TE OGH 1985/10/2 3Ob103/85

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Veröffentlicht am 02.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A B, 7001 Eisenstadt,

Esterhazyplatz 3, vertreten durch Dr. Günther Philipp, Rechtsanwalt in Mattersburg, wider die verpflichtete Partei C Textilausrüstungsgesellschaft mbH & Co. KG, 2491 Neufeld/Leitha, Landeggerstraße 6, wegen 2,920.000 S, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 25.Juli 1985, GZ R 303/85-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 11.Juli 1985, GZ E 3342/85-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 25.Juni 1985, D 1/85-8, wurde auf Antrag der verpflichteten Partei das Vorverfahren eröffnet und Dr. Harald E, Rechtsanwalt in Eisenstadt, zum vorläufigen Verwalter bestellt.

Mit Bescheid der betreibenden Partei vom 9.Juli 1985, III/Ba/Mi/2887-1985, wurde der verpflichteten Partei unter Berufung auf § 410 in Verbindung mit § 66 ASVG und § 232 BAO zur Sicherung der voraussichtlichen Beitragsforderung für die von ihr beschäftigten Dienstnehmer für die Zeit vom 1.Juni bis 31.August 1985 einschließlich aliquoter Sonderzahlungen für 1985 die Zahlung von 2,920.000,-- S binnen 3 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides aufgetragen.

Auf Grund dieses mit der Klausel, daß er keinem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug unterliege, versehenen Bescheides beantragte die betreibende Partei am 9.Juli 1985 beim Erstgericht zur Hereinbringung ihrer als vollstreckbar bezeichneten Forderung von 2,920.000,-- S die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung durch grundbücherliche Einverleibung des Pfandrechts auf die Liegenschaften EZ 1026 Grundbuch Neufeld/Leitha als Haupteinlage und EZ 173 Grundbuch Golling (Bezirksgericht Melk) als Nebeneinlage.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Dagegen erhob Rechtsanwalt Dr. Harald E als vorläufiger Verwalter rechtzeitig Rekurs. Er stützte seine Rechtsmittellegitimation auf die §§ 84 Abs 1 und 29 ff.AO und beantragte die Abweisung des Exekutionsantrages, allenfalls nur die Bewilligung der Exekution zur Sicherung durch grundbücherliche Vormerkung des Pfandrechts.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des vorläufigen Verwalters Folge und wies den Exekutionsantrag ab. Der von der betreibenden Partei vorgelegte Bescheid sei lediglich ein Titel für die nicht beantragte Exekution zur Sicherstellung, nicht aber für die beantragte Exekution zur Befriedigung.

In ihrem Revisionsrekurs beantragt die betreibende Partei, den Beschluß der zweiten Instanz durch Zurückweisung des Rekurses des vorläufigen Verwalters, allenfalls durch Wiederherstellen des Beschlusses der ersten Instanz abzuändern, weil dem vorläufigen Verwalter die Rechtsmittellegitimation gefehlt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unbegründet.

Nach § 84 Abs 1 Satz 1 AO hat das Gericht bei der Eröffnung des (Vor-)Verfahrens von Amts wegen einen vorläufigen Verwalter zu bestellen. Die §§ 29, 30, 31, 33 Abs 1 bis 3 und 5, 34 und 35 AO, die sich auf die Bestellung, die Pflichten und Verantwortlichkeit, die Ansprüche, die überwachung und die Enthebung des Ausgleichsverwalters beziehen, sind nach § 84 Abs 1 Satz 2 AO auf den vorläufigen Verwalter entsprechend anzuwenden. Nach § 30 Abs 1 Satz 1 AO hat der Ausgleichsverwalter unter anderem insbesondere dafür zu sorgen, daß das Vermögen (des Schuldners) möglichst nicht geschmälert wird. Nach dem zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle hat er gegenüber den Sonderinteressen einzelner Beteiligter die gemeinsamen Interessen zu wahren. Der dritte Absatz des zitierten Paragraphen macht den Ausgleichsverwalter allen Beteiligten für Vermögensnachteile, die er ihnen durch pflichtwidrige Führung seines Amtes verursacht, verantwortlich. Nach dem fünften Absatz der erwähnten Gesetzesstelle ist der Ausgleichsverwalter im Verhältnis zu Dritten kraft seiner Bestellung befugt, insbesondere, soweit den Schuldner Verfügungsbeschränkungen (§ 3 Abs 2, § 8 Abs 2 und 3 AO) treffen, alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche die Erfüllung der Obliegenheiten seines Amtes mit sich bringen, soweit nicht das Ausgleichsgericht im einzelnen Fall eine Beschränkung der Befugnisse des Ausgleichsverwalters verfügt und dem Dritten bekanntgegeben hat.

§ 86 Abs 1 AO bestimmt ausdrücklich, daß der vorläufige Verwalter zu Beginn der Tagsatzung unter anderem im Sinn des § 30 Abs 1 AO zu berichten hat.

Unter Berufung auf die damals im § 31 Abs 1 AO normierte Pflicht des Ausgleichsverwalters, dafür zu sorgen, daß das Vermögen des Schuldners nicht geschmälert wird, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 13/277 ausgeführt, es sei Pflicht des Ausgleichsverwalters, ein Rechtsmittel gegen eine nach § 10 AO unzulässige Exekutionsbewilligung zu ergreifen, weil er nur dadurch eine Schmälerung des Vermögens des Schuldners zum Nachteil aller Ausgleichsgläubiger verhindern könne. Daß auch dem Ausgleichsschuldner als Verpflichtetem ein Rekursrecht gegen die Exekutionsbewilligung zustehe, schließe nicht aus, daß der Ausgleichsverwalter einen solchen Beschluß bekämpft, wenn er bei Ausübung seiner überwachungspflicht eine ungerechtfertigte Schmälerung des Aktivvermögens durch eine unzulässige Exekutionsbewilligung wahrnimmt.

Der erkennende Senat schließt sich dieser die Rechtsmittellegitimation des Ausgleichsverwalters für den gegenständlichen Fall bejahenden Rechtsansicht an.

Da unter anderem § 30 AO nach § 84 Abs 1 leg.cit. auf den vorläufigen Verwalter entsprechend anzuwenden ist, muß dieser wie der Ausgleichsverwalter das Recht haben, eine das Vermögen des Schuldners schmälernde Exekutionsbewilligung durch ein Rechtsmittel anzufechten.

Dafür spricht insbesondere auch der zitierte fünfte Absatz des § 30 AO, der erst durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 in die Ausgleichsordnung eingefügt wurde und in deren früherer Fassung keine Entsprechung hatte. Dieser neue Absatz war in der Regierungsvorlage zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz, 3 BlgNR 15.GP, noch nicht vorgesehen und wurde erst aufgrund des Berichtes des Justizausschusses über diese Regierungsvorlage, 1147 BlgNR 15.GP, beschlossen. Der zitierte Bericht führt dazu allgemein aus, daß das Organisationsrecht einen weiteren Schwerpunkt der (vom Justizausschuß vorgeschlagenen) Änderungen bilde und daß insbesondere die (mit verstärkter Kontrolle verbundene) Stärkung des Ausgleichsverwalters hervorzuheben sei (S.3). Im besonderen Teil seines Berichtes wies der Ausschuß darauf hin, er habe - wie erwähnt - sein besonderes Augenmerk den Organen des Ausgleichsverfahrens zugewendet und die Vorschläge der Regierungsvorlage weiterentwickelt. Entsprechend dem oft bekundeten Wunsch, die organisationsrechtlichen Bestimmungen der Ausgleichsordnung - soweit möglich und zweckmäßig - parallel mit denen der Konkursordnung und übersichtlich auszugestalten, werde der gesamte Vierte Abschnitt der Ausgleichsordnung neu gefaßt. Damit könne auch zur Rechtsbereinigung beigetragen werden. § 30 Abs 5 AO folge dem § 83 KO. Die Einfügung sei nötig, um einen Wertungswiderspruch zu § 59 Abs 4 AO zu vermeiden (S.9 f). Die letztzitierte Bestimmung sieht nämlich vor, daß der Sachwalter (der Gläubiger) im Verhältnis zu Dritten zu allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen befugt ist, welche die Erfüllung der mit seinen Aufgaben verbundenen Obliegenheiten mit sich bringt, soweit nicht das Ausgleichsgericht im einzelnen Fall eine Beschränkung der Befugnisse verfügt und dem Dritten bekanntgegeben hat. Durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 sind somit die Befugnisse des Ausgleichsverwalters und dementsprechend auch des vorläufigen Verwalters gestärkt worden. Die vom Obersten Gerichtshof in SZ 13/277 vertretene Ansicht wird also durch die nunmehrige Rechtslage nur bekräftigt.

Das Rekursgericht hatte daher das Rechtsmittel des vorläufigen Verwalters sachlich zu behandeln.

Daß diese Sachentscheidung nur die gänzliche Abweisung des (nur auf Hereinbringung gerichteten) Exekutionsantrages sein kann, wurde vom Gericht zweiter Instanz in übereinstimmung mit der in der Begründung der angefochtenen Entscheidung zitierten Lehre und Rechtsprechung richtig erkannt und im Revisionsrekurs übrigens gar nicht bestritten.

Dem unbegründeten Rechtsmittel war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 74 und 78 EO sowie den §§ 40, 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E06514

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0030OB00103.85.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19851002_OGH0002_0030OB00103_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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