TE OGH 1985/6/18 2Ob565/85

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Veröffentlicht am 18.06.1985
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 17.November 1964 ehelich geborenen Karin A, infolge Revisionsrekurses der Karin B, 1050 Wien, Siebenbrunnengasse 46/2/4/18, vertreten durch Dr. Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 23.Jänner 1985, GZ 43 R 69/85-93, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 12.November 1984, GZ 7 P 329/79-81, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.3.1982, ON 41, war der Vater verpflichtet worden, seiner am 17.11.1964 geborenen Tochter Karin einen Unterhaltsbetrag von monatlich S 1.400,- zu bezahlen. Am 21.10.1983 beantragte der Vater, ihn mit Eintritt der Volljährigkeit der Tochter von dieser Unterhaltsverpflichtung zu entheben (ON 66). Diesen Antrag modifizierte er am 25.9.1984 dahin, daß die Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung von S 1.400,- auf monatlich S 500,- ab dem 1.12.1983 begehrt werde (ON 76). Dazu wurde Karin A am 17.10.1984 vernommen. Sie erklärte, sich zum Antrag des Vaters ON 76 nicht äußern zu wollen. Die Vorlage von Inskriptionsbestätigungen zum Nachweis ihres Studiums verweigerte sie.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater mit Beschluß vom 12.November 1984, ON 81, seiner Tochter Karin A ab 1.Dezember 1983 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 500,- zu bezahlen. Das Verhalten der Unterhaltsberechtigten im Zusammenhang mit dem Herabsetzungsantrag wurde vom Erstgericht dahin gewertet, daß Karin A einen Nachweis dafür, daß sie tatsächlich studiere und damit noch nicht selbsterhaltungsfähig sei, verweigert habe, und überdies ihrem Vorbringen zu entnehmen sei, daß sie auf die Unterhaltsleistungen des Vaters, zumindest in einem S 500,-

übersteigenden Ausmaß, keinen Wert lege. Mangels Nachweis ihres Anspruches auf weitere Unterhaltsleistung durch den Vater sei dessen Herabsetzungsantrag daher Folge zu geben gewesen.

Das Rekursgericht wies den gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs des Vaters zurück und gab dem Rekurs der Karin A nicht Folge. Dem Vater fehle die Beschwer, da seinem Herabsetzungsantrag zur Gänze stattgegeben worden sei. Zum Rekurs der Karin A führte die zweite Instanz aus, der Enthebungsantrag des Vaters ON 66 sei am 21.10.1983, somit vor Eintritt der Volljährigkeit der Unterhaltsberechtigten, gestellt worden. Deshalb sei auch zur Entscheidung darüber das Außerstreitgericht zuständig gewesen und geblieben. Daß der Vater diesen Antrag in der Folge nach Eintritt der Volljährigkeit der Tochter am 25.9.1984 modifiziert habe, ändere daran nichts, weil sich diese Modifizierung lediglich als quantitatives Minus in bezug auf den ursprünglich gestellten Antrag dargestellt habe. Darüber sei daher im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden gewesen. Der in diesem Zusammenhang geltendgemachte Nichtigkeitsgrund liege demnach nicht vor. Das Rekursgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren nicht deshalb als mangelhaft, weil der Enthebungs- bzw. Herabsetzungsantrag des Vaters nicht an Dr. C als Vertreter der Minderjährigen zugestellt worden sei. Der Rekurs sei aber auch darüber hinaus nicht berechtigt. Es wäre Sache der Unterhaltsberechtigten gewesen, den Fortbestand ihres Unterhaltsanspruches, gegebenenfalls in einem S 500,- übersteigenden Ausmaß, nachzuweisen und zu diesem Zweck darzutun, daß sie tatsächlich studiere und deshalb noch nicht selbsterhaltungsfähig sei. Da sie diesen Nachweis ausdrücklich verweigert habe, bestünden keine Bedenken, wenn das Erstgericht zum Ergebnis gelangt sei, daß die Voraussetzungen für den Fortbestand der Unterhaltspflicht, allenfalls einer solchen, die monatlich S 500,- übersteige, nicht vorlägen und daher dem Herabsetzungsantrag des Vaters Folge gegeben habe.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes nicht Folge gegeben wurde, wendet sich der Revisionsrekurs der Karin A aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit mit dem Antrag, das gesamte Verfahren als nichtig aufzuheben und den Antrag vom 20. Oktober 1983 zurückzuweisen, allenfalls den Beschluß im Sinne der Abweisung des gesamten Antrages abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst war die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu prüfen: Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche Rekurse schlechthin, also auch außerordentliche Revisionsrekurse nach § 16 AußStrG unzulässig, weil der Rechtsmittelausschluß des § 14 Abs 2 AußStrG Vorrang vor den Rechtsmittelbeschränkungen des § 16 AußStrG hat (EFSlg.30.540; ÖA 1976, 39 und 1974, 22 uva). Ist jedoch darüber zu entscheiden, ob ein erhobener Anspruch im außerstreitigen Verfahren zu verfolgen ist, findet die Rechtsmittelbeschränkung des § 14 Abs.2 AußStrG keine Anwendung (SZ 47/105; SZ 44/161; JB 60 neu = SZ 27/171 uva). Da der Revisionsrekurs die Frage der Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens hinsichtlich des Antrages des Vaters vom 20.Oktober 1983 aufgreift, ist das Rechtsmittel zulässig.

Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt, sodaß gemäß § 16 AußStrG die Anfechtung der Entscheidung nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität zulässig ist. Der im § 16 Abs.1 AußStrG nicht näher umschriebene Begriff der Nullität ist grundsätzlich der ZPO zu entnehmen, sodaß § 477 ZPO sinngemäß anzuwenden ist (vgl EvBl.1980/78 u.v.a.). Entscheidet der Außerstreitrichter trotz Unzulässigkeit des Außerstreitverfahrens, begründet dies eine Nichtigkeit analog § 477 Abs.1 Z 6 ZPO (EvBl.1974/127, EvBl.1980/78 ua).

Im vorliegenden Fall bringt die Rechtsmittelwerberin vor, ihr Vater habe vor Erreichung ihrer Volljährigkeit den Antrag gestellt, ihn mit Erreichung der Volljährigkeit von seiner Unterhaltspflicht ihr gegenüber zu entheben. Dieser Antrag auf Feststellung des künftigen Erlöschens der Unterhaltspflicht zu einem Zeitpunkt, in welchem der außerstreitige Rechtsweg unzulässig wurde, sei von Anfang an nicht zulässig gewesen.

Die behauptete Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung liegt jedoch nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung ist über Unterhaltsansprüche pflegebefohlener Kinder gegen ihre Eltern im außerstreitigen Verfahren, über Unterhaltsansprüche eigenberechtigter Kinder jedoch im streitigen Verfahren zu entscheiden. Gleiches gilt für Ansprüche des Vates wegen Wegfalles seiner Unterhaltsverpflichtung infolge Eintrittes der Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes. Was zu geschehen hat, wenn ein Minderjähriger während der Anhängigkeit des Verfahrens vor dem Außerstreitrichter volljährig wird, regelt die Bestimmung des § 29 JN. Danach bleibt jedes Gericht in Rechtssachen, welche rechtmäßigerweise bei ihm anhängig gemacht wurden, bis zu deren Beendigung zuständig, auch wenn sich die Umstände, welche bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens änderten. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es also dafür, ob über den Unterhalt eines Kindes im außerstreitigen oder streitigen Verfahren zu entscheiden ist, allein darauf an, ob das Kind im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig oder bereits volljährig ist (EvBl.1974/127, SZ 47/105; vgl. auch EFSlg.28.207 u.a.). Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Sinne bereits - entgegen der vereinzelt gebliebenen Entscheidung SZ 16/142 - wiederholt dargelegt, daß über den vom ehelichen Vater vor erreichter Volljährigkeit seines Kindes gestellten Antrag, das Erlöschen der Unterhaltspflicht auszusprechen, das Pflegschaftsgericht auch noch nach Erreichung der Volljährigkeit im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden hat (SZ 39/13; EFSlg.16.702; SZ 47/105 ua).

Soweit die Rechtsmittelwerberin unter dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit vorbringt, die von ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin ihrem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht sei gemäß § 35 Abs 1 ZPO auch nach Erreichung der Volljährigkeit aufrecht geblieben, weshalb der Rechtsanwalt auch nach diesem Zeitpunkt dem Verfahren beizuziehen gewesen wäre, ist ihr zunächst zu erwidern, daß mit dem von ihr bezeichneten Anfechtungsgrund nur eine offenbar gesetzwidrige Anwendung materiellrechtlicher Vorschriften geltend gemacht werden kann (vgl EvBl.1974/127 uva), nicht aber ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften. Solche Verstöße können im Rahmen eines Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG nur dann geltend gemacht werden, wenn ihnen das Gewicht einer Nichtigkeit beizumessen ist (vgl. EF 42.365 ua).

Die Rechtsmittelwerberin führt aus, das Erstgericht habe sich über das weiter bestehende Vollmachtsverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Rechtsanwalt hinweggesetzt, wodurch es ermöglicht wurde, daß die Antragsgegnerin vom Rechtshilfegericht offenbar überhaupt nicht über die Folgen ihres Prozeßverhaltens belehrt, im erstinstanzlichen Verfahren die Vorlage von Inskriptionsbestätigungen verweigert habe.

Nach der Aktenlage wurde Rechtsanwalt Dr. C, der von der Mutter der Antragsgegnerin als ihrer gesetzlichen Vertreterin bevollmächtigt worden war, nach Erreichung der Volljährigkeit der Karin A von deren zwei Vernehmungen im Rechtshilfewege durch das Bezirksgericht Wolfsberg über die Anträge ihres Vaters nicht verständigt, hingegen hat er nach Bevollmächtigung durch die Volljährige gegen den Unterhaltsbemessungsbeschluß ON 81 Vorstellung bzw. Rekurs ergriffen; die weiteren Zustellungen, insbesondere auch der Rekursentscheidung ON 93, erfolgten bereits wieder an Rechtsanwalt Dr. C. Auch wenn man der Auffassung folgt, daß eine vom gesetzlichen Vertreter namens eines Minderjährigen erteilte Prozeßvollmacht mit Erreichung der Volljährigkeit nicht erlischt (vgl. Michlmayr-Stohanzl, MGA ZPO 13 , S 353, FN 3, EF 37.129), könnte in der im Revisionsrekurs gerügten Unterlassung der Verständigung Dr. CS von den Einvernahmen der volljährigen Karin A im Rechtshilfewege, zu welchen sie persönlich geladen wurde, keinesfalls ein Verfahrensverstoß vom Gewicht einer Nichtigkeit erblickt werden. Es liegt daher keiner der Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG vor, sodaß der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen war.

Anmerkung

E05959

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00565.85.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19850618_OGH0002_0020OB00565_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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