TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/15 2001/13/0173

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Veröffentlicht am 15.06.2005
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

AbgEO §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des Dr. FA in W, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hegergasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Mai 2001, Zl. RV/133- 10/01, betreffend eine Angelegenheit der Abgabenvollstreckung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Zivilingenieur für Maschinenbau, war in einem auf seinem Fachgebiet tätigen Unternehmen in leitender Funktion beschäftigt, als er im Jahre 1978 auf einer Dienstreise einen Verkehrsunfall erlitt, der schwerste Beeinträchtigungen seiner Gesundheit und u.a. auch in Verbindung mit einem ungünstigen Verlauf einer versuchten Verfolgung von Schadenersatzansprüchen zu einem Einbruch seiner wirtschaftlichen Lage führte. Im Zuge wiederholten Wechsels seiner Rechtsvertreter kam es nach Darstellung des Beschwerdeführers auf Anraten eines seiner Rechtsvertreter zu einer solchen steuerlichen Behandlung einer dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den Unfallsfolgen zugeflossenen Zahlung, die dazu führte, dass aus dieser Zahlung eine Abgabenforderung erheblichen Ausmaßes gegen den Beschwerdeführer entstand, die bei einer der Rechtsansicht eines später beigezogenen Rechtsvertreters entsprechenden steuerlichen Behandlung nicht entstanden wäre.

Der vom Finanzamt in Angriff genommenen Vollstreckung der Abgabenforderung einerseits durch Einverleibung eines Zwangspfandes auf einer dem Beschwerdeführer gehörenden Liegenschaft und andererseits durch Pfändung seiner Invaliditätspension versuchte der Beschwerdeführer nach der Erfolglosigkeit einer gegen die Pensionspfändung erhobenen Berufung dadurch zu begegnen, dass er gemeinsam mit seinem Steuerberater beim Vorstand des zuständigen Finanzamtes vorstellig wurde und mit dem Hinweis auf seine Unterhaltspflicht für seine Ehefrau und zwei minderjährige Kinder um Verständnis für seine persönliche und wirtschaftliche Lage warb. Damit hatte er insoweit Erfolg, als die Pensionspfändung unter Aufrechterhaltung des erworbenen Pfandranges dahin "eingeschränkt" wurde, dass das Finanzamt bis auf Widerruf auf die Überweisung pfändbarer Bezüge verzichtete. Der vom Beschwerdeführer daraufhin in wiederholten Eingaben vorgetragenen Behauptung, der Vorstand des Finanzamtes habe ihm versprochen, die im Zuge der Pensionspfändung bereits einbehaltenen Beträge samt Zinsen rückzuüberweisen und die pfandrechtliche Belastung seiner Liegenschaft rückgängig zu machen, widersprach der Vorstand des Finanzamtes mit dem Bemerken, dass der Beschwerdeführer ihn missverstanden haben müsse, weil er eine solche Zusage nie gemacht habe.

Dieser Klarstellung durch den Vorstand des Finanzamtes mit Schreiben vom 6. September 1993 folgten eine Reihe von Eingaben des Beschwerdeführers u.a. auch an den Bundesminister für Finanzen und schließlich ein von ihm an das Finanzamt gestellter Antrag vom 5. November 1999, mit welchem er die "Rücknahme der Belastung meines Grundstückes und Rückzahlung der irrtümlich eingezogenen ca. AS 170.000,--" auf sein Konto begehrte und dieses Ansinnen mit einem Begleitschreiben erläuterte, in dem er angab, dass der Vorstand des Finanzamtes "ca. 1987, nach einem klärenden Gespräch die monatlichen Eintreibungen" eingestellt und versprochen habe, die Belastung des Grundstückes "in ca. 5 Jahren zurückzunehmen".

Nachdem der Beschwerdeführer verschiedenen Schreiben des Finanzamtes mit dem Inhalt, dass seinem Begehren aus ihm bereits mehrfach dargelegten Gründen nicht entsprochen werden könne, das Bestehen eines Entscheidungsanspruches über seine am 5. November 1999 gestellten Anträge entgegengesetzt hatte, wurden seine Anträge schließlich mit Bescheid des Finanzamtes vom 10. August 2000 mit der Begründung abgewiesen, dass die Belastung des Grundstückes nicht rückgängig gemacht werden könne, solange ein Abgabenrückstand vollstreckbar aushafte, und dass einer Rückzahlung der im Zuge der Pensionspfändung eingegangenen Zahlungen nicht möglich sei, weil diese Zahlungen nicht zu einem Guthaben, sondern nur zur Verringerung der vollstreckbar aushaftenden Abgabenschuld geführt hätten. Nur Guthaben oder zu Unrecht zwangsweise eingebrachte Beträge könnten zurückgezahlt werden. Die Exekution sei aber nicht zu Unrecht erfolgt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, dass und weshalb er die in vier "Pseudo-Rechnungen" verrechneten Leistungen (Anmerkung: deren Besteuerung offenbar zur Abgabenschuld führte) gar nicht habe erbringen können, und führte aus, dass er durch die Zusage des Vorstandes des Finanzamtes, die Belastung des Grundstückes "nach ca. 5 Jahren zurückzunehmen", die Angelegenheit als bereinigt angesehen habe. Da diese fünf Jahre schon verstrichen seien, bestehe "in Wahrheit keine Abgabenschuld mehr".

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte seine Auffassung, dass keine Abgabenschuld mehr bestehe. Die Behörde sei zur Prüfung verpflichtet, ob der Vorstand des Finanzamtes die vom Beschwerdeführer behauptete Zusage gemacht habe. Auch der seinerzeitige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers müsse ungeachtet des Umstandes von der Behörde vernommen werden, dass er sich ins Ausland abgesetzt habe. Auf das Begehren nach Rückzahlung der im Zuge der Pensionspfändung eingegangenen Beträge sei in der Berufungsvorentscheidung überhaupt nicht eingegangen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die vom Finanzamt gesetzten Exekutionsmaßnahmen fänden im Gesetz Deckung und seien nicht rechtswidrig gewesen, wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegt. Eine Löschung des erworbenen Pfandrechtes werde das Finanzamt erst veranlassen können, wenn der Beschwerdeführer den noch aushaftenden Abgabenrückstand getilgt habe. Da ein Guthaben auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers auch durch die im Zuge der Pensionspfändung eingelangten Zahlungen nicht entstanden, sondern nur eine Verringerung der vollstreckbaren Abgabenschuld eingetreten sei, könne auch dem Begehren auf Rückzahlung der durch die Pensionspfändung eingelangten Beträge nicht entsprochen werden. Vermögensnachteile, die einem Abgabepflichtigen durch Fehlleistungen seines Beraters entstanden seien, ließen sich nicht auf die Abgabenbehörde überwälzen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wird auf die Bestimmung des § 97 Abs. 1 lit. b BAO verwiesen, nach welcher mündliche Erledigungen durch deren Verkündung wirksam werden, und geltend gemacht, dass der Vorstand des Finanzamtes dem Beschwerdeführer mündlich zugesichert habe, "die Belastung meines Grundstückes in ca. 5 Jahren zurückzunehmen und die monatlichen Eintreibungen einzustellen". Der Vorstand des Finanzamtes habe nach Darstellung des Sachverhaltes durch den Beschwerdeführer offensichtlich erkannt, dass für diesen gar keine Steuerschuld entstanden sei und habe deshalb diese Zusicherung gegeben, auf welche der Beschwerdeführer im Hinblick "auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gemäß Art. 18 B-VG" vertraut habe. Für die Richtigkeit dieser Behauptung spreche auch der Umstand, dass das Finanzamt "dann nicht weitere Erhebungen" durch Vernehmung von Zeugen vorgenommen hätte, wodurch "offensichtlich versucht wurde, diesen Fehler zu sanieren". Die Erklärung des Vorstandes des Finanzamtes sei im Grunde der angeführten Bestimmung des § 97 BAO dem Beschwerdeführer gegenüber wirksam geworden. Auch die Bestimmung des § 22 BAO könne "im Sinne des Art. 6 EMRK nicht einseitig" zu Gunsten des Abgabengläubigers ausgelegt werden, wenn sie "versucht, eine offensichtlich gesetzwidrige Vereinbarung und ihren Fehler zu sanieren, nämlich von einer Schadenersatzleistung von S 1,000.000,-- mir Abgaben und Steuern vorzuschreiben". Der Beschwerdeführer versuche nicht die Überwälzung von Fehlleistungen seiner Berater auf die Abgabenbehörde, sondern poche nur auf sein Recht auf Einhaltung der von der Behörde gemachten Zusagen. Seine Einwände gingen daher nicht "ins Leere", was zudem keine Begründung sei, mit welcher der Vorschrift des Art. 6 EMRK entsprochen sei; habe die Behörde doch auch die beantragten Zeugen, nämlich den vormaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und den Vorstand des Finanzamtes, nicht vernommen.

Dem Beschwerdevorbringen gelingt es nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:

Ungetilgte Abgabenschuldigkeiten sind nach dem im § 5 Abs. 2 AbgEO verankerten Amtswegigkeitsprinzip zu vollstrecken (siehe das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2004, 2004/13/0049, mit weiterem Nachweis). Dass im Beschwerdefall ein vollstreckbarer Exekutionstitel vorliegt, ist aktenkundig und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bezweifelt. Dass die vollstreckbare Abgabenschuld noch nicht vollständig getilgt ist, wird vom Beschwerdeführer ebenso nicht in Abrede gestellt. Sein Sachvorbringen dazu, dass und weshalb jener Sachverhalt, der dem Entstehen der vollstreckbaren Abgabenschuld zu Grunde liegt, bei richtiger rechtlicher Beurteilung das Entstehen einer Abgabenschuld nicht oder gegebenenfalls nicht in dieser Höhe hätte auslösen dürfen, geht tatsächlich "ins Leere". Es würde dieses Sachvorbringen dem Beschwerdeführer nämlich auch dann nichts helfen können, wenn es sachlich und rechtlich zuträfe, weil die Rechtskraft der Abgabenfestsetzung eine Wiederholung der rechtlichen Prüfung des bereits einmal beurteilten Sachverhaltes im Vollstreckungsverfahren nicht mehr erlaubte.

Aus der Berufung auf die behauptete Äußerung des Vorstandes des Finanzamtes ist für den Beschwerdeführer unter mehrfachen Gesichtspunkten nichts zu gewinnen. Zunächst bietet schon die Aktenlage nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der Vorstand des Finanzamtes die vom Beschwerdeführer behauptete Zusicherung tatsächlich gemacht hätte. Darüber hinaus wäre die vom Beschwerdeführer behauptete Äußerung des Vorstands des Finanzamtes schon ihrem vom Beschwerdeführer behaupteten Wortlaut nach nicht mehr als eine völlig unverbindliche Vorhabensankündigung gewesen, die sich weder als verfahrensleitende Verfügung im Sinne des § 94 BAO noch als "sonstige Erledigung" im Sinne des § 95 BAO mit der Wirkung einer Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Partei und Behörde hätte verstehen lassen, die durch "Verkündung" im Sinne des § 97 Abs. 1 lit. b BAO rechtliche Wirksamkeit hätte erlangen können (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 16. März 2005, 2003/14/0005). Die vom Beschwerdeführer behauptete Äußerung des Vorstandes des Finanzamtes hätte die vom Beschwerdeführer gewünschten Wirkungen somit selbst dann nicht haben können, wenn diese Äußerung tatsächlich gefallen wäre, wofür es freilich nicht den geringsten Hinweis gibt. Mit der Anführung der Vorschrift des Art. 6 EMRK ließ sich für den Beschwerdeführer ebenso wenig etwas gewinnen wie mit jener des § 22 BAO, weil die genannten Vorschriften im Beschwerdefall keine Anwendung finden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001130173.X00

Im RIS seit

20.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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