TE OGH 1985/5/14 5Ob39/85

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Veröffentlicht am 14.05.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Griehsler, Dr.Kralik, Dr.Jensik und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Mieter 1.Dr.Karl X, Bundesbeamter, Plankengasse 2, 1010 Wien, und

2. Ingrid X, im Haushalt tätig, Plankengasse 2, 1010 Wien, wider die Vermieterin Verlassenschaft nach der am 17.Juni 1984 verstorbenen Hertha E, Hauseigentümerin, wohnhaft gewesen, Kinkstraße 15, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr.Wilfried Lefford, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ermäßigung des überhöhten Hauptmietzinses nach § 44 Abs.2 MRG, infolge Rekurses der Vermieterin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16. Oktober 1984, GZ.41 R 516/84-10, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4.April 1984, GZ.48 Msch 47/83-5, aufgehoben wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Mieter haben am 13.August 1970 im Haus der Antragsgegnerin Plankengasse 2, 1010 Wien, die Wohnung Nr.14 ab dem 1.September 1970 in Bestand genommen. Die Nutzfläche der Wohnung beträgt 180 m 2 . Die Mieter waren berechtigt, auf eigene Kosten alle zur Instandsetzung der Wohnung erforderlichen Arbeiten vornehmen zu lassen.

Die Mieter begehrten am 26.2.1982 vom Hausverwalter die Ermäßigung des damals vereinbarten wertgesicherten und zuletzt mit S 3.158,06 zuzüglich der Umsatzsteuer vorgeschriebenen Hauptmietzinses auf das Eineinhalbfache des für eine Wohnung der Ausstattungskategorie D höchstzulässigen Mietzinses (180 m 2 x 5,50

x 1,5 = S 1.485) und machten, nachdem der Verwalter das Verlangen unter Hinweis darauf, daß der Vermieter zur Erhaltung des Gebäudes, an der aus Gründen des Denkmalschutzes wie der Stadt- und Ortsbildpflege ein öffentliches Interesse bestand, nach dem 8.Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet habe (§ 16 Abs.1 Z 3 MRG), abgelehnt hatte, die Sache bei der Gemeinde anhängig. Deren Entscheidung setzte die Vermieterin durch die Anrufung des Gerichtes außer Kraft.

Das Erstgericht entschied, daß die Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses vom 13.8.1970 ab dem 1.3.1982 insoweit unwirksam sei, als der Hauptmietzins monatlich S 1.485 übersteige, die Vorschreibung des Hauptmietzinses von monatlich S 3.158,06 daher seit dem 1.3.1982 das gesetzliche Zinsausmaß um monatlich S 1.673,06

zuzüglich 8 % Umsatzsteuer überschritten habe und die Vermieterin den Mitmietern den Betrag von S 3.613,81 samt 4 % Zinsen seit dem 24.6.1982 zurückzuzahlen habe.

Das Erstgericht ging dabei von den folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Das Haus Plankengasse 2 liegt in der Schutzzone im 1.Wiener Gemeindebezirk. An seiner Erhaltung besteht öffentliches Interesse. Die Erhaltungsarbeiten in der Zeitspanne vor 1970 wurden aus Mitteln der Mietzinsreserve finanziert.

Der Bestandgegenstand war bei Abschluß des Mietvertrages am 13.8.1970 schon etwa 25 Jahre unbewohnt gewesen. Der Vormieter hatte die Absicht, eine Pension oder ein Stundenhotel einzurichten und Bauarbeiten zur Herstellung von 14 Zimmern mit 14 Duschkabinen begonnen, dann aber die Adaptierungsarbeiten eingestellt. So waren bei der Übergabe der Wohnung an die nunmehrigen Mieter keine Türen und teilweise kein Fußboden vorhanden. Es gab in der Wohnung weder eine Wasserentnahmestelle noch ein Klosett. Wasser konnte nur aus einem Auslaß am Gang entnommen werden, wo die Steigleitung endete. Im Vorzimmer fehlte der Fensterstock, es war auch keine Küche vorhanden. Die Mieter setzten die Wohnung auf ihre Kosten instand. Das Schreiben der Mitmieter vom 26.2.1982 mit dem Ermäßigungsverlangen ging dem Verwalter im Februar 1982 zu. Das Erstgericht kam daher zu der rechtlichen Beurteilung, daß § 16 Abs.1 Z 3 MRG der Anwendung des § 44 Abs.2 und Abs.3 MRG nicht entgegenstehe, weil aus der Mietzinsreserve abgedeckte Erhaltungsarbeiten am Hause nicht dem Einsatz erheblicher Eigenmittel gleichzusetzen seien. Die Wohnung sei bei Vertragsabschluß nicht brauchbar gewesen und habe Klosett und Wasserentnahmestelle im Inneren nicht aufgewiesen. Der Berechnung des ermäßigten Hauptmietzinses sei daher die Ausstattungskategorie D nach § 16 Abs.2 Z 4 MRG zugrunde zu legen. Der vorgeschriebene und bis April 1982 bezahlte Hauptmietzins überstieg das Eineinhalbfache dieses Hauptmietzinses von S 1.485.

Das Rekursgericht hob infolge des Rechtsmittels der Vermieterin diesen Sachbeschluß mit Beisetzung des Rechtskraftvorbehaltes auf und trug die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht teilte zwar die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß unter 'Eigenmittel' im Sinne des § 16 Abs.1 Z 3 MRG nur solche zu verstehen sind, durch deren Aufwendung ein sonst zulässiger Antrag auf Erhöhung der Hauptmietzinse vermieden werden konnte, nicht aber Mittel, die aus der Hauptmietzinsreserve oder den Mieteingängen während der Lebensdauer der Erhaltungsarbeiten einfließen. Die nicht verrechnungspflichtigen Teile der Mietzinseinnahmen dürften dabei aber nicht berücksichtigt werden. Aus öffentlichen Mitteln finanzierte Erhaltungsarbeiten seien auszuscheiden. Die Vermieterin habe wohl zugestanden, daß die Erhaltungsarbeiten vor 1970 aus Mitteln der Mietzinsreserve finanziert wurden, doch fehle eine Feststellung, daß dies auch für Erhaltungsarbeiten gelte, die bis zum 13.8.1970 vorgenommen wurden. Die Beweislast, daß notwendige und preisangemessene Erhaltungsarbeiten unter Einsatz erheblicher in den verrechnungspflichtigen Mieteingängen nicht Deckung findender Eigenmittel bis zum Abschluß des Mietvertrages stattfanden, werde die Vermieterin treffen. Der Einordnung des Bestandgegenstandes in eine der Ausstattungskategorien sei in übereinstimmung mit der Ansicht des Erstgerichtes der Zustand bei Vertragsabschluß zugrunde zu legen. Die vom Mieter finanzierte Brauchbarmachung oder Standardanhebung sei dabei nicht zu berücksichtigen. Daß die Mieter zu den Adaptierungsarbeiten nicht nur berechtigt sondern sogar verpflichtet waren und es sich dabei um eine zulässige Ergänzung der Mietzinsvereinbarung handle, sei als Neuerung unbeachtlich. Es werde aber auch noch zu klären sein, ob das Schreiben mit dem Ermäßigungsverlangen noch vor dem Zinstermin 1.3.1982 dem Hausverwalter zugegangen sei, weil für die Feststellung des Erstgerichtes, der Zugang sei noch im Februar 1982 erfolgt, keine Beweisgrundlagen vorhanden seien.

Rechtliche Beurteilung

Den Aufhebungsbeschluß bekämpft die Vermieterin mit ihrem nach § 37 Abs.3 Z 18 MRG und § 527 Abs.2 ZPO zulässigen Rekurs, der jedoch nicht berechtigt ist:

Nach § 44 Abs.2 Z 1 MRG ist der Mieter, der für eine vor dem 1.1.1982 gemietete Wohnung mehr als das Eineinhalbfache des Betrages an Hauptmietzins zu entrichten hat, der sich für die Wohnung nach ihrer Größe und Ausstattungskategorie im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nach § 16 Abs.2 MRG als Hauptmietzins errechnet, zum Begehren auf Ermäßigung des überhöhten Hauptmietzinses nur berechtigt, wenn für die Wohnung im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses die im § 16 Abs.1 Z 2 bis 6 MRG genannten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Die Vermieterin beruft sich nun auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs.1 Z 3 MRG. Danach gelten für einen Mietgegenstand in einem Gebäude, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes, der Stadt- oder Ortsbildpflege oder aus sonst vergleichbaren Gründen öffentliches Interesse besteht, nicht die für Vereinbarungen über die Höhe des Hauptmietzinses getroffenen Beschränkungen des § 16 Abs.2 MRG (Kategoriemietzinsobergrenzen) sondern nur die Obergrenze der Angemessenheit, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zur Erhaltung des Gebäudes nach dem 8.5.1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hat. Da nach § 44 Abs.2 Z 1 MRG maßgebend ist, ob - bei fiktiver Annahme der Geltung des MRG zu diesem Zeitpunkt - am 13.8.1970 eine Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses den Beschränkungen des § 16 Abs.2 MRG unterlegen wäre oder davon nach § 16 Abs.1 Z 3 MRG ausgenommen war, kommt es darauf an, ob der Vermieter (seine Einzelrechtsvorgänger im Eigentum der Liegenschaft) in der Zeit nach dem 8.5.1945 und vor dem 13.8.1970 erhebliche Eigenmittel zur Erhaltung des Gebäudes, in dem der Mietgegenstand gelegen ist, aufgewendet hatte. Die Frage, wie der Begriff der 'erheblichen Eigenmittel' im § 16 Abs.1 Z 3 MRG zu verstehen ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits gegen die Rechtsansicht der Vermieterin beantwortet. Daß die Mietzinsreserve sowohl nach dem Mietengesetz wie nach dem Mietrechtsgesetz kein Sondervermögen sondern eine bloße Rechnungsgröße als Grundlage mietrechtlicher Entscheidungen bildet und die Mietzinseinnahmen in das Vermögen des Vermieters übergehen, ändert nichts daran, daß der Gesetzgeber die im öffentlichen Interesse gelegene Erhaltung denkmal- oder sonst schutzwürdiger Gebäude im Sinne des § 16 Abs.1 Z 3 MRG nur unter der strengeren Voraussetzung gegenüber den Tatbeständen der Standardanhebung nach § 16 Abs.1 Z 5 und Z 6 MRG belohnen wollte, daß der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel erhebliche verechnungsfreie Mittel aus seinem eigenen Vermögen zur Erhaltung aufgewendet hat. Der Begriff 'Eigenmittel' im § 16 Abs.1 Z 3 MRG bedeutet einen gegenüber dem Begriff 'Mittel' im § 16 Abs.1 Z 5 und Z 6 MRG engeren Begriff und trifft nur auf Mittel aus dem Vermögen des Vermieters zu, die ihm als nicht nach § 3 Abs.3 Satz 1 und § 20 MRG (oder § 6 Abs.1 MG) verrechnungspflichtig frei zur Verfügung stehen (Würth-Zingher, MRG 2 , 75 Anm.14 und 76 Anm.19 zu § 16; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 11 zu § 16 MRG; OGH 9.10.1984 5 Ob 50/84; OGH 6.11.1984 5 Ob 35/84).

Es wird daher im fortgesetzten Verfahren die Berechtigung des Ermäßigungsverlangens der Mitmieter nur dann zu verneinen sein, wenn der Vermieterin der Nachweis des von ihr behaupteten Ausnahmetatbestandes gelingt, daß sie oder ihre Vorgänger im Eigentum an der Liegenschaft zwischen dem 8.5.1945 und dem 13.8.1970 erhebliche Eigenmittel unter Ausschluß zugekommener öffentlicher Mittel und der verrechnungspflichtigen Mietzinseingänge zur Erhaltung des schutzwürdigen Gebäudes aufgewendet haben. Die vor 1970 aus Mitteln der Hauptmietzinsreserve finanzierten Erhaltungsarbeiten (S 11) rechtfertigen die Ausnahme nach § 16 Abs.1 Z 3 MRG nicht.

Auch der Einwand der Vermieterin, es sei einer Ermäßigung des Hauptmietzinses zumindest die Ausstattungskategorie C zugrunde zu legen, versagt. Der Ansicht, es komme dann, wenn der Mieter die Instandsetzung der unbrauchbaren Wohnung auf eigene Kosten übernehme, nicht auf den (unbrauchbaren) Zustand der Wohnung bei Abschluß des Mietvertrages (Übergabe der Wohnung) an, kann nicht beigetreten werden. Der in MietSlg.35.328/32 beurteilte Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich, weil es dort nur darum ging, daß die Voraussetzungen nach § 16 Abs.1 Z 6 MRG auch dann vorliegen, wenn schon im Mietvertrag vereinbart war, daß als bei freier Mietzinsbildung zulässiger Teil der Abrede über die Höhe des Hauptmietzinses im Interesse des Mieters geringfügige Komplettierungsarbeiten der Standardanhebung, wie die Montage von Armaturen und Geräten in Küche und Bad vom Mieter übernommen werden. Hier aber wurde den Mietern eine Wohnung vermietet und übergeben, die weder in brauchbarem Zustand war noch über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügte und schon deshalb nicht in eine höhere Ausstattungskategorie als die nach § 16 Abs.2 Z 4 MRG für solche Bestandgegenstände vorgesehene Kategorie D eingestuft werden kann. Wenn aber die kategoriebestimmenden Ausstattungsmerkmale überhaupt fehlen und die Komplettierung (Brauchbarmachung und/oder Standardanhebung) vertraglich dem Mieter überantwortet wurde, kommt es nur auf den Ausstattungszustand an, in welchem der Mietgegenstand übergeben wurde, weil in diesem Fall die Wohnung in dem kategoriebestimmenden Ausstattungszustand vom Vermieter weder zur Verfügung zu stellen war noch zur Verfügung gestellt wurde, sondern erst vom Mieter auf eigene Kosten zu versetzen war (so schon OGH 19.3.1985 5 Ob 14/85).

Es hat daher bei den vom Rekursgericht dem Erstgericht überbundenen Rechtsansichten zu bleiben. Es wird, falls der Vermieterin der Nachweis der Aufwendung erheblicher Eigenmittel zur Erhaltung des Gebäudes bis zum Abschluß des Mietvertrages am 13.8.1970 nicht gelingt, nur mehr darauf ankommen, ab welchem Zeitpunkt die Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses nach § 44 Abs.3 MRG teilweise rechtsunwirksam wurde, wann also das Ermäßigungsbegehren der Vermieterin (dem Liegenschaftsverwalter vgl. § 37 Abs.3 Z 7 MRG) zugegangen ist und bei der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Hauptmietzinsvereinbarung auf die mit dem 1.2.1984 eingetretene Erhöhung nach § 16 Abs.4 MRG Bedacht zu nehmen sein (Würth-Zingher, MRG 2 , 76 Anm.25 a zu § 16 MRG; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 18 zu § 16 MRG; Würth, Die überschreitung des 10 %igen Schwellenwerts des § 16 Abs.4 MRG und seine Folgen, ImmZ 1984, 103).

Anmerkung

E05899

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00039.85.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19850514_OGH0002_0050OB00039_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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