TE OGH 1985/6/25 4Ob80/84 (4Ob81/84)

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Veröffentlicht am 25.06.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred A, Aufzugsmonteur in Klagenfurt, Völkermarkter Straße 73, vertreten durch Dr. Viktor Michitsch, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Aufzugswerke M. B & Sohn Gesellschaft mbH in Innsbruck, Burgenlandstraße 8, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen restl. 7.031,90 S sA, infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 30. November 1983, GZ 3 Cg 10/83-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Klagenfurt vom 10. Jänner 1983, GZ 2 Cr 31/81-17, teilweise abgeändert und teilweise unter Zurückweisung der Klage als nichtig aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung I. als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für die Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

II. als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie die Beisitzer Dr. Walter Geppert und Dr. Martin Mayr als weitere Richter zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.695,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 120,- Barauslagen und S 143,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 2.11.1977 bis 3.10.1980 bei der beklagten Gesellschaft als Aufzugsmonteur beschäftigt. Im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte er gegen seine Arbeitgeberin (ua) noch einen restlichen Prämienanspruch von S 18.768,22 brutto für die Fertigstellung von Aufzugsanlagen in Starnberg am See und in Söcking (Bundesrepublik Deutschland). Die beklagte Partei hat von diesen Bruttoprämien einen Lohnsteuerbetrag von S 5.129 an das Finanzamt Innsbruck und einen Sozialversicherungsbeitrag von S 2.664 an die Kärntner Gebietskrankenkasse abgeführt; dem Kläger zahlte sie am 11.3.1981 einen Nettobetrag von S 10.975 und am 6.6.1981 weitere S 561 als Lohnsteuerausgleich.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger von der beklagten Partei zuletzt (ON 16 S 75 f) die Zahlung von S 7.232,22 brutto sA als Differenz zwischen seinem Brutto-Prämienanspruch von S 18.768,22 und den bereits gezahlten Beträgen von S 10.975 und S 561. Die beklagte Partei hat dieses Begehren nur dem Grunde nach bestritten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme eines - rechtskräftig abgewiesenen - Zinsenmehrbegehrens statt. Da der Kläger zur Abgeltung seiner Prämienforderung von S 18.768,22 brutto bisher nur S 10.975 und als Lohnsteuerausgleich S 561 erhalten habe, bestehe sein Anspruch auf Zahlung weiterer S 7.232,22 sA zu Recht.

Das Berufungsgericht gab der ua auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs.1 Z 6 ZPO gestützten Berufung der beklagten Partei teilweise Folge. Es hob das angefochtene Urteil und das ihm vorangegangene Verfahren in Ansehung eines Teilbetrages von S 1.258,63 brutto sA als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück; im übrigen änderte es das Urteil des Erstgerichtes, welches im Zuspruch von S 200,32 sA unangefochten geblieben war, dahin ab, daß das Begehren des Klägers auf Zahlung weiterer S 5.773,27 brutto sA abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht führte die Verhandlung gemäß § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG von neuem durch und stellte ergänzend fest, daß die beklagte Partei bei der am 28.2.1981

durchgeführten Abrechnung der Brutto-Prämien des Klägers für die Anlagen in Starnberg und Söcking um S 1.819,63 zuviel an Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt habe. Davon ausgehend, hielt das Berufungsgericht die Nichtigkeitsberufung für teilweise berechtigt: Da die beklagte Partei als zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtete Arbeitgeberin die zuviel einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer des Klägers nicht bis zum Ende des in § 240 Abs.1 BAO umschriebenen Zeitraumes rückerstattet habe, könne die Rückzahlung dieses Betrages nicht im ordentlichen Rechtsweg, sondern gemäß § 240 Abs.3 BAO nur mit einem beim Finanzamt zu stellenden Antrag verlangt werden. Das Urteil des Erstgerichtes und das ihm vorangegangene Verfahren seien daher gemäß § 477 Abs.1 Z 6 ZPO insoweit als nichtig aufzuheben, als damit dem Kläger (S 1.819,63 - S 561 = ) S 1.258,63 brutto sA zugesprochen wurden;

die Klage sei in diesem Umfang wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen. Im übrigen sei entgegen der Meinung der ersten Instanz davon auszugehen, daß der Arbeitnehmer weder von der Abgabenbehörde auf Zahlung der Lohnsteuer noch vom Sozialversicherungsträger auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen unmittelbar in Anspruch genommen werden könne; er habe andererseits auch keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung dieser Beträge. Der Kläger, welcher von der beklagten Partei nach Abzug der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge einen Netto-Prämienbetrag von S 10.975 erhalten habe, habe somit von der beklagten Partei nichts mehr zu bekommen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Berufung der beklagten Partei gegen den Zuspruch von S 1.258,83 (richtig: S 1.258,63) sA nicht Folge gegeben und das Ersturteil in diesem Umfang bestätigt werde, hilfsweise dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über dieses Teilbegehren aufzutragen. Der abändernde Teil des Berufungsurteils wird vom Kläger mit Revision aus den Gründen des § 503 Abs.1 Z 2 bis 4 ZPO bekämpft. Der Revisionsantrag geht dahin, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, keinem der beiden Rechtsmittel Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

I. Der Rekurs des Klägers ist unzulässig:

Gemäß § 528 Abs.1 Z 5 ZPO in Verbindung mit § 28 Abs.1 Satz 4 ArbGG sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über einen S 2.000 an Geld oder Geldeswert nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand oder Teil des Beschwerdegegenstandes unzulässig. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz in Ansehung eines Teilbetrages von S 1.258,63 brutto sA als nichtig aufgehoben und die Klage in diesem Umfang zurückgewiesen. Diese Entscheidung betrifft demnach einen Teil des Beschwerdegegenstandes, der S 2.000 nicht übersteigt. Der Rekurs des Klägers muß deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 und 52 Abs.1 ZPO; die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen.

II. Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Einen wesentlichen Mangel des Berufungsverfahrens und eine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Urteils sieht der Kläger im Fehlen von Feststellungen des Berufungsgerichtes, welchen seiner Ansprüche die einzelnen Teilzahlungen der beklagten Partei zuzuordnen waren; das Beweisverfahren habe nämlich ergeben, daß ihm die beklagte Partei über die erst am 25.5.1981 gezahlten S 29.857,10 hinaus noch einen weiteren Entgeltbetrag von S 7.232,22 brutto widerrechtlich vorenthalten habe. Diese Rüge - mit welcher der Kläger der Sache nach einen materiellrechtlichen, auf (vermeintlich) unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhenden Feststellungsmangel des angefochtenen Urteils geltend macht - ist nicht stichhältig: Wie der Kläger selbst schon in erster Instanz bei der Verhandlungstagsatzung vom 10.1.1981 vorgebracht hat, umfaßt sein restliches Klagebegehren auf Zahlung von S 7.232,22 brutto sA nur noch die Bruttoprämie von S

18.768 (genau: S 18.768,22) 'unter Berücksichtigung der Akonto-Nettozahlung von S 10.975'. Nur damit und nicht auch mit den übrigen, bereits befriedigten Lohnansprüchen des Klägers hatten sich daher die Vorinstanzen zu befassen; aus demselben Grund erübrigen sich auch Feststellungen über die richtige Zuordnung der von der beklagten Partei während des Verfahrens auf diese anderen Forderungen geleisteten Teilzahlungen.

Auch die Rechtsrüge des Klägers ist nicht begründet: Das den Gegenstand der Revision bildende Teilbegehren von S 5.773,27 brutto sA umfaßt die von der beklagten Partei für die Brutto-Prämie von S 18.768,22 abgeführten Beträge an Lohnsteuer (S 5.129) und Sozialversicherungsbeiträgen (S 2.664), vermindert um den erwiesenermaßen zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuerbetrag von S 1.819,63 und den bereits rechtskräftig zugesprochenen Teilbetrag von S 200,32. Der Kläger meint, daß die 'vom Berufungsgericht vorgenommene Umrechnung von brutto auf netto' nicht zu seinen Lasten gehen dürfe, weil er verlangen könne, daß sowohl die Lohnsteuer als auch die Sozialversicherungsbeiträge richtig und ordnungsgemäß errechnet und 'für ihn abgeführt' würden; das sei jedoch auf Grund des Verhaltens der beklagten Partei nicht gewährleistet gewesen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden: Wie der Oberste

Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (SZ 54/169 = EvBl.

1982/75 = JBl.1982, 439; Arb 9884, 10.091 ua; ähnlich auch ÖBl.1983,

68), ist der Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, ein Bruttoentgelt einzuklagen; der Arbeitgeber muß aber von diesem Bruttobetrag, den er dem Arbeitnehmer schuldet, noch vor der Auszahlung die von ihm für den Arbeitnehmer abzuführenden Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeträge einbehalten. Gemäß § 82 Abs.1 EStG ist zwar beim Lohnsteuerabzug der Arbeitnehmer Steuerschuldner; der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitnehmer einzubehaltenden Lohnsteuer. Der Arbeitnehmer selbst kann - von den Ausnahmefällen des § 82 Abs.2 EStG abgesehen - von den Abgabenbehörden nicht auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden. Für seine Steuerverbindlichkeit haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam als Gesamtschuldner im Sinne des § 891 ABGB (§ 6 Abs.1, § 7 Abs.1 BAO), so daß der Arbeitgeber mit der Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer eine fremde Schuld im Sinne des § 1358 ABGB zahlt, für die er persönlich haftet. Die auf den Versicherten und den Arbeitgeber entfallenden Sozialversicherungsbeiträge schuldet dagegen gemäß § 58 Abs.2 ASVG allein der Arbeitgeber; er hat diese Beträge zur Gänze einzuzahlen. Daraus folgt, daß der Arbeitnehmer weder von den Abgabenbehörden noch von den Sozialversicherungsträgern unmittelbar auf Zahlung in Anspruch genommen werden kann, aber auch selbst keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auszahlung dieser an Dritte abzuführenden Beträge hat. Auch der Kläger kann somit von der beklagten Partei nicht die Zahlung jener - richtig errechneten - Beträge verlangen, die sie von der noch offenen Brutto-Prämienforderung von S 18.768,22 an Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen einbehalten und dem Finanzamt Innsbruck bzw. der Kärntner Gebietskrankenkasse abgeführt hat. Das den Gegenstand der Revision bildende Restbegehren von S 5.773,27 brutto sA betrifft ausschließlich solche Beträge; es ist daher vom Berufungsgericht mit Recht abgewiesen worden. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E05993

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00080.84.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19850625_OGH0002_0040OB00080_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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