TE OGH 1985/4/18 7Ob541/85

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Veröffentlicht am 18.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Renate A, Hausfrau, Wien 3., Weißgerberstraße 16/17, vertreten durch Dr. Josef Peissl, Rechtsanwalt in Köflach, wider die beklagte Partei Franz A, Bergarbeiter, Bärnbach, Bachgasse 19, vertreten durch Dr. Jürgen Hadler, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9.November 1984, GZ 4 R 183/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5.Mai 1984, GZ 25 Cg 415/83-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 2.099,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 190,88 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind seit 29.10.1966 miteinander verheiratet. Der Ehe entstammen drei Kinder, von denen eines vor der Eheschließung zur Welt kam.

Die Klägerin begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten.

Die Vorinstanzen haben die Ehe aus dem Verschulden des Beklagten geschieden und hiebei folgende wesentlichen Feststellungen getroffen:

Die Ehe ist seit Jahren unheilbar zerrüttet. Ursache hiefür ist die Trunksucht des Beklagten. Dieser hat bereits seit Beginn der Ehe getrunken, jedoch auf Vorhalte der Klägerin immer wieder Besserung zugesagt. Er hat jedoch diese Zusage nicht eingehalten. Vielmehr hat sich die Trunksucht des Beklagten immer mehr verschlechtert. Im alkoholisierten Zustand hat der Beklagte die Klägerin häufig gröblich beschimpft. Außerdem ist er in der letzten Zeit immer öfter erst spät in der Nacht oder erst am nächsten Tage betrunken nach Hause gekommen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Im Ergebnis mit Recht hat das Berufungsgericht den vom Beklagten in der Berufung gestellten Mitschuldantrag nicht berücksichtigt. Die mündliche Streitverhandlung erster Instanz wurde nach dem 31.12.1983, nämlich am 2.3.1984, geschlossen. Nach Art. 10 Z 4 des Bundesgesetzes vom 11.11.1983 über Änderung des Personen-, Ehe- und Kindschaftsrechtes BGBl. 566 ist auf Eheverfahren, in denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz nach dem 31.12.1983 geschlossen wird, die Zivilprozeßordnung in der Fassung dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Somit gilt für derartige Verfahren auch das sich aus § 482 ZPO geltende Neuerungsverbot. Nach § 482 Abs.1 ZPO dürfen im Berufungsverfahren keine neuen Einreden erhoben werden. Dies bedeutet, daß auch ein Mitschuldantrag in der Berufung nicht mehr gestellt werden kann.

Dadurch wurde die Bestimmung des § 76 der ersten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz beseitigt, auf die die Judikatur (SZ 25/331 u.a.) ihre Ausführungen über die Zulässigkeit von Neuerungen im Ehescheidungsverfahren gestützt hat. Die genannte Entscheidung (= JBl.57 neu) gelangt zu dem Ergebnis, daß in der Berufung auch erstmalig Mitschuldenanträge erhoben werden können, aus der Erwägung, wenn man weitere Scheidungsgründe zulasse, müsse man auch einerseits der Abwehr des Scheidungsbegehrens dienende und andererseits auf eine Modifizierung des Verschuldensausspruches abzielende Anträge zulassen. Dies ergebe sich schon aus der Erwägung,daß man nicht einerseits neues Sachvorbringen zulassen, andererseits aber Sachanträge ablehnen könne. Durch die oben erwähnte Gesetzesänderung ist dieser Judikatur die Basis entzogen.

Jetzt sind Neuerungen im Berufungsverfahren auch im Ehescheidungsverfahren grundsätzlich ausgeschlossen, was der Berücksichtigung eines erstmals in der Berufung gestellten Mitschuldenantrages entgegensteht.

Im übrigen geht die Berufung insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, als sie eine Verpflichtung der Klägerin zur Erhaltung des gemeinsamen Hauses behauptet. Das Erstgericht hat nicht eine solche Verpflichtung der Klägerin festgestellt, sondern nur, daß die Klägerin tatsächlich die Erhaltung des Hauses vorgenommen hat, weil der Beklagte diesbezüglich über Jahre hinaus nie etwas unternommen hat.

Von einer Verfristung des geltend gemachten Ehescheidungsgrundes im Sinne § 57 Abs.1 EheG kann keine Rede sein. Es ist zwar richtig, daß der Beklagte schon seit der Eheschließung dem Alkohol zuneigte, der ständige, sich steigernde Alkoholismus des Beklagten muß jedoch als ein dauerndes Fehlverhalten angesehen werden, weshalb die Frist des § 57 Abs.1 EheG erst nach seiner endgültigen Beendigung zu laufen beginnen kann. Selbst der Umstand, daß einem Ehepartner bei der Eheschließung die Neigung des anderen Ehepartners zum Alkoholmißbrauch bekannt war, ist unerheblich, weil jeder Ehegatte vom Ehepartner erwarten darf, daß dieser Neigungen, die ein gedeihliches Zusammenleben stören, soweit als möglich unterdrückt (6 Ob 153/69, 7 Ob 242,243/74 u.a.). Geht man also von den getroffenen Feststellungen aus, erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen als richtig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00541.85.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19850418_OGH0002_0070OB00541_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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