TE Vwgh Beschluss 2005/6/22 2005/12/0043

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Veröffentlicht am 22.06.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
VwGG §24 Abs2;
VwGG §46;
VwGG §62;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über den Antrag der W in F auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der mit Verfügung vom 22. Dezember 2004, Zl. 2004/12/0209-3, gesetzten Frist zur Behebung der der Beschwerde vom 2. November 2004 anhaftenden Mängel, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. September 2004 stellte die Vorarlberger Landesregierung fest, dass die Antragstellerin für die Zeit vom 1. November 2001 bis 31. Jänner 2004 Pflegegeld in näher bezeichnetem Ausmaß zu Unrecht bezogen habe, und verpflichtete sie zum Ersatz des Übergenusses in monatlichen Raten.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die von der Antragstellerin, vertreten durch ihren Sohn Mag. Michael W., verfasste, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 6. Dezember 2004, B 1350/04, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde; mit Verfügung vom 22. Dezember 2004 forderte der Verwaltungsgerichtshof - unter gleichzeitiger Versagung der Verfahrenshilfe - deren Verbesserung durch Unterfertigung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt (§ 24 Abs. 2 VwGG), durch bestimmte Bezeichnung des einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts, in dem die Beschwerdeführerin verletzt zu sein behaupte (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), durch Anführung der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stütze (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) und durch Stellung ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG) binnen vier Wochen. Diese Verfügung wurde dem Sohn der Antragstellerin am 13. Jänner 2005 zugestellt.

Am 12. Februar 2005 brachte die Antragstellerin einen neuen Beschwerdeschriftsatz ein, der allerdings nicht die geforderte anwaltliche Unterfertigung aufwies. Sie behauptete nicht, dass ihr Sohn Rechtsanwalt sei, sondern berief sich - wie in dem nachfolgenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - auf die "Selbstvertretung". Mit Beschluss vom 23. Februar 2005 stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über diese Beschwerde ein, weil die Antragstellerin der an sie ergangenen Aufforderung, die in der Verfügung vom 22. Dezember 2004 näher bezeichneten Mängel der Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen sei.

Mit Eingabe vom 21. Februar 2005 begehrt die Antragstellerin ("vertreten im Todesfall durch: Mag. Michael W., Sohn ...") erkennbar die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Mängel der zur hg. Zl. 2004/12/0209 protokollierten Beschwerde. Einleitend führt sie aus:

"Selbstvertretung: Hinweis auf die Ausnahme vom Erfordernis der Anwaltsunterschrift gem. VwGG für Beschwerden in eigener Sache von dem in Ruhestand angehörenden rechtskundigen Vertragsbediensteten des Landes Vorarlberg, sofern es sich um eine pflegegeldrechtliche Angelegenheit handelt. (Machacek / Müller, Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, Wien 2000, S. 195-196) Einen Sachwalter gem. § 273 ABGB will ich nicht. (Bezugnehmend auf die Verfügung des VwGH vom 22.12.2004, Punkt 1. Die Beschwerde ist durch einen Rechtsanwalt zu unterfertigen § 24 Abs. 2 VwGH.)"

Weiters bringt sie vor, sie habe am letzten Tag der gegenständlichen Frist die Beschwerdeschriftsätze unterfertigt und ihrem Sohn nach Wien übersandt, der sie verspätet - am 12. Februar 2005 - per Post an den Verwaltungsgerichtshof gesandt habe. Das Fehlverhalten ihres Sohnes sei ihr nicht zuzurechnen bzw. anzulasten. Sie dürfe sich "nach Prof. Müller vor dem VwGH selbst vertreten".

Gemäß § 24 Abs. 2 erster Satz VwGG müssen die Beschwerden und die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 45 und 46) mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Nach dem dritten Satz dieser Bestimmung gilt dies nicht, wenn ein Organ des Bundes, eines Landes oder einer Stadt mit eigenem Statut, eine Stiftung, ein Fonds oder eine Anstalt, die von Organen einer dieser Gebietskörperschaft verwaltet werden, oder endlich in eigener Sache ein dem Dienst- oder Ruhestand angehörender rechtskundiger Bediensteter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes oder einer Gemeinde die Beschwerde oder einen Antrag in einer dienst-, besoldungs- oder personalvertretungsrechtlichen Angelegenheit einbringt.

Als ein rechtskundiger Bediensteter im besagten Sinn ist jedenfalls nur ein solcher Dienstnehmer (des Dienst- oder Ruhestandes) anzusehen, der das Studium der Rechtswissenschaften vollendet hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. September 1997, Zl. 97/12/0183, sowie - betreffend die Antragstellerin - den genannten hg. Beschluss vom 23. Februar 2005).

Die Beschwerdeführerin - ihrem Vorbringen in der Beschwerde zufolge eine "pensionierte Volksschullehrerin" - ist nicht als rechtskundig im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG anzusehen; auch ihr Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedarf daher der Unterschrift eines Rechtsanwaltes.

Weist ein Wiedereinsetzungsantrag ein Formgebrechen auf, so ist dem Einschreiter gemäß der nach § 62 VwGG anzuwendenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 AVG die Behebung dieses Formgebrechens aufzutragen. Ein derartiger Auftrag erübrigt sich aber, wenn der Antrag zweifelsfrei erkennen lässt, dass keinerlei Anhaltspunkte für dessen Stattgebung gegeben sind und somit auch nach Behebung dieses Formgebrechens die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausgeschlossen wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 28. September 2004, Zl. 2004/14/0034, mwN).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Antragstellers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgegeben wird (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 30. Oktober 2003, Zl. 2003/15/0042).

Dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung der Beschwerdemängel könnte nur dann ein Erfolg beschieden sein, wenn er unter anderem auch auf die Beseitigung der Säumnis der anwaltlichen Unterfertigung der Beschwerdeschrift gerichtet wäre (und diese gemäß § 46 Abs. 3 VwGG gleichzeitig mit diesem Antrag nachholen würde). Gerade in diesem Punkt erkennt die Antragstellerin jedoch - unter "Hinweis auf die Ausnahme vom Erfordernis der Anwaltsunterschrift gem. VwGG für Beschwerden in eigener Sache von dem in Ruhestand angehörenden rechtskundigen Vertragsbediensteten des Landes Vorarlberg, sofern es sich um eine pflegegeldrechtliche Angelegenheit handelt" - nach wie vor keine Säumnis: Sie sieht die Fristversäumnis ausschließlich in der verspäteten postalischen Übersendung des Beschwerdeschriftsatzes an den Verwaltungsgerichtshof begründet, nicht jedoch auch in der Unterlassung der anwaltlichen Unterfertigung dieses Schriftsatzes.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann schon im Hinblick auf dieses Vorbringen, das die Unterlassung der Verbesserung durch anwaltliche Unterfertigung unberührt lässt, nicht stattgegeben werden.

Nach dem Gesagten erübrigt es sich, die Behebung des Formgebrechens der fehlenden Unterschrift eines Rechtsanwaltes auf dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufzutragen, weil die Bewilligung dieses Antrages aus den genannten Gründen ausgeschlossen war.

Wien, am 22. Juni 2005

Schlagworte

Formgebrechen behebbare

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005120043.X00

Im RIS seit

21.09.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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