TE OGH 1985/3/19 5Ob1004/85

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Veröffentlicht am 19.03.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A, B und C m.b.H., Jägerstraße 33/4, 1200 Wien, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hubert D, Angestellter, Neuwaldegger Straße 25/3/3, 1170 Wien, vertreten durch Dr. Walter Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 16.648,06 samt Anhang und wegen Feststellung (Streitwert S 65.000,--), infolge außerordentlicher Revision der Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 18. September 1984, GZ 45 R 450/84- 73, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beide Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Der Antrag der Revisionsgegner auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist zu 205/5858 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 111 in der Katastralgemeinde Neuwaldegg mit dem Haus Neuwaldegger Straße 25

in 1170 Wien. Die vorgesehene Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft steht noch aus. Am 12. Juli 1973 erteilte der Beklagte der klagenden Hausverwaltungsgesellschaft eine auf 21 Jahre unkündbare Vollmacht zur Verwaltung seiner Miteigentumsanteile. Die Klägerin hatte von den meisten Miteigentümern der Liegenschaft auf 30 Jahre Hausverwaltungsvollmacht. Die Mehrheit der Miteigentümer kündigte der Klägerin die Verwaltung am 27. September 1979 unter Berufung auf Unzukömmlichkeiten und die Vorschrift des § 18 E zum 31. Dezember 1979 auf.

Mit ihrer Klage fordert die Hausverwaltungsgesellschaft, die wegen der Unkündbarkeit der erteilten Vollmacht die Wirksamkeit ihrer Abberufung bestreitet, vom beklagten Anteilseigentümer die Zahlung anteiliger Verwaltungshonorare und Betriebskosten von zuletzt S 16.648,06 samt Zinsen aus der Zeit vom 1. Jänner 1980 bis 30. April 1982.

Der Beklagte trat dem Leistungsbegehren entgegen. Die Klägerin sei seit dem 1. Jänner 1980 nicht mehr Verwalter der Liegenschaft. Ihr stehe keine Forderung zu.

Am 19. September 1981 stellte der Beklagte den Zwischenantrag auf Feststellung, daß 'kein (Haus)Verwaltungsverhältnis zwischen den Streitteilen die Wohnung top. 3 (III. Stiege) des Hauses Neuwaldegger Straße 25, 1170 Wien, sowie zwischen der klagenden Partei die Hausverwaltung des Hauses Neuwaldegger Straße 25, 1170 Wien, - zu ergänzen wohl: betreffend - seit 1. 1. 1980 besteht', bewertete das Interesse an dieser Feststellung mit S 65.000,-- und behauptete, der Entscheidung komme eine über diesen Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zu, weil die Klägerin weiter als Verwalterin auftrete.

Das Erstgericht, das am 12. Mai 1981 die Beschränkung der Verhandlung auf den Grund des Zahlungsanspruchs verfügt hatte, entschied mit 'Zwischenurteil', daß 'das Hausverwaltungsverhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten erloschen sei, die Klagsforderung betreffend das Verwaltungshonorar dem Grunde nach nicht zu Recht bestehe und eine Betriebskostenforderung ab Rechtswirksamkeit der Auflösung des Verwaltungsverhältnisses nicht mehr zu Recht bestehe' und verhielt die Klägerin zum Prozeßkostenersatz an den Beklagten. In den Entscheidungsgründen brachte das Erstgericht zum Ausdruck, daß zwar, weil es zur Begründung von Wohnungseigentum noch nicht gekommen ja nicht einmal noch der Wohnungseigentumsvertrag errichtet worden sei, § 18 Abs 1 Z 2 E nicht zur Anwendung komme, daß aber trotz vereinbarter Unwiderruflichkeit der Hausverwaltungsvollmacht aus einem wichtigen Grund die Vollmacht widerrufen werden könne. Die Obliegenheitsverletzungen der Klägerin von 1974 bis 1979 hätten das Vertrauensverhältnis so erschüttert, daß der Verzicht auf Widerruf der Wirksamkeit des Entzuges der Hausverwaltungsvollmacht durch die Mehrheit der Miteigentümer zum 31. Dezember 1979 nicht entgegenstehe. Für die Zeit ab dem 1. Jänner 1980 habe die Klägerin auch den Anspruch auf den gemachten Aufwand verloren (§ 1040 ABGB).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und entschied, mit Endurteil, daß der Zwischenfeststellungsantrag des Beklagten ebenso abgewiesen werde wie das Begehren der Klägerin auf Zahlung von S 16.648,06 samt Zinsen. Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes S 15.000,-- nicht aber S 300.000,-- übersteige und daß die Revision nicht zulässig sei. Das Erstgericht habe zwar die für die Beurteilung des Leistungsbegehrens erhebliche Vorfrage, ob die Hausverwaltung durch Kündigung rechtswirksam zum 31. Dezember 1979 beendet wurde, richtig gelöst, weil Vollmacht und Auftrag dann jederzeit ohne Angabe von Gründen widerruflich seien, wenn nicht aus einem über die Geschäftsbesorgung hinausgehenden Zwecke Unwiderruflichkeit vereinbart wurde. Die Mehrheit der Liegenschaftseigentümer habe daher das Vertragsverhältnis zur Klägerin auch ohne Angabe von Gründen zum 31. Dezember 1979 auflösen können. Selbst ihre Aufwendungen könne die Klägerin nicht ersetzt verlangen, wenn sie nach dem 31. Dezember 1979 getätigt wurden. Das Auftrags- und Vollmachtsverhältnis der Miteigentümer zur Klägerin als gemeinschaftlicher Verwalterin könne jedoch nur gegen alle oder für alle festgestellt werden. Der einzelne Miteigentümer könne in dem Rechtsstreit, an dem nur der Verwalter beteiligt sei, eine solche Feststellung nicht verlangen, weil die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer Einheitlichkeit der Entscheidung führen müsse und die Nichterfassung aller Streitgenossen die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Entscheidungen mit sich bringe. Da die anderen Miteigentümer der Liegenschaft nicht Partei des Rechtsstreits seien, sei der Zwischenfeststellungsantrag abzuweisen.

Gegen dieses Urteil liegen außerordentliche Revisionen beider Teile vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, die auf Abänderung dahin abzielt, daß ihrem Zahlungsbegehren von S 16.648,06 samt Zinsen stattgegeben werde, ist schon nach dem § 502 Abs 3 Satz 1 ZPO idF. BGBl. 1983/135 unzulässig, weil beide Vorinstanzen übereinstimmend erkannten, daß der Klägerin der geforderte Betrag von S 16.648,06 samt Zinsen nicht zusteht. Daran ändert der Umstand nichts, daß das Erstgericht, offenbar durch die Beschränkung der Verhandlung auf den Grund des Anspruches verleitet, nur aussprach, daß die Forderung dem Grunde nach nicht zu Recht besteht. Aus dem Zusammenhang zwischen Spruch und Entscheidungsgründen ergibt sich klar, daß damit der eingeklagten Forderung die Berechtigung abgesprochen wurde und nur ein Vergreifen im Ausdruck vorliegt, wenn nicht mit Endurteil das Begehren abgewiesen, sondern ausgesprochen wurde, daß die mit Klage geltend gemachten Ansprüche nicht zu Recht bestehen. Das Berufungsgericht hat, als es den richtigen Spruch in sein Urteil aufnahm, damit das angefochtene Urteil in der Entscheidung, daß die Forderung auf Zahlung von S 16.648,06 samt Zinsen nicht berechtigt und das Zahlungsbegehren abzuweisen sei, bestätigt. Der von der Bestätigung betroffene Teil des Streitgegenstandes übersteigt nicht S 60.000,--. Soweit das Urteil des Berufungsgerichtes das angefochtene erstrichterliche Urteil bestätigte, ist die Revision unzulässig, selbst wenn, wie die Klägerin meint, die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen mit der im § 502 Abs 4 Z 1 ZPO umschriebenen Bedeutung abhängen würde.

Unter dieser zuletzt genannten Voraussetzung könnte die Revision des Beklagten zulässig sein, weil über den Zwischenfeststellungsantrag nicht bestätigend, sondern abändernd entschieden wurde und das Berufungsgericht den Wert des davon betroffenen Streitgegenstandes über der Grenze des § 502 Abs 2 Z 2, jedoch unter der Grenze des § 502 Abs 4 Z 2 ZPO idF. BGBl. 1983/135 festgesetzt hat (§ 500 Abs 2 Z 1 und Z 3 ZPO). Die Entscheidung über das mit Zwischenantrag gemäß dem § 259 Abs 2 ZPO in den Rechtsstreit eingeführte Feststellungsbegehren hängt jedoch nicht von der Lösung solcher Rechtsfragen ab. Der Zwischenantrag muß auf ein Urteil abzielen, dessen Rechtskraftwirkung über den Rechtsstreit hinausgeht. Das festzustellende Rechtsverhältnis muß präjudiziell sein, also eine Vorfrage für die Entscheidung über das Klagebegehren bilden und seine Bedeutung muß über den konkreten Rechtsstreit hinausreichen, weil nur dann ein Bedürfnis nach selbständiger urteilsmäßiger Feststellung besteht (Fasching, Lehrbuch, RN 1077 ff.). Der Zwischenantrag des Beklagten zielt auf eine urteilsmäßige Feststellung ab, daß das Hausverwaltungsverhältnis der Klägerin zu allen Miteigentümern der Liegenschaft EZ 111 der Katastralgemeinde Neuwaldegg mit dem 31. Dezember 1979

beendet war. Der Beklagte konnte zwar nach § 829 ABGB über seinen Anteil, soferne er die Rechte der Mitgenossen nicht verletzte, verfügen und auch einen Verwalter mit der Verwaltung seines Anteils betrauen. Darum geht es aber nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß die Klägerin die Verwaltung der Liegenschaft führte, weil sie von der Mehrheit der Miteigentümer zum Verwalter bestellt war. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes ist aber Machthaber aller Miteigentümer, also auch der überstimmten Minderheit. Soweit der Beklagte die Feststellung erwirken will, daß im Zweiparteienverhältnis die Erteilung der Vollmacht zur Verwaltung seines Anteiles (Vollmachtsurkunde vom 12. Juli 1973) wirksam widerrufen wurde, fehlt es an der Voraussetzung des Zwischenantrags, daß die Feststellung für die Entscheidung über das Zahlungsbegehren präjudiziell ist. Denn die Klägerin wäre weiter Verwalter auch des Anteils des Klägers, wenn sie noch von der Mehrheit der Miteigentümer getragen wäre. Die Kündigung seiner Verwaltungsvollmacht allein bliebe auf die Pflicht, als Liegenschaftsmiteigentümer anteilig die Auslagen und die Entlohnung des gemeinsamen Verwalters zu tragen, ohne Einfluß. Ob aber die Mehrheit der Miteigentümer wirksam den Verwalter abberufen hat, stellt, wie das Berufungsgericht in Einklang mit der Lehre und Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen erkannte, die Lösung eines allen Teilhabern gemeinschaftlichen Rechtes und Klärung eines Rechtsverhältnisses dar, das mit der für die Entscheidung über den Zwischenantrag vorausgesetzten urteilsmäßigen Bindung für oder gegen alle nicht in einem Rechtsstreit festgestellt werden kann, in welchem die übrigen Teilhaber nicht Parteistellung haben. Das Berufungsgericht ist von der zur Frage der notwendigen Streitgenossenschaft bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen und es besteht auch kein Anlaß, das Begehren auf Feststellung, daß der gemeinschaftliche Verwalter der Liegenschaft nicht mehr der gemeinsame Verwalter ist, in einem Rechtsstreit zuzulassen, an welchem den anderen Miteigentümern jede Mitwirkung entzogen ist.

Damit liegt ein Zulassungsfall nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht vor. Ein Kostenersatzanspruch für die Revisionsbeantwortung steht nach § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO auch dann nicht zu, wenn die außerordentliche Revision aus einem anderen Grund als dem Mangel der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen wird (OGH 27. Juni 1984 1 Ob 1509/84;

12. September 1984 3 Ob 1517/84).

Anmerkung

E05478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB01004.85.0319.000

Dokumentnummer

JJT_19850319_OGH0002_0050OB01004_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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