TE OGH 1985/4/10 3Ob507/85

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Veröffentlicht am 10.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma A Wasserbau Gesellschaft m.b.H., 4801 Traunkirchen, Mitterndorf 33, vertreten durch Dr.Horst Koch, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Rosa L***, Geschäftsfrau, 4020 Linz, Bürgerstraße 16, vertreten durch Dr.Erich Wöhrle, Rechtsanwalt in Linz, wegen 1,323.303,37 S s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10.Oktober 1984, GZ 2 R 155/84-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22.März 1984, GZ 1 Cg 138/81-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 16.213,28 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.364,84 S Umsatzsteuer und 1.200 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei sollte für die beklagte Partei ein Ferienhaus errichten. Vor Vollendung der Arbeiten kam es zu Abrechnungsdifferenzen zwischen den Streitteilen, die zum letztlich einvernehmlichen Abbruch der Arbeiten der klagenden Partei führte (Außerstreitstellung S 20).

Nach mehreren Klagseinschränkungen begehrte die klagende Partei für die von ihr schon erbrachten Leistungen zuletzt folgende Beträge:

1.) An eigentlichen Baukosten laut Rechnung 114 vom 23. März 1981, Beilage T, den nicht bezahlten eingeschränkten Restbetrag von 535.000,-- S (wobei sich hier 500.000 S auf eine von der klagenden Partei bestrittene Zahlung der beklagten Partei beziehen, während ein Betrag von 35.000 S an Erdarbeiten in einem früheren Verfahrensstadium strittig geblieben war).

2.) Für Außenarbeiten laut Rechnung 261 vom 5.September 1980, Beilage O, den eingeschränkten Restbetrag von

455.641,25 S.

3.) Für Planungsarbeiten laut Rechnung 262 vom 5. September 1980,

Beilage S,                               243.002,12 S.

4.) Für einen Haftrücklaß (welchen die beklagte Partei in einem

früheren Verfahrensstadium abzuziehen berechtigt gewesen wäre, den

zurückzubehalten aber wegen inzwischen abgelaufener Haftungszeit

nicht mehr rechtmäßig sei)                           89.660,-- S.

Das sind zusammen                      1,323.303,37 S.

Diesen Betrag begehrte die klagende Partei samt 13 % Zinsen aus 1,233.643,37 S (das ist der Klagsbetrag abzüglich der Position 4) vom 24. September 1981 bis 12. September 1983, 13 % aus dem Klagsbetrag vom 13. September 1983 bis 14. September 1983 und 12,25 % Zinsen aus dem Klagsbetrag seit 15. September 1983 (Klagebegehren AS 109 und 133).

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt ursprünglich die Angemessenheit aller drei obgenannten Rechnungen und machte geltend, daß in Verbindung mit der von ihr behaupteten zusätzlichen Zahlung von 500.000 S alle von der klagenden Partei erbrachten Leistungen abgegolten seien.

Nachdem die klagende Partei in ihrem Schriftsatz ON 8 vorgebracht hatte, es sei eine weitgehende außergerichtliche Einigung über verschiedene Posten erfolgt und es seien nur mehr die oben angeführten Punkte strittig geblieben (AS 32/33), verfügte das Erstgericht nebst Zustellung des Schriftsatzes an die beklagte Partei, daß der dem Sachverständigen erteilte Auftrag im Sinne dieses Schriftsatzes eingeschränkt werde. Nach Einlangen des schriftlichen Sachverständigengutachtens ON 9 brachte die beklagte Partei den Schriftsatz ON 11 (AS 99 f) ein, in welchem sie zur Position 1 erklärte, die vom Sachverständigen behandelten Erdarbeiten mit einem Rechnungsteilbetrag von 35.000 S seien nicht mehr strittig, weil diese Post von der beklagten Partei anerkannt worden sei. Von der Position 2 werde weiterhin ein Teilbetrag von 106.320 S für Stütz- und Einfriedungsmauern sowie Einbauten (Punkt A der Rechnung Nr. 261) bestritten, weil die bezüglichen Arbeiten ohne Auftrag vorgenommen worden seien, nicht aber die vom Sachverständigen für den Bootshausrohbau (Punkt B der Rechnung Nr. 261) und für erschwerte Transporte und Baustelleneinrichtung (Punkt C) der Rechnung Nr. 261 anerkannte Beträge.

Die Position 3 werde zur Gänze bestritten. In der Tagsatzung vom 14. September 1983 trug die beklagte Partei vor wie im Schriftsatz ON 11 und erklärte wiederum, gegen die Teilpost von 35.000 S zu Position 1 keine weitere Einwendung zu erheben, allerdings werde auch kein prozessuales Anerkenntnis abgegeben, dasselbe gelte für den Teilbetrag von 111.475,80 S aus Punkt B der Rechnung Nr. 261. Die Höhe der begehrten Bankzinsen und die Zinsstaffel würden anerkannt (AS 110).

In der Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 berichtigte die beklagte Partei ihre Außerstreitstellung bezüglich der Zinsen dahin, daß nur die Zinsfüße nicht aber die Laufzeiten der Zinsen anerkannt würden, dies wegen der in der Zinsstaffel der klagenden Partei nicht enthaltenen strittigen Zahlung von 500.000 S. Im übrigen werde das Vorbringen der klagenden Partei in ON 8 jetzt zur Gänze bestritten. Es sei nie zu einer Einigung der Streitteile dahin gekommen, daß aus der Rechnung Nr. 114 nur mehr ein Teilbetrag von 35.000 S strittig sei, sondern diese Teilpost sei gerade nicht strittig, andererseits werde aber insgesamt ein Teilbetrag von 377.365,98 S bestritten, nämlich 85.677,72 S an Zusatzarbeiten und 291.668,26 S an nichtausgeführten Arbeiten, wozu der Sachverständige bisher nicht Stellung genommen habe, offenbar weil das Gericht den an ihn gerichteten Auftrag nachträglich eingeschränkt habe (AS 133/34). Da die beklagte Partei nicht zur Befundaufnahme beigezogen worden sei, sei es zu diesem Mißverständnis gekommen. Die klagende Partei beantragte die Zurückweisung dieses Vorbringens wegen Verschleppungsabsicht und verwies noch auf eine von der beklagten Partei geleistete Zahlung von 102.322,11 S am 18. März 1982, welche genau der außergerichtlichen Einigung entsprochen habe, daß dieser Betrag aus Rechnung Nr. 114 auf jeden Fall noch geschuldet werde, weiters 500.000 S, falls sie nicht schon bezahlt wurden, und weiters die mehrfach erwähnten, damals noch nicht anerkannten 35.000 S. Einem Schreiben des Klagsvertreters vom 7. November 1983, in dem dieser Sachverhalt festgehalten worden sei, habe die beklagte Partei nicht widersprochen.

Die beklagte Partei erwiderte dazu, daß sich die Zahlung von 102.322,11 S auf alle Positionen bezogen habe.

Das Erstgericht wies das Vorbringen der beklagten Partei in der Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 laut einem in der Tagsatzung verkündeten Beschluß 'wegen Unerheblichkeit und Verschleppungsabsicht' zurück. Im Urteil des Erstgerichtes wurde dieser Beschluß zwar nicht im Spruch erwähnt, wohl aber in den Entscheidungsgründen behandelt und dort der Standpunkt vertreten, die beklagte Partei habe durch ihr prozessuales Verhalten bis zur Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 die von der klagenden Partei behauptete außergerichtliche Einigung zur Rechnung Nr. 114 zugestanden, so daß diese Frage nicht mehr beweisbedürftig geblieben sei. Der Widerruf dieses Geständnisses sei aber wegen Verschleppungsabsicht zurückzuweisen.

Im übrigen gab das Erstgericht der Klage mit dem Teilbetrag von 990.641,25 S samt 13 % Zinsen vom 24.September 1981 bis 14.September 1983 und 12,25 % Zinsen seit 15. September 1983 statt, während das Mehrbegehren von 332.662,12 S samt Anhang abgewiesen wurde. Der Betrag von 990.641,25 S ergibt sich daraus, daß das Erstgericht die strittige Zahlung von 500.000 S nicht als erwiesen annahm, so daß aus der Rechnung Nr. 114 noch insgesamt 535.000 S offen seien, und daß die Rechnung Nr. 261 im eingeschränkten Betrag von 455.641,25 S angemessen sei, weil hier alle verrechneten Leistungen der klagenden Partei auftragsgemäß ausgeführt worden seien und die verrechneten Beträge berechtigt seien.

Der (den Gegenstand der Abweisung des Mehrbegehrens bildende) Betrag von 332.662,12 S setzt sich aus den oben dargestellten Positionen 3 und 4 zusammen.

Im Umfange der teilweisen Abweisung der Klage erwuchs das Urteil des Erstgerichtes in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es befaßte sich infolge der von der beklagten Partei in der Berufung unter den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Nichtigkeit bekämpften Verschleppungsabsicht auch mit dem gemäß § 179 Abs 1 ZPO zurückgewiesenen Vorbringen der beklagten Partei und teilte die Auffassung der ersten Instanz, daß dieses neue Vorbringen zu einer erheblichen Verzögerung des Prozesses geführt hätte und mit Recht wegen offenbarer Verschleppungsabsicht zurückgewiesen worden sei, so daß diesbezüglich keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliege und auch kein Nichtigkeitsgrund gegeben sei.

Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes. Eine zulässige Rechtsrüge sei von der beklagten Partei nicht erhoben worden.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der beklagten Partei wegen der Revisionsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag, es aufzuheben oder im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.

Die klagende Partei beantragt, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt keine Berechtigung zu.

Soweit die Revision die Zurückweisung des Vorbringens in der Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 rügt, ist das Rechtsmittel der beklagten Partei unzulässig.

Ein in erster Instanz angeblich unterlaufener Verfahrensmangel, der vom Berufungsgericht verneint wurde, kann in dritter Instanz (abgesehen von gewissen Verfahren mit Amtswegigkeitscharakter) nicht neuerlich geltend gemacht werden (Entscheidungen wie EFSlg. 41.770, 41.773 u.a.). Dazu kommt im vorliegenden Fall, daß die Zurückweisung des neuen Vorbringens Gegenstand eines eigenen Beschlusses des Erstgerichtes war, mag derselbe auch im Urteil des Erstgerichtes nur mehr in den Entscheidungsgründen behandelt worden sein, so daß sich die Berufung der beklagten Partei auch als Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes auf Zurückweisung eines Vorbringens nach § 179 Abs 1 ZPO darstellte. Das Berufungsgericht hat daher bei Erledigung der Berufung in Wahrheit, wenn auch im Zusammenhang mit der Hauptsache, einen rekursgerichtlichen Beschluß gefaßt und den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes bestätigt (Novak, JBl 1953, 63 Anm. 54, Fasching Kommentar II 855, Entscheidungen wie EvBl 1959/365, RZ 1976/27 oder SZ 51/32). Die Anfechtbarkeit dieses in Wahrheit bestätigenden Beschlusses des Rekursgerichtes ist daher losgelöst von der berufungsgerichtlichen Entscheidung zu betrachten, so daß sich die Revision der beklagten Partei in diesem Punkt eigentlich als Revisionsrekurs darstellt, welcher gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO unzulässig ist.

Damit ist die vorliegende Rechtssache so zu beurteilen, wie wenn die beklagte Partei ihr ergänzendes Vorbringen in der Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 nicht erstattet hätte.

Von dieser Voraussetzung ausgehend, lassen sich der Revision, auch wenn diese die einzelnen Revisionsgründe vermengt, mit hinreichender Deutlichkeit doch noch folgende Beschwerdepunkte entnehmen:

a) Die beklagte Partei vertritt den Standpunkt, ihr Vorbringen bis zur Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 erlaube bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht den Schluß, daß sie das Vorbringen der klagenden Partei im Schriftsatz ON 8 zugestanden habe. Ihr Schriftsatz ON 11 habe sich vielmehr nur auf die vom Erstgericht verfügte Einschränkung des Beweisthemas bezogen. Die Protokollierung des Vorbringens der beklagten Partei in der Tagsatzung vom 14. September 1983, es werde kein prozessuales Anerkenntnis abgegeben, erlaube nicht den Schluß des Erstgerichtes, es sei ungeklärt geblieben, warum die beklagte Partei zwar zugestanden aber nicht anerkannt habe, sondern die einzige Erklärung für dieses Vorbringen liege darin, daß die beklagte Partei zwar die Höhe der vom Sachverständigen ermittelten Ziffern als richtig bestätigte, aber weiterhin Mängel und sonstige Beanständungen geltend machte und daher keine offene Forderung der klagenden Partei anerkannte.

b) Es sei aktenwidrig, wenn das Berufungsgericht davon ausgehe, daß die beklagte Partei selbst in ihrem Schriftsatz ON 11 vorgebracht habe, daß zur Rechnung Nr. 114 kein strittiger Betrag verbleibe, sondern die beklagte Partei habe nur erklärt, daß der Teilbetrag von 35.000 S nicht mehr strittig sei.

c) Das Berufungsurteil übergehe schließlich völlig die Rüge der beklagten Partei, sie sei zur Befundaufnahme nicht beigezogen worden, was eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bedeute.

Dem ist im einzelnen folgendes entgegenzuhalten:

Die Rüge zu c) erledigt sich schon durch den Hinweis, daß die beklagte Partei entgegen ihrer jetzigen Darstellung in ihrer Berufung es überhaupt nicht als gesonderten Verfahrensmangel gerügt hatte, daß sie zur Befundaufnahme des Sachverständigen nicht beigezogen worden sei, so daß das Berufungsgericht auch keinen Anlaß hatte, zu diesem eventuellen Verfahrensverstoß Stellung zu nehmen. Der bezügliche Hinweis in der Berufung (S 4 der Berufungsschrift) lautete nur, daß die beklagte Partei in erster Instanz darauf hingewiesen habe, sie sei nicht zur Befundaufnahme zugezogen worden, worin sie einen Mangel erblicken würde, weshalb man ihr nicht Verschleppungsabsicht vorwerfen könne. Die beklagte Partei machte also die Nichtbeiziehung zur Befundaufnahme nicht dafür verantwortlich, daß ein bestimmter Tatumstand falsch ermittelt worden sei, oder dergleichen mehr, sondern dieser Umstand wurde nur als eines von mehreren Argumenten für die ihrer Meinung nach fehlende Verzögerungsabsicht ins Treffen geführt. Wie schon gesagt wurde, kann aber im Revisionsverfahren zur Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgte oder nicht, nicht mehr Stellung genommen werden.

Die zu b) geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Wenn das Berufungsgericht (S 7 des Berufungsurteiles) anführt, die beklagte Partei habe in ihrbm Schriftsatz ON 11 zur Rechnung Nr. 114 selbst vorgebracht, daß kein ungeklärter Betrag vorhanden sei, während in der Revision, und dies an sich durchaus zutreffend, geltend gemacht wird, ihr Vorbringen habe lediglich gelautet, daß 'sohin kein ungeklärter Betrag' vorhanden sei, so ist hier kein Unterschied erkennbar. Das Wort 'sohin' konnte sich zwar auf die Teilpost von 35.000 S beziehen, wenn aber dann die Formulierung gewählt wurde, daß wegen der bereits erfolgten Anerkennung dieses Betrages (also insofern 'sohin'!) kein ungeklärter Betrag vorhanden sei, dann heißt dies nichts anderes, als daß auch sonst zur Rechnung Nr. 114 keine ungeklärten Beträge mehr vorhanden sind;

andernfalls hätte die beklagte Partei nur etwa formulieren dürfen, daß sohin der Teilbetrag von 35.000 S nicht strittig sei, um diesen Satz so deuten zu können, wie dies die beklagte Partei jetzt in der Revision versucht.

Zu a)geht es in Wahrheit nicht um ein Problem der rechtlichen Beurteilung, sondern um die Verfahrensfrage, ob § 267 ZPO zutreffend angewendet wurde oder nicht, nämlich ob ein schlüssiges Tatsachengeständnis vorlag oder nicht (EvBl 1974/29). Das Begufungsgericht hat aber diese Verfahrensfrage zutreffend gelöst. Richtig ist zwar, daß Tatsachen, die zwar nicht ausdrücklich bestritten wurden, die aber auch nicht zugestanden wurden, sehr wohl beweisbedürftig sind (JBl 1948, 163, SZ 48/35, ZVR 1982/394, Fasching Kommentar III 249 und Handbuch RZ 843). Neben dem ausdrücklichen Geständnis im Sinne des § 266 Abs 1 ZPO gibt es aber auch ein schlüssig abgegebenes Geständnis im Sinne des § 267 Abs 1 ZPO. Ob in diesem Sinn tatsächliche Behauptungen einer Partei als zugestanden anzusehen seien, hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhaltes des gegnerischen Vorbringens zu beurteilen.

Wenn verschiedentlich gesagt wird, es sei ein Akt der im Revisionsverfahren nicht überprüfbaren Beweiswürdigung, ob ein schlüssiges Tatsachengeständnis vorliege oder nicht (so wohl auch in ZVR 1982/394, wenngleich bezüglich der Tatsache einer Zahlung), so tritt der erkennende Senat der Auffassung bei, daß zwar § 267 Abs 1 ZPO und § 272 ZPO ein inhaltlich weitgehend gleiches richterliches 'Ermessen' zu Grunde legen (Fasching Kommentar III 246, Anm. 6), daß aber die Würdigung, ob ein Geständnis vorliegt oder nicht, ob Beifügungen oder Einschränkungen es seiner Wirksamkeit berauben und dergleichen mehr, der Beweisaufnahme stets vorausgeht und nur die Prüfung zum Gegenstand hat, ob die 'unvollkommen' zugestandenen Tatsachen überhaupt bewiesen werden müssen. Die überprüfung dieses Ermessens ist also im Rahmen einer Verfahrensrüge möglich (Fasching, ebendort).

Wenn zwei Instanzen diese somit vorliegende Verfahrensfrage übereinstimmend gelöst haben, kann aber ein behaupteter Verfahrensverstoß in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (siehe die schon oben zitierten Entscheidungen EFSlg. 41.770 und 41.773 oder Entscheidungen wie MietSlg. 34.772 und 35.800). Selbst wenn aber wegen des vorliegenden Sonderfalles, daß die Frage der Unwirksamkeit des mehrfach erwähnten nachträglichen Vorbringens wegen Verschleppungsabsicht erst im Berufungsverfahren endgültig erledigt wurde, hier die Verfahrensrüge zulassen wollte, wäre für die beklagte Partei aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen:

Eine Prüfung des gesamten Vorbringens der klagenden Partei und der beklagten Partei bis zur Tagsatzung vom 23. Dezember 1983 (das ergänzende Vorbringen der beklagten Partei wurde ja rechtskräftig zurückgewiesen) ergibt nämlich, daß die Vorinstanzen zutreffend von einem schlüssigen Geständnis ausgingen.

Das Vorbringen der klagenden Partei in ihrem Schriftsatz ON 8 war unmißverständlich. Die beklagte Partei hat dazu in der Folge nicht einfach nur geschwiegen, sondern sie nahm im Schriftsatz ON 11 eindeutig zu der neuen Prozeßlage in einer Weise Stellung, die die Darstellung der klagenden Partei sozusagen zu Grunde legte und mit ihr im sachlichen Einklang stand (Fasching Handbuch RZ 843). Dabei geht es nicht nur um den schon oben behandelten Satz zur Rechnung Nr. 114, es sei sohin (weil nämlich der letzte strittig gebliebene Betrag auch anerkannt werde), kein ungeklärter Betrag vorhanden. Sondern bei anderen Positionen wird durchaus gesagt, daß hier, weil eben noch alles strittig sei, auf dem bisherigen Standpunkt verharrt werde (z.B.

bezüglich der Rechnung Nr. 261 Punkt A 'es bleibt daher die von mir

vorgenommene Reduktion ...... aufrecht' oder zu Rechnung Nr. 261

Punkt B: 'Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß ...... hiefür

...... vereinbart wurde', was auch die von der klagenden Partei

behauptete Regelung durch einen weitgehenden Generalvergleich zu Grunde legt). Dazu kommt, daß die beklagte Partei im Sinne der Behauptungen der klagenden Partei über diese nachträgliche Teileinigung auch eine zusätzliche Zahlung geleistet hat, die sich der Höhe nach nicht mit den ursprünglichen Bestreitungen der beklagten Partei in Einklang bringen ließe. Diese Umstände lassen sich nur dahin würdigen, daß die von der klagenden Partei behauptete Einigung, es würden alle Zahlungen der beklagten Partei auf die Rechnung 114 angerechnet und von dieser seien nur noch 500.000 S (der Höhe nach unstrittig, dem Grunde nach aber wegen behaupteter Mehrzahlung bestritten) und 35.000 S (ursprünglich der Höhe und dem Grunde nach strittig) offen geblieben, von der beklagten Partei schlüssig zugestanden wurde, so daß diese Tatsachen nicht mehr beweisbedürftig waren.

Eine echte Rechtsrüge wurde von der beklagten Partei schon in zweiter Instanz nicht erhoben und ist auch in der Revision nicht enthalten, so daß in rechtlicher Hinsicht keine weiteren Ausführungen mehr nötig sind.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E05452

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00507.85.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19850410_OGH0002_0030OB00507_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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