TE OGH 1985/3/19 11Os36/85

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Veröffentlicht am 19.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kohlegger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Christian H*** und einen weiteren Angeklagten wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und Abs. 3, erster Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Christian H*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Jugendschöffengerichtes vom 11.Februar 1985, GZ 9 Vr 1.245/84-29, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian H*** wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung des dem genannten Angeklagten zur Last liegenden Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen auch unter die Bestimmung des § 136 Abs. 3 StGB sowie demgemäß auch in dem den Angeklagten Christian H*** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird Christian H*** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) Christian H*** des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 und Abs. 3, erster Fall, StGB schuldig erkannt, weil er am 18.5.1984 in Wiener Neustadt im einverständlichen Zusammenwirken mit dem bereits rechtskräftig abgeurteilten Jugendlichen Harald S*** ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet war, nämlich den PKW mit dem Kennzeichen N 584.833 ohne Einwilligung des Berechtigten Walter S*** in Gebrauch nahm, wobei durch die Tat (aus Anlaß eines Verkehrsunfalls in St. Egyden) am (in diesem Zeitpunkt von Harald S*** gelenkten) Fahrzeug ein Schaden von 68.000 S entstand.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft Christian H*** (ersichtlich) nur in Ansehung der Qualifikation nach dem § 136 Abs. 3 StGB mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher schon aus folgenden Gründen Berechtigung zukommt:

Die den erhöhten Erfolgsunwert des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen berücksichtigende Qualifikation nach dem § 136 Abs. 3 StGB trifft nur denjenigen, der den (unmittelbaren) Schaden an dem betreffenden Fahrzeug wenigstens fahrlässig (§ 7 Abs. 2 StGB) herbeigeführt (wenn auch nicht unbedingt unmittelbar selbst verursacht) hat (Leukauf-Steininger2, § 136 StGB, RN 40, 41). Die Fahrlässigkeit ist unter Heranziehung der allgemeinen Regeln (§ 6 StGB) - einschließlich der Lehre von der objektiven Zurechnung und des rechtmäßigen Alternativverhaltens - zu ermitteln. Die bloße Tatsache der unbefugten Ingebrauchnahme bedeutet nicht notwendig eine objektive Sorgfaltswidrigkeit im Sinn des § 136 Abs. 3 StGB, und zwar weder unter generell dogmatischen Aspekten (vgl dazu Burgstaller WK § 7 Anm 20) noch unter dem Aspekt der "Übernahmefahrlässigkeit" (vgl Kienapfel BT II, § 136 StGB, RN 44 ff, insbes 49 und 50): Ob der erhöhte Schaden im Sinn des § 136 Abs. 3 StGB zB bei einem Verkehrsunfall nur dem Lenker oder (nur oder auch) dem mitfahrenden Beteiligten (§ 12 StGB) anzulasten ist, stellt sich als eine vom erkennenden Gericht zu lösende Tatfrage dar (vgl Kienapfel aaO RN 74).

Mit Recht macht nun der Angeklagte H***, der das verfahrensgegenständliche Fahrzeug nach den Urteilskonstatierungen im Unfallszeitpunkt nicht gelenkt hatte, der angefochtenen Entscheidung im Rahmen seiner Rechtsrüge - sinngemäß zusammengefaßt - zum Vorwurf, daß ihr kein Tatsachensubstrat zu entnehmen ist, das die Heranziehung der Sanktionsnorm des § 136 Abs. 3 StGB für seine Person rechtfertigen könnte.

Schon dieser dargelegte (Feststellungs-)Mangel zeigt, daß eine teilweise Erneuerung des Verfahrens unumgänglich ist. Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*** war daher Folge zu geben, das angefochtene Urteil im spruchgemäßen Umfang aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen. Mit seiner Berufung war der genannte Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E21547

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00036.85.0319.000

Dokumentnummer

JJT_19850319_OGH0002_0110OS00036_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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