TE OGH 1985/9/11 3Ob574/85

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Veröffentlicht am 11.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Melber, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A, Schottenring 10, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Helmut B, Elektronikvertreter,

2. Christl B, Filialleiterin, 3. Elisabeth C, im Haushalt, 4. Ludwig C, Pensionist, und 5. Edith D,

Angestellte, alle Hadersdorfer Hauptstraße 124, 1140 Wien, alle vertreten durch Dr.Walter Mardetschläger und Dr.Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 400.000,--, infolge Revision der erst-, zweit-, dritt- und viertbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. Februar 1985, GZ 12 R 17/85-21, womit infolge Berufung der erst-, zweit-, dritt- und viertbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 13.November 1984, GZ 5 Cg 315/83-17, als Teilurteil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien Helmut B, Christl B, Elisabeth C und Ludwig C sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.625,98 (darin S 1.424,18 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Bank begehrte von den fünf Beklagten als Gesamtschuldnern, denen im Mai 1979 ein Darlehen von S 795.000,-- zugezählt worden war, die Zahlung von zunächst S 400.000,-- samt 15 % Zinsen seit dem 30.4.1983. Sie habe wegen Verzuges der Beklagten mit der Zahlung der vereinbarten Tilgungsraten von dem der Bank eingeräumten Recht Gebrauch gemacht, ihre Rückzahlungsforderung fällig zu stellen. Sie mache von dem geschuldeten Kapitalbetrag zum 30.4.1983 von S 822.899,-- samt Zinsen vorerst nur den Teilbetrag von S 400.000,-- und die auf 15 % erhöhten Verzugszinsen geltend. Die Beklagten beriefen sich darauf, daß die mit Klage geltend gemachte Forderung nicht fällig sei. Sie hätten die vereinbarten Ratenzahlungen eingehalten. Die klagende Bank habe Stundung gewährt. Das Erstgericht verhielt die Beklagten zur Zahlung des Betrages von S 400.000,-- samt 12 % Verzugszinsen seit dem 30.4.1983 und wies das Zinsenmehrbegehren ab. Das Erstgericht stellte fest, daß nach Inhalt des Darlehensvertrages die Tilgung von Kapital und Zinsen durch Zahlung von 240 Teilbeträgen von S 7.153,-- jeweils am Fünfzehnten eines jeden Monats ab dem 15.5.1980 erfolgen sollte und die Bank berechtigt war, das ganze noch nicht getilgte Darlehenskapital fällig zu stellen, wenn mehr als eine Monatsrate rückständig ist. Die Beklagten haben die im November und Dezember 1982 sowie im Jänner, Februar und März 1983 fällig gewordenen Tilgungsraten nicht bezahlt. Bei einer Vorsprache der Drittbeklagten am 1.2.1983 erklärte sich der Bearbeiter der klagenden Bank bereit, daß die rückständigen Raten bis Ende Februar 1983 gestundet werden. Die Klägerin bestätigte in ihrem an die Drittbeklagte gerichteten und dieser zugegangenen Schreiben vom 4.2.1983 die Stundungsvereinbarung und wies darauf hin, daß die Fälligstellung des Real-Sofort-Kredites ausgesprochen werde, wenn die bis dahin fälligen Monatsraten bis 28.2.1983 nicht beglichen seien.

Bis Ende März 1983 leisteten die Beklagten keine Zahlung. Die Klägerin stellte den Betrag des aushaftenden Darlehens am 31.3.1983 zur Rückzahlung bis 30.4.1983 fällig und legte eine Forderungsaufstellung über ihre zum 30.4.1983 mit S 822.899,-- errechnete Forderung bei. Die Beklagten leisteten ab April 1983 monatliche Zahlungen, blieben jedoch gegenüber dem Ratenplan im Rückstand. Erst am 8.11.1983 bezahlten die Beklagten S 33.000,-- und S 11.985,--. Am 18.11.1983 teilte die Klägerin der Drittbeklagten mit, die ratenweise Rückführung des inzwischen am 22.9.1983 eingeklagten Kredites sei nur unter der Voraussetzung möglich, daß der durch den Verzug aufgelaufene Rückstand von S 35.852,-- und die Anwaltskosten sofort bezahlt werden. Diese Zahlung haben die Beklagten damals nicht geleistet. Ein Teilbetrag von S 400.000,-- an Kapital ist jedenfalls unberichtigt, eine Zurücknahme der Fälligstellung nicht erfolgt.

Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen kam das Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, daß die klagende Bank von dem vertraglich vereinbarten Recht Gebrauch machen durfte, die aushaftende Forderung fällig zu stellen, weil die Beklagten am 28.2.1983 jedenfalls mit . hr als einer Monatsrate in Rückstand waren, und daß eine Zurücknahme dieser Fälligstellung nicht zustande kam. Die Beklagten hätten daher als Gesamtschuldner der Bank den eingeklagten Teilbetrag von S 400.000,-- samt Zinsen zu leisten.

Das Berufungsgericht gab der nur von dem Erstbeklagten, der Zweitbeklagten, der Drittbeklagten und dem Viertbeklagten erhobenen Berufung teilweise Folge: Es bestätigte das angefochtene Urteil des Erstrichters, das in seinem die Fünftbeklagte treffenden Ausspruch unberührt blieb, als Teilurteil insoweit, als auch der Erstbeklagte, die Zweitbeklagte, die Drittbeklagte und der Viertbeklagte zur ungeteilten Hand mit der Fünftbeklagten zur Zahlung des Kapitalsbetrages von S 400.000,-- an die Klägerin verpflichtet wurden, hob aber das Urteil im Umfange der Anfechtung in der stattgebenden Zinsenentscheidung auf und verwies die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht.

Das Berufungsgericht meinte, es stehe fest, daß von dem gemeinsam in Anspruch genommenen Darlehen zur Zeit des Schlusses der Verhandlung vor dem Erstgericht jedenfalls ein S 400.000,-- übersteigender Betrag nicht zurückerstattet war. Die Berufung sei daher nur darin begründet, daß Feststellungen fehlten, wie weit durch die Zahlungen der Beklagten nach dem 30.4.1983 Zinsenforderungen der Klägerin aus dem fällig gestellten Kapital berichtigt wurden. Die eingeklagte Teilforderung an Kapital sei aber davon nicht betroffen, weil die Regel des § 1416 ABGB nicht auf die Einklagung des Teils einer aushaftenden Gesamtkapitalforderung angewendet werden könne. Sollten die von den Beklagten geleisteten weiteren Zahlungen zur Tilgung aller fällig gewordenen Zinsen ausgereicht und daher auch noch zur Verringerung der Kapitalforderung geführt haben, bleibe nach den Tatsachenfeststellungen insgesamt jedenfalls eine den eingeklagten Teilbetrag von S 400.000,-- übersteigende Kapitalforderung der Klägerin offen. Zahlungen zur Tilgung des Teilbetrages heranzuziehen, sei die Klägerin nicht verpflichtet. Dieses Teilurteil bekämpfen der Erstbeklagte, die Zweitbeklagte, die Drittbeklagte und der Viertbeklagte mit ihrer auf Abänderung in die Abweisung des auf Zahlung von S 400.000,-- gerichteten Begehrens, hilfsweise auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung an das Erstgericht abzielenden Revision.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die allein erhobene Rechtsrüge der Revisionswerber wiederholt ihre schon in der Berufung vorgetragene Forderung, daß Zahlungen der Beklagten nach dem 31.3.1983 deshalb, weil sie immer auf die dringendere Schuld anzurechnen seien, auch beim eingeklagten Teilbetrag des Anspruchs der Bank auf Rückzahlung des zugezählten Darlehens berücksichtigt werden müßten.

Das Berufungsgericht hat zutreffen und ohne Rechtsirrtum erkannt, daß die Anrechnungsregel des § 1416 ABGB, wonach von mehreren Kapitalien dasjenige abgerechnet werden soll, welches schon eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten beschwerlich fällt, dann versagt, wenn der Gläubiger nur eine einzige Kapitalforderung gegen den/die Schuldner besitzt und von dieser zunächst einen Teilbetrag gerichtlich geltend macht. Steht fest, daß bei Schluß der Verhandlung erster Instanz selbst bei Berücksichtigung aller Zahlungen der Beklagten deren Schuld mit einem S 400.000,-- übersteigenden Kapitalbetrag aushaftete, können sie sich nicht darauf berufen, sie hätten mit Teilzahlungen zur Darlehenstilgung gerade den eingeklagten Teilbetrag verringern wollen. Die zweite Regel des § 1416 ABGB setzt nämlich voraus, daß mehrere Schuldposten vorhanden sind (Koziol-Welser I 6 , 215; Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 1416). Selbst wenn die Beklagten, was sie im maßgebenden Zeitpunkt vor Schluß der Verhandlung nie behauptet haben, Zahlungen mit der Widmung an die Klägerin geleistet hätten, damit den eingeklagten Teil der ausstehenden Schuld abstatten zu wollen, hätte dies nur wieder dazu führen können, daß die Klägerin durch Klagsausdehnung entsprechende Teile der noch nicht gerichtlich eingeforderten Darlehensforderung zur Auffüllung ihres ohnedies nur auf Zahlung eines Teilbetrages (vgl. § 55 Abs 3 JN) gerichteten Klagebegehrens verwendet hätte. Dazu war die Klägerin aber nicht veranlaßt, weil sie davon ausgehen konnte, daß ihr Klagebegehren, das auf Zahlung des unbeglichenen Teils ihrer Kapitalforderung gerichtet war, so lange voll berechtigt ist, als nicht von der ihr insgesamt zustehenden Kapitalforderung nur mehr ein unter S 400.000,-- abgesunkener Teilbetrag unberichtigt aushaftete. Davon kann aber nach der - selbst von den Beklagten nicht

bestrittenen - Tatsachenfeststellung nicht die Rede sein. Daß auch das Berufungsgericht die Teilforderung von S 400.000,-- als gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus dem Darlehensvertrage berechtigt angesehen und in diesem Umfange das stattgebende Urteil des Erstgerichtes als Teilurteil bestätigt hat, ist das Ergebnis einer richtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Der Revision muß deshalb ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und 50 ZPO. Nach § 392 Abs 2 und § 52 Abs 2 ZPO besteht kein Anlaß für einen Vorbehalt der Kostenentscheidung, weil die Beklagten in Ansehung des gesamten Kapitalsbetrages auch im Revisionsverfahren vollständig unterlegen sind.

Anmerkung

E06380

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00574.85.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19850911_OGH0002_0030OB00574_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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