TE OGH 1985/3/21 8Ob621/84

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Veröffentlicht am 21.03.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,018.062,16 s.A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes f. ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 8. August 1984, GZ 44 R 187/84-15, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 24. April 1984, GZ 1 C 24/83-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Beklagten wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Bezahlung von S 1,018.062,16 s.A. Die Beklagte sei seine geschiedene Ehegattin. Er habe mit ihr zur Zeit des aufrechten Bestandes der Ehe in Form eines Notariatsaktes am 14. 3. 1975 einen Vertrag geschlossen, mit welchem er sich bereit erklärte, der Beklagten einen Kredit zum Erwerb einer Eigentumswohnung zu gewähren. Alle vom Kläger bezahlten und als Darlehen hingegebenen Beträge seien zurückzuzahlen, wenn 1.) die Beklagte ausreichende eigene finanzielle Mittel erwerbe, um die Rückzahlungen leisten zu können, oder 2.) im Falle der Auflösung der Ehe oder 3.) im Falle des Ablebens der Beklagten. Mit dem am 9. 12. 1981 in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30. 11. 1981, 12 Cg 337/81, sei die Ehe zwischen den Streitteilen aufgelöst worden. Damit sei das Darlehen zur Rückzahlung fällig geworden.

Die Beklagte wandte die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges ein und beantragte die Überweisung der Streitsache in das zu 1 F 2/82 beim Erstgericht anhängige Aufteilungsverfahren. Außerdem wurde auch die Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Die geltend gemachte Forderung beziehe sich ausschließlich auf eheliches Gebrauchsvermögen, weil mittels des Notariatsaktes eine unzulässige Vereinbarung über in Wahrheit als eheliches Gebrauchsvermögen zu qualifizierendes Vermögen getroffen worden sei.

Das Erstgericht erklärte die Geltendmachung des Anspruches im streitigen Verfahren für unzulässig und überwies den Anspruch gemäß §§ 44 JN und 235 AußStrG in das beim Erstgericht zu 1 F 2/82 anhängige Aufteilungsverfahren. Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

Die beiden Streitteile waren Ehegatten; sie schlossen am 29. 7. 1967 vor dem Standesamt Salzburg die Ehe. Ihre Ehe wurde zu 12 Cg 337/81 des Landesgerichtes für ZRS Wien rechtskräftig mit 9. 12. 1981 geschieden. Die Ehegatten, welche zu Jahresbeginn 1975 in Wien in einer Mietwohnung lebten, trugen sich damals mit dem Gedanken, eine Eigentumswohnung zu erwerben. Die Qualifikation der Wohnung als Ehewohnung der beiden Streitteile steht außer Streit. Da die Beklagte für den Fall ihres Ablebens ihren damaligen Ehegatten in bezug auf die Wohnung absichern wollte, kamen die Streitteile überein, einen Vertrag zu schließen. Grund für diese Überlegung war, daß dem Kläger aus einer Erbschaft seiner am 19. 5. 1972 verstorbenen Mutter ein Betrag von ca. S 320.000,-- zugekommen ist. Diese Mittel sollten zum Erwerb der Eigentumswohnung, deren Anschaffungskosten inklusive Garage über S 480.000,-- betrugen, verwendet werden. Der Differenzbetrag sollte durch Kreditaufnahmen und Kontoüberziehungen aufgebracht werden. Tatsächlich wurde der Erwerb dieser Eigentumswohnung darüber hinaus unter anderem durch Auflösung eines Bausparvertrages (S 51.000,--), Darlehen des Vaters des Beklagten (S 40.000,--), Darlehen des Schwagers der Beklagten (SFr. 10.000,--), Firmendarlehen des Klägers und Bankdarlehen (S 180.000,--) finanziert, dies, weil durch Sonderausstattungswünsche bei der Bausausführung letztlich höhere Eigenmittel erforderlich waren und aufgrund der am 22. 3. 1975 zwischen dem Kläger und seinem Bruder in der Verlassenschaft nach deren Mutter gepflogenen Abrechnung dem Kläger nur noch ein Anspruch von S 133.861,62 zustand. Die restlichen S 200.000,-- waren dem Kläger schon teils im Jänner 1973 und im Laufe des Jahres 1974 zugekommen. Es steht außer Streit, daß der Kläger als leitender Angestellter der B***** im Jahre 1975 tätig war und es auch heute noch ist. Er bezieht als solcher ein angemessenes Einkommen. Die Beklagte verfügte weder zur Zeit des Erwerbes der Eigentumswohnung noch heute über ein eigenes Einkommen, da sie sich seit der Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1969 alleine der Haushaltsführung und der Kindererziehung widmete. Es steht weiters außer Streit, daß es nicht zum Ankauf dieser Wohnung gekommen wäre, wenn der Kläger nicht über den Betrag von S 320.000,-- aus der Erbschaft verfügt hätte. Zum Zeitpunkt des Erwerbes der Eigentumswohnung stand der Betrag von S 320.000,-- aber nicht zur Gänze zur Verfügung.

Am 14. 3. 1975 schlossen die Ehegatten vor dem öffentlichen Notar Dr. Herbert R***** in Wien den Krediteinräumungsvertrag, auf den sich das Klagevorbringen stützt. In diesem Vertrag erklärte sich der Kläger in Punkt II bereit, seiner damaligen Frau einen Kredit in der Höhe einzuräumen, die zum Erwerb der Eigentumswohnung in *****, erforderlich ist, sowie, alle weiter zu bezahlenden Beträge, die zur Abstattung der vorgeschriebenen Rückzahlungen benötigt werden, zur Verfügung zu stellen. Punkt III des Vertrages knüpft die Rückzahlung dieser Beträge an drei verschiedene, unabhängig voneinander eintretende und die Rückzahlungspflicht begründende Bedingungen, deren eine die Auflösung der Ehe zwischen den beiden Vertragsteilen war.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge und behob den erstgerichtlichen Beschluß ersatzlos. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß mit der vorliegenden Klage kein Anspruch auf eheliches Gebrauchsvermögen erhoben werde. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, daß im außerstreitigen Verfahren nach §§ 81 ff EheG, 229 ff AußStrG eine Regelung bezüglich schuldrechtlicher Verbindlichkeiten zwischen den Ehegatten getroffen werden könnte. Zwischen Ehegatten geschlossene Darlehensverträge und Schuldbekenntnisse seien gemäß § 1 lit.b Notariatszwangsgesetz gültig, sofern das Formerfordernis des Notariatsaktes erfüllt ist. Das Gesetz gehe sohin grundsätzlich von der Rechtswirksamkeit während des Bestandes der Ehe geschlossener Darlehensverträge aus. Es wäre ein nicht zu erklärender Widerspruch mit den aus den Gesetz erkennbaren Wertungen, wollte man die Rückzahlung auf Grund während der aufrechten Ehe rechtswirksam zustande gekommener Darlehensverträge nach Auflösung der Ehe nur nach Maßgabe der Billigkeitsregel des § 83 EheG zulassen. Ein gemäß § 97 Abs. 1 1. Satz EheG rechtsunwirksamer Verzicht auf den Aufteilungsanspruch liege nicht vor. Es könne nicht gesagt werden, daß die in Punkt III des Vertrages vom 14. 3. 1975 vorgesehene Rückzahlung der Darlehensvaluta eine einverständliche Vorwegnahme einer gemäß § 94 EheG festzusetzenden Ausgleichszahlung darstelle. Gegen eine solche Annahme spreche, daß die Rückzahlungsverpflichtung nicht nur für den Fall der Auflösung der Ehe, sondern auch für die Fälle des Erwerbes ausreichender eigener Mittel durch die Beklagte und des Ablebens der Beklagten festgelegt wurde. Gegen eine solche Auslegung spreche ferner, daß das Darlehen zweckgebunden zum Erwerb einer Eigentumswohnung, also eines einzelnen Vermögensgegenstandes, gewährt wurde. § 94 EheG sehe eine Ausgleichszahlung nicht für die Zuweisung einzelner Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse vor, sondern als Zahlung für den Fall, daß eine billige Entscheidung (§ 83 Abs. 1 EheG) anders nicht erzielt werden kann. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, daß, hätte der Kläger nicht über den Betrag von S 320.000,-- aus der Erbschaft nach seiner Mutter verfügt, es gar nicht zum Ankauf der Eigentumswohnung gekommen wäre. Von Todes wegen erworbene Sachen unterlägen gemäß § 82 Abs. 1 EheG nicht der Aufteilung. Daß der Betrag von S 320.000,-- im Zeitpunkt des Erwerbes der Wohnung nicht mehr zur Gänze zur Verfügung stand, sei unerheblich. Auch wenn der Kläger nur einen Teil dieses der Aufteilung nicht unterliegenden Betrages zum Erwerb der Eigentumswohnung zur Verfügung gestellt hat, spreche dies gegen eine solche Auslegung des Vertrages, durch welche der Rückzahlungsverpflichtung die Funktion einer Ausgleichszahlung beigemessen werde. Für den erhobenen Klageanspruch sei daher der streitige Rechtsweg zulässig.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten, mit welchem sie die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes beantragt.

Der Kläger beantragt in einer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt, die Revisionsrekursbeantwortung nicht zulässig.

Die Beklagte stellt sich in ihrem Rechtsmittel auf den Standpunkt, daß der Kläger im streitigen Verfahren einen Titel erwirken wolle, der der Natur seines Anspruches nach dem Wert der Ehewohnung entspreche, weshalb das Begehren in den Rahmen des Aufteilungsverfahrens des ehelichen Gebrauchsvermögens falle. Die Ansicht, daß der Betrag von S 320.000,--, den der Kläger aus der Erbschaft nach seiner Mutter erhielt, nicht der Aufteilung unterliege, sei unrichtig. Die Ehewohnung stelle einen „Ertrag“ des eingebrachten Geldbetrages dar. Bei dem Notariatsakt handle es sich um eine „klassische Umgehungsform“ der Bestimmung des § 97 Abs. 1 EheG. Dazu war zu erwägen:

Gemäß § 97 Abs. 1 EheG kann auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens nach den §§ 81 bis 96 EheG im voraus rechtswirksam nicht verzichtet werden. Ausgenommen davon sind Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im voraus regeln und in Form eines Notariatsaktes erfolgen. Ebenfalls ausgenommen sind gemäß Abs. 2 leg. cit. Aufteilungsvereinbarungen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe stehen. Da letzterer Fall nach den Feststellungen keinesfalls vorliegt, scheidet er als Beurteilungskriterium aus. Es bleibt daher zu klären, ob für den vorliegenden Fall ein unwirksamer Verzicht auf die Aufteilungsgrundsätze des außerstreitigen Verfahrens aus § 97 Abs. 1 EheG abzuleiten ist:

Im Gegensatz zur Ansicht der Beklagten ist dem Vertragspunkt III des notariellen Krediteinräumungsvertrages vom 14. 3. 1975 kein unwirksamer Verzicht auf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach den §§ 81 bis 96 ABGB zu erblicken. Gegenstand dieses Notariatsaktes ist nicht die Ehewohnung und auch nicht eine allenfalls vorweggenommene Ausgleichszahlung sondern die Verpflichtung, nach dem Eintritt dort näher beschriebener Bedingungen das vom Kläger der Beklagten gewährte Darlehen wieder zurückzuzahlen. Daß das Darlehen für die Anschaffung der Ehewohnung gewährt wurde, macht den im streitigen Weg geltend gemachten obligatorischen Darlehensrückzahlungsanspruch noch nicht zu einem solchen auf Regelung der Verhältnisse an der Ehewohnung. Ebensowenig könnte gesagt werden, daß damit eine Ausgleichszahlung vorweggenommen worden wäre, weil das Schicksal der ehelichen Wohnung und aller weiterer damit verbundener Fragen im ohnehin anhängigen außerstreitigen Aufteilungsverfahren zu klären sein wird.

Für den vorliegenden Fall ist maßgebend, daß der Kläger der Beklagten aus Mitteln, die entweder überhaupt nicht der Aufteilung unterliegen (S 320.000,-- aus angefallener Erbschaft – § 82 Abs. 1 Satz 2 EheG) oder zugunsten deren eine vorweggenommene notarielle Regelung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 EheG gegeben erscheint (Ersparnisse durch Auflösung des Bausparvertrages udgl.), ein Darlehen einräumte, das gemäß dem somit zulässigerweise abgeschlossenen Notariatsakt nunmehr wieder zurückverlangt wird. Soweit der Kläger nach den bisher getroffenen Feststellungen zur Gewährung des Darlehens auch selbst Darlehen aufzunehmen hatte, kann dies schon deshalb an den dargelegten Grundsätzen nichts ändern, weil damit wiederum bloß vorweggenommene eheliche Ersparnisse für die Finanzierung des Darlehens verwendet worden wären, zu deren Regelung die von den Parteien eingehaltene Form des Notariatsaktes gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 EheG zulässig erscheint. Soweit die Beklagte in dem seinerzeit auch von ihr unterzeichneten Notariatsakt eine Umgehung der genannten gesetzlichen Vorschriften erblickt, erweisen sich ihre Ausführungen daher nicht als stichhältig.

Ihrem Rechtsmittel war daher der Erfolg zu versagen; der Kostenausspruch beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers war zurückzuweisen, weil sie keinem der im § 521 a ZPO erschöpfend aufgezählten Fällen (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1966) unterstellt werden kann, in welchem der Rekurs zweiseitig gestaltet worden wäre.

Textnummer

E05162

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00621.840.0321.000

Im RIS seit

24.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.08.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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