TE OGH 1985/7/30 10Os68/85

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Veröffentlicht am 30.07.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manuela A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und 3, Abs. 2, Abs. 3 letzter Fall StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.Jänner 1985, GZ. 5 a Vr 9589/84-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Knob, der Angeklagten und des Verteidigers Dr. Adam zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Manuela A wird von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe in Wien

1.) am 10.April 1984 Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, die ein anderer durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hat, dadurch vorsätzlich an sich gebracht, daß sie sich ein goldenes Bettelarmband mit neun Anhängern im Wert von 10.000 S und eine goldene Halskette mit Kreuz im Wert von ca. 1.000 S von dem abgesondert verfolgten Wilfried B, der die genannten Gegenstände am 10.April 1984 durch einen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Alfred C erbeutet hatte, schenken ließ,

2.) am 11.April 1984 mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, wissentlich Sachen, die aus dem Erlös von Sachen, die ein anderer durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hat, angeschafft worden sind, an sich gebracht, indem sie sich aus dem Erlös des Verkaufes von Goldmünzen, die der abgesondert verfolgte Wilfried B durch den obzitierten Einbruchsdiebstahl erbeutet hatte, eine Damenleinenjacke im Wert von 989 S, eine schwarze Damenstoffhose im Wert von 598 S, ein T-Shirt im Wert von 398 S, ein Paar Damenschuhe im Wert von 399,50 S sowie einen Gürtel mit Nietenbeschlag in festzustellendem Wert von Wilfried B schenken und eine Zeche in festzustellender Höhe in einem Cafe bezahlen ließ,

und habe hiedurch das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und 3, Abs. 2, Abs. 3, letzter Fall StGB. begangen, gemäß § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften Urteil wurde die Angeklagte Manuela A des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und 3, Abs. 2, Abs. 3 letzter Fall StGB. schuldig erkannt.

Darnach liegt ihr zur Last, in Wien

1) am 11.April 1984 (nach den Entscheidungsgründen des erstgerichtlichen Urteiles: am 10.April 1984) Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, die der gesondert verfolgte Wilfried B durch einen Einbruchsdiebstahl erlangt hatte, dadurch verheimlicht zu haben, daß sie zwei Schmuckstücke im Wert von etwa 11.000 S, die ihr B schenkte, behielt,

2) am 11.April 1984 mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, wissentlich Sachen, die aus dem Erlös von Sachen, die B durch den oben angeführten Einbruchsdiebstahl erlangt hatte, angeschafft wurden, an sich gebracht zu haben, indem sie sich aus dem Erlös des Verkaufes von erbeuteten Goldmünzen Kleidungsstücke im Wert von mindestens etwa 2.400 S schenken und in einem Cafe eine Zeche nicht mehr feststellbarer Höhe von B bezahlen ließ.

Nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen verübte der jugendliche Wilfried B am 10.April 1984 einen Einbruchsdiebstahl, bei dem er Schmuck und Münzen im Gesamtwert von 35.000 S erbeutete. Aus der Beute schenkte er der Angeklagten noch am selben Tag zwei Schmuckstücke, wobei er ihr erklärte, von seiner Großmutter zum Ankauf einer Wohnung einen Betrag von 40.000 S erhalten zu haben, woran die Angeklagte nicht zweifelte. Am nächsten Tag kaufte B der Angeklagten die urteilsgegenständlichen Kleidungsstücke, die er aus dem Erlös des Verkaufes der aus dem Einbruchsdiebstahl stammenden Münzen bezahlte; er bezahlte ihr daraus auch in einem Cafe die Zeche. Noch am selben Tag, gegen 18 Uhr, erfuhr die Angeklagte, daß B einen Einbruchsdiebstahl verübt hatte und damit, daß der Schmuck aus der Beute stammte und der Einkauf der Kleidungsstücke und die Zeche aus dem Erlös der Beute finanziert worden waren. Sie behielt die geschenkten Sachen, die am nächsten Tag gegen 10 Uhr von der Polizei sichergestellt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen dieses Urteil gerichteten, auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Zu Punkt 2) des erstgerichtlichen Urteilssatzes wird der Angeklagten sogenannte Ersatzhehlerei im Sinn des zweiten Halbsatzes des § 164 Abs. 1 Z. 3 StGB. angelastet. Tathandlung ist - zum Unterschied zu § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. - hier allein das Ansichbringen einer Sache, die aus dem Erlös einer Beute aus einer der im § 164 Abs. 1 StGB. genannten strafbaren Handlungen angeschafft (oder für eine solche Beute eingetauscht) wurde. Bloßes Verheimlichen ist keine tatbestandsmäßige Begehungshandlung nach § 164 Abs. 1 Z. 3 StGB.

Den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen zufolge erfuhr die Angeklagte erst nach der Entgegennahme von Kleidungsstücken und nach der Bezahlung ihrer Zeche durch B, daß die Mittel hiezu aus dem Erlös eines Teils der Beute eines Einbruchsdiebstahls stammten (so insbes. S. 197 = US. 7). Das Erstgericht stellte in seinem Urteil allein auf ein Behalten der Sachen ab und ging dabei wieder auf die Frage der Bezahlung der Zeche überhaupt nicht ein. Es legte der Angeklagten somit insoferne rechtsirrig eine bloße Verheimlichungshandlung zur Last. Hinsichtlich des Ansichbringens aber wurde vom Erstgericht nichts anderes festgestellt als sogenannter dolus superveniens.

Der Angeklagten kann somit insoweit kein gerichtlich strafbares Verhalten zur Last gelegt werden.

Aber auch zum Schuldspruch laut Punkt 1) des erstgerichtlichen Urteilssatzes, der Sachen zum Gegenstand hat, die direkte Beute eines Einbruchsdiebstahls waren (§ 164 Abs. 1 Z. 2 StGB.) und hinsichtlich der auch ein Verheimlichen tatbestandsmäßig sein kann, sind die erstgerichtlichen Feststellungen für einen Schuldspruch nicht ausreichend.

Bloß passives Verhalten erfüllt nämlich nicht den Begriff des Verheimlichens im Sinn dieser Gesetzesstelle (SSt. 48/27 = ÖJZ-LSK. 1977/182 u.a.); es muß vielmehr eine aktive Tätigkeit hinzutreten, die die Wiedererlangung der Sache durch den Berechtigten erschwert, wie z.B. das Aufbewahren einer gestohlenen Sache (ÖJZ-LSK. 1976/218, 1975/141 u.a.).

Das Erstgericht konstatierte auch insofern nur ein 'Behalten', traf aber keine Feststellungen darüber, welche die Wiedererlangung durch den Berechtigten erschwerenden Handlungen die Angeklagte in der Zeit zwischen dem 11.April 1984, 18 Uhr (als sie vom Einbruchsdiebstahl BS erfuhr) und dem 12.April 1984, 10 Uhr (als die Schmuckstücke sichergestellt wurden), vorgenommen hatte. Schon deshalb mußte auch der Schuldspruch zu Punkt 1) des erstgerichtlichen Urteilssatzes einer Kassation verfallen. Da im bisherigen Verfahren nichts zutage gekommen ist, was die Annahme rechtfertigen könnte, daß ein erneuter Verfahrensgang noch Grundlagen für Feststellungen in der Richtung einer (aktiven) Verheimlichungshandlung der Angeklagten in der oben bezeichneten Bedeutung erbringen könnte, zumal sie nach den bisherigen Verfahrensergebnissen, denen keine sonstigen Anhaltspunkte entgegenstehen, ersichtlich unter erheblichen Alkoholeinfluß die Nacht in der Wohnung des Zeugen D verbrachte und den Schmuck am nächsten Morgen augenscheinlich am Leib trug (vgl. hiezu S. 166, 167, 186, 47, 55, 63-65), war auch in diesem Punkte sogleich in der Sache selbst zu erkennen und mit einem Freispruch von der gegen die Angeklagte erhobenen Anklage gemäß § 259 Z. 3 StPO. vorzugehen.

Anmerkung

E06180

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00068.85.0730.000

Dokumentnummer

JJT_19850730_OGH0002_0100OS00068_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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