TE OGH 1985/8/28 1Ob622/85

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Veröffentlicht am 28.08.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und Hon.Prof. Dr. Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Wurz und Dr. Hofmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C, Brighton,

East Sussex, Großbritannien, vertreten durch Dr. Karl Josef Steger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hildegard D, Barbesitzerin, Linz, Flügelhofstraße 12, vertreten durch Dr. Heimo Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 192.804,34 samt Anhang infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. April 1985, GZ 3 a R 11/85-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7. Mai 1984, GZ 4 Cg 21/82-30, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagte betrieb im Jahre 1975 in Wien das Hotel E mit dem Nachtklub 'MADAME BAR'. Die im Barbetrieb tätigen Serviererinnen waren Angestellte der Beklagten, die Animiermädchen und reglementierten Prostituierten standen zur Beklagten in keinem Vertragsverhältnis. Da Kunden wiederholt mit F zu zahlen wünschten, trat die Beklagte an

die klagende Partei mit dem Ersuchen um Einbeziehung in den G heran. Die klagende Partei

übermittelte der Beklagten ein Offert folgenden Inhalts:

'Diese Vereinbarung enthält die Bedingungen für Ihre Teilnahme an dem G. Die H

wird nachfolgend als 'Karte' und die Person, auf deren Namen die Karte ausgestellt ist, als 'Karteninhaber' bezeichnet. Honorierung der Karten.

Sie erklären sich bereit, Karteninhabern die Dienste und Leistungen Ihres Unternehmers zu normalen Preisen zur Verfügung zu stellen, wenn die Karte

1.

Ihnen vor Verfalldatum vorgelegt wird;

2.

Ihnen nicht als widerrufen gemeldet ist;

3.

vom Karteninhaber unterzeichnet ist;

4.

den gleichen Namenszug aufweist wie der Belastungsbeleg, den der Karteninhaber bei Ihnen unterschreibt.

Wird die Karte auf diese Weise honoriert, dann entsteht für Sie ein Zahlungsanspruch gegen den Karteninhaber, den wir als 'Belastung' bezeichnen.

übernahme von Belastungen.

Sie übertragen alle Belastungen unserer Karteninhaber gemäß den unten aufgeführten Durchführungsbestimmungen auf uns und werden keinem Karteninhaber Dienste oder Leistungen unmittelbar in Rechnung stellen. Wir werden Ihnen den vollen Wert der Belastung (Gesamtrechnungsbetrag einschließlich Bedienung und Steuern) abzüglich des vereinbarten Disagios vergüten. Unsere Zahlungsverpflichtung aus der Belastung ist auf den Gesamtbetrag von US ü 200,-- (bzw. Gegenwert in Landeswährung zum Zeitpunkt der Honorierung der Karte) für jeden Tag des Aufenthaltes bzw. jeden einzelnen Verzehr eines Karteninhabers in Ihrem Hause beschränkt. Wir behalten uns vor, den genannten Höchstbetrag einer Belastung von Zeit zu Zeit durch schriftliche Anzeige zu ändern.

Sollte ein Karteninhaber während eines Tages oder eines Verzehrs in Ihrem Unternehmen Dienste oder Leistungen für mehr als US ü 200,-- (bzw. Gegenwert in Landeswährung zum Zeitpunkt der Honorierung der Karte) oder für mehr als den geänderten Höchstbetrag in Anspruch nehmen, müssen Sie vor Honorierung der Karte unsere Einwilligung einholen. Wir werden Ihnen von Zeit zu Zeit die Telefonnummern unserer Europa-Zentrale (oder Zentralen) mitteilen, wo Sie unsere Zustimmung einholen können. Wir verpflichten uns, mindestens eine Zustimmungs-Zentrale in Europa zu unterhalten, die täglich 24 Stunden besetzt ist. Wir übernehmen für eine Belastung keine Verpflichtungen, falls wir die für die Belastung erbetene Einwilligung ablehnen. Sollten wir dennoch solche Belastungen übernehmen, erfolgt die übernahme unter dem Vorbehalt des vollen Rückgriffs gegen Sie, unabhängig davon, ob uns zur Zeit der übernahme die Ablehnung der Zustimmung bekannt war oder nicht. Das gleiche gilt, wenn Sie es versäumen, unsere Einwilligung einzuholen. Wir haften nicht für Schecks, die Sie für Karteninhaber einlösen, sowie für Darlehen, die Sie Karteninhabern gewähren'. Dieses Anbot wurde mit einem Schreiben vom 22. Jänner 1975 angenommen, das die Unterschrift 'D' und die Stampiglie 'HOTEL E I D, 1020 Wien 2, Hofenedergasse 4' trägt.

Am 19. Mai 1979 kam der Karteninhaber Werner J aus London in das Lokal der Beklagten. Von der ihm insgesamt verrechneten Belastung von S 216.340,-- entfielen S 51.982,-- auf Getränke, S 20.358,-- auf Trinkgelder, S 127.000,-- auf Separeekosten von sechs Mädche. und S 17.000,-- auf eine Direktauszahlung an den Gast. Werner J zeichnete zwölf Belastungsbelege. Die Einwilligung der klagenden Partei zur Entgegennahme der Belastungen wurde nicht eingeholt. Die klagende Partei vergütete die eingesandten Belastungsbelege und überwies vorerst am 31. Mai 1979 den Betrag von S 203.359,60 (d.s. S 216.340,-- abzüglich S 12.980,40 Provision) an die Beklagte.

Die klagende Partei begehrt nach Abzug einer anerkannten Gegenforderung der Beklagten in der Höhe von S 10.555,26 den Betrag von S 192.804,34 samt Anhang und brachte vor, Werner J habe nachträglich nur eine Rechnung in der Höhe von S 6.279,-- anerkannt und behauptet, die verrechneten Leistungen nicht in Anspruch genommen zu haben. Die Beklagte habe durch die Ausstellung von zwölf Belastungsbelegen am 19. Mai 1979 gegen die Kreditvereinbarung verstoßen, da die Belastungen US ü 200,-- übersteigen und die vertraglich vorgesehene Ausnahmegenehmigung nicht eingeholt worden sei. Außerdem habe die Beklagte das Entgelt für unternehmensfremde Leistungen in der Höhe von S 164.358,-- weitergegeben und einen Scheck des Kreditkarteninhabers in der Höhe von S 17.000,-- eingelöst.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, Werner J habe die Rechnung am nächsten Tag überprüft und die Schecks ausgestellt. Sie selbst habe nur einen Betrag von S 51.982,-- erhalten, der Rest sei diversen Animiermädchen zugegangen, für die sie das Inkasso besorgt habe. Die Unterschrift am Vertragsanbot der klagenden Partei (Beilage B) stamme nicht von ihr, sondern von ihrer damaligen Geschäftsführerin Erika K. Mit ihr selbst sei es zu keiner Vereinbarung gekommen, wonach sie vor Einlösung bestimmter Schecks bei der klagenden Partei rückfragen müsse, noch habe sie von einer solchen Vereinbarung gewußt. Im übrigen hätte auch der klagenden Partei der außerordentliche hohe Betrag auffallen müssen. Bei rechtzeitiger Rückfrage beim Karteninhaber hätte sie zwar den ihr zustehenden Betrag von S 51.982,-- selbst eintreiben müssen, die Auszahlung der weiteren Beträge an die ihr zum Teil völlig unbekannten Mädchen hätte vermieden werden können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest:

Aufgrund des Ansuchens der Beklagten habe sich der Angestellte der klagenden Partei Paul L in das Etablissement der Beklagten begeben, die sich damals auf einer Fernostreise befunden habe. Paul L sei hierüber nicht informiert worden, die Verhandlungen mit ihm habe eine Dame geführt, die sich ihm gegenüber als Hildegard D vorgestellt habe. Dieser habe Paul L das Offert Beilage B, einen Fragebogen und ein Annahmeschreiben ausgehändigt. Paul L habe ausdrücklich darauf hingewiesen, daß pro Tag nur eine Belastung von US ü 200,-- akzeptiert werde; für den Fall der überschreitung dieses Betrages müsse eine entsprechende Genehmigung der Zentrale der klagenden Partei in England eingeholt werden, die Tag und Nacht erreichbar sei. In der Zeit zwischen 7,30 Uhr bis etwa 18,30 Uhr sei auch eine Genehmigungsstelle in Wien erreichbar. Seine Gesprächspartnerin habe den Fragebogen ausgefüllt und diesen sowie das Annahmeschreiben unterfertigt. Sie habe sich dabei auch der Firmenstampiglie 'HOTEL E, I D' bedient. Das Annahmeschreiben habe ausdrücklich auf die Kreditkartenvereinbarung Bezug genommen, die vollinhaltlich angenommen worden sei. In der Folge seien im Betrieb der Beklagten Imprintgeräte zur Ausstellung der Belastungsbelege aufgestellt worden. Bei dieser Gelegenheit habe Paul L noch einmal darauf hingewiesen, daß der Betrag von US ü 200,-- täglich nicht ohne Genehmigung überschritten werden dürfe. Nach ihrer Rückkehr von der Fernostreise sei die Beklagte über die Vertragsbedingungen informiert worden; es seien ihr auch die Vertragsunterlagen gegeben worden. Sie habe darauf in Kenntnis der Limitierung der Haftung der klagenden Partei und unter vollinhaltlicher Annahme ihrer Vorschläge eine bis 31. August 1979 andauernde Geschäftsverbindung mit der klagenden Partei aufgenommen. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Beklagte habe den Vertrag mit der klagenden Partei wenn schon nicht abgeschlossen, so doch nachträglich vollinhaltlich genehmigt. Der Rückforderungsanspruch der klagenden Partei ergebe sich aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und billigte die Beweiswürdigung des Erstrichters. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das Internationale Privatrecht, IPR-Gesetz, BGBl. 1978/304, abgeschlossene Vertrag sei nach dem Recht des Abschlußortes, somit nach österreichischem Recht zu beurteilen. Das Kreditkartengeschäft sei im österreichischen Rechtsbereich nicht speziell geregelt. Der typische Vertragsinhalt bestehe darin, daß sich Vertragsunternehmen verpflichten, Geschäfte, die zum Gegenstand ihres Geschäftsbetriebes gehören, mit Kreditkarteninhabern abzuschließen und für die Inanspruchnahme der Leistungen nicht sofortige Bezahlung durch den Kreditkarteninhaber zu fordern, sondern zunächst die Bezahlung von der Kreditkartengesellschaft zu verlangen, sofern der Kreditkarteninhaber eine gültige Kreditkarte vorweise, die Rechnung des Vertragsunternehmens unterschreibe und die Unterschriften auf der Rechnung und der Kreditkarte übereinstimmen. In der Unterfertigung der Rechnungen durch den Kreditkarteninhaber werde eine Anweisung gesehen. Eine Vereinbarung, wonach bei höheren Belastungen jeweils die Zustimmung des Kreditkarteninstituts einzuholen sei, sei keine unübliche Bedingung. Die Vereinbarung eines Belastungslimits unter Vorbehalt des vollen Rückgriffs sei vielmehr eine übliche Vereinbarung zwischen den Vertragsunternehmen und dem Kartenherausgeber. Die Beklagte habe mehrfach vertragswidrig gehandelt. Sie habe gegen Treu und Glauben Fremdleistungen in Rechnung gestellt, die nicht ihrem Unternehmen entstammten, sie habe verbotswidrig einen Scheck des Kreditkarteninhabers bar eingelöst und es unterlassen, die erforderliche Genehmigung zur Mehrbelastung einzuholen. Die Einlösung der Belastungen durch die Niederlassung der Klägerin in Österreich könne schon deshalb nicht als konkludente Genehmigung der überschreitung der betraglichen Höchstgrenze angesehen werden, weil dieser Fall ausdrücklich als Rückgriffsfall geregelt sei. Die klagende Partei habe sich den vollen Rückgriff auch bei Auszahlung des Betrages vorbehalten. Selbst wenn der klagenden Partei die außerordentliche Höhe der Summe auffallen mußte, ändere dies nichts daran, daß sich die Beklagte vertraglich zur Rückzahlung nicht vertragsgemäß ausgestellter Belastungen verpflichtet habe.

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Beklagten ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin wendet sich nicht gegen die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der zwischen den Streitteilen vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes, BGBl. 1978/304, in Österreich abgeschlossenen Vertrag den Bestimmungen des österreichischen Rechts unterliegt (Schwind, Handbuch des Österreichischen Internationalen Privatrechts 306 ff). Geltend gemacht wird, daß die Vertragsbestimmung, wonach ohne Zustimmung der klagenden Partei nur eine Belastung bis zum Höchstbetrag von US ü 200,-- akzeptiert werde, zwar nicht schlechthin, aber doch bei der gegebenen Art der Geschäftsbeziehung, die die Inanspruchnahme höherer Beträge erwarten lasse, als unüblich und daher gemäß § 864 a ABGB als nichtig zu beurteilen sei.

Das Bundesgesetz vom 8.3.1979, BGBl. Nr. 140, mit den Bestimmungen zum Schutze der Verbraucher getroffen werden (Konsumentenschutzgesetz - KSchG) trat nach seinem § 38 mit 1.10.1979 in Kraft. Es ist gemäß seinem § 39 Abs 1 auf Verträge, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen worden sind, nicht anzuwenden. Da der in Rede stehende Vertrag zwischen den Streitteilen (Beilage B) jedenfalls vor dem 1.10.1979 abgeschlossen wurde, gelangt auch die mit § 33 Z 1 KSchG geschaffene Bestimmung des § 864 a ABGB auf den vorliegenden Rechtsfall nicht zur Anwendung. Die Rechtssache ist vielmehr nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung zu beurteilen. Die Rechtsprechung hat schon vor dem Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes unübliche Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt, wenn der Hinweis auf sie undeutlich war (SZ 38/171; HS 6.238; JBl 1961, 635; Welser JBl 1979, 449). Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen war der Beklagten aber die Vertragsbestimmung über die Beschränkung der Belastung mit US ü 200,-- bekannt (S 162 d.A.). Das Berufungsgericht hat diese Feststellung übernommen und darauf hingewiesen, daß die Beklagte am 19.10.1978, also vor Ausstellung der Belastungsbelege durch Werner J, eine weitere Vereinbarung mit der klagenden Partei zur Teilnahme am G für ihr Lokal 'MAXIM' in

M abgeschlossen habe, die den Vorbehalt des Rückgriffs bei überschreiten des Betrages von S 3.500,-- vorsehe. War der Beklagten aber die in Rede stehende Klausel bekannt, stellt sich das Problem, ob diese Bestimmung als unüblich im Sinne der zitierten Rechtsprechung für rechtsunwirksam zu erklären wäre, nicht. Demnach sind aber die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben, so daß die Revision zurückzuweisen ist. Da die klagende Partei den Grund der Unzulässigkeit nicht erkannte, erweist sich die Revisionsbeantwortung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung als nicht erforderlich, so daß Kosten hiefür nicht gebühren (§§ 40, 41, 50 ZPO).

Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E06206

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00622.85.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19850828_OGH0002_0010OB00622_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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