TE OGH 1985/9/11 3Ob78/85

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Veröffentlicht am 11.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Melber, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Matthias A, Pensionist, 8160 Weiz, Krottendorf, Sportplatzgasse 35, vertreten durch Dr.Alfred Gorscheg, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wider die verpflichtete Partei Elisabeth A, Hausfrau, 8160 Weiz, Krottendorf 98, wegen Versteigerung gemeinschaftlicher Fahrnisse, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 24.Mai 1985, GZ.4 R 153/85-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Weiz vom 29.März 1985, GZ.E 712/85-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß der ersten Instanz wiederhergestellt wird. Die verpflichtete Partei hat der betreibenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 2.959,20 (darin S 240,-- Barauslagen und S 247,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.

Text

Begründung:

Durch rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichtes B vom 20.4.1983, C 73/83, wurde die Eigentumsgemeinschaft der Parteien an 89 beweglichen Sachen (vornehmlich Hausratsgegenständen) durch gerichtliche Feilbietung aufgehoben.

Auf Grund dieses Urteils wurde der betreibenden Partei mit Beschluß des Titelgerichtes vom 10.7.1984, ON 1, wider die Verpflichtete 'gemäß § 352 EO' die Exekution durch gerichtliche Feilbietung (der ihnen je zur Hälfte gehörenden) oben genannten Gegenstände zum Zwecke der Auseinandersetzung bewilligt. In dem die Exekutionsbewilligung bestätigenden Beschluß führte das Gericht zweiter Instanz aus, das Exekutionsgericht habe nach Feststellung der Versteigerungsbedingungen die zuständige Gemeinde um die Durchführung des Verkaufes zu ersuchen und verwies dazu auf die Entscheidungen SZ 28/212 und 32/54.

Mit Beschluß vom 18.10.1984, ON 10, genehmigte das Exekutionsgericht die dem Exekutionsantrag angeschlossenen Versteigerungsbedingungen, welche die Versteigerung der genannten Fahrnisse nicht unter den einzelnen Schätz- und Ausrufspreisen vorsehen, wobei der Kaufpreis vom Meistbietenden sogleich bar zu erlegen ist und die Parteien den Erlös nach Abzug der Kosten des Versteigerungsverfahrens und allfälligen sonstigen Auslagen je zur Hälfte erhalten sollen. Im selben Beschluß sprach das Exekutionsgericht aus, daß die Gemeinde C um die Durchführung des Verkaufes ersucht wird.

Nach Rechtskraft dieses Beschlusses übermittelte das Exekutionsgericht Ausfertigungen des Exekutionsbewilligungsbeschlusses und des Beschlusses ON 10 dem Gemeindeamt C mit dem Ersuchen, den Verkauf durch die zuständige Gemeinde C nach den genehmigten, in einer Fotokopie beigelegten Versteigerungsbedingungen durchzuführen (ON 11). Dieses Ersuchen langte am 28.11.1984 bei der genannten Gemeinde ein. Mit gemeindeamtlich gesiegeltem Schreiben vom 20.2.1985, ON 12, teilte (Johann) D für den Bürgermeister der Gemeinde C ohne Begründung mit, daß sich diese

außerstande sehe, die Versteigerung durchzuführen. Dies wurde den Parteien zur Kenntnis gebracht.

Daraufhin beantragte die betreibende Partei die Durchführung des Verkaufes durch das Exekutionsgericht.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag (ON 13).

Die zweite Instanz änderte diesen Beschluß auf Rekurs der Verpflichteten dahin ab, daß es den Antrag der betreibenden Partei auf Durchführung des Verkaufs durch das Exekutionsgericht abwies. Das Rekursgericht sah die Tätigkeit des Gerichtes als mit der Genehmigung der Versteigerungsbedingungen und dem Verkaufsersuchen an die zuständige Gemeinde beendet an. Nach Art.118 Abs.3 Z 11 B-VG und den §§ 269 Abs.2, 270 AußStrG falle die Feilbietung beweglicher Sachen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (des Bürgermeisters). Das Erstgericht hätte daher den Verkauf durch das Gericht selbst nicht bewilligen dürfen. Wegen der Untätigkeit der zuständigen Gemeindeorgane seien die Parteien auf die ihnen im Verwaltungsverfahren zustehenden Antrags- und Rechtsmittelmöglichkeiten zu verweisen.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und daß der Revisionsrekurs zulässig sei und begründete den letzteren Ausspruch damit, daß zu der für die Rechtssicherheit wichtigen Frage, ob ein Fahrnisverkauf durch das Gericht selbst zulässig sei, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung voriege bzw. veröffentlicht sei.

Dagegen wendet sich der auf Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz gerichtete Revisionsrekurs der betreibenden Partei.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.

Nach § 843 ABGB ist die gemeinschaftliche Sache in einem solchen, 'Zivilteilung' genannten Fall 'vermittelst gerichtlicher Feilbietung zu verkaufen und der Kaufschilling unter die Teilhaber zu verteilen'.

Während die gerichtliche Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung durch § 352 EO unter Verweisung auf die §§ 272 bis 280 AußStrG ausdrücklich geregelt ist, findet sich in der Exekutionsordnung keine ausdrückliche Regelung der exekutiven Zivilteilung beweglicher Sachen (Klang in Klang 2 III 1134; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 217;

Heller-Berger-Stix III 2549; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 , 272; Gamerith in Rummel, ABGB Rdz 19 zu § 843).

Dabei handelt es sich um eine planwidrige, also nicht gewollte Lücke (Bydlinski in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 7; JBl.1976,490; 1977,379; EvBl.1977/251) der Exekutionsordnung. Nach § 7 ABGB muß daher in erster Linie 'auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle Rücksicht genommen werden' (Bydlinski a.a.O. Rdz 3 und 4). Dies führt zur Anwendung des die exekutive Versteigerung einer Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung regelnden § 352 ZPO auf die ähnliche exekutive Zivilteilung beweglicher Sachen (insbesondere Heller-Berger-Stix III 2549; SZ 28/212 und 37/77).

Ähnlich wie auf die Vollstreckung des Anspruches auf gerichtliche Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Zwecke der Auseinandersetzung nach der ausdrücklichen Anordnung im § 352 EO die §§ 272 bis 280 AußStrG anzuwenden sind, ist ein solcher Anspruch bei beweglichen Sachen unter sinngemäßer Anwendung des Siebenten Hauptstückes des Außerstreitgesetzes ('Von der freiwilligen Schätzung und Feilbietung') zu vollstrecken. Der in diesem Hauptstück stehende § 270 AußStrG gestattet die Verwendung der Gemeindevorsteher (heute Bürgermeister) zur Schätzung und Feilbietung beweglicher Sachen (arg.'.....können auch die Gemeindevorsteher verwendet werden.'). Diese Gesetzesstelle stellt eine der im § 3 AußStrG allgemein erwähnten Ermächtigungen dar, in denen eine Amtshandlung entweder vom Gericht selbst oder in seinem Auftrag von anderen Stellen (als Gerichtskommissär) vorzunehmen ist. Macht das Gericht im Einzelfall von dieser Ermächtigung Gebrauch, dann ist die Amtshandlung als Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereichs der Gemeinde nach Art.119 B-VG vom Bürgermeister zu besorgen (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen 2 -MGA-Anm.3 zu § 270). Es handelt sich dabei aber nicht um behördliche Aufgaben in Angelegenheiten der freiwilligen Feilbietung beweglicher Sachen, deren Besorgung der Gemeinde durch Art.118 Abs.3 Z 11 B-VG ausdrücklich im eigenen Wirkungsbereich gewährleistet sind, weshalb die Einschaltung der Bürgermeister bei der exekutiven Feilbietung beweglicher Sachen zum Zwecke der Auseinandersetzung entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht zwingend vorgeschrieben ist.

Ob das Exekutionsgericht die exekutive Zivilteilung beweglicher Sachen zur Gänze selbst vornimmt oder die Durchführung der Versteigerung dem Bürgermeister aufträgt, ist daher in jedem einzelnen Fall im Interesse eines möglichst ökonomischen Verkaufsverfahrens und -ergebnisses zu entscheiden.

Diese Meinung wird auch von einem Teil der Lehre vertreten:

So erklären Heller-Trenkwalder, Die Exekutionsordnung in ihrer praktischen Anwendung 3 ,1272, der Hinweis des § 352 EO auf die §§ 272 bis 280 AbhP bedeute nicht, daß bei der Zivilteilung beweglicher Sachen die freiwillige Feilbietung ausnahmslos durch die Verwaltungsbehörde geschehen müsse.

Klang in Klang 2 III 1134 und Glassl, ImmZ 1971,232 halten (nur) in den im § 269 Abs.2 AußStrG bezeichneten Fällen die Versteigerung von Fahrnis zwecks Auseinandersetzung für zulässig, wobei sie allerdings zu wenig darauf Bedacht nehmen, daß § 269 AußStrG abweichend von § 270 AußStrG von der freiwilligen Versteigerung handelt.

Hofmann, Exekution zur Aufhebung einer Gemeinschaft, Rechtslexikon (4 und 6), führt aus, das Gericht könne um die Durchführung der Versteigerung beweglicher Sachen die Verwaltungsbehörde (Gemeinde) ersuchen.

Heller-Berger-Stix III 2549 meinen, das Exekutionsgericht solle nach Rechtskraft seiner Entscheidung über die Versteigerungsbedingungen in der Regel.....die Gemeinde......um den Vollzug ersuchen, doch sei '§ 269 Abs.2 AußStrG' nicht zwingend. Wo z.B. ein Dorotheum bestehe, sei es für die Parteien besser und billiger, dieses um den Verkauf zu ersuchen.....Ein Verkauf durch die Gemeinde könne ein viel geringeres Ergebnis bringen. Jedenfalls sollten die Sachen nicht unmittelbar vom Gericht verkauft werden. Pollak, Zivilprozeßrecht 2 III 1025 dürfte überhaupt nur einen unmittelbaren gerichtlichen Verkauf für zulässig erachten. Nur Petschek-Hämmerle-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht,217 und Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2 ,272, erwähnen nur den Vollzug der vom Exekutionsgericht bewilligten Versteigerung durch die Gemeinde (auch sie nehmen zu wenig auf den Unterschied zwischen freiwilliger und exekutiver Feilbietung Bedacht).

Der Oberste Gerichtshof sprach in der Entscheidung SZ 32/54 aus, daß das Exekutionsgericht die Versteigerungsbedingungen festzustellen und um die Durchführung die zuständige Gemeinde zu ersuchen habe, ließ die letztere Frage aber in seiner Entscheidung SZ 28/212 ausdrücklich ungelöst. Der erkennende Senat hält aus den oben dargestellten Gründen sowohl eine direkte Versteigerung durch das Exekutionsgericht als auch die Durchführung der Versteigerung durch den vom Exekutionsgericht - unter sinngemäßer Heranziehung des § 270 AußStrG - beauftragten zuständigen Bürgermeister für zulässig.

Im vorliegenden Fall hat das Exekutionsgericht die zuständige Gemeinde C zunächst um die Durchführung der Versteigerung ersucht, doch teilte die Gemeinde rund drei Monate nach Einlangen des gerichtlichen Ersuchens mit, sich außerstande zu sehen, die Versteigerung durchzuführen.

Im Hinblick auf das Untätigbleiben der genannten Gemeinde hat das Erstgericht auf Antrag der betreibenden Partei im Interesse einer Beendigung des durch die verpflichtete Partei und die erwähnte Gemeinde erheblich verzögerten Verfahrens ohne Rechtsirrtum die direkte Versteigerung der zu teilenden beweglichen Sachen durch das Exekutionsgericht bewilligt.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluß durch Wiederherstellen der erstgerichtlichen Entscheidung abzuändern.

Nach § 352 a 1.Satz EO ist im Teilungsverfahren nach §§ 351 und 352 EO deren § 74 nicht anzuwenden. Nach § 78 EO und den §§ 41,50 und 52 Abs.1 ZPO hat jedoch die Verpflichtete ihrem Gegner die Kosten seines erfolgreichen Revisionsrekurses im durch den im Ergebnis unbegründeten Rekurs der Verpflichteten ausgelösten Zwischenstreit zu ersetzen.

Anmerkung

E06516

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00078.85.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19850911_OGH0002_0030OB00078_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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