TE OGH 1985/3/20 3Ob20/85 (3Ob21/85, 3Ob22/85, 3Ob23/85)

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Veröffentlicht am 20.03.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Huber, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ing. Ingeborg A, technische Angestellte, Kierlingerstraße 2/2, 3400 Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Ministerialrat Dr. Hans Günther A, Bundesbeamter, Albrechtsstraße 70, 3400 Klosterneuburg, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 24.622,42 s. A. infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. Dezember 1984, GZ 11 R 275,296/84-15, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26. Juli 1984, GZ 1 Cg 374/82-8, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

In dem Verfahren über den Antrag auf Scheidung ihrer Ehe nach § 55 a EheG haben die Parteien vor dem Erstgericht am 3.2.1983 einen Vergleich unter anderem über ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen geschlossen. Der Mann verpflichtete sich, der Frau ab dem 1.3.1983 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von 32 % des beiderseitigen jeweiligen Gesamtnettoeinkommens abzüglich des eigenen Verdienstes der Frau zu bezahlen.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund dieses Vergleichspunktes der Frau zur Hereinbringung des in der Zeit vom 1.3.1983 bis 30.6.1984 rückständigen Unterhalts von S 24.622,42 die Exekution durch die Pfändung und überweisung der Bezüge des Mannes.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag ab. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit der Exekutionsführung nach § 10 a EO fehle, wenn der geschuldete Unterhalt aus Bruchteilen des Einkommens aus unselbständiger Tätigkeit sowohl des Verpflichteten als auch des Berechtigten zu errechnen sei. Der Vergleichspunkt sei deshalb nach § 7 Abs 1 EO kein tauglicher Titel für die beantragte Exekutionsführung, weil eine Dur1hbrechung des Grundsatzes, daß aus dem Exekutionstitel Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung zu entnehmen sein müssen, nur im Fall des § 10 a EO gestattet sei. Nach der Regelung im Vergleich werde der Unterhalt jedoch nicht in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienstoder Arbeitsverhältnis geschuldet, sondern sei nur durch Einbeziehung der eigenen Einkünfte der Berechtigten rechnerisch bestimmbar. Eine erweiternde Auslegung dieser Sonderbestimmung sei ausgeschlossen.

Die betreibende Gläubigerin strebt mit ihrem Revisionsrekurs die Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung und die Wiederherstellung des erstrichterlichen Exekutionsbewilligungsbeschlusses an.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist nach § 78 EO und § 528 Abs 2 in Verbindung mit § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig. Die Entscheidung hängt nämlich von der Lösung der Rechtsfrage ab, ob dem Erfordernis des § 7 Abs 1 EO, wonach die Exekution nur bewilligt werden darf, wenn aus dem Exekutionstitel auch Gegenstand, Art und Umfang der geschuldeten Leistung zu entnehmen sind, entsprochen ist, wenn in einem Unterhaltstitel der geschuldete Monatsbetrag an Geld nicht bestimmt ist, der Unterhalt aber auch nicht in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet wird (§ 10 a EO), sondern die Leistung durch eine Bruchteilsrechnung aus den Geldeinkünften sowohl des Verpflichteten als auch der betreibenden Partei zu ermitteln ist. Dieser Frage kommt besonders nach der Neuordnung des Ehegattenunterhaltsrechtes (§ 94 ABGB idF EheRwG BGBl 1975/412) erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (§ 528 Abs 2 ZPO. § 78 EO) zu, weil dazu in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher nicht Stellung genommen wurde.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Exekutionstitel über Ansprüche auf Geldleistungen, die nicht auf einen bestimmten Betrag lauten, sind nach § 7 Abs 1 EO nicht vollstreckbar. Die Festsetzung eines im Exekutionstitels fehlenden ziffernmäßigen Betrages der geschuldeten Forderung ist auch kein Fall eines Beweises nach § 7 Abs 2 EO.

Die Exekutionsnovelle BGBl 1922/460 schuf daher die Ausnahmebestimmung des § 10 a EO, weil die Geldentwertung nach dem ersten Weltkrieg ein Bedürfnis nach der Festsetzung der Höhe der Unterhaltsleistung mit einem Bruchteil der Bezüge des Schuldners ergab, um die ihm auferlegten Geldleistungen von dem schwankenden Geldwert und dem bei der Bemessung ermittelten Einkommen unabhängig zu machen. § 10 a EO ermöglicht die Vollstreckung solcher Unterhaltstitel (Heller-Berger-Stix 255). Exekutionstitel über Unterhaltszahlungen sind hinreichend bestimmt, wenn sie auf einen Bruchteil der Bezüge aus einem Dienstoder Arbeitsverhältnis des Verpflichteten lauten (Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht 2 , 76).

Die Ausnahme von der Regel des § 7 Abs 1 EO zwingt zur einschränkenden Auslegung des Anwendungsbereiches des § 10 a EO, es darf daher die Leistungsverpflichtung nur in einem Bruchteil der Bezüge aus einem Dienstoder Arbeitsverhältnis nicht aber auch eines Einkommens aus einem sonstigen Erwerb lauten, die Erleichterung gilt nur für gesetzliche oder vertragliche Unterhaltsansprüche, und es ist eine analoge Anwendung versagt, wenn in anderen Fällen der ziffernmäßige Betrag der geschuldeten Geldleistung erst durch eine Ergänzung den Titel vervollständigen soll, so etwa, wenn in einem gerichtlichen Vergleich die Zahlung eines Bruchteils des jeweils vom Berechtigten zu entrichtenden Mietzinses übernommen oder eine Verpflichtung zur Bezahlung der Kinderbeihilfe (Familienbeihilfe) in der jeweiligen Höhe, sofern der Verpflichtete diese bezieht oder trotz Berechtigung zu beziehen unterläßt, auferlegt wurde (Heller-Berger-Stix 258; SZ 25/224; SZ 24/294;

EvBl 1967/66; EvBl 1971/166).

Zur Hereinbringung von Unterhalt kann daher nur Exekution bewilligt werden, wenn im Titel entweder der zu leistende Unterhaltsbetrag ziffernmäßig festgelegt ist (§ 7 Abs 1 EO) oder der Unterhalt in einem Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus seinem Dienstoder Arbeitsverhältnis geschuldet wird (§ 10 a Abs 1 EO). Im letzteren Fall kann das Gericht die Exekution überdies nur dann bewilligen, wenn ihm in unbedenklicher Urkunde eine Erklärung des Dienstgebers über das Ausmaß dieser Bezüge bei Eintritt der Vollstreckbarkeit des Unterhaltsanspruches vorliegt. Legt nicht schon der betreibende Gläubiger eine solche Urkunde vor, so hat das zur Bewilligung der Exekution berufene Gericht vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag dem Dienstgeber (des Verpflichteten) aufzutragen, sich über jenes Ausmaß zu erklären (§ 10 a Abs 1 EO). Läßt sich der zu leistende Unterhalt jedoch nur durch eine Rechenoperation ermitteln, die als Grundlage die Feststellung der Bezüge sowohl des Verpflichteten als auch der betreibenden Partei erfordert, kann nicht nach § 10 a EO Exekution geführt werden. Abgesehen davon, daß sich aus dieser Gesetzesbestimmung nur eine Pflicht des Dienstgebers des Verpflichteten ergibt, dem Gericht Auskunft über das Ausmaß der Bezüge zu erteilen, und nur dieser Auftrag von Amts wegen vollstreckt werden kann, ist vor allem bedeutsam, daß der Verpflichtete, hat er Unterhalt in einem Bruchteil seiner Bezüge aus einem (oder mehreren) Dienstoder Arbeitsverhältnis(sen) zu leisten, in Kenntnis dieser seiner Einkünfte sein wird und daher auch in der Lage ist, seiner Leistungspflicht nachzukommen, weil er den Betrag des jeweils geschuldeten Unerhalts durch Ermittlung des Bruchteils seiner Bezüge ermitteln kann. Diese Voraussetzung, die Titelschuld zu erfüllen, fehlt aber, wenn die Leistungsverpflichtung auch noch von der Höhe des jeweiligen Einkommens der Unterhaltsberechtigten abhängt. Schon deshalb ist eine analoge Anwendung des § 10 a EO auf die Vollstreckung der in der Vereinbarung nach § 55 a Abs 2 EheG über ihre unterhaltsrechtlichen Beziehungen nach der Scheidung getroffenen Vereinbarung, wonach der Mann der Frau den Betrag als Unterhalt zu leisten hat, der sich durch Errechnung eines Bruchteils der Summe der Einkommen beider Teile und Abzug des Einkommens der Frau ermitteln läßt, abzulehnen.

Es bleibt, weil die im Vergleich festgelegte Unterhaltsverpflichtung keinen tauglichen Exekutionstitel abgibt, der betreibenden Partei nicht erspart, ihre aus dem Vergleich abgeleiteten Ansprüche im Rechtsweg geltend zu machen und sich damit einen auf einen bestimmten Geldbetrag lautenden Titel zu verschaffen. Es geht jedenfalls nicht an, wie es hier geschehen ist, daß die betreibende Partei aus nur ihr zur Verfügung gestandenen Unterlagen einen Betrag errechnete, der für die Zeit vom 1.3.1983 bis 30.6.1984 rückständig sein soll, und damit durch die Aufnahme dieses Geldbetrages in ihren Exekutionsantrag die im Titel fehlende Angabe des Betrages der geschuldeten Leistung ersetzen will. Das Vorbringen im Revisionsrekurs, es werde ohnedies zur Hereinbringung eines bestimmten Geldbetrages Exekution geführt, verkennt, daß diese Exekutionsführung eben im Titel (gerichtlicher Vergleich vom 3.2.1983) keine Deckung findet, weil dort weder die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 EO noch die des § 10 a EO erfüllt sind. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05455

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00020.85.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19850320_OGH0002_0030OB00020_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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