TE OGH 1985/7/30 10Os67/85

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Veröffentlicht am 30.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 20.September 1984, GZ 6 Vr 1039/83-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und des Verteidigers Dr. Lederer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef A des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (B), des Verbrechens der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (C) und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB als Beteiligter gemäß § 12 (zu ergänzen: zweiter Fall) StGB (D) schuldig erkannt. Darnach hat er in Braunau am Inn am 8.Mai 1984 Hansjörg (richtig: Hans-Jürgen) B vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm ein Glas ins Gesicht schlug, wodurch B blutende Verletzungen an der Unterlippe sowie am Kinn erlitt (A), und den Genannten gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar am 27.April 1984 durch Drohung mit dem 'Aufmachen' (B/a) und am 9.Mai 1984 durch die öußerung, er werde ihm noch einmal ein abgeschlagenes Glas ins Gesicht werfen (B/b); weiters liegt ihm zur Last, in der Zeit zwischen dem 20.Dezember 1983 und dem 17.Jänner 1984 Ingeborg C durch die öußerung, er werde ihr noch den Schädel einschlagen, wenn sie nicht zu seinen Gunsten aussage, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer falschen Zeugenaussage vor dem Kreisgericht Ried im Innkreis in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren AZ 6 E Vr 942/83 genötigt (C) und sie zugleich dazu bestimmt zu haben, am 17.Jänner 1984 vor dem Kreisgericht Ried im Innkreis als Zeugin bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache in dem erwähnten Strafverfahren falsch auszusagen, sie sei am 14. Oktober 1983 in der Küche (ihres Gasthauses) gewesen und habe nicht gesehen, wie Josef A und Rudolf D rauften (D). Der Angeklagte bekämpft diese Schuldsprüche mit Ausnahme jenes wegen Körperverletzung (A) mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a (der Sache nach auch Z 10) StPO

Rechtliche Beurteilung

Formale Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO vermag der Beschwerdeführer indes nicht aufzuzeigen. Im Rahmen der gesetzlich normierten Begründungspflicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) mußte der Umstand, daß die Zeugin Ingeborg C ihre

Aussage, der Angeklagte habe sie 'wochenlang bedroht' (S 197), auf Befragen dahin korrigierte, 'wirklich bedroht' habe er sie nur einmal (S 198), umso weniger einer Erörterung unterzogen werden, als die Zeugin durch diese Einschränkung klarstellte, daß sie mit 'wochenlanger Bedrohung' nichts anderes gemeint hatte, als der Angeklagte habe sie 'wochenlang sekkiert', indem er immer wieder trotz eines Lokalverbotes in ihr Gasthaus kam und die Gäste sowie sie selbst belästigte (S 197 unten).

Die in der Beschwerde zitierte Aussage des Zeugen Hubert E aber, er habe eine gegen Ingeborg C gerichtete

Drohung des Angeklagten nicht gehört (S 200), wurde ohnedies in den Kreis der Urteilserwägungen einbezogen und deshalb mit den getroffenen Feststellungen als vereinbar gehalten, weil dieser Zeuge seinen Angaben zufolge nicht auf den Inhalt des betreffenden Gesprächs achtete (S 226); daß E die inkriminierte Drohung hätte hören müssen, behauptete die Zeugin C - dem Beschwerdevorbringen zuwider - nicht (vgl S 197 und S 209). Mit dem Hinweis, nach den Angaben der Zeugin C hätte die inkriminierte Nötigung der Zeugin zu einer falschen Beweisaussage erst nach der ersten Hauptverhandlung im Verfahren AZ 6 E Vr 942/83 (zu welcher die genannte Zeugin vorgeladen worden, aber nicht erschienen war) stattgefunden, will der Beschwerdeführer dem von ihm schon vor dem Schöffengericht der Aussage dieser Zeugin entgegengehaltenen Argument zum Durchbruch verhelfen, zu der ihm vorgeworfenen (jedoch geleugneten) Nötigung habe vor dem ersten Verhandlungstermin eher Anlaß und Gelegenheit bestanden als zu dem von der Zeugin behaupteten Zeitpunkt (vgl S 198). Damit unternimmt er aber, ohne einen dem Ersturteil anhaftenden Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes darzutun, lediglich einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Angriff gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung. Die Urteilsannahme einer (die Nötigung nach § 106 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierenden) Drohung mit dem Tod wird durch den Beschwerdeeinwand, Ingeborg C habe in der Voruntersuchung angegeben, zufolge der Drohung des Angeklagten, er werde ihr den Schädel einschlagen, wenn er ihretwegen ins Gefängnis komme, keinen Angriff auf ihr Leben, sondern bloß 'einige Faustschläge und Ohrfeigen' befürchtet zu haben (S 141), nicht in Frage gestellt. Denn für die Heranziehung dieser Qualifikation ist maßgebend, daß der Bedrohte in der konkreten Situation den (tätergewollten) Eindruck gewinnen konnte, es sei mit einem Angriff auf sein Leben zu rechnen (vgl Leukauf-Steininger StGB 2 § 106 RN 6 und 7); dies aber ist (im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) nach dem als erwiesen angenommenen Tatverhalten des Angeklagten, der ernstlich mit einem massiven lebensgefährdenden Angriff drohte (vgl S 224), zu bejahen.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, für die Annahme einer 'Nötigung' des Hans-Jürgen B bei dem Vorfall am 9. Mai 1984 (Faktum B/b) reichten die Urteilsfeststellungen nicht aus; es fehlten Konstatierungen zur inneren Tatseite. Im Spruch und in den Gründen des (als Einheit zu betrachtenden) Urteils kommt jedoch unmißverständlich zum Ausdruck, daß der Angeklagte am 9.Mai (ebenso wie am 27.April) 1984 Hans-Jürgen B vorsätzlich (in 'aggressiver Haltung': S 225) bedrohte, um (§ 5 Abs 2 StGB) ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen. Das Urteil enthält somit zum Schuldspurch B/b, der im übrigen nicht auf Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB) lautet, wie der Beschwerdeführer meint, sondern auf gefährliche Drohung (§ 107 Abs 1 StGB), alle erforderlichen Sachverhaltskonstatierungen auch in Ansehung der subjektiven Tatseite.

Zum Schuldspruch B/a (gefährliche Bedrohung des Hans-Jürgen B am 27.April 1984) läßt die Beschwerde, obzwar dieser Punkt des Urteils nicht (wie Punkt A) ausdrücklich von der Anfechtung ausgenommen wird, jeglichen Hinweis darauf, welche Umstände insoweit einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen (§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO), und damit eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Schließlich vertritt der Angeklagte die Auffassung, er hätte außer wegen schwerer Nötigung (C) nicht auch noch (in Idealkonkurrenz) wegen Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht (D) verurteilt werden dürfen. Dieser nicht näher begründete rechtliche Einwand (der Sache nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO) geht jedoch fehl:

Der Unrechtsgehalt des Tatverhaltens des Angeklagten gegenüber Ingeborg C wäre nämlich allein durch Unterstellung unter den Tatbestand der schweren Nötigung nach § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB nicht voll erfaßt; wurde doch hiebei neben dem durch den vorgenannten Tatbestand geschützten Rechtsgut der Willensfreiheit auch noch das weitere, Schutzobjekt des § 288 Abs 1 StGB bildende, Rechtsgut der Integrität der Rechtspflege beeinträchtigt. Der Angeklagte haftet daher neben der (hier: schweren) Nötigung auch wegen Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht (Pallin WK § 288 Rz 26 und die dort zitierte Judikatur; Leukauf-Steininger Komm z StGB 2 RN 35 zu 3 105, Kienapfel BT I 2 RN 90 zu § 105).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 106 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen des Angeklagten, die Begehung mehrerer Straftaten verschiedener Art und den raschen Rückfall, als mildernd ein Teilgeständnis des Angeklagten.

Auch die Berufung des Angeklagten, mit der er sowohl eine Herabsetzung des Strafausmaßes, als auch eine bedingte Strafnachsicht begehrt, ist nicht berechtigt.

Der Angeklagte vermag in seiner Berufung zugestandenermaßen keine weiteren, ihm zugutezuhaltenden Milderungsgründe aufzuzeigen; sie liegen auch nicht vor. Den erstgerichtlichen Strafzumessungsgründen ist vielmehr noch beizufügen, daß er eine der strafbaren Handlungen (Faktum C und D des erstgerichtlichen Urteilsspruches) während eines anhängigen Strafverfahrens beging, welchen Umstand er ebenso als erschwerend gegen sich gelten lassen muß wie jenen, daß er die gefährliche Drohung wiederholt verübte (Fakten B a und B b). Aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft sowie aus dem Akt AZ 6 E Vr 942/83 ergibt sich, daß der Angeklagte - nach Wiederaufnahme des vorerst infolge der abgenötigten falschen Beweisaussage der Ingeborg C mit Freispruch erledigten Strafverfahrens - mit dem Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 11.Dezember 1984, GZ 6 E Vr 942/83-28, wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100 S verurteilt wurde; mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 28.Mai 1985, AZ 7 Bs 169/85, wurde der Berufung der Anklagebehörde Folge gegeben und die Geldstrafe auf 60 Tagessätze erhöht.

Selbst unter der nunmehr gebotenen Bedachtnahme auf die im Verfahren AZ 6 E Vr 982/83 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis ergangene Entscheidung (§ 31, 40 StGB) erscheint die im vorliegenden Strafverfahren gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten keineswegs überhöht. Einer Herabsetzung konnte weder nach dem Schuld- und Unrechtsgehalt der im vorliegenden Strafverfahren dem Angeklagten zur Last fallenden Taten noch auch unter Bedachtnahme auf das Ergebnis des zuletzt erwähnten Strafverfahrens nähergetreten werden. Eine bedingte Strafnachsicht kommt bei dem durch eine Mehrzahl einschlägiger Vorverurteilungen, aber auch durch eine Vielzahl sonstiger Vorverurteilungen gekennzeichneten, besonders getrübten Vorleben des Angeklagten unter keinen Umständen in Betracht.

Anmerkung

E06175

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00067.85.0730.000

Dokumentnummer

JJT_19850730_OGH0002_0100OS00067_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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