TE OGH 1985/5/30 7Ob18/85

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Veröffentlicht am 30.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl, Dr.Wurz und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C M.B.H. & CO.KG, Bauunternehmung, Großraming Nr. 170, vertreten durch Dr.Walter Lanner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei D E F, Wien 1., Brandstätte 7-9, vertreten durch Dr.Ewald Schmidberger und Dr.Kurt Keiler, Rechtsanwälte in Steyr, wegen Feststellung (Streitwert 500.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 17. Jänner 1985, GZ.3 a R 138/84-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 9.Juli 1984, GZ.1 Cg 147/82-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 16.834,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 1.443,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 27.Juli 1981 verursachte ein Arbeiter der Klägerin bei Bauarbeiten im Zuge der Errichtung der Pyhrnautobahn auf der Eisenbahnstrecke Selztal-St.Michael einen Unfall. Auf Grund einer bei der Beklagten abgeschlossenen Betriebshaftpflichtversicherung verlangt die Klägerin die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten.

Beide Vorinstanzen haben dem Klagebegehren stattgegeben, wobei das Berufungsgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Versicherung liegen unter anderem die 'Ergänzenden allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung' (EHVB) zugrunde, deren Abschnitt B Z 2 Punkt 4 lautet: 'Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen aus der Beteiligung an Arbeitsgemeinschaften. Für solche Schadenersatzverpflichtungen ist der Abschluß eines gesonderten Versicherungsvertrages erforderlich.'

Am 19.November 1980 schlossen sich die Klägerin und die G H M.B.H. (kurz G) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen, um ein Anbot zur Vergabe des Erdbauloses 33 Trieben der Pyhrnautobahn zu erstellen. Für den Auftragsfall war vereinbart, daß die G sämtliche bituminösen Arbeiten durchführen werde, alle anderen Leistungen hingegen die Klägerin. Nach der Vereinbarung sind die ARGE-Mitglieder als Subunternehmer der I vorgesehen, bei der auch 'die Gelder eingehen' sollen. Schließlich war vereinbart, daß die Absicht, 'die Arbeiten zu trennen', dem Bauherrn erst nach Auftragserteilung bekanntgegeben werde.

Am 24.Jänner 1981 kam es zur Auftragserteilung an die I. Das Unternehmen der Klägerin ist mit Ausnahme von Asphaltierungsarbeiten weitgehend spezialisiert. Für derartige Arbeiten ist hingegen die G spezialisiert.

Am 17.April 1981 erteilte die I die vorgesehenen Subunternehmeraufträge an die Klägerin und die G. Die Subaufträge an die G umfaßten im wesentlichen die Asphaltierungsarbeiten, diejenigen an die Klägerin alle anderen Arbeiten. Bezüglich der Ausführung des Auftrages war zwischen den Gesellschaftern vereinbart, daß jeder seinen Teil der Arbeit als Subunternehmer der I in eigener Verantwortung und auf eigene Gefahr auszuführen habe. Er sei auch verpflichtet, für die Aufsicht und Ausführung seiner Leistungen geeignetes Personal einzusetzen.

Jeder Gesellschafter übernahm für den ihm übertragenen Teil der Leistung gegenüber dem anderen Partner jene Haftung, wie sie die I gegenüber ihrem Auftraggeber übernommen hatte, auch wenn er sich bei der Ausführung eines Subunternehmers bedienen sollte. Werde ein Gesellschafter (Subunternehmer) auf Grund der Gesamtschuldnerschaft durch den Bauherrn oder Dritte in Anspruch genommen, so hafte der andere Gesellschafter entsprechend seinem Verschulden bzw. bei der Haftung ohne Verschulden entsprechend seiner Verursachung oder auf Grund der Vertragshaftung, für die Erfüllung dieser Ansprüche allein und ausschließlich, insoweit die Ansprüche auf seinen Leistungsanteil zurückzuführen sind. Die Rechnungslegung von den Subunternehmern hatte an die I zu erfolgen, die ihrerseits Rechnung an die J AG zu legen hatte. Die Zahlungen der J AG waren nach dem Inhalt des Auftragsschreibens auf ein Konto der I vorgesehen. Nach Einlangen der Zahlungen des Bauherrn sollten Zahlungen durch die I an die Subunternehmer geleistet werden.

Der J AG wurde die Weitergabe an die Subunternehmer mitgeteilt. Sie erhob keine Einwände dagegen.

Jeder der beiden Partner der I hat seine Arbeiten mit eigenem Material und eigenem Personal in eigener Verantwortung durchgeführt. Bei jenen Arbeiten, in deren Zug es zu dem gegenständlichen Unfall kam, handelte es sich um solche, die in den Aufgabenbereich der Klägerin fielen und die von ihr auch allein und in eigener Verantwortung durchgeführt wurden.

Die I selbst schloß keine Betriebshaftpflichtversicherung ab, weil nach Auffassung ihrer Mitglieder von vornherein feststand, daß sie selbst keine Arbeiten ausführen, sondern sämtliche Arbeiten an die Klägerin oder die G als Subunternehmen vergeben werde. Rechtlich vertraten die Vorinstanzen den Standpunkt, der vorliegende Unfall sei im Zuge von Arbeiten entstanden, die die Klägerin nicht als Beteiligte an einer Arbeitsgemeinschaft, sondern als Subunternehmer in eigener Verantwortung ausgeführt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Der der Entscheidung VersR 1984, 345 zugrunde gelegene Sachverhalt ist allerdings mit dem vorliegenden nicht ohne weiters vergleichbar. Dort bestand zwischen den Partnern keinerlei Absicht, eine Gesellschaft zu gründen, was auch dem Vertragspartner bekanntgegeben wurde. Es kam lediglich zur Errichtung eines gemeinsamen Kontos, weil dies der Vertragspartner im Interesse einer für ihn leichteren Abwicklung der Geschäfte gewünscht hatte. Im vorliegenden Fall haben dagegen die Partner der Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen, der ausdrücklich von einer I spricht. Sie sind auch gegenüber ihrem Vertragspartner als Gesellschaft aufgetreten. Sie haben ferner insoweit Mühe und Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen vereinigt, weil sie sich zur Erstellung eines Anbotes zusammengetan und, wenn auch geringe finanzielle Mittel zusammengelegt haben. Ihre Rechtsbeziehungen sind demnach als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nach §§ 1175 ff ABGB anzusehen. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß ein gemeinsames Vorgehen bei Ausführung des Auftrages nicht vorgesehen war. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes setzt nicht voraus, daß auch die technische Ausführung eines Auftrages, der gemeinsam angestrebt und erteilt worden ist, gemeinsam erfolgen soll.

Ungeachtet dieser Erwägungen erweist sich jedoch das Begehren der Klägerin als gerechtfertigt. Bei der Auslegung des strittigen Punktes B Z 2 Punkt 4 der EHVB muß nämlich von deren Zweck ausgegangen werden. Mit dieser Bestimmung soll verhindert werden, daß der Versicherer auch für den Ersatz von Schäden aufkommen muß, die gar nicht vom Versicherungsnehmer verursacht worden sind, sondern für die dieser nur auf Grund der übernahme einer Haftung für Dritte einzustehen hat (Fenyves in Krejci, Das Recht der I in der Bauwirtschaft, 181). Ferner soll der Versicherer von der oft schwierigen Prüfung der Frage befreit werden, in wessen Bereich von mehreren Mitgliedern einer Arbeitsgemeinschaft tatsächlich die Schadenszufügung fällt. Nach der erwähnten Bestimmung der EHVB werden daher von der Versicherung auf jeden Fall Schadenersatzansprüche ausgeschlossen sein, die nur dadurch entstehen, daß der Versicherungsnehmer auf Grund seiner Mitgliedschaft bei einer I solidarisch mit einem weiteren Mitglied der I haftet, der Schaden jedoch durch dieses weitere Mitglied verursacht wurde. Ferner werden allfällige Unklarheiten über die Person desjenigen Mitgliedes einer I, das den Schaden zugefügt hat, zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen. Insbesondere wird dieser kaum Versicherungsschutz erlangen können, wenn die Ausführung von Arbeiten ohne klare Kompetenzabgrenzung zwischen den I-Mitgliedern erfolgte und daher nicht eindeutig zutage tritt, wer von diesen Mitgliedern tatsächlich für die Schadenszufügung verantwortlich ist. Ein derartiger Sachverhalt ist jedoch dann nicht gegeben, wenn die Mitglieder der I die Ausführung eines von ihnen übernommenen Auftrages untereinander durch Subunternehmerverträge derart klar abgrenzen, daß keinerlei Verquickung möglich ist. Bei einer solchen sogenannten 'Los'-I, die üblich und zulässig ist (vgl. Strasser in Rummel Rdz 16 zu § 1175; Krejci aaO, 5 und Welser in Krejci aaO, 104

f) erbringt das einzelne Mitglied der I keine andere Tätigkeit als diejenige, mit der der Versicherer bei Abschluß des Versicherungsvertrages rechnen mußte. Wenn ein Unternehmer eine Haftpflichtversicherung für seinen Betrieb abschließt, muß der Versicherer damit rechnen, daß bei Ausübung der in den betreffenden Betrieb fallenden Tätigkeit Versicherungsansprüche entstehen können. Erbringt dieser Unternehmer als Subunternehmer einer I Leistungen, die seinen sonstigen unternehmerischen Leistungen entsprechen, entsteht hiedurch für den Versicherer kein größeres Risiko, und zwar auch dann nicht, wenn dieser Unternehmer zugleich Mitglied jener I ist, die ihm den Subauftrag erteilt hat. Bei einer solchen Tätigkeit entstandene Schadenersatzverpflichtungen stammen nicht aus der Beteiligung an einer I, sondern aus der normalen unternehmerischen Tätigkeit des Versicherten, die unter Versicherungsschutz steht. Demnach besteht in einem solchen Fall kein sachlicher Grund zu einer Auslegung der vorerwähnten Bestimmung der EHVB dahin, daß der Schadensfall vom versicherten Risiko nicht erfaßt werde. Wird daher das vom Versicherer zu erwartende Risiko nicht vergrößert, so besteht kein Anlaß zu einer Verweigerung des Versicherungsschutzes für Schäden, die im Rahmen der übernahme des erwähnten Risikos entstanden sind.

Nur anläßlich der Beteiligung an einer I entstandene Versicherungsfälle unterliegen nicht dem erwähnten Ausschluß (Fenyves, aaO, 181).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05921

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00018.85.0530.000

Dokumentnummer

JJT_19850530_OGH0002_0070OB00018_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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