TE OGH 1985/4/24 3Ob36/85

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Veröffentlicht am 24.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A B C D Aktiengesellschaft, Tegetthoffstraße 7, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Horst Hoskovec, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Rudolf E Gesellschaft m.b.H., Laxenburgerstraße 117-119, 1100 Wien, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 5,500.000,- samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei und Ersteherin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27. Dezember 1984, GZ 46 R 974/84-44, womit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 5. September 1984, GZ 21 E 28/82-39, abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes wird der erstrichterliche Beschluß wieder hergestellt.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 20.481,45 (darin S 1.861,95

Umsatzsteuer und keine Barauslagen) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung:

Der betreibenden Partei wurde am 4. März 1982 zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 5,500.000,- samt Zinsen und Kosten die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 1614 in der Katastralgemeinde Leopoldstadt bewilligt.

Sie trat beim Versteigerungstermin am 26. Juli 1984 auch als Bieter auf, obwohl sich die Verpflichtete gegen ihre Zulassung ausgesprochen hatte, weil ein Nachweis nach § 1 Abs 2 des Ausländergrunderwerbsgesetzes LGBl Wien 1967/33 fehlte. Das Erstgericht trug der betreibenden Partei auf, den Genehmigungsbescheid der Landesregierung binnen zwei Monaten vorzulegen, ließ ihre Anbote zu und erklärte die Versteigerung nach dem § 181 Abs 3 EO für geschlossen, weil ungeachtet zweimaliger Aufforderung kein höheres Anbot abgegeben wurde, als das der betreibenden Partei. Die Verpflichtete erhob sogleich im Versteigerungstermine Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlages, weil der Bescheid über die Genehmigung zum Erwerb nicht vorlag (§ 1 Abs 2 LGBl 1967/33). Das Erstgericht behielt sich die Entscheidung vor und erteilte erst am 5. September 1984 der Meistbietenden den Zuschlag, nachdem diese am 13. August 1984 den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 3. August 1984 vorgelegt hatte, wonach die Landesregierung am 31. Juli 1984

beschlossen hat, den Erwerb unter anderem der Liegenschaft EZ 1614 in der Katastralgemeinde Leopoldstadt durch Erteilung des Zuschlages an die betreibende Partei als Ersteherin zu genehmigen. Das Rekursgericht änderte den erstrichterlichen Beschluß infolge des Rekurses der Verpflichteten ab und versagte die Erteilung des Zuschlages. Es sei unbestritten, daß die Meistbietende als Ausländer im Sinne des § 2 Z 3 LGBl Wien 1967/33 gelte und ihr daher nach § 1 Abs 2 dieses Gesetzes im Versteigerungsverfahren der Zuschlag nur erteilt werden dürfe, wenn sie im Versteigerungstermin den Bescheid über die Genehmigung zum Erwerb vorlegen konnte. Auf das Fehlen dieses Nachweises könne ein Widerspruch nach § 184 Abs 1 Z 7 EO gestützt werden. Eine Sanierung des Mangels durch Nachbringung des Genehmigungsbescheides sei nicht vorgesehen. Gerade aus der Bestimmung des § 186 Abs 2 EO, wonach trotz des Widerspruches auf den Mangel eines gesetzmäßigen Vadiums oder das Fehlen des Nachweises der Vertretungsbefugnis oder Bevollmächtigung nicht Rücksicht zu nehmen ist, wenn diese Mängel vor Entscheidung über den Zuschlag durch nachträglichen Erlag oder Ergänzung der Sicherheit oder durch nachträgliche Beibringung der im § 180 EO bezeichneten Urkunden beseitigt werden, ergebe sich, daß andere Mängel durch Sanierung nicht geheilt werden könnten. Den abändernden Beschluß des Rekursgerichtes bekämpft die betreibende Partei mit ihrem nach § 78 EO, § 528 Abs 2 und § 502 Abs 4 Z 2 EO zulässigen Revisionsrekurs, der auf Wiederherstellung der erstrichterlichen Zuschlagserteilung abzielt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin hat angeregt, der Oberste Gerichtshof wolle wegen der gegen die Verfassungsmäßigkeit der in Betracht kommenden Bestimmungen des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes, das entgegen der Kompetenz nach Art. 10

Abs 1 Z 6 B-VG Vorschriften des Zivilrechtswesens enthalte, den Verfassungsgerichtshof anrufen.

Nach § 1 Abs 1 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes LGBl Wien 1967/33 bedürfen der Erwerb des Eigentums, des Baurechtes, des Rechtes der persönlichen Dienstbarkeit an Grundstücken durch Ausländer oder eine in die öffentlichen Bücher einzutragende Bestandgabe solcher Grundstücke an Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung. § 1 Abs 2 dieses Landesgesetzes ordnet - offenbar zur Hinderung der Umgehung der Beschränkung nach Absatz 1 - an, daß im Versteigerungsverfahren der Zuschlag an einen Ausländer nur erteilt werden darf, wenn er den Bescheid über die Genehmigung zum Erwerb oder eine Bestätigung der Behörde darüber vorlegt, daß die behördliche Genehmigung nicht erforderlich ist. Auf das Fehlen dieses Nachweises kann ein Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlages im Sinne des § 184 Abs 1 Z 7 EO gestützt werden. Sinngemäß gelten die Bestimmungen auch für die Annahme eines überbots und die Genehmigung eines übernahmsantrages durch einen Ausländer. Als Ausländer im Sinne dieses Landesgesetzes gilt nach dessen § 2 Z 3 auch eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes mit dem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an der natürliche Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen oder juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben, überwiegend beteiligt sind. Eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung erteilt die Landesregierung nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, daß das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen (§ 4 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes).

Es steht jedenfalls fest, daß dieses Gesetz (wie ähnliche Landesgesetze anderer Bundesländer) die übertragung von Liegenschaften an Ausländer im Interesse der Verhinderung einer überfremdung Beschränkungen unterwerfen will.

Nunmehr sind Regelungen, die den Grundstücksverkehr für Ausländer verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, von der Bundeskompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Zivilrechtswesens (Art. 10 Abs 1 Z 6 B-VG) ausgenommen (BGBl 1969/27). Ob dennoch Bedenken in Richtung der Verfassungswidrigkeit des Wiener Ausländergrundverkehrsgesetzes mangels Anordnung der Rückwirkung dieser Änderung der Kompetenzbestimmungen (Heller-Berger-Stix 1368) bestehen oder ob dieses Gesetz durch die nachträgliche Schaffung der früher fehlenden Zuständigkeit unter dem Gesichtspunkt der Gesetzgebungskompetenz unbedenklich ist (VfGH 10. 10. 1972, B 323/71, zum oberösterreichischen Ausländergrunderwerbsgesetz LGBl Oberösterreich 1966/30), bedarf hier keiner Prüfung, weil die Entscheidung nicht mehr von der Wirksamkeit der Regelung im § 1 Abs 2 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes abhängt.

Während nämlich § 180 Abs 2 EO die Zulassung von Anboten eines Vertreters ausschließt, der seine Vertretungsbefugnis nicht durch öffentliche Urkunden oder durch öffentlich beglaubigte Vollmacht nachgewiesen hat, und daher § 186 Abs 2 EO nur zur Anwendung kommt, wenn jemand versehentlich ohne Beibringung der erforderlichen Vollmacht zum Bieten zugelassen wurde, will § 1 Abs 2 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes sichtlich nur verhindern, daß jemand, dem die erforderliche Genehmigung nicht erteilt ist, durch den Zuschlag Eigentum an einer Liegenschaft erwirbt, so daß der Widerspruchsgrund des § 184 Abs 1 Z 7 EO vorliegt, solange dem Meistbietenden die Fähigkeit zum Erwerb fehlt. Daß der Zuschlag im Falle des § 186 Abs 2 EO trotz Widerspruches zu erteilen ist, wenn der Mangel vor Entscheidung über den Zuschlag saniert wurde, findet seinen Grund in dem in den Materialien erwähnten Postulat, das Schicksal des Versteigerungsaktes nicht unpräjudizierlichen Formmängeln zu opfern (Heller-Berger-Stix 1336). Eine bedingte Zulassung des nicht gehörig ausgewiesenen Vertreters kann zu erheblichen Schwierigkeiten und Gefahren für alle Beteiligten führen, wenn der Nachweis der Vertretungsbefugnis vom Meistbietenden nicht rechtzeitig nachgetragen werden sollte. Nur wenn einem Meistbietenden, der ohne die Voraussetzung des Vollmachtsnachweises zum Bieten zugelassen wurde, zuzuschlagen wäre, will der Gesetzgeber es dann, wenn der Vollmachtsnachweis erbracht ist, nicht an der verfehlten Zulassung scheitern lassen, weil kein Grund mehr besteht, an der Förmlichkeit festzuhalten, wenn keine Nachteile mehr eintreten können. So ist zwar das grundsätzliche Gebot des § 180 Abs 2 EO darauf gerichtet, daß Anbote eines Vertreters ohne urkundlichen Nachweis seiner Vertretungsbefugnis gar nicht zugelassen werden dürfen (Heller-Berger-Stix, 1336; SZ 43/20), wenn aber einmal ein Bieter zugelassen wurde, dann soll der Versteigerungsakt tunlichst aufrecht bleiben und der Zuschlag nicht versagt sein, weil der Vollmachtsnachweis nicht, wie es § 180 Abs 2 EO fordert, schon vor Stellung der Anbote vorlag sondern dieser Mangel erst bis zur Entscheidung über den Zuschlag beseitigt wurde (OGH 3 Ob 13/84).

Eine ähnliche und nach Ansicht des erkennenden Senates durchaus vergleichbare Lage bietet sich dar, wenn Anbote eines Ausländers - irrig oder durch ein Versehen - zugelassen wurden und diesem Meistbietenden zuzuschlagen wäre. Erteilt das Erstgericht den Zuschlag, nachdem die erforderliche Genehmigung nach § 1 Abs 2 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes erteilt und der Bescheid darüber vorgelegt ist, dann ist der Widerspruch nicht mehr zu beachten. Den Anliegen der Beschränkung des Ausländergrunderwerbs ist damit Rechnung getragen. Nach Behebung des Mangels soll nicht der Verpflichtete - ohne daß sonst seine Interessen berührt würden - das Verfahren verzögern können. Die Sachlage ist dem im § 186 Abs 2 EO geregelten Fall der Sanierung so ähnlich, daß sie gleich zu behandeln ist.

Daß der Gesetzgeber für den Fall, daß der Genehmigungsbescheid erst bis zur Entscheidung über den Zuschlag beigebracht werden kann, weil der Versteigerungstermin auf ein bis zwei Monate anzuberaumen ist (§ 169 Abs 2 EO) und erst nach Erlassung des Versteigerungsediktes die öffentliche Verlautbarung erfolgt, die Wiener Ladesregierung aber die Genehmigung erst nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung erteilen und ausfertigen darf, die analoge Anwendung des § 186 Abs 2 EO ablehnte, kann nicht angenommen werden. Denn das Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz konnte die Vorschriften der Exekutionsordnung nur insoweit berühren, als die Erteilung des Zuschlags davon abhängig gemacht wird, daß sich der Ausländer mit einer Genehmigung der Verwaltungsbehörde ausweisen muß. Der Bundesgesetzgeber konnte aber bei der Regelung des § 186 Abs 2 EO auf die erst viel später aktuell gewordenen Beschränkungen des Grundverkehrs für Ausländer noch nicht Bedacht nehmen. Die Revisionsrekurswerberin weist auch zutreffend auf die Regelungen anderer Ausländergrunderwerbsgesetze hin, die ein Zuwarten mit der Ausfertigung und Verlautbarung des Beschlusses über die Zuschlagserteilung und die Einholung der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde vorsehen (so etwa § 9 des Burgenländischen Landesgrundverkehrsgesetzes, § 13 Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz oder § 17 a Salzburger Grundverkehrsgesetz). Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob § 1 Abs 2 des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes verfassungsrechtlich bedenklich ist und ob die Zulassung der betreibenden Partei zum Bieten verfehlt war, weil jedenfalls mit der nachträglichen Vorlage des Bescheides der Wiener Landesregierung zum Erwerb der Liegenschaft der Widerspruch unbeachtlich wurde und der Zuschlag trotz des Widerspruches zu erteilen war.

Die zutreffende Beschlußfassung des Erstgerichtes ist daher in Abänderung der Rekursentscheidung wieder herzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74, 78 EO, §§ 41 und 50 ZPO, wobei Bemessungsgrundlage nur das Meistbot ist, wenn es um die Zuschlagserteilung geht.

Anmerkung

E05595

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00036.85.0424.000

Dokumentnummer

JJT_19850424_OGH0002_0030OB00036_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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