TE OGH 1985/3/7 7Ob518/85

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Veröffentlicht am 07.03.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C AG, Wien 1, Schwarzenbergplatz 3, vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei D Maschinenhandelsgesellschaft m. b.H., Wien 23, Breitenfurterstraße 219, vertreten durch Dr.Richard Steinpach, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 309.718,78 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18.Oktober 1984, GZ.1 R 198/84-62, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teil- und Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 25.Mai 1984, GZ.23 Cg 519/81-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig der Klägerin die mit S 11.278,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.920 Barauslagen und S 850,80

Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bestellte am 6.9.1978 bei der Beklagten ein Pumpenaggregat (Tandempumpe), das Flüssiggas aus einem unter Druck stehenden Lager auf einen wesentlich höheren Druck bringen sollte, was zur Abgabe des Gases an Kunden notwendig ist. über die Rohrqualität (des Verbindungsgewinderohres) wurde bei der Bestellung keine besondere Vereinbarung getroffen. Bei der Montage der bereits von Leuten der Beklagten auf einen verwindungsfreien Metallrahmen montierten Pumpenanlage im Bereich der Tankstelle der Klägerin durch einen Monteur der Firma E erfolgte keinerlei Gewalteinwirkung auf diese Anlage, insbesondere auf die Rohrverbindung. Die Anlage wurde 1979 in Betrieb genommen. Im Bereich des Rohrstückes zwischen den beiden Pumpen erfolgte im April 1980 ein Bruch und zwar am zweiten Gewindegang im Bereich des Anschlußflansches außerhalb desselben. Die Anlage wurde in der Zeit bis zum Schadensfall keiner über den Normalbetrieb hinausgehenden Belastung ausgesetzt. Durch den Rohrbruch traten ca. 5 t Flüssiggas in den Bedienungsschacht aus, wodurch Explosionsgefahr bestand.

Die Beklagte empfhielt in ihren eigenen Prospekten für die Rohrverbindung der Blackmer-Rotationspumpen Typ LG1 1/4 'ein schweres nahtloses Gewinderohr', verwendete jedoch entgegen dieser Prospektankündung im vorliegenden Fall nur ein sogenanntes 'mittelschweres Gewinderohr'. Bei der Verwendung von schweren Gewinderohren liegt die Restwandstärke um 81 % über der Restwandstärke von mittelschweren Gewinderohren. Durch die Verwendung des schweren nahtlosen Gewinderohres hätte der aufgetretene Ermüdungsbruch unbedingt vermieden werden können. Auch montagebedingte Spannungen hätten durch die größeren Wandstärken eines schweren Gewinderohres aufgenommen werden können. Die beim verwendeten mittelschweren Rohr verbliebene Restwandstärke von 0,87 mm konnte der Summe der aufgetretenen Spannungen (Innendruck, dynamische Belastung und Montagespannung) nicht standhalten. Aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt die Klägerin S 309.718,78 samt Anhang.

Das Erstgericht hat mit Teil- und Zwischenurteil der Klägerin S 49.540,78

samt Anhang zugesprochen und ferner ausgesprochen, daß das weitere Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Diese Entscheidung wurde vom Berufungsgericht bestätigt.

Rechtlich vertraten die Vorinstanzen den Standpunkt, der Beklagten sei der ihr obliegende Beweis für die Befreiung vom Schuldvorwurf im Sinne des § 1299 ABGB nicht gelungen, weshalb sie der Klägerin deren durch den Bruch entstandenen Schaden zu ersetzen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Die Beklagte entfernt sich bei der Ausführung der Revision weitgehend von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt. Die Vorinstanzen haben keinesfalls festgestellt, daß auch andere Ursachen als die Verwendung eines mittelschweren Gewinderohres für den Schadensfall maßgebend waren. Nach den erstrichterlichen Feststellungen (S 256 d.A.) hätte durch die Verwendung des schweren nahtlosen Gewinderohres der aufgetretene Ermüdungsbruch unbedingt vermieden werden können. Auch montagebedingte Spannungen hätten durch die größeren Rohrwandstärken eines schweren Gewinderohres aufgenommen werden können. Nach diesen Feststellungen ist die Verwendung von mittelschweren Gewinderohren anstelle von schweren Gewinderohren nicht zulässig. Es ist unzutreffend, daß das Berufungsgericht diese Feststellungen des Erstgerichtes abgeändert hätte. Es hat lediglich die erstrichterliche Feststellung, daß das von der Beklagten verwendete Verbindungsrohr die 'betriebsbedingt' auftretenden Spannungen nicht mehr zur Gänze aufnehmen hätte können, beseitigt, hiebei jedoch ausgeführt, daß dieser Feststellung keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukomme, weil die Feststellung zu übernehmen sei, daß auch montagebedingte Spannungen bei Verwendung des schweren Gewinderohres durch die größeren Rohrwandstärken aufgenommen hätten werden können (S 301 d.A.). Ferner hat das Berufungsgericht auch die Feststellung über die Unzulässigkeit der Verwendung mittelschwerer Gewinderohre anstelle schwerer Gewinderohre übernommen und zwar derart, daß es ausgeführt hat, ein solches Verbot sei zwar nicht wörtlich in der Ö-NORM 5612 enthalten, doch ergebe sich aus dem Gesamtinhalt der F im Zusammenhang mit den vom Erstgericht als verläßlich bezeichneten Ausführungen des Sachverständigen, daß eine derartige Verwendung gegen die Regeln der Technik verstoße (S 303 d.A.). Im übrigen hat auch das Berufungsgericht ausdrücklich ausgeführt, daß der maßgebende Grund für den Schadensfall die Verwendung eines mittelschweren Gewinderohres war und daß sich die Berufung der Beklagten insoferne von den getroffenen erstrichterlichen Feststellungen entferne, als sie das Auftreten zusätzlicher Spannungen von anderer Seite als Schadensursache heranziehen will (S 305 d.A.).

Es muß daher davon ausgegangen werden, daß im vorliegenden Fall die Verwendung mittelschwerer Gewindrohre gegen die Regeln der Technik verstoßen hat und daß die Verwendung derartiger Rohre die Ursache für den Schadensfall war. Darüber hinaus wurde ausdrücklich festgestellt, daß zwischen der Montage der Rohre und dem Schadensfall keine über den Normalbetrieb hinausgehende Belastung der Rohre stattgefunden hat (S 255 d.A.). Auch diese Feststellung des Erstgerichtes wurde vom Berufungsgericht übernommen. Demnach stellen die entgegengesetzten Ausführungen der Berufung eine unzulässige Abweichung von den vorinstanzlichen Feststellungen dar. Geht man von den erwähnten Feststellungen aus, erweist sich die Rechtsrüge als nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte verkennt die Rechtslage, wenn sie entscheidenden Wert darauf legt, ob die Verwendung schwerer Rohre ausdrücklich bedungen war oder nicht.

Die Klägerin hat bei der Beklagten, die sich selbst als eine Fachfirma für derartige Anlagen bezeichnet, Pumpenaggregate zu einem bestimmten Zweck bestellt. Von der Beklagten muß daher eine zutreffende Beurteilung der sachgemäßen technischen Ausführung solcher Anlagen verlangt werden. Sie ist Sachverständige im Sinne des § 1299 ABGB, weil als Sachverständiger im Sinne dieser Bestimmung jede Person gilt, die einen Beruf ausübt, der eine besondere Sachkenntnis erfordert (7 Ob 742/78, 8 Ob 147/82 u.a.). Die Sachverständigenhaftung nach dieser Bestimmung geht von einem objektiven Maßstab aus, wobei es auf die übliche Sorgfalt jener Personen ankommt, die die betreffende Tätigkeit ausüben. Der Sachverständige hat gerade für mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten einzustehen (ZVR 1983/279, RZ 1981/15 u.a.). Sohin haftet die Beklagte nach § 1299 ABGB für Schäden, die dadurch entstehen, daß sie bei der Ausführung der von ihr übernommenen Arbeiten nicht die technischen Regeln eingehalten hat. Da im vorliegenden Fall feststeht, daß bei Anlagen der vorliegenden Art die Verwendung schwerer Gewinderohre den Schadensfall verhindert hätte, demnach die Verwendung eines bestimmten Materiales durch die Beklagte für den Schadensfall kausal war, muß von der Verursachung des Schadens durch die Beklagte ausgegangen werden. Hiebei kommt es nicht darauf an, ob schon diese Feststellungen für sich allein einen Schluß auf das Verschulden der Beklagten rechtfertigen. Die Beklagte stand in vertraglicher Beziehung zu der Klägerin, weshalb sie gemäß § 1298 ABGB beweisen hätte müssen, daß der Schaden ohne ihr Verschulden zustandegekommen ist. Daß ihr ein solcher Beweis unter den gegebenen Umständen gelungen wäre, kann sie selbst nicht behaupten. Vielmehr hat sie in ihrem Prospekt ausdrücklich darauf verwiesen, daß für Anlagen der vorliegenden Art schwere Gewinderohre zu verwenden seien. Hiebei kommt es nicht darauf an, ob sie damit eine vertragliche Verpflichtung zur Verwendung solcher Rohre ausdrücklich übernommen hat. Vielmehr läß der Prospekt erkennen, daß ihr die technische Notwendigkeit der Verwendung solcher Rohre bewußt war. Dies legt aber ein Verschulden an der Verursachung des Schadens durch sie nahe. Der ihr gemäß § 1298 ABGB obliegende Gegenbeweis ist der Beklagten nicht gelungen.

Mit Recht haben sohin die Vorinstanzen die Schadenersatzpflicht der Beklagten bejaht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05304

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00518.85.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19850307_OGH0002_0070OB00518_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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