TE Vwgh Beschluss 2005/6/28 2005/05/0140

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Veröffentlicht am 28.06.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
23/04 Exekutionsordnung;

Norm

B-VG Art132;
EO §15;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des Andreas Müllner in Burgau, vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bundesminister für Gesundheit und Frauen, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Feststellung gemäß § 15 EO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

In der vorliegenden Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG wird Folgendes vorgebracht: Die Steiermärkische Krankenanstalten GmbH (KAGES) sei rechtskräftig verurteilt worden, dem Beschwerdeführer EUR 50.000,-- samt Anhang zu bezahlen. In einem daraufhin gegen die KAGES geführten Exekutionsverfahren (zuletzt bezüglich noch aushaftender Kosten von EUR 946,32 und EUR 27,26) sei der Beschwerdeführer vom Exekutionsgericht aufgefordert worden, eine Erklärung im Sinne des § 15 EO von der zuständigen Verwaltungsbehörde einzuholen, weil es sich bei der KAGES um eine geschützte Anstalt im Sinne des § 15 EO handle, sodass die Exekution nur hinsichtlich solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden dürfe, die ohne Beeinträchtigung der durch die Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet werden könnten. Über den Antrag des Beschwerdeführers habe der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 23. August 2004 dahin entschieden, dass sämtliche Vermögensbestandteile der KAGES als Rechtsträgerin der öffentlichen und gemeinnützigen Krankenanstalt Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz, Klinische Abteilung für plastische Chirurgie, der Wahrung öffentlicher Interessen dienten und daher nicht der Exekution unterlägen. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer am 9. September 2004 "rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung ... eingebracht". Seitens des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung sei die Berufung "an die zuständige Berufungsinstanz, das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, am 21.9.2004 übermittelt" worden. Die sechsmonatige Frist zur Entscheidung über die Berufung beginne im Falle der rechtzeitigen Einbringung bei der Behörde erster Instanz zu laufen, weshalb die belangte Behörde als Berufungsbehörde "nunmehr seit über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten untätig" sei.

Dieser Beschwerde war die schon genannte Berufung beigelegt, die auszugsweise lautet:

     "... erhebt der Antragsteller ... gegen den Bescheid des

Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 23.8.2004 ...

nachstehende Berufung an den Landeshauptmann ...

     ... stellt der Antragsteller daher nachstehende Anträge:

Der Landeshauptmann als Berufungsbehörde möge ...

den angefochtenen Bescheid abändern ..."

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen als oberste Behörde im Sinn dieser Bestimmung bezeichnet. Die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG setzt voraus, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine falsche Bezeichnung der belangten Behörde bei Erhebung der Säumnisbeschwerde nicht verbesserungsfähig (vgl. den hg. Beschluss vom 31. März 2005, Zl. 2004/03/0046, mwN). Eine Säumnisbeschwerde ist nur dann zulässig, wenn die belangte Behörde verpflichtet war, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheides zu entscheiden (hg Beschluss vom 9. November 2004, ZL. 2002/12/0235).

Zu prüfen ist daher, ob die belangte Behörde verpflichtet war, über die Berufung des Beschwerdeführers zu entscheiden.

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten (auszugsweise) wie folgt:

a) § 15 Exekutionsordnung (Stammfassung):

"Gegen eine Gemeinde oder gegen eine durch Ausspruch einer Verwaltungsbehörde als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt kann die Exekution zum Zwecke der Hereinbringung von Geldforderungen, falls es sich nicht um die Verwirklichung eines vertragsmäßigen Pfandrechtes handelt, nur in Ansehung solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden, welche ohne Beeinträchtigung der durch die Gemeinde oder jene Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet werden können. Zur Abgabe der Erklärung, inwieweit letzteres hinsichtlich bestimmter Vermögensbestandteile zutrifft, sind die staatlichen Verwaltungsbehörden berufen."

b) Justizministerialverordnung vom 6. Mai 1897, RGBl. 153, betreffend die Exekution gegen Gemeinden und gegen als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalten:

"Öffentliche und gemeinnützige Anstalten.

§ 2.

Als Anstalten, welche im Sinne des § 15 der Executionsordnung von der Verwaltungsbehörde als öffentlich und gemeinnützig erklärt werden können, kommen insbesondere in Betracht: Stiftungs- und Privatspitäler, Gebär- und Findelanstalten, Armen-, Versorgungs- und Siechenhäuser, Siechenanstalten, Kinderasyle, Greisenasyle, Asylhäuser und Asyle für Obdachlose, Blinden- und Taubstummeninstitute und andere Anstalten für nicht vollsinnige Kinder, Anstalten von Rettungsgesellschaften und Rettungshäuser, Kindergärten und Kinderbewahranstalten, Irrenheil- und Irrenpflegeanstalten, Volksküchen, Wärmestuben und sonstige Wohlthätigkeitsanstalten, Volkslesehallen, Arbeitsvermittlungsanstalten, Schulen und andere Unterrichtsanstalten, Feuerwehren, beziehungsweise die Korporationen, Stiftungen, Vereine und andere Verbände, welche solche Anstalten errichten und erhalten oder sonst die freiwillige Besorgung einzelner in den selbständigen Wirkungskreis der Gemeinden (Unterrichts-, Gesundheits-, Dienstboten- und Armenwesen, Sittlichkeitspflege, Feuerpolizei u.s.w.) fallenden Aufgaben übernommen haben und tatsächlich ausführen.

Die im ersten Absatze bezeichneten Anstalten, sowie Kirchen, Tempel und sonstige Kultusanstalten, Friedhöfe und Leichenhäuser können als öffentliche und gemeinnützige Anstalten im Sinne des § 15 der Executionsordnung erklärt werden, wenn sie, ohne einer der in § 1 genannten Gemeinden, Concurrencen und Verbände zu gehören, von diesen erhalten werden.

§ 3.

Die Erklärung, dass eine Anstalt öffentlich und gemeinnützig sei, steht der landesfürstlichen politischen Bezirksbehörde, bei Anstalten aber, die sich im Gebiete einer Stadt mit eigenem Statut befinden, der politischen Landesbehörde zu. Die Erklärung erfolgt auf Ansuchen der Anstalt nach Vornahme der erforderlichen amtlichen Erhebungen über die Zwecke und die thatsächliche Wirksamkeit der fraglichen Anstalt. Bei Anstalten, deren Thätigkeit sich auf Aufgaben des selbständigen Wirkungskreises der Gemeinde bezieht, ist vor Abgabe der Erklärung auch die Gemeinde einzuvernehmen, in deren Gebiet sich die Anstalt befindet.

Gegen die Entscheidung kann von der Anstalt an die politische Landesbehörde, wenn jedoch diese selbst zur Abgabe der Erklärung berufen war, an das Ministerium des Inneren innerhalb der im Gesetze vom 12. Mai 1896 R. G. Bl. Nr. 101, bezeichneten Fristen Recurs ergriffen werden. In den Fällen, in welchen die politische Landesbehörde in zweiter Instanz entscheidet, findet ein weiterer Beschwerdezug nicht statt.

...

Bestimmung der einer Execution entzogenen Vermögensbestandtheile

§ 5.

Die staatlichen Verwaltungsbehörden, welche gemäß § 15 der Executionsordnung die Erklärung abzugeben haben, inwieweit Vermögensbestandtheile einer Gemeinde oder einer als öffentlich und gemeinnützig erklärten Anstalt ohne Beeinträchtigung der durch sie zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet werden können, sind die landesfürstlichen politischen Bezirksbehörden; in Ansehung der Anstalten, welche sich im Gebiete einer Stadt mit eigenem Statut befinden oder einer solchen Stadt gehören, ist die Erklärung von der politischen Landesbehörde abzugeben.

Der Kreis der Vermögensbestandtheile, welche der Execution unterliegen, ist von den genannten Behörden nach freiem Ermessen zu bestimmen.

§ 6.

...

In Bezug auf die Anfechtung dieser Entscheidung gelten die Vorschriften des § 3, Absatz 2; auch der Gläubiger ist zur Erhebung des Recurses berechtigt."

Die Überprüfung der Zuständigkeit hat davon auszugehen, dass der hier (nach den Angaben in der Beschwerde) ergangene Bescheid des Landeshauptmanns in Vollziehung der Justizministerialverordnung vom 6. Mai 1897 ergangen ist, die wiederum zur Durchführung des § 15 EO erlassen wurde. Diese Bestimmung wird in der Anlage 1 des Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl. I Nr. 191/1999, aufgezählt und bleibt bis 31. Dezember 2009 in Wirksamkeit. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich diese Wirksamkeit im Hinblick auf die Rechtsentwicklung seit 1897 auch auf die hier in Rede stehende Angelegenheit in vollem Umfang bezieht. Aus der oben wiedergegebenen und im Hinblick auf die vorliegende Entscheidung des Landeshauptmannes somit maßgebenden Rechtslage ergibt sich nämlich jedenfalls, dass der Bundesminister für Gesundheit und Frauen nicht als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im gegenständlichen Fall in Frage kommt.

Damit kann auch die Frage dahingestellt bleiben, ob der Landeshauptmann in erster Instanz zuständig war; keines Eingehens bedarf es auch darauf, dass im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen im Berufungsantrag eine Entscheidung des Landeshauptmannes "als Berufungsbehörde" begehrt wurde.

Die Beschwerde war deshalb mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2005

Schlagworte

Anrufung der obersten Behörde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005050140.X00

Im RIS seit

20.09.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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