TE OGH 1985/7/2 10Os208/84

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Veröffentlicht am 02.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich A und Karl Heinz B wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs.1 Z 4, 129

Z 1 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Juni 1984, GZ 3a Vr 1785/82-117, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten Erich A und der Verteidiger Dr. Brugger sowie Dr. Doralt, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Karl Heinz B zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird der Ausspruch nach § 38 StGB dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Karl Heinz B auch die Vorhaft vom 9. April 1984, 22,40 Uhr bis zum 27.April 1984, 13,30 Uhr auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe angerechnet wird. Der Berufung des Angeklagten Erich A wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.Februar 1983, AZ 3 b EVr 2261/82, Hv 211/82 gemäß §§ 31, 40 StGB auf 13 1/2 (dreizehneinhalb) Monate herabgesetzt.

Der Berufung des Angeklagten B wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Monate herabgesetzt; im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - in bezug auf das Faktum I. im zweiten Rechtszug ergangenen, auch einen Teilfreispruch enthaltenden - angefochtenen Urteil wurden Erich A und Karl Heinz B (I.) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB sowie B überdies (II.2.a) des 'Vergehens' (richtig: Verbrechens) der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB und der Vergehen (II.1.) der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, (II.2.b) der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB sowie (II.3.) der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach haben (zu I.) A und B am 15.Februar 1982 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte fremde bewegliche Sachen, und zwar eine Kamera, zwei Videorecorder und fünf Videokassetten, im Gesamtwert von 51.764 S dem Hermann C durch Einbruch in sein Geschäftslokal mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; sowie (zu II.) B überdies (zu 1.) in Wien durch Schläge nachgenannten Personen Verletzungen am Körper zugefügt, und zwar (a) am 4.August 1983 der Ingrid D eine Schwellung der Oberlippe und dem Günter E eine Schwellung unter beiden Augen, sowie (b) am 27.Februar 1984 der Gabriele F eine Kratzwunde an der rechten Hand und eine Beule am Hinterkopf;

(zu 2.) in der Nacht zum 2.März 1984 in Wien (zu a) 'Friedrich F durch die Äußerungen' (gemeint: durch die Äußerungen zu Friedrich F), er werde sich zu helfen wissen, er werde ihn umbringen und er wisse auch einen Weg zu dem Kind, wobei er (als Vergütung für Transportkosten) 5.000 S verlangte, den Genannten und Gabriele F durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Bezahlung dieses Betrages zu nötigen versucht; und (zu b) die Tür zur Wohnung der Gabriele F aufgebrochen und dort zwei Schiffsmodelle im Gesamtwert von mindestens 10.000 S, 'somit Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert' (gemeint: wobei er durch die Tat an den Sachen einen 5.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte), beschädigt; sowie (zu 3.) am

13. (nach der Aktenlage richtig: 14.) Jänner 1984 in Kirchberg am Wechsel Gabriele F durch die gegenüber Beamten des dortigen Gendarmeriepostenkommandos erhobene Behauptung, sie habe als Kraftfahrzeuglenkerin einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem er verletzt worden sei, (zu ergänzen: falsch verdächtigt und hiedurch) der Gefahr einer behördlichen Verfolgung, 'nämlich (zu ergänzen: wegen) des Vergehens der (zu ergänzen: fahrlässigen) Körperverletzung' nach § 88 Abs. 1 (zu ergänzen: und 4) StGB ausgesetzt, wobei er wußte, daß diese Verdächtigung falsch war.

Rechtliche Beurteilung

Den - von A auf Z 4 und 5 sowie von B, der den Schuldspruch wegen Körperverletzung unangefochten läßt, auf Z 5, 9

lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten - Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

In bezug auf den Schuldspruch wegen Diebstahls (Faktum I.) beschwert sich der Angeklagte A mit der Verfahrensrüge (Z 4) über die Abweisung seines Antrags auf Beiziehung eines Sachverständigen für Materialprüfung von Glas zum Beweis dafür, daß die im vorliegenden Fall von der Kriminaltechnischen Zentralstelle des Bundesministeriums für Inneres (G) bei der Vergleichsuntersuchung von Glassplittern - die in seiner Wohnung, auf einem dort in einem Plastiksack verwahrten Maurerfäustel, in und neben einem von ihm in der Tatnacht gelenkten PKW sowie in seinem eigenen Pritschenwagen, den er B zur Benützung überlassen hatte, vorgefunden worden waren - ermittelten Brechungsindexwerte solche von Massenglas vergleichbaren Typs und (deswegen) für die Zuordnung dieser Splitter zu dem von der eingeschlagenen Schaufensterscheibe stammenden konkreten Vergleichsglas nicht signifikant seien.

Das Schöffengericht lehnte die begehrte Beweisaufnahme mit der Begründung ab, daß das damit relevierte Thema durch die Beurteilung seitens des G und deren sachkundige Erläuterung seitens des Zeugen Dr. H in der Hauptverhandlung ausreichend geklärt sei (S 166/II). Mit diesem Zwischenerkenntnis wurde der genannte Angeklagte, seinem Beschwerdestandpunkt zuwider, in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Denn die Herkunft aller Glasspuren von einem technischen Massenprodukt nahm das Erstgericht ohnehin als erwiesen an (US 9, 13); zu der vom G und von Dr. H nichtsdestoweniger als signifikant bezeichneten Aussagekraft der bis in die vierte Dezimale übereinstimmenden Brechungsindexwerte sämtlicher Glassplitter aber lagen keinerlei Umstände vor, aus denen sich Zweifel an dieser Beurteilung hätten ergeben können, zumal der genannte (sachverständige) Zeuge auch klarstellte (S 143/II), daß die bei der emissionsspektrographischen Untersuchung zutage getretene unterschiedliche chemische Zusammensetzung der Glasproben im konkreten Fall der in Rede stehenden (bekämpften) Wahrscheinlichkeitsaussage nicht zuwiderläuft. Die insoweit erstmals in der Nichtigkeitsbeschwerde erhobene Behauptung, daß überhaupt jedes Fensterglas einen identen Brechungsindex aufweise, ist im gegebenen Zusammenhang als Neuerung unbeachtlich, weil bei der Prüfung eines Beweisantrags auf seine Berechtigung stets von den dabei vorgebrachten Gründen (hier: S 166/II) auszugehen ist (vgl SSt 41/71 uva). Dementsprechend wäre die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens der Aufnahme eines reinen Erkundungsbeweises gleichgekommen, die vom Schöffengericht mit Recht abgelehnt wurde.

Soweit jedoch der Beschwerdeführer im Rahmen der Verfahrensrüge dagegen remonstriert, daß das Erstgericht aus dem Ergebnis des Glasspuren-Vergleichs in Verbindung mit anderen Verfahrensergebnissen ersichtlich die tatsächliche Herkunft der sichergestellten Splitter von der beim Diebstahl eingeschlagenen (individuell bestimmten) Schaufensterscheibe ableitete, ficht er nur nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. Dazu sei ihm lediglich der Hinweis nicht vorenthalten, daß die Glasprobe Nr. 2, in Ansehung deren er selbst die Annahme, sie stamme von jener Scheibe, als 'durchaus möglich' bezeichnet, nicht in dem angeblich von ihm bereits vor der Tatzeit abgestellten sowie in der Folge durch Unbekannte zum Diebstahl verwendeten PKW, sondern bei dem in seiner Wohnung vorgefundenen Maurerfäustel sichergestellt wurde (S 96, 265, 267/I). In Ausführung der Mängelrüge (Z 5) reklamiert der Angeklagte A vorerst eine mehrfache Aktenwidrigkeit der erstgerichtlichen Entscheidungsgründe, weil darin die Aussage des Zeugen Dr. H unrichtig wiedergegeben werde; damit rügt er indessen der Sache nach im wesentlichen nur die Ungenauigkeit sprachlicher Formulierungen des Urteils, ohne einen wirklichen Widerspruch dieser Passagen zum darin relevierten maßgebenden Aussageinhalt aufzuzeigen. So ist es zwar richtig, daß vom Zeugen nicht alle Abweichungen in der chemischen Zusammensetzung der Glasproben auf die Verwendung von flüssigem Zinn bei der Glasherstellung zurückgeführt - sondern auch Vorgänge bei der Glasschmelze selbst als dafür in Betracht kommende Ursachen angeführt - wurden, doch vermochte die insofern mißverständliche Kürzung seiner Aussage bei deren Wiedergabe (US 13) keine Relevanz zu entfalten, weil für die Entscheidung letztlich doch nicht die Gründe für die festgestellte Inhomogenität der Glasproben in Ansehung der darin enthaltenen Spurenelemente als solche von Belang waren, sondern vielmehr die Bedeutung des Ergebnisses dieser emissionsspektrographischen Untersuchung für den Aussagewert der - vom G gleichwie vom Zeugen als signifikant bezeichneten - übereinstimmung der Brechungsindexwerte: insoweit wurde die relevierte Aussage indessen durchaus aktengetreu wiedergegeben (US 14).

Auch der weitere Einwand, der Zeuge habe die verschiedenen Glasspuren nicht als Material 'der' Auslagenscheibe (US 14) - im Sinn einer Herkunft von genau diesem Werkstück - bezeichnet, trifft an sich zu, hebt aber im Ergebnis nur neuerlich eine sprachliche Undeutlichkeit ohne entscheidungswesentliche Bedeutung hervor; ergibt sich doch aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe unmißverständlich, daß das Erstgericht im Einklang mit den Darlegungen des Zeugen unter jener materialmäßigen Identität ohnehin nur die technisch allein nachweisbare Zugehörigkeit der untersuchten Glasproben zum industriell als Massenprodukt angefertigten Fensterglas dieser Art verstand und nicht unbedingt deren Herkunft vom selben (tatgegenständlichen) Schaufenster (US 9, 13 f.), die es erst im Zusammenhang mit zahlreichen anderen Verfahrensergebnissen als erwiesen annahm.

Dementsprechend haftet dem Urteil auch die insoweit behauptete Unvollständigkeit nicht an, weil das Erstgericht entgegen dem Beschwerdevorbringen die Unmöglichkeit des technischen Nachweises einer Zugehörigkeit der Glasspuren zu der beim Diebstahl eingeschlagenen (bestimmten) Auslagenscheibe ohnehin in den Kreis seiner beweiswürdigenden Erwägungen einbezogenen hat. Die damit zusammenhängende Beschwerdebehauptung aber, daß der Zeuge Dr. H nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Herkunft der Glasspuren von jener Auslagenscheibe zum Ausdruck gebracht habe, vernachlässigt vollends den Sinngehalt jener Aussage, mit der er die dahingehende Beurteilung durch das G eindeutig unterstrichen und insbesondere die Bedeutung der weitgehenden übereinstimmung der Brechungsindexwerte für die Wahrscheinlichkeitsbekundung hervorgehoben hat (S 143/II).

Von einer Aktenwidrigkeit der Erwägung schließlich, daß der Beschwerdeführer wiederholt völlig gegensätzliche Angaben über seine Einkommensverhältnisse zur Tatzeit gemacht habe (US 15), kann gleichfalls keine Rede sein, weil diese Bezugnahme in der Aktenlage vollauf Deckung findet (S 23, 44/I; S 122/II); weshalb in der Bezifferung des monatlichen Nettoeinkommens einmal mit 10.000 S und dann wieder mit 29.500 S keine nennenswerte Divergenz liegen sollte, bleibt unerfindlich. Ebenso ist die Feststellung, daß der Beschwerdeführer damals kein Vermögen besaß (US 15), durch seine eigenen Angaben (S 23, 406, 460/I) sehr wohl gedeckt; damit, daß er bei seiner Verhaftung 1.700 S bei sich hatte, steht sie keineswegs im Widerspruch.

Der Angeklagte B ist zunächst mit seinen (zur Beschwerde des Angeklagten A gleichartigen) Einwänden gegen die Verwertung der Glasspuren bei der Beweisführung (Z 5) auf das zuvor Gesagte zu verweisen.

Auch im übrigen ist er mit seiner Mängelrüge nicht im Recht. Inwiefern die Angabe eines nicht sofort überprüfbaren Alibis im Ausland nach seiner Festnahme wegen des Diebstahlsverdachtes zu einem Zeitgewinn in Ansehung des Vollzuges einer vollstreckbaren Verwaltungsstrafhaft hätte führen sollen, ist der dahingehenden - mit seiner ursprünglichen Erklärung (S 111/I) für diese falsche Alibi-Behauptung (nach deren Widerlegung) nicht übereinstimmenden - Verantwortung des Beschwerdeführers im ersten Rechtsgang (S 415/I) ebensowenig zu entnehmen wie den sie relevierenden Beschwerdeausführungen; mit letzteren vermag er dementsprechend nicht aufzuzeigen, daß das Schöffengericht durch die Unterlassung einer speziellen Erörterung der in Rede stehenden Einlassung einen wesentlichen Einwand gegen jene Annahme übergangen hätte, mit der es in der Behauptung eines falschen Alibis durch ihn eines von mehreren Indizien für seine (Mit-) Täterschaft erblickte. Daß sich die als erwiesen angenommene Absprache zwischen den Angeklagten auch auf die Vorgabe eines bestimmten Alibis für B erstreckt hätte, wird dagegen mit den (insoweit allerdings mißverständlich formulierten) Entscheidungsgründen (US 12) nach ihrem Sinnzusammenhang gar nicht zum Ausdruck gebracht, sodaß der darauf bezogene Vorwurf eines Begründungsmangels schon deswegen ins Leere geht.

Die Bezugnahme im Urteil (US 12) auf eine 'staturmäßige' Beschreibung eines Täters hinwieder betraf, wie an anderer Stelle (US 8) verdeutlicht wird, die Angaben der Elisabeth I bei der Polizei (S 55/I) über dessen Körpergröße (1,75 bis 1,80 m), die nach der Aktenlage (vgl. S 136/I ua) durchaus jener des Beschwerdeführers entsprach. Daß der solcherart Beschriebene von I - der Beschwerde zufolge in bezug auf B seinerzeit unzutreffend - als 'schlank' bezeichnet wurde, wogegen der Zeuge J diesen Mann (ohnehin) als 'stämmig' einschätzte (S 128/I), mußte demgegenüber im Rahmen einer gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) nicht erörtert werden, weil es sich dabei um weitgehend subjektive Begriffsdeutungen handelt, deren divergierender Verwendung das Erstgericht ersichtlich deswegen keine den genannten Angeklagten entlastende Bedeutung beimaß. Ohnedies ausdrücklich hingegen wies es im Urteil darauf hin, (US 15), daß aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K für die Feststellung des Entstehungszeitpunkts jener Schnittwunde an der rechten Hand des Beschwerdeführers, von der es annahm, daß er sie beim Zerschlagen der Schaufensterscheibe erlitt (US 8), nichts zu gewinnen ist; durch das demnach allein relevante Gutachten des Polizeiarztes Dr. L aber konnte es jedenfalls die Behauptung des Genannten, die bezeichnete Verletzung sei ihm erst am Abend nach der Tatnacht zugefügt worden, als widerlegt ansehen.

Indem der Beschwerdeführer seinerseits aus der Schätzung des Amtsarztes, daß die in Rede stehende Wunde etwa zwei bis drei Tage alt sein dürfte, die Unmöglichkeit ihrer Entstehung beim Einbruch zu folgern versucht, weil dieser erst rund 41 1/2 Stunden vorher begangen worden war, übersieht er, daß es bei der betreffenden gutächtlichen Stellungnahme in erster Linie um die Überprüfung seiner eigenen Verantwortung ging, derzufolge er die Verletzung vor etwa 23 Stunden erlitten gehabt hätte; der für die Urteilsbegründung maßgebende wesentlichen Gehalt des Gutachtens betrifft somit die Unvereinbarkeit des Alters der Wunde mit dem vom Angeklagten B behaupteten Entstehungszeitpunkt, wogegen die zudem noch beigefügte Altersschätzung schon nach ihrer vorsichtigen sprachlichen Fassung augenscheinlich nicht als exakt zu verstehen ist (S 81/I a.E.). Insoweit konnte daher das Schöffengericht, ohne sich dem Vorwurf eines Begründungsmangels auszusetzen, im Rahmen der Beweiswürdigung durchaus davon ausgehen, daß das amtsärztliche Gutachten zur Annahme einer Enstehung der Schnittwunde beim Diebstahl nicht im Widerspruch steht.

Das Nichtauffinden von Blutspuren aus dieser Handverletzung am Tatort jedoch bedurfte keiner besonderen Erörterung, weil eine derartige Fallkonstellation keineswegs als auffallend ungewöhnlich anzusehen ist.

Aus der Bekanntschaft des Beschwerdeführers mit A schließlich und daraus, daß er diesen 'am Morgen des 15.Februar 1982 gesehen' habe, wurde ohnehin keineswegs ein Schluß auf seine Mittäterschaft gezogen; im rein hypothetisch dagegen erhobenen Einwand ist demnach eine gesetzmäßige Ausführung der Mängelrüge nicht zu erblicken.

Mit dem Hinweis darauf, daß B genügend Zeit hatte, das Diebsgut (an einen unbekannten Ort) zu verbringen (US 13), ging das Erstgericht durchaus zureichend auf die Bedeutung der Unauffindbarkeit des Diebsgutes ein; insoweit schließlich, als jener vermeint, seine offensichtlich angenommene überraschung über das Erscheinen der Polizei in seiner Wohnung am Tag nach der Tat stehe im Widerspruch dazu, daß er trotz dieser Unbesorgtheit nicht wenigstens einen der gestohlenen Videorecorder sofort bei sich aufgestellt hätte, unternimmt er lediglich einen unbeachtlichen Angriff gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne einen formellen Begründungsmangel des Urteils geltend zu machen.

In Ansehung des Schuldspruchs wegen versuchter schwerer Nötigung vermag der Angeklagte B gleichfalls eine Urteilsnichtigkeit nicht aufzuzeigen.

Soweit er die Feststellung, daß er mit den als erwiesen angenommenen Drohungen auf die Erlangung von 5.000 S (zur Vergütung von Transportkosten) abzielte (US 17 f.), als offenbar unzureichend und unvollständig begründet (Z 5) anficht, ist er mit seiner Bezugnahme auf eine einzelne, ihr scheinbar zuwiderlaufende Passage in der Aussage des Zeugen Friedrich F (S 160/II) darauf zu verweisen, daß dessen Angaben und diejenigen der Zeugin Gabriele F in ihrer Gesamtheit (vgl. insbes. S 149, 155, 158, 162/II) nichtsdestoweniger die denkrichtige und lebensnahe Schlußfolgerung auf eine jedenfalls auch die Erzwingung jener Geldleistung bezweckende Einwirkung durch ihn auf die Genannten (vgl. US 19 f.) zuließen; einer Erörterung der betreffenden Verfahrensergebnisse in allen Details bedurfte es nicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO).

Ein weiterer, nicht näher präzisierter Hinweis bloß auf eine - die Aussage der Zeugin Gabriele F beurkundende - bestimmte Seite des Hauptverhandlungsprotokolls (S 156/II) aber, aus der umgekehrt hervorgehen soll, daß die vom Beschwerdeführer tatsächlich erhobene Forderung von 5.000 S mit keiner Drohung verbunden gewesen sei, ist mangels einer zur Erkennbarkeit der damit gemeinten 'Protokollierung' ausreichenden Substantiierung einer inhaltlichen Erörterung nicht zugänglich.

Die übrigen Ausführungen zur Mängelrüge (Z 5), mit denen der genannte Angeklagte zum einen die Konstatierung bekämpft, daß letztlich sowohl Gabriele F, seine ehemalige Lebensgefährtin, als auch deren Gatte die inkriminierten Drohungen ernst nahmen und sich vor ihm fürchteten (US 17 f., 20), sowie zum anderen (insoweit sachlich Z 9 lit a) die Beurteilung dieser Drohungen gegenüber Friedrich F als gefährlich (§ 74 Z 5 StGB) rügt, gehen ebenso fehl wie seine Rechtsrüge (Z 9 lit a und, bei identem Vorbringen prozessual verfehlt, Z 10) gegen die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens nach § 105 Abs. 1 StGB (auch) gegenüber dem Letztgenannten.

Denn das tatsächliche Auslösen begründeter Besorgnisse beim Opfer in Ansehung der Verwirklichung des ihm angedrohten übels ist in bezug auf das Tatbild der Nötigung lediglich zur Deliktsvollendung erforderlich, also zum Gelingen der tatbestandsmäßigen Willensbeugung; zur Deliktsbegehung in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) dagegen genügt es, wenn die Herbeiführung eines derartigen Erfolges mittels gefährlicher Drohung vom Täter gewollt (§ 5 StGB) wird. Unter diesem Aspekt ist demnach die Frage, ob beide Tatopfer die Drohungen des Beschwerdeführers wirklich ernst nahmen und vor ihm Angst hatten, gar nicht von Belang, weil ihm ohnehin nur versuchte (schwere) Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1 StGB) zur Last fällt.

Gleichermaßen ist es aber - der Beschwerdeauffassung zuwider - auch für die Beurteilung einer Drohung als gefährlich im Sinn des § 74 Z 5 StGB nicht von Bedeutung, ob der Bedrohte die übelszufügung tatsächlich befürchtet oder nicht. Zur Annahme einer hiezu ausreichenden objektiven Eignung der betreffenden Drohung, insoweit begründete Besorgnisse einzuflößen, genügt es vielmehr, daß eine solche Befürchtung unter den konkreten Umständen des Falles aus der Sicht des Bedrohten nach einem Durchschnittsmaßstab gerechtfertigt war (SSt 48/34, 61 uva); die dahingehenden Erwägungen des Schöffengerichts (US 17, 20 f.) werden mit der Beschwerde keineswegs in Zweifel gezogen.

Entgegen der darin vertretenen Ansicht schließlich kann eine nach § 105 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßige (vorsätzliche) Willensbeugung durchaus auch derart bewirkt werden, daß dem Tatopfer die Gefährlichkeit der betreffenden Drohung durch einen Dritten, also mittelbar, zum Bewußtsein gebracht wird; davon abgesehen ist auch diese Frage im vorliegenden Fall deshalb unaktuell, weil der Beschwerdeführer bloß versuchte Nötigung zu verantworten hat, die dafür maßgebende Tatbestandsmäßigkeit seines Vorsatzes aber (einschließlich der Gefährlichkeit seiner Drohungen) mängelfrei feststeht.

Zum Schuldspruch wegen schwerer Sachbeschädigung macht der Angeklagte B mit dem Aufzeigen eines (nach der Tatbeschreibung im Spruch und in den Entscheidungsgründen offensichtlichen) Tippfehlers bei der Subsumtion ('Z 4' statt Z 7) der Sache nach gar keine (bloß 'vorsichtsweise' reklamierte) Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO geltend, sondern vielmehr eine Abweichung der schriftlichen Urteilsausfertigung vom maßgebenden Inhalt der mündlich verkündeten Entscheidung (vgl. SSt 47/50), welche mittlerweile im Weg einer Angleichung behoben wurde.

Das Zugeständnis des Beschwerdeführers aber, im Anschluß an die zuvor relevierten Drohungen mit einem Taxi zu den Eheleuten F gefahren zu sein, hat das Erstgericht ohnehin berücksichtigt, als es seine weitere Darstellung, er habe bei seiner Ankunft die (von den Genannten inzwischen aus Angst vor ihm verlassene) Wohnung bereits aufgebrochen und verwüstet vorgefunden, als widerlegt ansah; mit seinem Gegenargument, er würde als Täter seine Fahrt an den Tatort nicht sofort zugegeben haben, unternimmt er in Wahrheit, ohne einen formellen Begründungsmangel des Urteils zu behaupten, abermals nur einen unzulässigen Angriff gegen die schöffengerichtlche Beweiswürdigung.

Davon hinwieder, daß die Bewertung der zerstörten Schiffsmodelle durch den Zeugen Friedrich F in sich widersprüchlich wäre und deshalb einer besonderen Erörterung bedurft hätte, weil er deren Materialwert niedriger und ihren ideellen Wert höher einschätzte als ihren (maßgebenden) Wiederbeschaffungswert, kann im Hinblick darauf, daß es hiebei um verschiedene Bewertungskriterien geht, keine Rede sein; der in diesem Zusammenhang erhobene weitere Einwand, daß auch die Aussage der Zeugin Gabriele F auf eine Willkürlichkeit der Schadensbewertung durch ihn hindeute, ist mangels Substantiierung für eine sachbezogene Erledigung ungeeignet. Das Unterbleiben einer weiteren Beweisaufnahme über die Schadenshöhe schließlich könnte nur unter der - im vorliegenden Fall nicht erfüllten - prozessualen Voraussetzung einer dahingehenden Antragstellung in der Hauptverhandlung (Z 4) bekämpft werden.

Mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) gegen den Schuldspruch wegen Verleumdung vermeint der Beschwerdeführer, er habe Gabriele F deshalb nicht der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, weil sie im Zeitpunkt des ihr angedichteten fahrlässigen Verhaltens mit ihm als angeblich hiedurch Verletztem in Lebensgemeinschaft gelebt habe, sodaß sie mangels Behauptung eines schweren Verschuldens nach § 88 Abs. 2 Z 1 StGB jedenfalls straflos geblieben wäre.

Diese Auffassung erweist sich indessen schon darum als verfehlt, weil er nach den Urteilsfeststellungen bei dem betreffenden Verkehrsunfall, den in Wahrheit er selbst verschuldet hatte, neben Verletzungen des Ellbogens und des Kopfes auch Rippenbrüche, also schwere Verletzungen, erlitten und zur Anzeige gebracht hat (US 21), sodaß die zu Unrecht Bezichtigte selbst bei tatsächlichem Bestand einer Lebensgemeinschaft mit ihm im Hinblick darauf, daß Straflosigkeit nach § 88 Abs. 2 StGB nur bei bloßer Verwirklichung des Grundtatbestands nach § 88 Abs. 1 StGB in Betracht kommt (vgl Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 28 zu § 88; Kienapfel BT I 2 , RN 29 zu § 88), wegen des hier aktuellen Verdachts einer nach Abs. 4 dieser Strafbestimmung qualifizierten fahrlässigen Körperverletzung sehr wohl der Gefahr behördlicher Verfolgung ausgesetzt war. Demnach waren beide Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen. Aus deren Anlaß war jedoch ein zum Nachteil des Angeklagten B unterlaufener, unangefochten gebliebener Fehler bei der Vorhaftanrechnung (Z 11) durch die Ergänzung dieses Ausspruchs in Ansehung des Zeitraums vom 9.April 1984, 22,40 Uhr, bis zum 27.April 1984, 13,30 Uhr (vgl. S 64/II und S 78, 127 in ON 105), von Amts wegen zu korrigieren (§ 290 Abs. 1 StPO).

Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagten wegen der eingangs beschriebenen Straftaten nach § 129 StGB zu Freiheitsstrafen, die es bei A mit achtzehn Monaten und bei B unter Anwendung des § 28 StGB mit zwei Jahren ausmaß.

Dabei wertete es bei A seine einschlägigen Vorstrafen sowie bei B 'die Vorstrafen' und überdies das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art als erschwerend, wogegen es A nichts, B jedoch den Umstand, daß die schwere Nötigung beim Versuch blieb, sowie sein Teilgeständnis als mildernd zugute hielt.

Die im ersten Rechtsgang ausgesprochene, in Rechtskraft erwachsene Verurteilung des Angeklagten B wegen einer weiteren Körperverletzung blieb - trotz der Erwähnung dieses Verfahrensergebnisses in den Entscheidungsgründen - bei der Strafbemessung unberücksichtigt; dieses zum Vorteil des Angeklagten unterlaufene Versäumnis kann mangels Anfechtung durch den öffentlichen Ankläger nicht mehr korrigiert werden.

Von den Berufungen, mit denen die Angeklagten eine Strafherabsetzung sowie B zudem die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstreben, kommt der des Angeklagten A und zum Teil auch jener des Angeklagten B Berechtigung zu.

In Ansehung des Angeklagten A wäre nämlich gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Erstgerichts vom 16.Februar 1983, AZ 3 b EVr 2261/82, Hv 211/82, rechskräftig seit dem 28.Juli 1983, Bedacht zu nehmen gewesen, mit dem er wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu viereinhalb Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Bei gemeinsamer Aburteilung jenes Delikts und des ihm im vorliegenden Verfahren zur Last fallenden Diebstahls wäre unter angemessener Berücksichtigung seines belasteten Vorlebens nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten über ihn zu verhängen gewesen; dementsprechend war hier die Strafdauer in Stattgebung seiner Berufung auf dreizehneinhalb Monate zu reduzieren.

Dem Angeklagten B hingegen kann in bezug auf die ihm zur Last fallenden Delikte der schweren Nötigung, der schweren Sachbeschädigung und der Verleumdung, die er durchwegs zum Nachteil der Gabriele F beging, eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung nicht - wie er vermeint - deswegen zugebilligt werden, weil seine Lebensgemeinschaft mit der Genannten zerbrochen war und er darüber sowie über das Wegbringen seiner Sachen aus der ehemals gemeinsamen Wohnung durch sie in seiner Abwesenheit in ein Depot, ohne ihm die Transportkosten zu ersetzen, in Erregung, Wut und Verzweiflung geraten sei. Wohl aber ist ihm einzuräumen, daß ihm nur eine einzige Vorstrafe - weil einschlägig - als erschwerend (§ 33 Z 2 StGB) anzulasten ist.

Die über ihn verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren erweist sich nach den insoweit korrigierten Strafzumessungsgründen in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung (§ 32 StGB) - unter Bedacht auf seine nicht allzu schwerwiegende Belastung vom Vorleben her einerseits sowie auf die mehrfache Deliktshäufung und -wiederholung anderseits - doch als etwas zu hoch gegriffen; sie war daher in (teilweiser) Stattgebung seiner Berufung auf das angemessene Ausmaß von zwanzig Monaten zu verkürzen. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht (unter den erschwerten Voraussetzungen des zweiten Absatzes des § 43 StGB) jedoch konnte bei B im Hinblick auf seine einschlägige Vorverurteilung und auf die Deliktshäufung im vorliegenden Verfahren schon aus Gründen der Spezialprävention nicht in Betracht gezogen werden (§ 43 Abs. 1 StGB); insoweit mußte daher seiner Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E06076

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00208.84.0702.000

Dokumentnummer

JJT_19850702_OGH0002_0100OS00208_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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