichen Antrag, ausdrücklich auf die Verfahrensbestimmung des § 230 a ZPO gegründet. Diese der Prozeßüberweisung gemäß § 261 Abs.6 ZPO nachgebildete Regelung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 enthält ebenso wie die zum Vorbild genommene Bestimmung die Rechtsmittelbeschränkung, daß gegen den Beschluß, mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten eines allfälligen Zuständigkeitsstreites, ein Rechtsmittel nicht zulässig ist.

Die Unanfechtbarkeit eines auf § 230 a ZPO gegründeten Überweisungsbeschlusses hängt allerdings davon ab, daß die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nach der zitierten Bestimmung tatsächlich vorliegen.

Der Rechtsmittelwerber machte geltend, die Voraussetzungen für eine Überweisung im Sinne des § 230 a ZPO seien auf das Prüfungsstadium nach § 41 JN beschränkt, eine Überweisung nach der zitierten Novellenbestimmung sei keinesfalls mehr zulässig, nachdem die Klage anläßlich eines Rechtsmittels gegen eine Sachentscheidung durch ein Rechtsmittelgericht zurückgewiesen worden sei; dies noch dazu, wenn der Zurückweisungsbeschluß unangefochten geblieben sei. Der Rechtsmittelwerber leitet die Zulässigkeit seines gegen den erstinstanzlichen Überweisungsbeschluß erhobenen Rekurses aus dessen sachlicher Begründetheit ab. Tatsächlich decken sich im vorliegenden Fall Zulässigkeits- und sachliche Erfolgsvoraussetzungen des Rekurses. Wie in ähnlichen Verfahrenslagen, in denen Zulässigkeits- und Erfolgsvoraussetzungen einer Prozeßhandlung zusammenfallen, erachtet der erkennende Senat die Sachentscheidung gegenüber der Formalerledigung als geboten.

- Anderenfalls hätte das Prozeßgericht bereits den Rekurs gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß gemäß § 523 ZPO mit einer anfechtbaren Formalentscheidung zurückzuweisen gehabt, wobei im Bestätigungsfall ein weiterer Rechtszug gemäß § 528 Abs.1 Z 1 ZPO ausgeschlossen gewesen wäre.-

Der angefochtene Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes läßt nicht erkennen, daß die im zurückgewiesenen Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Überweisungsbeschluß vorgebrachten Argumente gegen die Annahme der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beschlußfassung nach § 230 a ZPO einer inhaltlichen Prüfung unterzogen worden wären; die formale Zurückweisung des Rekurses durch das Gericht zweiter Instanz kann daher nicht der Sache nach in eine Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses umgedeutet werden, was den Rekurs gemäß § 528 Abs.1 Z 1 ZPO unzulässig erscheinen ließe. Daß das Gericht zweiter Instanz bereits als Berufungsgericht seine Rechtsansicht über die Zulässigkeit eines Überweisungsantrages nach § 230 a ZPO geäußert hat - welche Auffassung sich offenkundig dann sowohl die klagende Partei als auch das Erstgericht zu eigen gemacht haben - ändert nichts. Bereits in der oben erwähnten Vorerledigung zu 6 Ob 1533/84 wurde dargelegt, daß die berufungsgerichtlichen Ausführungen in seinem Klagszurückweisungsbeschluß nicht der Begründung dieses Ausspruches dienten, sondern lediglich verfahrensrechtliche Möglichkeiten aufzeigen sollten, die sich nach Ansicht des Gerichtes aus seiner Beschlußfassung ergäben. Die geäußerte Ansicht war und ist aber für das Gericht zweiter Instanz selbst nicht bindend.

Sollte das Gericht zweiter Intanz die gegen die Voraussetzungen einer Überweisung nach § 230 a ZPO vorgetragenen Argumente des Rechtsmittelwerbers nach der gebotenen sachlichen Prüfung nicht als stichhältig befinden, wird es dem gegen den erstgerichtlichen Überweisungsbeschluß erhobenen Rekurs nicht stattgeben; ein solcher bestätigender Beschluß unterläge keinem weiteren Rechtszug. Es bedeutete daher unter Umständen eine Verschiebung des Instanzenzuges, wenn der Oberste Gerichtshof im gegenwärtigen Rechtsmittelstadium anstelle der zu Unrecht gefällten und deshalb aufzuhebenden Formalentscheidung des Gerichtes zweiter Instanz seinerseits eine Sachentscheidung über das gegen den erstinstanzlichen Überweisungsbeschluß erhobene Rechtsmittel träfe. Aus diesen Ewägungen war der rekursgerichtliche Zurückweisungsbeschluß in Stattgebung des außerordentlichen Rekurses der beklagten Partei aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den zurückgewiesenen Rekurs aufzutragen. Die Entscheidung über die Kosten des außerordentlichen Rekurses beruht auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E08915

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00516.85.0124.000

Dokumentnummer

JJT_19850124_OGH0002_0060OB00516_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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