Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Juli 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schrott als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 2 StGB. bei der vorläufigen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Dezember 1984, GZ. 3 c Vr 5031/84-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Gemäß § 362 Abs. 1 StPO. wird das Landesgericht für Strafsachen Wien ersucht, ein Gutachten eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie darüber einzuholen, ob der Angeklagte Herbert A zur Zeit der am 12.April 1984 verübten Tat wegen einer Geisteskrankheit, wegen Schwachsinns, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig war, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, und die Akten sodann dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen.
Text
Gründe:
Dem Obersten Gerichtshof liegen die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Herbert A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. Dezember 1984, GZ. 3 c Vr 5031/84-20, zur Entscheidung vor. Aus dem mit vorgelegten Vorakt AZ. 20 U 1520/83 des Strafbezirksgerichtes Wien ist ersichtlich, daß Herbert A in jenem Verfahren mit dem Urteil vom 3.Oktober 1983 (ON. 9) von dem wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung erhobenen Strafantrag gemäß § 259 Z. 3 StPO. rechtskräftig wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen wurde. Die Begutachtung seines Geisteszustandes durch den psychiatrischen Sachverständigen Prim.Dr. B hatte das Vorliegen eines schizophrenen Defektzustandes ergeben, dessen Symptome bei der Hauptverhandlung vom 3.Oktober 1983 vor dem Strafbezirksgericht Wien sinnfällig zutage getreten waren, und der auch für die Zeitpunkte der damals zur Beurteilung stehenden, mit Strafe bedrohten Handlungen des Angeklagten (9.Mai und 18.Juni 1983) angenommen wurde.
Rechtliche Beurteilung
Ungeachtet dessen, daß im nunmehrigen Strafverfahren keine gleichartigen (oder ähnlichen) Momente behauptet oder erhoben wurden, durch welche die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten A in Frage gestellt erschiene, ergeben sich für den Obersten Gerichtshof wegen der Art des im Strafverfahren AZ. 20 U 1520/83 des Strafbezirksgerichtes Wien konstatierten Zustandes erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im angefochtenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (implizit) zugrunde gelegten Annahme der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten A zum Zeitpunkt der Begehung der vorliegend urteilsgegenständlichen Straftat am 12.April 1984, somit nur rund ein halbes Jahr nach der oben angeführten, zur Annahme einer damals - durch längere Zeit hindurch - vorgelegenen Zurechnungsunfähigkeit führenden Begutachtung.
Diese Bedenken werden zum Anlaß der Anordnung einer entsprechenden Erhebung genommen (§ 362 Abs. 1 letzter Halbsatz StPO.).
Anmerkung
E07118European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00062.85.0730.000Dokumentnummer
JJT_19850730_OGH0002_0100OS00062_8500000_000