TE OGH 1985/9/24 10Os105/85

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Veröffentlicht am 24.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.September 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gitschthaler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.Mai 1985, GZ 2 d Vr 6133/85-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Ernst A des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 30.Dezember 1983 bis zum 2.Jänner 1984 in Mödling und Baden die ihm durch Rechtsgeschäft, nämlich durch den mit der B C

D WIEN abgeschlossenen Kontovertrag, eingeräumte

Befugnis, über das Vermögen des genannten Unternehmens unabhängig von vorhandener Deckung seines dort bestehenden Kontos Nr 730 306 016 durch Bankomatabhebungen bis zu je 5.000 S zu verfügen bzw dieses durch Begebung von jeweils bis 2.500 S lautenden Schecks zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch, nämlich durch Ausstellung von ungedeckten Scheckkartenschecks über insgesamt 11.800 S sowie durch ungedeckte Bankomatabhebungen über insgesamt 20.000 S, dem genannten Sparkassenunternehmen einen 5.000 S übersteigenden Vermögensnachteil, nämlich einen solchen in der Höhe von 31.800 S, zugefügt hat.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch in keinem Punkte gesetzmäßig ausgeführt ist. Aus dem Umstand, daß das Erstgericht bei der datumsmäßigen (30.Dezember 1983) Feststellung des für die Beurteilung der subjektiven Tatseite entscheidenden Gespräches mit dem Bankbeamten Reinhard E den Angaben des Angeklagten gefolgt ist, leitet der Beschwerdeführer einen Anspruch darauf ab, daß ihm auch im übrigen Glaubwürdigkeit zugebilligt werde.

Damit nimmt er aber lediglich eine Wertung der Beweiskraft seiner Aussage vor, ohne einen formellen Mangel (Z 5) der vom Schöffengericht gegebenen Begründung für die Ablehnung seiner zur subjektiven Tatseite vorgebrachten Verantwortung darzutun, bekämpft somit in Wahrheit unzulässigerweise die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Gleiches gilt für seinen Einwand, die Feststellung des Erstgerichtes, daß er auf Grund des Gespräches mit dem Bankbeamten am 30.Dezember 1983 sich über die zu erwartende Ablehnung seines Kreditansuchens im klaren war (US 5, 8), beruhe auf der schlichten Bejahung ("Sicher !") einer an den Zeugen E gestellten Suggestivfrage, wird doch damit ersichtlich nur der Versuch unternommen, den Beweiswert dieser Aussage herabzuwürdigen, wobei der Beschwerdeführer zudem übergeht, daß sich der Zeuge zu diesem Punkt mehrfach und ausführlich geäußert hat (S 127, 128 und 129), sonach der als Suggestivfrage bezeichnete Vorhalt sich seinem Wesen nach vielmehr als Resümee einer eingehenden Vernehmung des Zeugen zu diesem Thema darstellt, ohne irgendwelche neuen Gesichtspunkte - wie dies für eine Suggestivfrage jedoch begriffswesentlich wäre - zu antizipieren. Abgesehen davon ist dem der Vollständigkeit halber noch hinzuzufügen, daß die Stellung von Suggestivfragen an Zeugen (aber auch an den Beschuldigten bzw Angeklagten) keineswegs verboten ist (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO 2 E Nr 1 zu § 200), sondern nur die Fragen in solchen Fällen in das Protokoll aufzunehmen sind (§ 167 StPO iVm § 248 StPO; vgl auch § 200 StPO), was ohnedies geschehen ist (S 130). Darüberhinaus wäre aber selbst eine - nach dem Vorgesagten hier nicht gegebene - Mißachtung dieser Formvorschrift nicht mit Nichtigkeit bedroht.

Indem der Beschwerdeführer weiters behauptet, die Begründung des Erstgerichtes zur subjektiven Tatseite lasse die Tatsache einer Darlehensgewährung (durch Kontoüberziehung) noch am 28.Dezember 1983 außer Acht, wodurch er in der Erwartung einer positiven Erledigung seines Kreditansuchens (über 80.000 S) bestärkt worden sei, übergeht er das entscheidende Argument, daß ihm gegenüber anläßlich des Gespräches am 30.Dezember 1983 vom Zeugen Reinhard E die Unmöglichkeit einer solchen (weiteren) Kreditgewährung unmißverständlich zum Ausdruck gebracht worden ist (US 4, 7). Damit geht die Mängelrüge in diesem Punkt nicht von den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit aus und entbehrt somit abermals einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Auch mit dem Einwand, die festgestellte Unmöglichkeit der Abdeckung der vom Angeklagten herbeigeführten Kontoüberziehung innerhalb einer banküblichen Frist von drei Monaten sei unzureichend begründet, weil die Frage offen bliebe, warum der Angeklagte diese Frist gekannt habe oder hätte kennen müssen, setzt sich der Beschwerdeführer über die eigentliche Begründung des Schöffengerichtes hinweg. Darnach argumentiert das Erstgericht nämlich gar nicht mit der Kenntnis des Angeklagten von einer banküblichen Toleranzfrist von drei Monaten, sondern leitet den mit Schädigungsvorsatz verbundenen wissentlichen Befugnismißbrauch vielmehr aus den Vorschulden des Angeklagten in der Höhe von 130.000 S (US 3), der zunichtegemachten Hoffnung auf weitere Darlehensgewährung (US 5) sowie der Kontoüberziehung von insgesamt 56.000 S (US 6), also dem mehr als 7-fachen des festgestellten Monatsnettoeinkommens von 7.500 S (US 3), ab und geht demnach davon aus, daß der Angeklagte nicht in der Lage - und auch gar nicht willens (US 8) - war, innerhalb eines wirtschaftlich vertretbaren Zeitraumes den entstandenen Debetsaldo abzudecken.

Wenn der Beschwerdeführer letztlich unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO Tatsachenfeststellungen vermißt, wie hoch der Angeklagte sein Konto auf Grund der ihm durch Übergabe von Scheckkarte und Bankomatkarte vertraglich eingeräumten Möglichkeiten überziehen durfte, so releviert er damit der Sache nach in Ansehung des Befugnismißbrauches einen Feststellungsmangel (Z 9 lit a), worauf er sich auch in der von ihm aus diesem Nichtigkeitsgrund erhobenen - ansonsten aber unsubstantiierten - Rechtsrüge bezieht. Dabei läßt der Beschwerdeführer allerdings die Konstatierung außer Acht, daß er weder fähig, aber auch, wie bereits erwähnt, gar nicht willens war (US 8), die von ihm verursachte Kontoüberziehung in weiterer Folge ratenweise abzustatten. Damit war aber eine betragliche Feststellung des Überziehungspouvoirs, das ja begrifflich die Bereitschaft und Fähigkeit des Kontoinhabers zur alsbaldigen Abdeckung in sich begreift, rechtlich nicht indiziert. Indem der Beschwerdeführer somit das Fehlen von Tatsachenfeststellungen moniert, die nur unter der Voraussetzung zu treffen gewesen wären, daß andere - von ihm aber

übergangene - Konstatierungen nicht vorlägen, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der stets ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt erfordert, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge schließlich, in der der Beschwerdeführer ohne Rücksicht auf die Urteilsfeststellungen völlig unsubstantiiert behauptet, sein Verhalten sei als das Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 StGB zu beurteilen, ist einer sachbezogenen Erörterung überhaupt unzugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zur Gänze nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO).

Zur Entscheidung über die Berufungen sind die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem (hiefür an sich zuständigen) Oberlandesgericht Wien zuzuleiten.

Anmerkung

E07000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0100OS00105.85.0924.000

Dokumentnummer

JJT_19850924_OGH0002_0100OS00105_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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