TE OGH 1985/9/10 4Ob92/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl und Dr.Gamerith, sowie die Beisitzer Herbert Bauer und Mag.Karl Dirschmied als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Oskar A, Angestellter, Wiener Neustadt, Gustav Mahler-Gasse 1/1, vertreten durch Dr.Heinz Binishofer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Firma H. & E. B OHG in Salzburg, Ursulinenplatz 4, vertreten durch Dr.Reinhard Bruzek, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 177.000,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 21.Feber 1985, GZ.4 Cg 37/84-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wiener Neustadt vom 30.Juli 1984, GZ. Cr 112/82-17, teiweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens insgesamt zu lauten hat:

'1.) Die Forderung des Klägers gegen die beklagte Partei besteht mit S 37.0000,-- sA zu Recht und mit S 140.000,-- sA nicht zu Recht.

2.) Die Gegenforderung der beklagten Partei gegen den Kläger in Höhe von S 30.000,-- besteht nicht zu Recht.

3.) Die beklagte Partei ist daher schuldig, dem Kläger

S 37.000,-- brutto samt 4 % Zinsen seit 1.12.1981 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger weitere S 140.000,-- brutto samt 14 % Zinsen ab 1.12.1981, sowie weitere 10 % Zinsen aus S 37.000,-- seit 1.12.1981 zu bezahlen, wird abgewiesen.'

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei an Verfahrenskosten aller drei Instanzen S 41.194,65 (davon S 3.305,20 USt. und S 2.795,95 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei, die den Großhandel mit Schmuckwaren betreibt, seit November 1971 als Vertreter im Angestelltenverhältnis gegen Fixum und Provision beschäftigt. Es war seine Aufgabe, Schmuckwaren an Einzelhändler zu verkaufen. Am 27.9.1981 kündigte der Kläger das Dienstverhältnis zum 30.11.1981 auf. Am 7.10.1981 stellte der Kläger die ihm übergebene Reisekollektion zurück. Hiebei ergab sich ein Fehlbetrag von S 94.193,--. Der Kläger verpflichtete sich, diesen Betrag binnen vier Tagen an die beklagte Partei zu bezahlen. Der Kläger bezahlte innerhalb dieser Frist nur einen Betrag von S 39.685,-- in zwei Teilen. Mit den Schreiben vom 20. und 21.10.1981 sprach die beklagte Partei wegen nicht rechtzeitiger Bezahlung des Restbetrages von S 54.508,-- die Entlassung aus. Mit Schreiben des Klagevertreters vom 12.11.1981 erklärte der Kläger gemäß § 26 Z 2 AngG den vorzeitigen Austritt mit der Behauptung, daß das ihm zustehende Entgelt ungebührlich geschmälert worden sei.

Der Kläger behauptet, die Entlassung sei ungerechtfertigt ausgesprochen worden, weil die beklagte Partei nach der Unterfertigung der Verpflichtungserklärung über die Bezahlung des Betrages von S 94.193,-- wegen eines Provisionsguthabens des Klägers in Höhe von S 54.508,-- damit einverstanden gewesen sei, daß er vorläufig nur den Differenzbetrag bezahle. Außerdem habe die beklagte Partei die fristlose Entlassung am 27.10.1981 zurückgenommen. Er selbst sei wegen Vorenthaltens eines Teiles des Oktober- und Novemberbezuges berechtigt vorzeitig ausgetreten. Der Geschäftsführer der beklagten Partei habe nämlich Kenntnis davon gehabt, daß in die Bemessungsgrundlage des Urlaubsgeldes auch die Provision einzubeziehen sei.

Der Kläger begehrte zuletzt folgende, der Höhe nach außer Streit stehende Beträge:

1.) An entgangenem Gehalt vom 21.10.1981

bis 30.11.1981                               S  25.000,--

2.) an entgangener Provision in diesem

Zeitraum                                     S  12.000,--

3.) Abfertigung vier Monate a S 35.000,- S 140.000,--

zusammen                                     S 177.000,--

brutto s.A.

Ausdrücklich erklärte der Kläger (wie später noch näher auszuführen sein wird), das Begehren auf Zahlung einer Abfertigung nicht aus der ungerechtfertigten Entlassung, sondern nur aus seinem begründeten vorzeitigen Austritt abzuleiten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung des Klägers sei wegen Nichtabführung veruntreuter Gelder innerhalb der vereinbarten Frist berechtigt ausgesprochen und nicht zurückgenommen worden. Schon im Jahre 1974 habe sich beim Warenverkauf durch den Kläger ein Fehlbetrag von S 165.938,30 ergeben, den er in monatlichen Raten von S 2.000,-- an die beklagte Partei zurückerstattet habe. Sie habe keine Strafanzeige erstattet, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, die veruntreuten Beträge zurückzuzahlen. Die beklagte Partei wendete überdies eine Gegenforderung von S 30.000,-- ein, weil der Beklagte die im Vertrag vereinbarte Konkurrenzklausel verletzt habe. Für diesen Fall sei eine Konventionalstrafe in dieser Höhe vereinbart worden. Das Erstgericht stellte die Klagsforderung als zu Recht und die von der beklagten Partei eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest und gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens - statt. Es stellte fest, daß die Parteien nach der Rückzahlungsverpflichtung des Klägers über den Betrag von S 94.193,-- eine Verrechnung dieses Betrages mit dem Anspruch des Klägers auf Nachzahlung von Urlaubsentgelt ('Urlaubsprovision') vereinbart und die beklagte Partei in der Folge die Entlassung zurückgezogen habe. Die erste Instanz war der Ansicht, daß die - ohnehin zurückgezogene - Entlassung weder sachlich gerechtfertigt noch rechtzeitig ausgesprochen worden sei. Wenn auch der Kläger das Beschäftigungsverhältnis zuerst durch eigene Kündigung gelöst habe, habe er infolge ungerechtfertigter Entlassung durch die beklagte Partei Abfertigungsansprüche erworben. Infolge Unwirksamkeit der Entlassung seien auch die übrigen Ansprüche des Klägers berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers (gegen einen Teil der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens) nicht Folge, wohl aber der Berufung der beklagten Partei, und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs.1 Z 3 ArbGG von neuem und stellte folgenden wesentlichen, von den Feststellungen des Erstgerichtes in entscheidenden Punkten abweichenden Sachverhalt fest:

Der Kläger verpflichtete sich am 7.10.1981, den bei der Zurückstellung der Schmuckkollektion und Abrechnung der Verkäufe ermittelten Fehlbetrag von S 94.193,-- binnen vier Tagen auf das Konto der Fa.B einzuzahlen. Erich B, der Geschäftsführer der beklagten Partei, forderte den Kläger auf, seinen Resturlaub zu konsumieren, und teilte ihm mit, daß er noch Anspruch auf (Nach-)Zahlung von Urlaubsentgelt für die Jahre 1978 bis 1981 habe. Die Höhe dieser Forderung wurde dem Kläger damals noch nicht bekanntgegeben, weil sie ziffernmäßig noch nicht errechnet war. Eine Vereinbarung, daß der Kläger dieses Guthaben mit der Forderung der klagenden Partei auf Erstattung des Fehlbetrages von S 94.193,-- (ganz oder zum Teil) verrechnen dürfe und er daher binnen vier Tagen gar nichts oder nur einen Teil des Betrages von S 94.193,-- bezahlen müsse, wurde nicht getroffen. Der Kläger bezahlte binnen vier Tagen S 14.207,-- und S 25.478,--, sodaß mit Ablauf der von der beklagten Partei gesetzten Zahlungsfrist ein Betrag von S 54.508,-- offen war. Mit eigenem Schreiben vom 20.10.1981 und mit Schreiben ihres Rechtsanwaltes vom 21.10.1981 sprach die beklagte Partei die Entlassung des Klägers wegen 'nicht rechtzeitiger Abführung von Firmengeldern' aus. Der Vertreter der beklagten Partei forderte den Kläger zur Zahlung des offenen Betrages (samt Kosten) bis 30.10.1981 auf, und teilte ihm mit, daß der Kläger zu einer Aufrechnung ihm noch restlich zustehender Bezüge nicht berechtigt sei. Die beklagte Partei nahm die ausgesprochene Entlassung nie mehr zurück. Der Kläger war nach dem Inhalte des Dienstvertrages nicht berechtigt, von ihm kassierte Beträge mit seinen Gehaltsforderungen zu kompensieren, sondern verpflichtet Inkassobeträge stets und sofort abzurechnen und zu überweisen. Mit Schreiben vom 27.10.1981 widersprach der Klagevertreter dem Standpunkt der beklagten Partei, daß der Kläger seine offenen Entgeltforderungen nicht gegenverrechnen dürfe. Am selben Tag teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger mit, daß er Diäten und Treibstoffkosten in der Gesamthöhe von S 10.431,20 mit der offenen Schuld (teil-)verrechnen dürfe. Der Kläger wurde von der beklagten Partei bis einschließlich 23.10.1981 lohnbefriedigt. Bis dahin wurden sowohl der Gehalt als auch das restliche Urlaubsentgelt aus den Vorjahren berücksichtigt. Der Kläger erhielt unter Verrechnung von Forderungen und Gegenforderungen am 27.11.1981 den Restbetrag von S 337,68 überwiesen.

Mit Schreiben vom 12.11.1981 erklärte der Kläger durch seinen Rechtsanwalt den vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis wegen Schmälerung seines Entgelts, da die beklagte Partei seine Ansprüche im wesentlichen nur bis 23.10.1981 berücksichtigt habe. Der Kläger hatte ein Guthaben an restlichem Urlaubs'geld', weil die beklagte Partei infolge eines Rechtsirrtums der Ansicht war, Teile der vereinbarten Provision gehörten nicht zu dessen Bemessungsgrundlage. Nach Erkennen des Rechtsirrtums erteilte die beklagte Partei sogleich den Auftrag zur Neuberechnung und wechselte den Steuerberater.

Der Kläger verpflichtete sich im Dienstvertrag, nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der beklagten Partei während eines Jahres bei keinem anderen Unternehmer der gleichen Branche zu arbeiten und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Konventionalstrafe von S 20.000,-- zu bezahlen. Der Kläger nahm am 1.12.1981 einen Posten als Außendienstmitarbeiter eines branchengleichen Unternehmens an, das mit der beklagten Partei in Wettbewerb steht. Ob sich der Kläger vorher bemühte, einen Posten in einem Unternehmen zu bekommen, das nicht im Wettbewerb mit der beklagten Partei steht, kann nicht festgestellt werden; ebenso nicht, ob ihm im Zeitpunkte der Kündigung seines Dienstverhältnisses bereits bekannt war, daß er am 1.12.1981 bei einem Konkurrenzunternehmen die Arbeit aufnehmen werde.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, der Kläger habe sich durch die unverläßliche Finanzgebahrung einer Handlung schuldig gemacht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lasse. Als Untreue müsse angesehen werden, daß er innerhalb der ihm gestellten Leistungsfrist die zu Unrecht einbehaltenen Inkassobeträge nicht abgeliefert habe. Daß er Gegenansprüche gehabt habe, ändere am Vorliegen des Untreuetatbestandes nichts, weil er zur Verrechnung seiner Lohnforderungen mit den Firmengeldern der beklagten Partei nicht berechtigt gewesen sei. Die Entlassung sei auch rechtzeitig ausgesprochen worden. Der Kläger hätte vereinbarungsgemäß spätestens am 11.10.1981 den Inkassobetrag auf das Konto der beklagten Partei überweisen müssen. Die beklagte Partei habe vor Ausspruch der Entlassung die überweisungsdauer sowie die für die Verständigung durch die Bank erforderliche Zeit abwarten dürfen, um nicht voreilig das Dienstverhältnis aufzulösen. Dem Kläger stünden somit über den Entlassungstag hinaus keine Ansprüche zu. Bis zum 23.10.1981 habe der Kläger alle Forderungen bezahlt erhalten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist teilweise berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegt allerdings nach Beurteilung des erkennenden Senates nicht vor (§ 510 Abs.3 ZPO).

Teilweise berechtigt ist allerdings die Rechtsrüge, mit der sich der Kläger gegen die Ansicht der zweiten Instanz wendet, daß ein wichtiger Grund vorgelegen sei, der den Dienstgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt habe, und daß die Entlassung rechtzeitig ausgesprochen worden sei.

Die beklagte Partei stützte den Ausspruch der Entlassung auf 'nicht rechtzeitige Abführung von Firmengeldern' und behauptete im vorliegenden Verfahren, der Kläger habe, nachdem es schon im Jahre 1974 zur Nichtabführung von Firmengeldern in beträchtlicher Höhe gekommen sei, den am 7.10.1981 festgestellten Fehlbetrag von S 94.193,-- 'für sich verwendet'. Es handle sich um eine 'Unterschlagung' (= Veruntreuung) von Firmengeldern. Eine solche wurde aber vom Berufungsgericht nicht festgestellt. Erwiesen ist ledigich, daß nach Ablieferung der Reisekollektion durch den Kläger eine Gegenüberstellung der vom Kläger kassierten Beträge mit den abgelieferten durch überprüfung des Ist- und Sollbestands der Reisekollektion durchgeführt wurde und sich hiebei ein Fehlbetrag von S 94.193,-- ergab. Auf welche Ursachen dieser Fehlbetrag zurückzuführen ist, wurde nicht festgestellt. Der Entlassungsgrund nach § 27 Z 1 AngG kommt bei Auftreten eines Mankos nur dann in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalls dem Angestellten ein mit dem Fehlbetrag zusammenhängendes, schuldhaftes und pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, das so schwer wiegt, daß dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht länger zugemutet werden kann (Arb.5.544;

9.238; 4 Ob 11/78; Kuderna, Entlassungsrecht 89 f; Martinek-Schwarz,

AngG 190, 610). Auf bloße Verdachtsmomente kann die Entlassung nicht

gestützt werden; der Dienstgeber hat das Vorliegen des

Entlassungsgrundes zu beweisen (4 Ob 2/80).

Im vorliegenden Fall scheidet zwar eine Verantwortlichkeit

Dritter für den aufgelaufenen Fehlbetrag praktisch aus, doch erlaubt dies allein noch nicht den rechtlichen Schluß, daß der Abgang auf einem nicht nur objektiv pflichtwidrigen, sondern auch subjektiv vorwerfbarem Verhalten des Klägers von so schwerer Art beruht, daß dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht länger zugemutet werden konnte, weil die Ursachen eines Abgangs, insbesondere dann, wenn zahlreiche Geschäftsfälle, ein großer Warenbestand und viele Zahlungseingänge abzurechnen sind, mannigfachster Art sein können.

Dazu kommt, daß sich der Kläger bei Hervorkommen des Fehlbetrages zur Bezahlung des aufgetretenen Mankos binnen vier Tagen verpflichtete, innerhalb dieser Frist fast die Hälfte des Fehlbetrages abdeckte und der Rest durch die ihm gegen die beklagte Partei noch zustehenden Forderungen gedeckt war, mag er auch nicht zur Kompensation berechtigt gewesen sein. Da es sich hiebei um überfällige Urlaubsentgeltnachforderungen handelte, traf auch die beklagte Partei die Pflicht, das dem Kläger für die Jahre 1978 bis 1981 zustehende Guthaben unverzüglich zu berechnen und zur Auszahlung zu bringen. Es ging nicht an, den Kläger mit Schreiben vom 20.10.1981 wegen Nichteinhaltung eines Zahlungsversprechens zu entlassen und (erst) wenige Tage später das Restguthaben des Klägers, das einschließlich Diäten und Kosten die Forderung der beklagten Partei sogar überstieg, zu berechnen. Bei dieser Sachlage war es der beklagten Partei zumutbar, das vom Kläger ohnehin bereits zum 30.11.1981 gekündigte Dienstverhältnis bis zu diesem Termin festzusetzen.

Die Entlassung des Klägers am 20.10.1981 (21.10.1981) war daher nicht gerechtfertigt, sodaß auf die Frage der Rechtzeitigkeit ihres Ausspruchs nicht einzugehen ist. Zu Unrecht beruft sich der Revisionswerber allerdings darauf, die beklagte Partei habe diese Entlassung ohnehin wenige Tage später (offenbar mit seiner Billigung) zurückgezogen, sodaß das Dienstverhältnis erst durch den begründeten vorzeitigen Austritt am 12.11.1981 beendet worden sei, weil das Berufungsgericht eine Zurückziehung der Entlassungserklärung durch die beklagte Partei nicht feststellte. Die Austrittserklärung des Klägers vom 12.11.1981 ging dann aber ins Leere, weil sein Dienstverhältnis schon infolge Entlassung durch die beklagte Partei beendet wurde. Die Entlassung beendet nämlich, soweit der Angestellte nicht einen besonderen gesetzlichen Kündigungs- oder Entlassungsschutz genießt, das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung, auch wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt (SZ 49/139; Arb.9.707 ua).

Soweit es um die vom Kläger erhobenen vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt (samt Provision) bis 30.11.1981 geht, schadet ihm die verfehlte Ableitung dieser Ansprüche aus dem behaupteten vorzeitigen Austritt nicht, weil er sich auch darauf stützte, zunächst ungerechtfertigt entlassen worden zu sein. Daß dem Angestellten, der selbst gekündigt hat, dann aber während der Kündigungsfrist vom Arbeitgeber ungerechtfertigt entlassen worden ist, Kündigungsentschädigung nicht für den (längeren) Zeitraum gebührt, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen, sondern nur bis zu dem Tag, an welchem das Arbeitsverhältnis auf Grund der vorangegangenen Kündigung geendet hätte (Arb.9.471; Kuderna aaO 23; Martinek-Schwarz 656), ist vorliegend ohne Bedeutung, weil der Kläger über den 30.11.1981 hinaus Ansprüche ohnehin nicht geltend machte. Dem Kläger steht daher an Kündigungsentschädigung der der Höhe nach außer Streit gestellte Betrag von S 37.000,-- zu.

Anders verhält es sich mit dem Abfertigungsanspruch. Dem Angestellten, der selbst gekündigt hat, dann aber während der Kündigungsfrist vom Dienstgeber ohne wichtigen Grund (bzw. verspätet) entlassen wurde, gebührt zwar auch Abfertigung (Arb.8.936; 9.184; 9.471). Der Kläger erklärte aber in erster Instanz ausdrücklich, er leite aus der ungerechtfertigten fristlosen Entlassung (nach deren behaupteter Rücknahme) keinen Anspruch auf Abfertigung ab. Sein Abfertigungsanspruch sei erst dadurch entstanden, daß die beklagte Partei in der Folge sein Entgelt für Oktober und November 1981 ungebührlich geschmälert habe (S 25). Diese Erklärung änderte der Kläger in den Tatsacheninstanzen nicht. Er verwies zwar in der Berufungsmitteilung darauf, 'beide Ansprüche' (nämlich die Kündigungsentschädigung in Höhe von S 37.000,-- und die Abfertigung in Höhe von S 140.000,--) bestünden auch dem Grunde nach zu Recht, weil nach den Feststellungen des Erstgerichtes die Entlassung 'nicht gerechtfertigt bzw. zurückgenommen' worden sei, betonte aber wieder, er habe aus der ungerechtfertigten Entlassung und deren Rücknahme bisher keinen Abfertigungsanspruch abgeleitet, dieser sei erst durch den vorzeitigen Austritt entstanden (S 179 f). Damit hat aber der Kläger den Abfertigungsanspruch ausdrücklich auf den Rechtsgrund des begründeten vorzeitigen Austritts (vgl. § 23 Abs.7 AngG) beschränkt. Eine solche Beschränkung verhindert gemäß § 405 ZPO die Berücksichtigung anderer Rechtsgründe (SZ 42/138 uva). Der als Rechtsgrund des Abfertigungsanspruches herangezogene Austritt war aber unwirksam, weil das Dienstverhältnis des Klägers zu dieser Zeit bereits beendet war. Dem Kläger gebührt daher die geltend gemachte Abfertigung in Höhe von S 140.000,-- nicht.

Aber auch die Gegenforderung der beklagten Partei aus der mit dem Kläger für den Fall der Verletzung der Konkurrenzklausel vereinbarten Konventionalstrafe besteht nicht zu Recht. Daß die zwischen den Streitteilen vereinbarte Konkurrenzklausel (nach Maßgabe der bisher nicht geprüften Voraussetzungen des § 36 Abs.2 Z 1 AngG) zunächst infolge Dienstnehmerkündigung wirksam blieb, ändert nichts daran, daß das Dienstverhältnis in der Folge durch den Dienstgeber gelöst wurde, ohne daß der Kläger (s.o.) durch schuldbares Verhalten (im Sinne eines Entlassungsgrundes nach § 27 AngG) hiezu begründeten Anlaß gegeben hatte. Gemäß § 37 Abs.2 AngG kann daher die beklagte Partei die durch die Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Kläger nicht geltend machen.

Infolge Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen sind die Verfahrenskosten aller drei Instanzen (unter Bedachtnahme auf die Berufung des Klägers im Kostenpunkt) neu festzusetzen. Unter Berücksichtigung des erheblichen Verfahrensaufwands, den die von der beklagten Partei erfolglos eingewendeten bzw. wieder zurückgezogenen Gegenforderungen verursachten, erscheint es angemessen, für alle drei Instanzen von einem Obsiegen des Klägers mit rund einem Viertel auszugehen, sodaß er der beklagten Partei die Hälfte aller Verfahrenskosten zu ersetzen hat (§§ 43 Abs.1 und 2, 50 ZPO).

Anmerkung

E06525

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00092.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0040OB00092_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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