TE OGH 1985/6/13 7Ob645/84

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Veröffentlicht am 13.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Friedl, Dr. Wurz und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard H*****, vertreten durch Dr. Willi Fuhrmann, Rechtsanwalt in Baden, wider die beklagte Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 94.499,95 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 9. Mai 1984, GZ R 124/84-29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 28. November 1983, GZ 3 C 1274/82-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:

„Die Klageforderung besteht mit 13.500 S sA zu Recht.

Die eingewendete Gegenforderung von 167.222,65 S besteht bis zur Höhe des zugesprochenen Klagsbetrags nicht zu Recht.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 13.500 S samt 11,5 % Zinsen seit 27. Dezember 1982 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 80.999,95 S samt 13,5 % Zinsen sowie weiterer 2 % Zinsen für den zugesprochenen Betrag wird abgewiesen.“

Die klagenden Partei ist schuldig, der beklagten Partei 70 % ihrer Verfahrenskosten, das sind 17.609,28 S (darin 1.288 S Barauslagen und 1.209,78 S Umsatzsteuer) für das Verfahren erster Instanz, sowie 6.000,79 S (darin 980 S Barauslagen und 456,43 S Umsatzsteuer) für das Berufungsverfahren und 3.422,58 S (darin 840 S Barauslagen und 234,78 S Umsatzsteuer) für das Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger vermietete der beklagten Partei mit Vertrag vom 23. 8. 1974 seine Grundstücke ***** und ***** jeweils Acker/in der Natur Schottergrube der EZ ***** KG ***** für fünf Jahre ab jenem Tag, an dem die zuständigen Behörden die Genehmigung zu der von der beklagten Partei beabsichtigten Ablagerung von Müll, besonders Kraftfahrzeugreifen, erteilten. Am 8. 7. 1976 fand eine Kommissionierung der Grundstücke durch die BH Baden statt. Anlässlich der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die vorgesehenen Ablagerungen erteilte die Behörde der beklagten Partei unter anderem die Auflage, nach Abschluss der Ablagerungen das Gelände zu humusieren und zu rekultivieren oder einer landwirtschaftlichen Nutzung zuzuführen. Als Frist für die endgültige Verfüllung der Grundstücke wurde der 30. 8. 1979 festgelegt.

Im Hinblick auf die eingangs dargelegte Bedingung begann die 5-Jahres-Frist am 8. 7. 1976 zu laufen und endete am 8. 7. 1981. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre die beklagte Partei verpflichtet gewesen, die Grundstücke an den Kläger zurückzustellen. Im Februar 1982 beanstandete die BH Baden die von der beklagten Partei auf den Grundstücken durchgeführten Rekultivierungsarbeiten und setzte eine weitere Frist zur Herstellung des geforderten Zustandes. Erst mit Bescheid vom 23. 9. 1982 wurde von der BH Baden festgestellt, dass den von ihr erlassenen Anordnungen entsprochen worden sei. Für die 5-jährige Dauer des Mietvertrags war zwischen den Parteien ein Gesamtmietzins von 350.000 S vereinbart.

Unter Hinweis auf die 15-monatige Verzögerung der Rückstellung des Bestandgegenstands begehrt der Kläger ein Benützungsentgelt von 94.499,95 S sA, das ist der dem Mietzins entsprechende Anteil für 15 Monate zuzüglich 18 % USt. Hilfsweise wurde das Klagebegehren auch auf den Titel des Schadenersatzes gestützt, wobei der Kläger behauptet, er hätte im Falle rechtzeitiger Rückstellung des Bestandobjekts die Grundstücke veräußern können.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete eine Gegenforderung in der Höhe der Kosten der Kultivierungsarbeiten mit der Begründung ein, sie sei hiezu vertraglich nicht verpflichtet gewesen und es seien die Grundstücke dadurch zum klaren und alleinigen Vorteil des Klägers verbessert worden.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung zu Recht und die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Es sprach dem Käger daher (unter Abweisung eines nicht mehr strittigen Zinsenmehrbegehrens) den Klagsbetrag zu. Nach den weiteren Feststellungen des Erstrichters interessierten sich im Sommer 1981 sowohl Ing. Hans E***** als auch Ernst R***** für einen Kauf der strittigen Grundstücke. Ing. E***** bot dem Kläger 20 S für den m2, der Kläger wollte 30 S. Eine Einigung kam zwischen diesen beiden Personen nicht zustande. Ing. E***** wäre damals bereit gewesen, den von ihm gebotenen Kaufpreis sofort zu bezahlen, der Kläger musste aber auf die Frage, ob behördenmäßig bereits alles in Ordnung sei, antworten, dass dies noch nicht der Fall sei. In der Folge verlor Ing. E***** sein Interesse am Kauf der Grundstücke. Mit Ernst R***** schloss der Kläger noch im Sommer 1981 einen mündlichen Kaufvertrag zum Preis von 30 S pro m2, insgesamt somit 1,2 Millionen S. Ernst R***** wollte die Grundstücke, die er landwirtschaftlich zu nutzen vor hatte, sofort haben, doch wurde die Errichtung einer einverleibungsfähigen Urkunde davon abhängig gemacht, dass die Wasserrechtsbehörde die erforderliche Genehmigung erteile. Als dies bis März 1982 nicht der Fall war, trat Ernst R***** vom Kaufvertrag zurück. Der Verkehrswert der Grundstücke beträgt derzeit 10 S pro m2, insgesamt somit 400.000 S. Am 8. 7. 1981 wäre er mit 12 S pro m2, insgesamt 480.000 S anzusetzen gewesen. Im Falle der Verpachtung war ein jährlicher Pachtschilling von 1.200 S je ha, somit insgesamt 4.800 S erzielbar, im Falle der Selbstbewirtschaftung ein Nettogewinn von 2.700 S je ha, somit insgesamt 10.800 S pro Jahr. Für die Verzinsung eines den Klagsbetrag überschreitenden Kredits muss der Kläger durchschnittlich 11,5 % im Jahr bezahlen. Durch den Verkauf der Grundstücke nach rechtzeitiger Rückstellung hätte er sich die mit einem Kredit von 1,2 Millionen S verbundene Zinsenlast ersparen können.

Nach der Rechtsansicht des Erstrichters bestehe zwar kein Verwendungsanspruch des Klägers, weil der Mietgegenstand nach Ablauf der Bestandzeit nicht mehr in der gleichen Weise wie vorher benützt worden sei, sondern nur noch zur Herstellung des von der Behörde gewünschten Zustands; allenfalls wäre ein Schadenersatzanspruch in der Höhe des jährlichen Nutzungsentgangs von 10.800 S, für 15 Monate daher in der Höhe von 13.500 S gerechtfertigt. Aus dem Titel des Schadenersatzes gebühre jedoch dem Kläger der Klagsbetrag, weil ihm die als selbständiger Wert anzusehende konkrete Gewinnmöglichkeit des Verkaufs einer ordnungsgemäß übergebenen Liegenschaft entgangen sei, wirklicher Schaden bereits bei leichter Fahrlässigkeit zu ersetzen sei und die beklagte Partei die Rückstellung schuldhaft verzögert habe. Die von ihr eingewendete Gegenforderung bestehe nicht zu Recht. Ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB komme nicht in Betracht, wenn der Vorteil wie hier auf einer Leistung des Verkürzten beruhe. Die beklagte Partei habe auch keinen Aufwand gemacht, den der Kläger iSd § 1042 ABGB nach dem Gesetz hätte selbst machen müssen. Die beklagte Partei habe aber auch kein fremdes Geschäft geführt, sondern den erteilten Auftrag im eigenen Interesse durchgeführt, sodass ihr Anspruch auch nicht aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag zu Recht bestehe.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf aufgrund teilweiser Beweiswiederholung abweichend vom Ersturteil die Feststellung, dass Ing. Hans E***** die vom Kläger angebotenen strittigen Grundstücke nur dann gekauft hätte, wenn die Humusierungsarbeiten daran abgeschlossen wären. Er wollte die Grundstücke landwirtschaftlich nutzen und darauf Getreide oder Roggen oder Mais anbauen.

Aufgrund dieser ergänzenden Feststellung verneinte das Berufungsgericht einen Schaden des Klägers durch Vereitelung von Verkaufsmöglichkeiten, weil die beklagte Partei dem Kläger gegenüber nicht zu einer Rekultivierung verpflichtet gewesen sei. Ein Anspruch auf Benützungsentgelt gemäß § 1041 ABGB bestehe ebenfalls nicht, weil der seinerzeitige Bestandnehmer aus der weiteren Benützung des Bestandobjekts keinen Nutzen gezogen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers ist nur zum Teil berechtigt.

Da eine Revision im Zulassungsbereich vorliegt, kann sie gemäß § 503 Abs 2 ZPO nur wegen der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts begehrt werden, der erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt. Damit scheidet die Geltendmachung von Aktenwidrigkeiten grundsätzlich aus (Fasching, Lehr- und Handbuch, Rz 1933; Petrasch, Das neue Revisions-[Rekurs-]Recht, ÖJZ 1983, 178; 4 Ob 349/84 ua). Der von Fasching aaO genannte seltene Ausnahsefall liegt hier nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Verfahrensrüge des Revisionswerbers richtet sich zu Unrecht dagegen, dass das Berufungsgericht über die Feststellungen des Ersturteils hinaus eine Absicht des Kaufinteressenten Ernst R*****, die Grundstücke landwirtschaftlich zu nutzen, festgestellt habe, ohne insoweit dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und das Beweisverfahren zu wiederholen. Dieser Frage kommt schon deshalb keine erhebliche Bedeutung im oben genannten Sinne zu, weil schon nach den erstinstanzlichen Feststellungen auch Ernst R***** die Grundstücke landwirtschaftlich nutzen wollte und der Kaufvertrag wegen der fehlenden Erfüllung der behördlichen Auflagen nicht durchgeführt wurde. Abgesehen davon, dass diese Feststellungen ohnehin auf die vom Berufungsgericht angenommene Forderung dieses Kaufinteressenten nach Übergabe in rekultiviertem Zustand hinausliefen, reichen sie zur rechtlichen Beurteilung auch aus.

In der Rechtsrüge bekämpft der Revisionswerber zunächst die Ansicht des Berufungsgerichts, dass er keinen vertraglichen Anspruch auf Übergabe der Grundstücke im rekultivierten Zustand gehabt habe. Dieser Rüge kann nicht gefolgt werden. Gemäß § 1109 ABGB muss der Bestandnehmer nach geendigtem Bestandvertrag die Sache in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat, zurückstellen. Diese Bestimmung gilt als dispositive Vorschrift nur subsidiär (Würth in Rummel aaO Rz 6 zu §§ 1108 bis 1110 mwN). Im vorliegenden Fall war eine Rückstellung im ursprünglichen Zustand nach dem Inhalt und Zweck des abgeschlossenen Vertrags, der auf die Auffüllung einer Schottergrube durch Verwendung als Deponie gerichtet war, ausgeschlossen. Die Rückstellung konnte nur im aufgefüllten Zustand erfolgen, wobei eine Planierung nahelag. Eine weitere vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei hat der Kläger nicht einmal behauptet, sondern nur auf die behördliche Auflage hingewiesen und noch im Berufungsverfahren betont, es sei nie darum gegangen, ob die Grundstücke in einem bestimmten Zustand zurückzustellen gewesen wären. Andererseits hat die beklagte Partei nie behauptet, eine Rückstellung des Bestandgegenstands, selbst ohne Erfüllung der behördlichen Auflage, vor jenem Zeitpunkt vorgenommen oder versucht zu haben, bis zu dem der Kläger ein Benützungsentgelt begehrt. Sie hat sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt, es habe einer Rückgabe nicht bedurft, weil im Mietvertrag bedungen worden sei, dass das Bestandverhältnis nach fünf Jahren ohne Aufkündigung ende. Auch dieser Standpunkt war unrichtig, weil der Inhalt der Rückstellungsverpflichtung nach § 1109 ABGB bei unbeweglichen Sachen nicht nur in der Räumung, sondern auch in der Übergabe des Bestandsgegenstands besteht, soweit sich nicht kraft Vereinbarung oder nach den Grundsätzen redlichen Verkehrs etwas anderes ergibt; die Übergabe unbeweglicher Sachen besteht aber in der Besitzverschaffung am Bestandobjekt entsprechend der Verkehrsübung (Würth aaO Rdz 3 und 4). Da sich schließlich die Rückstellungsplicht aus dem geschlossenen Vertrag ergibt, müsste gemäß § 1298 ABGB der Bestandnehmer zur Abwehr von Schadenersatzansprüchen des Bestandgebers beweisen, dass er an der Erfüllung der Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert wurde.

Nach Lehre und Rechtsprechung hat der Bestandnehmer, der die Rückstellung der Bestandsache verzögert, für die Zeit der vertragswidrigen Weiterbenützung ein „Benützungsentgelt“ in der Höhe des bisherigen oder eines sonst angemessenen Bestandzinses weiter zu bezahlen. Diese Verpflichtung als Folge des Zuwiderhandelns gegen die Rückstellungspflicht beruht auf § 1041 ABGB und besteht unabhängig davon, ob die Bestandsache über die vereinbarte Bestandzeit hinaus weiter verwendet wird (Würth aaO Rz 9; MietSlg 35.206 uva). Der Anspruch ist auch kein Schadenersatzanspruch (Würth aaO, Rummel in Rummel, ABGB I Rz 7 zu § 1041; MietSlg 34.168 ua), weshalb er weder ein Verschulden des früheren Bestandnehmers noch einen Schaden des Eigentümers voraussetzt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es dann aber auch nicht darauf an, ob der Bestandnehmer in jenem Zeitraum, in dem er sich mit der Rückstellung im Verzug befindet, seinerseits einen meßbaren Nutzen vom Bestandobjekt hat. Allein der Entgang der Nutzungschance des Eigentümers führt zur Verpflichtung zur Zahlung eines angemessenen Benützungsentgelts (Würth aaO Rz 9; MietSlg 23.096 ua).

Daraus folgt allerdings für den vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Revisionswerbers noch nicht die Berechtigung des ganzen Klagsanspruchs aus diesem Rechtstitel. Die Höhe des angemessenen Benützungsentgelts entspricht nämlich zwar im Regelfall dem bisher vereinbarten Mietzins, weil mangels gegenteiliger Behauptungen davon ausgegangen werden kann, dass das Entgelt für die Nutzung der fremden Sache schon bisher in angemessener Höhe vereinbart war und demnach dem Eigentümer auch in der Folgezeit (der nicht mehr durch den Vertrag gedeckten Benutzung seiner Sache) ein erzielbares Entgelt in der gleichen Höhe entgeht. Ob der Verwender der fremden Sache noch einen gleichen Nutzen aus ihr zieht, ist hingegen nach dem oben Gesagten ohne Bedeutung. Das schließt aber die Berücksichtigung besonderer Verhältnisse des Einzelfalls nicht aus. Ebenso wie nach dem Ende der vereinbarten Bestandsdauer durch eine anderweitige Vermietung ein höherer Bestandzins erzielbar sein kann, wie etwa beim Fortfall gesetzlicher Zinsbindungsvorschriften oder der Möglichkeit einer anderen Nutzungsart, bildet der bisherige Mietzins auch nicht immer die Untergrenze des erzielbaren oder angemessenen Entgelts. Im besonderen kommt auch dem titellosen Benützer eine unverschuldete Minderung der Gebrauchsfähigkeit der Sache zugute, wie sie beim aufrechten Mietverhältnis den Bestandnehmer gemäß § 1096 Abs 1 ABGB zur Minderung des Bestandzinses berechtigen würde (Kerschner, Zur Höhe des Benützungsentgelts bei Nichtrückstellung der Bestandsache nach Vertragsende, JBl 1978, 411, 414; MietSlg 9439, 17.163 ua). Nach den allgemeinen Beweislastregeln muss in beiden Fällen derjenige, der eine Abweichung vom bisherigen als dem wahrscheinlichen ortsüblichen Mietzins behauptet, dafür den Beweis erbringen.

In diesem Sinn hat die beklagte Partei eingewendet, dass der bisherige, auf die Auffüllung einer Schottergrube durch Benützung als Mülldeponie abgestellte Bestandzins nach dem Ablauf der bestimmungsgemäßen Verwendung und der Auffüllung keineswegs mehr erzielbar gewesen wäre. Die Richtigkeit dieser Annahme liegt auf der Hand. Aufgrund des von der beklagten Partei beantragten Sachverständigengutachtens hat das Erstgericht weiters festgestellt, dass die Liegenschaft bei landwirtschaftlicher Verwendung im Fall der Verpachtung einen Ertrag von 4.000 S im Jahr und im Falle der Selbstbewirtschaftung einen Ertrag von 10.800 S im Jahr erbracht hätte. Diese Erträge wurden allerdings unter der Voraussetzung der Rekultivierung errechnet. Dazu war die beklagte Partei nach dem oben Gesagten aus dem Vertrag mit dem Kläger nicht verpflichtet. Sie müsste demnach dem Kläger nur einen anders zu berechnenden Nutzungsausfall ersetzen, nämlich etwa für die entgangene Verwendung der Grundstücke als Lagerplatz. Für eine weitere Minderung des Benützungsentgelts aus diesem Grunde fehlt es aber an jeder Behauptung der beklagten Partei, ebenso wie umgekehrt der Kläger nichts dazu vorgebracht hat, dass eine höherwertige Benützung als die zur landwirtschaftlichen Nutzung möglich gewesen wäre. Es kann deshalb – abgesehen davon, dass auch eine Bemessung nach § 273 ZPO zu einem ähnlichen Ergebnis führen müsste – bei der Bemessung des Nutzungsausfalls wie für eine landwirtschaftlich Liegenschaft im Wege der Eigenbenützung des Klägers bleiben. Ihm steht deshalb ein angemessenes Benützungsentgelt von 10.800 S im Jahr, das sind für insgesamt 15 Monate 13.500 S zu.

Einen weiteren Anspruch aus dem Titel des Schadenersatzes hätte der Kläger nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts trotz der festgestellten konkreten Chance, im Sommer 1981 die strittigen Liegenschaften an den Kaufinteressenten Ernst R***** zu veräußern, nur unter der weiteren Voraussetzung, dass dieser Kaufinteressent keine zusätzlichen Anforderungen stellte, zu deren Erfüllung die beklagte Partei im Vertragsverhältnis nicht verpflichtet war. Die Behauptung des Klägers in der Revision, die beklagte Partei hätte die Liegenschaft nicht mit einer öffentlich-rechtlichen Last zurückstellen dürfen, ist nicht zielführend, weil die Auflage im Wasserrechtsverfahren nur der beklagten Partei erteilt wurde; da in erster Instanz nicht einmal behauptet wurde, dass diese Verpflichtung im Falle einer Rückstellung des Bestandgegenstands auf den Kläger als Grundeigentümer übergangen wäre, handelt es sich im Übrigen um eine unzulässige Neuerung. Es fehlt daher hier trotz des gemäß § 1298 ABGB (mangels Widerlegung der Schuldvermutung) anzunehmenden Verschuldens der beklagten Partei an der verspäteten Rückstellung der Bestandsache und trotz der dadurch bewirkten Vereitelung oder wenigstens Verzögerung des Verkaufs der Liegenschaft an dem weiteren Erfordernis des Rechtswidrigkeitszusammenhangs für eine Schadenersatzpflicht der beklagten Partei, weil Ernst R***** die Liegenschaften nicht vor Erfüllung der behördlichen Auflagen zu kaufen bereit war. Die beklagte Partei hat gegenüber dem Kläger nicht eine qualifizierte Rückstellung im kultivierten Zustand verzögert, sondern sie hat nur den Verzug mit der schlichten Rückstellung zu vertreten, aus der allein dem Kläger eine Verkaufschance nicht entgangen ist. Dieser selbst hätte, unbeschadet der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der beklagten Partei, gegebenenfalls den für den Verkauf erforderlichen Zustand (gegen nachträglichen Kostenersatz durch die beklagte Partei) herstellen müssen, wenn er auf den raschen Verkauf im verbesserten Zustand Wert legte.

Der zweite mögliche Verkauf an den weitren Interessenten Ing. Hans E***** scheiterte hingegen nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen schon an der Nichteinigung mit dem Kläger über den Kaufpreis. Eine konkrete Gewinnchance im Sinne eines Verdienstes, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre (Reischauer in Rummel, ABGB II, Rz 8 zu § 1293 mwN), ist deshalb dem Kläger im Verhältnis zu diesem Zeugen keineswegs entgangen, unabhängig davon, ob die Grundstücke rechtzeitig, kultiviert oder nicht, rückgestellt worden wären und welche Nutzung er beabsichtigte.

Das Klagebegehren besteht demnach mit 13.500 S samt dem im Rechtsmittelverfahren nicht mehr strittigen Zinsen zu Recht.

Die damit wieder relevante Gegenforderung der beklagten Partei für die Kosten ihrer Rekultivierungsmaßnahmen ist ungeachtet des bereits dargestellten Unterschieds zwischen der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung und der (fehlenden) vertraglichen Pflicht zur Herstellung eines bestimmten verbesserten Zustands der Liegenschaft nicht berechtigt. Die Revisionsgegnerin hat im Rechtsmittelverfahren insoferne nur noch den Klagsgrund des § 1041 ABGB geltend gemacht. Dieser Rechtsgrund liegt nach der zutreffenden Ansicht des Erstrichters schon deshalb nicht vor, weil der Vorteil des Klägers hier auf einer Leistung des Verkürzten beruht, eine Bereicherungsklage bei ungerechtfertigter Vermögens-verschiebung iSd § 1041 ABGB aber nur ohne eine solche Leistung in Betracht kommt (Stanzl in Klang2 IV/1, 909; Rummel in Rummel, ABGB I Rz 1 zu § 1041; SZ 27/221 uva); dabei spielt auch der Umstand keine Rolle, dass es sich hier um ein Dreipersonenverhältnis handelt, in dem die Leistung der beklagten Partei wenigstens im (öffentlich-rechtlichen) Schuldverhältnis zu einem Dritten ihren zureichenden Rechtsgrund findet (Rummel aaO Rz 10 mwN). Am Rande bleibt demnach zu bemerken, dass nach der zutreffenden Ansicht des Erstrichters auch die Rechtsgründe des § 1042 ABGB (keine Leistung, zu deren Erbringung der Kläger nach dem Gesetz verpflichtet war), der Geschäftsführung ohne Auftrag (wegen der Führung eines eigenen Geschäfts) und der §§ 1431 ff ABGB (mangels Erfüllung der dortigen Tatbestandsvoraussetzungen) der beklagten Partei nicht zum Erfolg verhelfen können. Da die Revisionsgegnerin den Bestandgegenstand trotz der behördlichen Auflage der Rekultivierung vorbehaltslos übernommen hatte, ist auch nicht zu prüfen, ob diese nicht schon verinbarte, sondern erst durch die behördliche Auflage geschaffene Verpflichtung zur Rückstellung in einem verbesserten Zustand sie allenfalls seinerzeit zu einem Begehren auf Vertragsergänzung oder auf Wandlung berechtigt hätte.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten aller Instanzen beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, wobei der Kläger infolge seines Prozesserfolges von nur rund 15 % der beklagten Partei 70 % ihrer Kosten zu ersetzen hat.

Textnummer

E119685

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00645.840.0613.000

Im RIS seit

07.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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