TE OGH 1985/4/25 8Ob537/85

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Veröffentlicht am 25.04.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. L*****, vertreten durch Dr. Hans Schönherr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 35.312,87 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1984, GZ. 45 R 239/84-76, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 27. Jänner 1984, GZ 4 C 772/77-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Akten 4 C 772/77 des Bezirksgerichtes Floridsdorf und 45 R 735/84 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien werden dem Rekursgericht zur weiteren Veranlassung zurückgestellt.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte vom Beklagten zunächst die Bezahlung von S 20.912,87 s.A. (ON 1). In den Nachlaß der am ***** verstorbenen H***** falle ein Sparbuch mit einem Guthaben von S 20.912,87. Der Beklagte habe als Erbenmachthaber dieses Sparbuch in seine Abrechnung nicht einbezogen und der Klägerin bisher das Realisat nicht ausgefolgt. Im Abhandlungsprotokoll habe das Sparbuch ein Guthaben von S 20.912,87 aufgewiesen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Sparbuch habe nur einen Saldo von S 1.943,66 aufgewiesen; dieser Betrag sei ordnungsgemäß mit der Klägerin verrechnet worden.

Mit dem Beschluß vom 12. 3. 1979 wurde das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen den Beklagten anhängigen Strafverfahrens 27 C Vr 1371/79 des LG für Strafsachen Wien unterbrochen. Am 20. 8. 1979 wurde die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Mit dem Schriftsatz vom 11. 2. 1980 beantragte die Klägerin die Gewährung der Verfahrenshilfe. Der bisherige Rechtsvertreter teilte am 22. 2. 1980 mit, daß das Vollmachtsverhältnis mit ihm gelöst worden sei. Mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 6. 3. 1980 wurde Dr. Hans Schönherr zum Verfahrenshelfer der Klägerin bestellt. Mit dem beim Erstgericht am 31. 10. 1980 eingelangten Schriftsatz brachte die Klägerin vor, daß sich der Beklagte auch mit einem weiteren Betrag von S 11.931,33 auf ihre Kosten bereichert habe (AS 143); sie erweiterte das Klagebegehren dahin, daß der Beklagte außer dem Betrag von S 20.912,87 s.A. noch den Betrag von S 14.400,-- s.A. zu bezahlen habe. Die Geltendmachung des weiteren Betrages von S 14.512,50 s.A. behielt sie sich vor (AS 145): Am 2. 12. 1982 wurde die Verhandlung in erster Instanz geschlossen (AS 213). In der Tagsatzung vom 2. 12. 1982 wurde die Verhandlung wegen Richterwechsels neu durchgeführt. Die Parteien trugen „vor wie bisher“ und der bisherige Akteninhalt wurde verlesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren von S 20.912,87 s.A. ab. Der dagegen erhobenen Berufung, in welcher beantragt wurde, das erstgerichtliche Urteil dahin abzuändern, daß der Beklagte zur Zahlung von S 20.912,87 verhalten werde, wurde Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Dem Erstgericht wurde aufgetragen, genaue Feststellungen über den Umfang des Nachlasses der Erblasserin zu treffen und wie die diesbezügliche Abrechnung des Beklagten erfolgte. Diesem werde der Beweis obliegen, zu welchem Zeitpunk er in den Besitz des Sparbuches gekommen sei. Auch ob die am 31. 10. 1980 geltend gemachte Klageforderung noch allenfalls streitgegenständlich sei, werde zu klären sein.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht das gesamte Klagebegehren von S 35.312,87 s.A. ab.

Der dagegen erhobenen Berufung, in welcher beantragt wurde, das erstgerichtliche Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren von S 35.312,87 s.A. stattgegeben werde, wurde nicht Folge gegeben. Es wurde festgehalten, daß das Klagebegehren auf Bezahlung von S 20.912,87 s.A. und auf Bezahlung weiterer S 14.400,-- s.A. gerichtet war. Soweit ersterer Betrag von S 20.912,87 s.A. abgewiesen wurde, sei dem Erstgericht zu folgen, daß dem Beklagten kein Verschulden an dem von der Klägerin erlittenen Vermögensverlust treffe. Auch hinsichtlich des weiters abgewiesenen Betrages von S 14.400,-- sei dessen Begründung richtig, daß dieses Klagebegehren trotz Aufforderung nicht aufgeschlüsselt wurde.

Das Berufungsurteil wurde dem Klagevertreter am 20. 7. 1984 zugestellt. Dagegen langte am 5. 9. 1984 beim Erstgericht die von der Klägerin selbst verfaßte Revision samt einem Antrag „auf Bestellung eines Vertreters“ ein. Es wird nur ein Aufhebungsantrag gestellt. Das Erstgericht wies die Revision mit dem Beschluß vom 11. 9. 1984, ON 80, zurück und den Antrag auf Bestellung eines Verfahrenshelfers ab, weil die Revision gegen das bestätigende Berufungsurteil gemäß § 502 Abs. 3 ZPO unzulässig sei. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei demnach aussichtslos, weshalb auch der Antrag auf Bestellung eines Verfahrenshelfers abzuweisen sei.

Gegen diesen der Klägerin am 24. 9. 1984 zugestellten Beschluß erhob sie Rekurs (ON 81) und machte darin geltend, daß die Revision nicht unzulässig sei, „weil das erstinstanzliche Urteil auf Grund des zweitinstanzlichen Beschlusses unter den in diesem Beschluß angeführten Bedingungen, die aber nicht befolgt wurden, erlassen“ worden sei. Die Klägerin beantragte, ihr für den Fall der Erforderlichkeit einen Rechtsanwalt zur Unterfertigung des Rekurses beizustellen.

Das Erstgericht wies mit dem Beschluß vom 9. 10. 1984, ON 82, diesen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwaltes ab und stellte der Klägerin den Rekurs zur Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung binnen 14 Tagen zurück.

Ihrem dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge und behob diesen Beschluß. Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, daß die Klägerin noch von einem Verfahrenshelfer vertreten sei, sodaß es – wolle es die bewilligte Verfahrenshilfe nicht für erloschen erklären – die „Revision“ (gemeint wohl den Rekurs und allenfalls auch die Revision) dem Verfahrenshelfer zur Verbesserung zustellen könne. Eine Behandlung des Beschlusses auf Zurückweisung der Revision erfolgte nicht und konnte auch nicht erfolgen, weil sich das Rechtsmittel, über das das Rekursgericht entschied, nur gegen den Beschluß vom 9. 10. 1984, ON 82, richtete.

Das Erstgericht wies hierauf den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwaltes zurück und stellte den Rekurs gegen den Beschluß vom 11. 9. 1984, mit welchem die Revision zurückgewiesen wurde sowie die Revision selbst dem Verfahrenshelfer zur Verbesserung und Unterfertigung binnen 8 Tagen zu. Dieser unterfertigte innerhalb der gesetzlichen Frist die Revision und den Rekurs.

Rechtliche Beurteilung

Demnach ist zunächst nur über den Rekurs der Klägerin gegen die Zurückweisung der Revision zu entscheiden. Gemäß § 507 Abs. 1 ZPO war die Zuständigkeit des Prozeßgerichtes erster Instanz zur Fassung des Zurückweisungsbeschlusses gegeben, weil es sich auf den Standpunkt stellte, daß die Revision aus einem anderen Grund als dem nach § 502 Abs. 4 ZPO unzulässig sei (siehe Begründung ON 80). Dieser Zurückweisungsbeschluß ist jedoch mit Rekurs anfechtbar (Fasching Zivilprozeßrecht 1941). Über den Rekurs entscheidet die im Instanzenzug übergeordnete Instanz. Von dem Rekursgericht war es deshalb verfehlt, den Rekurs der Klägerin gegen die Zurückweisung der Revision und diese selbst sogleich und in einem dem Obersten Gerichtshof vorzulegen. Das Gericht zweiter Instanz wird vielmehr selbst über den Rekurs gegen die Zurückweisung der Revision zu entscheiden haben, ohne daß über die formellen und sachlichen Voraussetzungen seiner Berechtigung vom Obersten Gerichtshof Stellung zu nehmen war.

Textnummer

E131421

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00537.850.0425.000

Im RIS seit

05.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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