TE OGH 1985/2/21 7Ob1501/85

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Katharina A, Hausfrau, Oberndorf, Mayrhof Nr.3 a, vertreten durch Dr.Othmar Wolff und Dr.Lukas Wolff, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Maria B, Pensionistin, Salzburg, Plainbergweg 17, vertreten durch Dr.Kurt Sexlinger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Teilkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 28.November 1984, GZ.32 R 247/84-23, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Text

Begründung:

1.) 'überschießende Feststellungen' der ersten Instanz sind solche Feststellungen, die an sich nicht durch ein entsprechendes Prozeßvorbringen gedeckt sind. Sie können nach der Rechtsprechung bei der rechtlichen Beurteilung zumindest dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sie in den Rahmen eines geltend gemachten Klagegrundes oder einer bestimmten Einwendung fallen (ZVR 1973/7, 5 Ob 217/75 uva). Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei in ihrer Teilkündigung unter anderem ausdrücklich behauptet, die Beklagte ernte ausschließlich (§ 1 Abs.5 MietG) und allein die Früchte der im Hausgarten befindlichen Obstbäume, nämlich eines Nuß- und eines Kirschbaumes; die Beklagte hat gegen die Teilkündigung Einwendungen erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Die Feststellung einer nicht ausschließlichen Benützung des Hausgartens durch die Beklagte ist daher durch ein entsprechendes Prozeßvorbringen gedeckt, sodaß von einer überschießenden Feststellung keine Rede sein kann. Sie fällt vielmehr in den Rahmen des geltend gemachten Kündigungsgrundes.

2.) Es ist richtig, daß in der Entscheidung SZ 26/262 und in der Folge wiederholt (etwa SZ 54/160) die Ansicht vertreten wurde, daß dann, wenn das Berufungsgericht eine Feststellung als unbekämpft seiner Entscheidung zugrundegelegt hat und infolge einer anderen rechtlichen Beurteilung zu einer Abänderung des Urteils erster Instanz in einem für die in erster Instanz siegreiche Partei ungünstigen Sinn gelangt ist, diese Feststellung noch im Revisionsverfahren bekämpft werden kann, vorausgesetzt, daß sie für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist und das Berufungsgericht nicht ausgesprochen hat, daß es der Beweiswürdigung des Erstgerichtes jedenfalls beitrete. In der grundlegenden Entscheidung SZ 26/262 (= JBl.1954, 307, mit Besprechung von Schima) wurde diese Rechtsansicht unter anderem damit begründet, daß das Berufungsgverfahren ein einseitiges Verfahren sei und die in der ersten Instanz siegreiche Partei das Ersturteil nicht anfechten, sondern daß sie nur versuchen könne, die Anfechtungsgründe der Gegner zu widerlegen, daß sie aber auch hiezu nicht verpflichtet sei. Es kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, ob die hier besprochene Auffassung auch nach Inkrafttreten der Zivilverfahrens-Novelle 1983 - Ausbau der Berufungsmitteilung zur Berufungsbeantwortung zur Verbesserung des rechtlichen Gehörs des Berufungsgegners (669 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrats XV.GP, 56) - im Fall einer ordentlichen Revision (§ 503 Abs.1 ZPO) - noch - gerechtfertigt ist. Im Fall einer außerordentlichen Revision nach § 503 Abs.2 ZPO aber kann die Revision (überdies) nur begehrt werden, weil das Urteil des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts beruht, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4

Z 1 ZPO zukommt. Darin, daß das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung eine - auch von der klagenden Partei - unbekämpft gebliebene Feststellung zugrundegelegt hat, liegt nicht die unrichtige Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO. Die Bekämpfung der Beweiswürdigung kann daher in einem außerordentlichen Rechtsmittel keinesfalls nachgeholt werden; die letzte Möglichkeit, Beweisrüge zu erheben, ist vielmehr im letzten ordentlichen Rechtsmittel gegeben (vgl. SZ 51/137).

Anmerkung

E05294

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB01501.85.0221.000

Dokumentnummer

JJT_19850221_OGH0002_0070OB01501_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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