TE OGH 1985/9/16 1Ob630/85

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Veröffentlicht am 16.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Monika Katharina A, Sekretärin, Klagenfurt, Beethovenstraße 44, vertreten durch Dr. Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Antragsgegner Hans-Jörg Anton A, Postbeamter, Klagenfurt, Bahnhofstraße 61, und die Beteiligten 1.) B C,

Gesellschaft m.b.H. in Villach, Villach, Tiroler-Straße 2, vertreten durch Dr. Wilfried Piesch, Rechtsanwalt in Villach, und 2.) REPUBLIK ÖSTERREICH (Post- und Telegraphenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge von Revisionsrekursen der beiden Beteiligten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 24. Mai 1985, GZ. 1 R 211/85-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. März 1985, GZ. 18 F 4/85-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die beiden Beteiligten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragstellerin die mit S 2.200 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 200 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die am 28. Mai 1983 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 6. November 1984 gemäß § 55 a Abs. 1 EheG geschieden. Mit dem von den Parteien gemäß § 55 a Abs. 2 EheG am selben Tag abgeschlossenen Vergleich über die Scheidungsfolgen verpflichtete sich der Antragsgegner, die als Dienstwohnung bezeichnete Ehewohnung in Klagenfurt, Beethovenstraße 44, der Antragstellerin zur alleinigen Benützung zu überlassen und bis spätestens 30. November 1984 geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben. Die Antragstellerin begehrt die Zuweisung der genannten Wohnung an sie.

Während der Antragsgegner dem Antrag zustimmte, sprachen sie die B C (im folgenden kurz Erstbeteiligte) als Vermieterin und die Republik Österreich (Post- und Telegraphenverwaltung - Zweitbeteiligte) als Dienstgeberin des Antragsgegners dagegen aus und beriefen sich darauf, gemäß § 88 EheG sei ihre Zustimmung für die Zuweisung an die Antragstellerin erforderlich.

Das Erstgericht wies die Wohnung der Antragstellerin zur alleinigen Benützung zu und ordnete an, daß sie in die Mietverträge zwischen der Erstbeteiligten und dem Antragsgegner vom 1. August 1984 anstelle des letzteren eintrete. Es stellte fest, die Eheleute hätten die dem Antragsgegner mit Verträgen vom 1. August 1984 gegen ein monatliches Entgelt von S 3.338,86 zuzüglich S 385 (Bestandzins für die Garage) vermietete, 81 m 2 große Wohnung samt Garage schon im Juli 1984 bezogen und gemeinsam bis 30. November 1984 benützt; auch das gemeinsame minderjährige Kind, in dessen Ansehung die elterlichen Rechte im Scheidungsfolgenvergleich der Antragstellerin übertragen wurden, habe mit seinen Eltern dort im gemeinsamen Haushalt gelebt. Die Kosten der Haushaltsführung hätten die Eheleute gemeinsam getragen. Mit Vertrag vom 30. Juni 1982 habe die Zweitbeteiligte der Erstbeteiligten einen Kredit von S 1,323.500 als Beitrag zu den Selbstkosten für den Bau von fünf Wohnungen für Post- und Telegraphenbedienstete in einer Wohnanlage der Erstbeteiligten zur Verfügung gestellt; diese habe dafür der Zweitbeteiligten die Dienstbarkeit der Fruchtnießung für die Dauer von 80 Jahren in der Form eingeräumt, daß die mit Hilfe dieses Kredits errichteten Wohnungen nur an von der Kreditgeberin bestimmte Personen vermietet werden dürfen (§ 10 des Vertrages). Die Kreditgeberin könne das Darlehen unter anderem dann vorzeitig aufkündigen, wenn die Wohnungen ohne ihr Verschulden an andere als von ihr namhaft gemachte Personen vermietet werden (§ 18 des Vertrages). Auf die Wohnung der Eheleute entfalle von den von der Zweitbeteiligten zur Verfügung gestellten Kreditmitteln ein Betrag von S 210.000. Daraus schloß das Erstgericht, die besondere Art der Finanzierung der Wohnung mit einem Kredit der Dienstgeberin des Antragsgegners bewirke noch nicht das Zustimmungsrecht der Erst- und Zweitbeteiligten, weil die Wohnung keiner der im § 88 Abs. 1 Z 1 bis 3 EheG umschriebenen alternativen Voraussetzungen unterstellt werden könne. Daß die Zweitbeteiligte wegen der nach dem Kreditvertrag dann allenfalls möglichen Aufkündigung des Darlehens einen Schaden erleide, könne die Entscheidung über die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin nicht beeinflussen; durch die Zuweisung erfolge ohnehin keine Vermietung durch die Erstbeteiligte. Das Gericht zweiter Instanz gab den Rekursen der Erst- und der Zweitbeteiligten nicht Folge und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu. Die Zustimmung der beiden Beteiligten zur Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin sei nicht erforderlich, weil keine der im § 88 Abs. 1 EheG genannten Voraussetzungen vorliege. Z 1 stelle auf Wohnungen ab, die überwiegend der Erfüllung der Dienstpflicht dienen; das treffe aber nur auf Ehewohnungen von Nachtwächtern, Portiers, Hausarbeitern u.dgl. zu. Der vereinbarungsgemäß für eine 81 m 2 große Wohnung zu entrichtende Mietzins von S 3.338,86 (zuzüglich Umsatzsteuer) sei schon auf den 'ersten Blick' ortsüblich. Der Kredit der Zweitbeteiligten bewirke zwar, daß der Zins unter dem ortsüblichen Maß liege, doch fordere die Z 2, daß das Entgelt wesentlich darunter liege, was nach Ansicht des Rekursgerichtes jedoch nicht anzunehmen sei. Daß die Ehewohnung Naturalwohnung sei (Z 3), hätten die Rekurswerber nicht behauptet. Auch die Relevanz eines möglichen Schadens der Erstbeteiligten infolge vorzeitiger Darlehensaufkündigung sei vom Erstgericht zutreffend verneint worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse der Erst- und der Zweitbeteiligten sind nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß die Vorinstanzen die Antragsberechtigung der Ehegattin im Hinblick auf die verweigerte Zustimmung der Vermieterin zur überlassung der Dienstwohnung ebenso zutreffend (EvBl. 1984/92) bejaht haben wie die Beteiligtenstellung der Vermieterin (SZ 53/165 mwN) und der Republik Österreich als Dienstgeberin des Antragsgegners, deren Rechtsstellung durch das Aufteilungsverfahren ebenfalls berührt wird, weil die überlassung der Wohnung an eine nicht von ihr namhaft gemachte Person begehrt wurde (§ 229 Abs. 1 AußStrG).

Gemäß § 88 Abs. 1 EheG darf das Gericht, wenn die Ehewohnung auf Grund eines Dienstverhältnisses benützt wird oder das Rechtsverhältnis daran im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis begründet wurde, eine Anordnung hinsichtlich der Benützung einer solchen Wohnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers treffen, wenn die Zuweisung der Wohnung deswegen, weil sie überwiegend der Erfüllung der Dienstpflicht dient, wesentliche Interessen des Dienstgebers verletzen könnte (Z 1) oder die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt (Z 2) oder die Wohnung vom Dienstgeber als Teil des Entgelts für die geleisteten Dienste zur Verfügung gestellt wird (Z 3). Die Rechtsmittelwerber bestreiten nicht, daß die Zustimmung des Dienstgebers (Zweitbeteiligte) oder des die Wohnung zur Verfügung stellenden Dritten (Erstbeteiligte) nur bei Zutreffen einer der im § 88 Abs. 1 Z 1 bis 3 EheG umschriebenen alternativen Voraussetzungen erforderlich ist. Soweit sie die Auffassung vertreten, die Voraussetzung der Z 1 sei erfüllt, weil der Antragsgegner seiner Dienstpflicht wesentlich besser nachkommen könne, seit ihm eine Wohnung am Dienstort (Klagenfurt) zur Verfügung gestellt worden sei, ist ihnen entgegenzuhalten, daß diese Bestimmung auf den Zweck der Dienstwohnung abstellt, also voraussetzt, daß der Dienstnehmer die Wohnung geradezu benötigt, um seine Dienstleistungen überhaupt erbringen zu können. Das trifft etwa auf Hausbesorger, Gärtner, Garagenwärter oder eventuell Nachtwächter (Schwind, EheR 2 330 und in Ehrenzweig, Familienrecht 3 124; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu §§ 87, 88 EheG; Hofmann-Wellenhof in JBl. 1984, 467) oder ganz allgemein auf weit abgelegene Arbeitsplätze oder das Erfordernis, bei Rufbereitschaft möglichst rasch auf dem Arbeitsplatz sein zu müssen (Migsch in Floretta, Ehe- und Kindschaftsrecht 72), zu, nicht aber auf jene Fälle, in welchem dem Dienstnehmer - wie hier dem Antragsgegner - durch die überlassung der Wohnung die Erfüllung seiner Dienstpflichten infolge der räumlichen Nähe von Arbeitsplatz und Wohnung nur erleichtert wurde, die Vermietung also in erster Linie im Interesse des Dienstnehmers erfolgt ist. Daß der Antragsgegner die Wohnung benötigte, um seinen Dienstpflichten nachkommen zu können, wurde nicht einmal behauptet; daß der Antragsgegner die Wohnung der Antragstellerin überlassen hat, rechtfertigt eher den Schluß auf das Gegenteil.

Aber auch die Voraussetzungen der Z 2 der genannten Gesetzesstelle sind zu verneinen. Der Gesamtbestandzins von S 3.723,86 für eine 81 m 2 große Wohnung mag zwar unter dem ortsüblichen Maß liegen, worauf der zinsenlose bzw. später zinsenbegünstige Kredit der Zweitbeteiligten schließen läßt; das Gesetz fordert aber ein nicht bloß wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes, sondern auch überhaupt geringfügiges Entgelt. Von einem bloß geringfügigen Entgelt kann aber keine Rede sein; es bedarf deshalb auch keiner ergänzenden Beweiserhebungen über das ortsübliche Zinsniveau.

Da ferner weder behauptet noch festgestellt wurde, daß es sich bei der zur Beurteilung stehenden Ehewohnung um eine Naturalwohnung handelt (Z 3), ist den Revisionsrekursen der beiden Beteiligten ein Erfolg zu versagen. Ob der Erstbeteiligten aus dem von den Vorinstanzen verfügten Vertragseintritt der Antragstellerin ein im Kreditvertrag zwischen den Beteiligten für die Vermietung an nicht von der Zweitbeteiligten namhaft gemachte Personen vorgesehener Nachteil erwachsen könnte, ist nicht weiter zu prüfen, weil die Entscheidung im Aufteilungsverfahren davon nicht berührt werden kann. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Im Hinblick auf die Einigkeit der Ehegatten entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Revisionsrekursverfahrens den beiden Beteiligten zur ungeteilten Hand aufzuerlegen, weil das Verfahren allein von ihnen veranlaßt worden ist. Der begehrte Kostenbetrag erscheint auch angemessen.

Anmerkung

E06479

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00630.85.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19850916_OGH0002_0010OB00630_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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