TE Vwgh Beschluss 2005/6/28 2003/01/0542

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Veröffentlicht am 28.06.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

ABGB §531;
AVG §68 Abs2;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
StbG 1985 §26 Z1;
StbG 1985 §27 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, in der Beschwerdesache des mittlerweile verstorbenen DI W S, zuletzt in B, vertreten durch Jarolim Singer Specht, Rechtsanwälte GmbH in 1020 Wien, Obere Donaustraße 63, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. Mai 2003, Zl. MA 61/III-S 2/2000, betreffend Feststellung des Verlustes der Staatsbürgerschaft und Aufhebung der Bewilligung hinsichtlich deren Beibehaltung gemäß § 68 Abs. 2 AVG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Ersatz von Aufwendungen findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer seine österreichische Staatsbürgerschaft durch den Erwerb der slowakischen Staatsangehörigkeit am 27. September 2000 gemäß § 27 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) verloren habe. Gleichzeitig hob sie ihren Bescheid vom 20. Juli 2000, mit welchem dem Beschwerdeführer die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes der slowakischen Angehörigkeit bewilligt worden war, gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf.

Dazu führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 25. Jänner 2000 die Bewilligung der Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes der slowakischen Staatsangehörigkeit beantragt. Diesem Antrag habe die Wiener Landesregierung stattgegeben. Der Beibehaltungsbescheid vom 20. Juli 2000 sei dem Beschwerdeführer über Vermittlung der österreichischen Botschaft in Pressburg am 16. Mai 2001 durch persönliche Ausfolgung zugestellt worden.

Bereits am 27. September 2000 habe der Beschwerdeführer jedoch über seinen Antrag die slowakische Staatsangehörigkeit erworben. Dadurch habe er gemäß § 27 Abs. 1 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft verloren und habe der erst danach erlassene Beibehaltungsbescheid keine Rechtswirkungen mehr erzeugen können. Einer Anregung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten und der österreichischen Botschaft in Pressburg folgend habe die belangte Behörde im Übrigen überprüft, ob die im August 2000 erfolgte telefonische Verständigung des Beschwerdeführers über den Beibehaltungsbescheid durch einen Mitarbeiter der österreichischen Botschaft in Pressburg unter Heranziehung slowakischer Zustellvorschriften als Zustellung interpretiert werden könne. Davon sei jedoch - auf Grund einer im Einzelnen dargestellten Stellungnahme des Innenministeriums der slowakischen Republik vom 17. Juli 2002 - nicht auszugehen.

Nach Einleitung des Vorverfahrens über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde übermittelte das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten dem Verwaltungsgerichtshof die Kopie eines Totenscheines, aus dem zu ersehen ist, dass der Beschwerdeführer am 31. Mai 2004 in Shanghai verstorben ist.

Dazu erklärte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, die Verlassenschaft nach dem verstorbenen Beschwerdeführer beabsichtige, in das anhängige Beschwerdeverfahren einzutreten. Es bestehe nach wie vor Interesse an einer Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde, weil Ansprüche der Witwe und des adoptierten Sohnes des Beschwerdeführers auf Witwen- bzw. Halbwaisenpension gegenüber den österreichischen Sozialversicherungsträgern zu prüfen seien. Hiebei sei die Frage, ob bzw. wie lange der Verstorbene österreichischer Staatsbürger gewesen sei, nicht unerheblich. Darüber hinaus erwäge die Verlassenschaft die Prüfung von Amtshaftungsansprüchen gegenüber der Republik Österreich. Dem Verstorbenen seien zuletzt, insbesondere in der Zeit, als die slowakische Republik noch nicht Mitglied der Europäischen Union gewesen sei, nachweislich lukrative, berufliche Angebote seitens international tätiger, österreichischer Großunternehmen lediglich aus dem Grund verwehrt geblieben, da ihm die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt worden sei. Auch in diesem Zusammenhang sei eine endgültige Klärung der Frage der österreichischen Staatsbürgerschaft des Verstorbenen sowie insbesondere auch die rechtliche Bewertung der Umstände ihrer Aberkennung von Nöten.

Mit diesen Argumenten wird übersehen, dass die Rechts-, und damit auch die Parteifähigkeit des Beschwerdeführers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch seinen Tod erloschen ist. Über eine Beschwerde kann jedoch ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Zeitpunkt der Einbringung nicht mehr meritorisch entschieden werden, wenn der Beschwerdeführer verstorben und kein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des Beschwerdeführers in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift. In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet eine Rechtsnachfolge nicht statt, womit auch eine Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. zum Ganzen: Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 81f; weiters die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 2001, Zl. 2000/02/0340, und vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/0745, die hg. Beschlüsse vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0265, vom 13. März 1990, Zl. 89/11/0277, und vom 24. Juni 2004, Zl. 2001/20/0151; ebenso etwa die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1982, B 307/77 (Slg. 9332), und vom 29. September 1998, B 500/97 (Slg. 15250)).

Auch die im vorliegenden Verfahren strittige Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft war ein höchstpersönliches Recht des Verstorbenen, hinsichtlich dessen eine Fortsetzung des Verfahrens durch die Verlassenschaft nicht erfolgen kann, und zwar ungeachtet der in der Äußerung der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers angeführten Umstände zur Begründung eines aufrechten Interesses an einer Entscheidung. Ergänzend ist allerdings anzumerken, dass die Relevanz der im anhängigen Verfahren strittigen Rechtsfrage für allfällige Witwen- bzw. Halbwaisenpensionsansprüche auch nicht konkret dargelegt wurde, und die Verfolgung von Amtshaftungsansprüchen der behaupteten Art, bei der die Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides von Bedeutung sein kann, durch diesen Beschluss nicht gehindert wird.

Das Verfahren über die gegenstandslos gewordene Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluss einzustellen.

Ein Kostenzuspruch hatte gemäß § 58 VwGG zu entfallen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 24. September 2003, Zl. 2003/04/0064).

Wien, am 28. Juni 2005

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003010542.X00

Im RIS seit

20.09.2005

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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