TE OGH 1985/5/23 6Ob613/84

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Veröffentlicht am 23.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Romana A, Dienstnehmerin, Graz, Rudersdorferstraße 154, vertreten durch Dr. Elmar Wenger, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegner 1. Fritz B, technischer Zeichner, und 2. Gertrude B, Hausfrau, beide Graz, Radegunderstraße 30 b, vertreten durch Dr. Herbert Jürgens, Rechtsanwalt in Graz, wegen Leistung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 4. Mai 1984, GZ. 3 R 93/84-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 14. März 1984, GZ. 15 Nc 115/82-20, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der in seinem bestätigenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

Die am 6. August 1955 geborene Tochter der Antragsgegner, die am 6. September 1975 geheiratet hatte, stellte im Dezember 1982 den Antrag, ihre Eltern zur Bestellung eines Heiratsgutes in der Höhe von S 80.000 zu verpflichten.

Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Begehrens und wendeten ein: Sie seien im Jahre 1975 nicht in der Lage gewesen, der Antragstellerin ein Heiratsgut zukommen zu lassen. Die Zweitantragsgegnerin beziehe als Hausfrau überhaupt kein Einkommen und besitze auch kein Vermögen. Ungeachtet der angespannten finanziellen Situation hätten die Antragsgegner versucht, der Antragstellerin durch überlassung verschiedener Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände im Werte von ca. S 30.000 die Gründung eines Hausstandes zu erleichtern. Der Erstantragsgegner habe auch die Wohnung der Antragstellerin eigenhändig tapeziert.

Das Erstgericht verpflichtete mit Beschluß ON 6 die Antragsgegner zur Zahlung von S 8.000 und wies das Mehrbegehren ab. Den abweisenden Teil dieses Beschlusses hob das Rekursgericht mit Beschluß ON 9 auf und trug dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung auf.

Im zweiten Rechtsgang verpflichtete das Erstgericht mit Beschluß ON 20 die Antragsgegner zur Leistung eines weiteren Betrages von S 3.000 und wies das Mehrbegehren auf Leistung eines weiteren Heiratsgutes in der Höhe von S 69.000

ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:

Die Antragstellerin ist die eheliche Tochter der Antragsgegner. Bei der am 6. September 1975 mit Helmut A geschlossenen Ehe handelt es sich um die erste Ehe der Antragstellerin. Der Erstantragsgegner bezog 1975 als technischer Zeichner ein Durchschnittsjahreseinkommen von ca. S 123.600.

Dieses Einkommen war mit monatlichen Kreditrückzahlungen in der Höhe von S 1.950 belastet. Insgesamt hafteten diese Kredite im Jahre 1975 mit S 38.274

aus. Die Zweitantragsgegnerin bezieht überhaupt kein Einkommen, sie ist im Haushalt tätig. Die Antragsgegner sind Eigentümer einer Wohnung, die ihren Wohnbedürfnissen dient. Sonstiges Vermögen ist nicht vorhanden. Die Antragstellerin bezieht kein Einkommen. Sie wohnt in einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 100 m 2 . Ihr Gatte Helmut A ist Verkäufer und verdient monatlich S 10.000. Die Antragstellerin hat anläßlich der Eheschließung von den Antragsgegnern Sachleistungen im Werte von S 17.073 erhalten. Unter anderem sind ihr eine Einbaunähmaschine, ein Radiogerät, drei vom Antragsgegner (richtig: Erstantragsgegner) gemalte Bilder, verschiedene Beleuchtungskörper und Babywäsche übergeben worden. Darüber hinaus sind der Antragstellerin von den Antragsgegnern Gegenstände im Werte von S 9.937

angeboten worden, welche die Antragstellerin jedoch nicht angenommen hat.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß Sachzuwendungen, die die Eltern der Tochter anläßlich der Eheschließung gemacht hätten, dem Heiratsgut anzurechnen seien. Da die von der Antragstellerin übernommenen und angebotenen Gegenstände und Sachleistungen mit S 27.010 anstatt wie ursprünglich (im Beschluß des ersten Rechtsganges) angenommen mit S 30.000 zu bewerten seien, bestehe ein Anspruch der Antragstellerin auf ein zusätzliches Heiratsgut in Höhe von S 3.000.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die Antragsgegner der Antragstellerin einen Betrag von S 17.327 als Heiratsgut (zuzüglich zu den S 8.000 im ersten Rechtsgang) zu bezahlen haben und das Mehrbegehren in der Höhe von S 54.673 abgewiesen werde. Das Rekursgericht erachtete die Tatsachenrüge hinsichtlich der anläßlich der Eheschließung übergebenen Gegenstände für nicht berechtigt und führte im übrigen im wesentlichen aus: Ob die Antragstellerin die mit S 9.937 bewerteten Gegenstände ausgeschlagen habe oder ob ihr diese gar nicht angeboten worden seien, sei aus rechtlichen Gründen unerheblich. Unbestritten sei jedenfalls, daß die Antragstellerin diese Gegenstände nicht erhalten habe. Entscheidend sei die Frage, ob bzw. in welchem Umfang Sachwerte bei der Ermittlung des Heiratsgutes einzurechnen seien. Der Zweck der Dotierung bestehe darin, den mit der ehelichen Gemeinschaft verbundenen, dem Stand der Eheleute entsprechenden Aufwand zu erleichtern. Es gehe beim Heiratsgut um die Gewährung einer angemessenen Starthilfe bei der ersten Gründung einer eigenen Familie, deren Umfang sich nach dem Stand und dem Vermögen des Unterhaltspflichtigen richte. Einrichtungs- und Hausratsgegenstände, die dem Dotationsberechtigten anläßlich der Eheschließung übergeben würden, seien daher auf das Heiratsgut anzurechnen, ebenso aber sonstige nennenswerte Sachleistungen, sofern sie zum Zweck der Erleichterung der Gründung einer Familie gegeben würden. Unter diesem Gesichtspunkt müßten die Nähmaschine im Wert von S 1.800, das Radiogerät im Wert von S 698 und die Beleuchtungskörper im Wert von S 1.340 als nützliche, die Wirtschaftsführung zumindest erleichternde Gegenstände angesehen werden, weshalb sie vom Erstgericht zu Recht als Leistung im Rahmen der Dotationspflicht anerkannt worden seien. Das Rekursgericht sei jedoch der Auffassung, daß die Bilder im Wert von S 1.900 nicht den Dotationszweck erfüllten, zumal es sehr fraglich sei, ob sich die Antragstellerin und ihr Gatte mit Rücksicht auf ihren Lebensstandard derartige, eher als Luxus anzusehende Gegenstände im Stadium der Haushaltsgründung angeschafft hätten. Auch die der Antragstellerin (zu welchem Zeitpunkt immer) zur Verfügung gestellte Babywäsche stelle keinen typischen, als Heiratsgut anzusehenden Gegenstand dar. Abgesehen davon sei das erste Kind der Antragstellerin erst am 29. Februar 1976 geboren worden. Die von den Antragsgegnern der Antragstellerin angebotenen, näher bezeichneten Gegenstände im Werte von S 9.937 könnten mangels Annahme nicht als schuldbefreiende Leistung angesehen werden. Aus diesen Erwägungen hätten daher die Antragsgegner der Antragstellerin den - durch Sachleistungen nicht gedeckten - Betrag von S 14.327 zusätzlich zu dem bereits rechtskräftig auferlegten Betrag von S 8.000 und den im angefochtenen Beschluß bestimmten Bargeldbetrag in der Höhe von S 3.000 in bar zu leisten. Ein höherer Heiratsgutanspruch als der vom Erstgericht mit S 38.010 angenommene, stehe der Antragstellerin allerdings nicht zu, weil dieser Betrag bei einem Jahreseinkommen des Erstantragsgegners in der Höhe von ca. S 123.600 zur Zeit der Eheschließung mangels heranzuziehenden Vermögens - die Eigentumswohnung der Antragsgegner diene dem Wohnbedürfnis - ohnehin schon an der Grenze der Leistungsfähigkeit der Antragsgegner liege. Gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner, der berechtigt ist.

Das Verlangen der Antragstellerin muß als solches nach 'Heiratsgut' im Sinne der Heiratsausstattung, also nach Leistung einer Starthilfe zur ersten Gründung einer eigenen Familie (vgl. zu den Begriffen Petrasch in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 1220; Ostheim in ÖJZ 1978, 505 ff, insbesondere 507 und 512; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts 7 II, 228) verstanden werden. Die Rechtsmittelwerber machen gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit dieses gegenüber dem Erstgericht die Barleistungspflicht um S

14.327

erhöht hat, geltend, daß auf die Heiratsausstattung die nach den Feststellungen anläßlich der Eheschließung der Antragstellerin übergebenen Gegenstände, nämlich Bilder im Wert von S 1.900 und Babywäsche im Wert von S 2.490 ebenso anzurechnen seien, wie verschiedene der Antragstellerin angebotene, von dieser aber nicht angenommene Gegenstände im Gesamtwert von S 9.937.

Beigepflichtet muß den Antragsgegnern zunächst insoweit werden, als sie die Anrechnung des Wertes der Bilder verlangen. Es ist hier nicht zu prüfen, ob die Antragstellerin diese Bilder in Anrechnung auf ihre Ausstattungsansprüche hätte annehmen müssen. Da sie diese ihr anläßlich ihrer Eheschließung übergebenen Bilder angenommen hat, kommt es nicht darauf an, ob sie sich damals solche Bilder angeschafft hätte. Da auch Gegenstände, die zwar nicht unbedingt erforderlich sind, aber zur Ausgestaltung der Wohnung dienen, als Teil der Starthilfe angesehen werden können, sind diese Bilder auf den Ausstattungsanspruch der Antragstellerin anzurechnen. Damit ergibt sich, daß der Antragstellerin Sachen im anrechenbaren Wert von S 14.583 (das sind S 17.073 abzüglich S 2.490 für Babywäsche) übergeben wurden. Rechnet man die vom Erstgericht unbekämpft auferlegte Barzahlung in der Höhe von S 11.000

(Beschluß ON 6 und ON 20) hinzu, so ergibt sich eine Heiratsausstattung im Wert von S 25.583.

Auf die weitere Argumentation der Rechtsmittelwerber, die die Nichtberücksichtigung des Wertes der Babywäsche und des Wertes der angebotenen, von der Antragstellerin aber nicht angenommenen Sachen bekämpfen, braucht nicht näher eingegangen werden, weil die gerichtliche Verpflichtung zu einer Leistung einer Heiratsausstattung im Werte von mehr als dem oben genannten Betrag von S 25.583 auf Grund der festgestellten Einkommens- und Vermögenslage der Dotationspflichtigen zum Zeitpunkt der Verehelichung (SZ 41/38; EFSlg. 43.494 ua.) unangebracht wäre. Der Erstantragsgegner bezog damals ein Jahreseinkommen in der Höhe von ca. S 123.600 und war zu monatlichen Kreditrückzahlungen in der Höhe von S 1.950 verpflichtet. Daß die Zweitantragsgegnerin damals ein Einkommen bezogen habe, wurde gar nicht behauptet.

Nimmt man auf die Schulden nur insoweit Bedacht, als sie in einem Jahr zurückzuzahlen sind, so ergibt sich - die den Wohnungsbedarf deckende Eigentumswohnung ist nicht als Vermögen zu berücksichtigen (EFSlg. 38.530;

41.053 ua.) - eine Bemessungsgrundlage von ca. S 100.000. Da der vom Erstgericht auferlegte Barbetrag in der Höhe von S 11.000 zusammen mit dem Wert jener Gegenstände, deren Anrechenbarkeit die Antragstellerin nicht mehr bekämpft, nämlich S 12.683 und dem Wert der Bilder in Höhe von S 1.900

(Sachwertgesamthöhe daher S 14.583) rund 25 % der Bemessungsgrundlage ausmacht und bei der festgestellten Einkommens- und Schuldensituation die Ansammlung von Ersparnissen in einem den Betrag von ca. S 25.000 übersteigenden Ausmaß nicht zumutbar gewesen wäre, durfte eine gerichtliche Verpflichtung zur Leistung einer Heiratsausstattung über das vom Erstgericht vorgenommene Maß hinaus nicht erfolgen. Es war daher schon aus diesem Grunde dem Revisionsrekurs stattzugeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Anmerkung

E05628

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0060OB00613.84.0523.000

Dokumentnummer

JJT_19850523_OGH0002_0060OB00613_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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