TE OGH 1985/10/8 2Ob643/84

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Veröffentlicht am 08.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Otto A GesmbH i. L., Steyregg, Weissenwolfstraße, vertreten durch Dr.Gerhard Renner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot.Fa.B GesmbH, 1210 Wien Jeneweingasse 29-33, vertreten durch Dr.Hans Frieders und Dr.Haimo Puschner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,336.637,30 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28.Juni 1984, GZ.3 R 80/84-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Jänner 1984, GZ.15 Cg 27/80-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit S 18.277,95 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.443,45 USt. und S 2.400,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Firma Dr.Otto A Ges.m.b.H. und Co KG Steyregg - im folgenden A KG genannt - hat der beklagten Partei auf Grund eines Lieferungsvertrages im Jahre 1978 Quarzsand geliefert und Rechnung über einen Betrag von S 1,336.637,50 gelegt. Der Zahlungsanspruch wurde an die Allgemeine Sparkasse in C und von dieser wiederum an die klagende Partei abgetreten, welche ihn mit der gegenständlichen Klage geltend macht.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie verwies auf den zwischen ihr und der A KG im Jahre 1977 abgeschlossenen Lieferungsvertrag, in welchem sich diese verpflichtete, den Bedarf der beklagten Partei an Quarzsand für fünf Jahre, beginnend ab 1.1.1978, zu decken und für den Fall irgendeiner Lieferungsunterbrechung dafür Sorge zu tragen, daß die Firma Eduard D, E, die Belieferung der beklagten Partei zu gleichen Konditionen übernehme, zumal weil eine auch nur kurze Betriebsunterbrechung mit großen Schäden an den Glaserzeugungsanlagen der beklagten Partei verbunden sei. Voraussetzung für den Abschluß des Vertrages sie die Zusage der A KG gewesen, daß auf Grund der bergbehördlichen Bewilligung ihres Betriebes die kontinuierliche Belieferung der beklagten Partei gewährleistet erscheine. Nach anfänglichen termingerechten Lieferungen durch die A KG habe Dr.A, der Geschäftsführer der klagenden Partei, der beklagten Partei am 13.7.1978 mitgeteilt, daß sich das Sandwerk in großen Schwierigkeiten befinde und ein Rechtsanwalt beauftragt sei, die Weiterarbeit des Betriebes zu sichern. In der Folge hätten oberösterreichische Massenmedien verlangt, das Sandwerk wegen verursachter Umweltbelastungen zu schließen, und die beklagte Partei habe am 26.7.1978 von Aktivitäten des oberösterreichischen Landeshauptmannstellvertreters zur Stillegung des Werkes erfahren. Nachdem von Dr.A auf Verhandlungen mit der Berghauptmannschaft über die Weiterführung des Betriebes verwiesen worden sei, habe sich die beklagte Partei vorsorglich an den Ersatzlieferanten Firma Eduard D gewendet, welcher jedoch erklärt habe, weder in genügender Menge noch zu den zwischen den Vertragsteilen vereinbarten Konditionen liefern zu können. Die A KG habe sodann mitgeteilt, von der Berghauptmannschaft eine Interimsbewilligung zur Weiterführung der Sandproduktion bei Nacht bzw. bei Westwind, somit nur unter bestimmten Windverhältnissen, erhalten zu haben. Am 3.8.1978 habe die A KG der beklagten Partei bekanntgegeben, daß sie ihren Betrieb unwiderruflich eingestellt habe und eine Belieferung nicht mehr möglich sei. Wegen ihrer überschuldung habe die A KG auch nicht über die für Zusatzinvestionen erforderlichen Mittel verfügt. Die beklagte Partei sei somit gezwungen gewesen, Deckungskäufe zu höheren Preisen vorzunehmen. Für die restliche Vertragsdauer errechne sich eine Preisdifferenz von S 4,765.225,--, welche gegen die Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet werde. Eine weitere Gegenforderung in der Höhe von (wertgesichert) S 300.000,-- ergebe sich aus einer von der A KG anerkannten Qualitätsreklamation.

Die klagende Partei bestritt das Vorbringen der beklagten Partei. Dieser sei, um unrichtigen Informationen durch die Massenmedien vorzubeugen, am 3.8.1978 mitgeteilt worden, daß die weiteren Sandlieferungen gesichert erscheinen und mit einer Einstellung des Werkes nicht zu rechnen sei. Auf Anfrage der beklagten Partei sei ihr auch bekanntgegeben worden, daß bis zum Wochenende die gewünschten ca.400 t Quarzsand geliefert werden könnten und tatsächlich seien auch an diesem Wochenende noch ca.450 t Sand ausgeliefert worden. Am 7.8.1978 habe die beklagte Partei die Annahme der dritten dieser ankommenden Sandlieferungen verweigert, weil sie schon von einem anderen Unternehmen beliefert worden sei. Die Vertragsauflösung durch die beklagte Partei erscheine unter diesen Umständen unberechtigt, die eingewendeten Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit S 1,336.637,50 und teilweise auch die begehrten Zinsen als zu Recht bestehend fest, sprach aus, daß die eingewendeten Gegenforderungen von S 5,065.225,-- bis zur Höhe der eingeklagten Forderung ebenfalls zu Recht bestünden, und wies das Klagebegehren demgemäß ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei eine auf § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Für das Revisionsverfahren erscheinen folgende erstgerichtliche Sachverhaltsfeststellungen erheblich: In einem zwischen der Firma Dr.Otto A Ges.m.b.H. und Co KG und der beklagten Partei geschlossenen Liefervertrag vom 6.9.1977 bzw. 15.9.1977 verpflichtete sich erstere, ab 1.1.1978 und vorerst für eine Vertragsdauer von fünf Jahren, den Bedarf der beklagten Partei an Quarzsand zu decken, diese hingegen, den gesamten benötigten Quarzsand bei ersterer zu beziehen. Die A KG verpflichtete sich weiters, dafür Sorge zu tragen, daß im Falle ihrer eigenen - aus welchen Gründen immer gegebenen - mangelnden Lieferfähigkeit die Firma Eduard D, E, die Belieferung der beklagten Partei zu gleichen Konditionen übernimmt, solange die Lieferunterbrechung andauert. Im Liefervertrag wurden die voraussichtlichen Liefermengen und für das Jahr 1978 ein Festpreis festgelegt. Die Glaswannen der beklagten Partei müssen ständig mit Rohmaterial beschickt sein, weil schon eine kurzfristige Stillegung enorme Beschädigungen zur Folge hätte. Von der Berghauptmannschaft F war der Bau der Quarzsand-Aufbereitungsanlage der A KG im März 1977 rechtskräftig bewilligt worden, das Betriebsgenehmigungsverfahren wurde sodann im Jänner 1978 eingeleitet. Bis zur - nicht erfolgten - Erteilung der Betriebsgenehmigung war lediglich ein Probebetrieb zulässig. Zunächst erfolgte die Belieferung der beklagten Partei vertragsgemäß. Im Juli 1978 teilte ihr Dr.A mit, daß es wegen Geruchsbelästigungen bei der Quarzsandproduktion mit einer Bürgerinitiative in G zu Schwierigkeiten gekommen sei und sich die oberösterreichischen Massenmedien mit der Umweltbelastung durch das Sandwerk befaßten. Die beklagte Partei erkundigte sich hierauf bei der Firma D in E, welche jedoch zu kurzfristigen Aushilfslieferungen nicht im Stande war. Bei einer Verhandlung vom 2.8.1978 hat die Berghauptmannschaft F der A KG die Auflage erteilt, den Sand nur ohne Geruchsbelästigung zu trocknen. Am 3.8.1978 setzte die A KG durch ihren Einzelprokuristen Dkfm.H die beklagte Partei, und zwar sowohl Ing.I als auch den Prokuristen Direktor J, davon telefonisch in Kenntnis, daß der Betrieb mangels behördlicher Genehmigung endgültig eingestellt werden müsse. Die beklagte Partei wendete sich hierauf sofort an ihren früheren Lieferanten, die Quarzwerke K, und traf mit dieser eine Absprache über die Belieferung mit Quarzsand zu einem Preis von vorerst S 319,-- pro t. Die Festlegung der künftigen Lieferbedingungen wurde weiteren Verhandlungen vorbehalten. Am 4.8.1978 teilte die beklagte Partei der A KG mittels Fernschreibens mit, daß sie mangels Lieferfähigkeit der Firma D einen anderen Lieferanten beauftragt habe und das Vertragsverhältnis mit der A KG als vorzeitig beendet betrachte. Weiters verwies sie darauf, durch die Betriebseinstellung der A KG in eine gefährliche Notlage gebracht worden zu sein und kündigte gleichzeitig an, ihre aus der Vertragsauflösung für die Dauer von fünf Jahren erwachsenden Mehrkosten der A KG anzulasten. Die A KG hat der beklagten Partei am gleichen Tag fernschriftlich erklärt, daß sie noch 400 t Trochensand auf Lager habe, nächste Woche eine Anlage zur Beseitigung der Geruchs- und Staubbelästigung installieren lasse, vom Ergebnis dieser Versuche bis Ende nächster Woche berichten werde und zuversichtlich sei, die im Moment bestehende Lieferunsicherheit bald überwunden zu haben. Ein wenige Tage nach dem 4.8.1978 geführtes Telefonat zwischen Dr.A und Ing.I führte zu keiner Einigung. Am 7.8.1978 brachte die A KG noch drei Ladungen Tockensand zur beklagten Partei, diese nahm die letzte Ladung jedoch nicht mehr entgegen. Am 29.8.1978 erließ die Berghauptmannschaft F einen Bescheid, wonach der Betrieb der Aufbereitungsanlage bis zur Erteilung der Betriebs-(Benützungs-)bewilligung, soweit er über Probeläufe bzw. Versuche hinausgehe, sofort einzustellen sei und Probeläufe nur bei bestimmten Wetterlagen und Windgeschwindigkeiten erfolgen dürften. Die Gegenforderungen der beklagten Partei für die von ihr wegen der vorzeitigen Vertragsauflösung aufzuwendenden Mehrpreise während der vorgesehenen Vertragsdauer von fünf Jahren stellte das Erstgericht mit S 3,913.594,-- und jene aus der von der A KG anerkannten Reklamation mit S 342.498,-- fest.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, den festgestellten Klagsforderungen stünden berechtigte Gegenforderungen der beklagten Partei in mindestens gleicher Höhe gegenüber. Die Mitteilung der A KG über die endgültige Betriebseinstellung sei von der beklagten Partei zutreffend dahin verstanden worden, daß erstere ihren Vertragspflichten nicht mehr nachkommen könne. Schon wegen der sie treffenden Schadenminderungspflicht sei sie daher berechtigt gewesen, hinsichtlich der zur Aufrechterhaltung ihres Betriebs erforderlichen Quarzsandbelieferung anderweitig zu disponieren. Hieraus folge die Berechtigung der geltend gemachten Gegenforderungen dem Grunde nach. Im Hinblick auf deren Höhe erscheine die Klagsforderung samt den als zu Recht bestehend festgestellten Zinsen jedenfalls abgedeckt, sodaß es einer genauen Zinsenberechnung nicht bedürfe.

Das Berufungsgericht hielt weder die Rüge der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung noch die Rechtsrüge der klagenden Partei für gerechtfertigt. Es legte einerseits ausführlich dar (Seite 10 bis 13 des angefochtenen Urteils), warum es die bekämpfte erstgerichtliche Feststellung, die A KG habe der beklagten Partei am 3.8.1978 die endgültige Betriebseinstellung mitgeteilt, als unbedenklich übernehme. Andererseits erachtete es die in der Rechtsrüge auch nicht bekämpfte Rechtsansicht des Erstgerichtes, die Erklärung der A KG über die endgültige Betriebseinstellung habe von der beklagten Partei dahin verstanden werden dürfen, daß sie ihrer Vertragspflicht nicht mehr nachkommen könne, als zutreffend. Der Hinweis auf die endgültige Betriebseinstellung habe eben nur die Bedeutung haben können, daß der Liefervertrag, welcher noch mehrere Jahre laufen sollte und dessen Erfüllung von der Führung eines entsprechende Betriebes durch die A KG abhängig gewesen sei, nicht mehr eingehalten werden könne. Aus der Tatsache, daß die noch vorhandenen Lagermengen, die die beklagte Partei sofort zur Aufrechterhaltung des Betriebes benötigt habe, von dieser noch angenommen worden seien, könne entgegen der Ansicht der Berufungswerberin auch nicht auf eine schlüssige Aufrechterhaltung des bereits gelösten Vertragsverhältnisses geschlossen werden. Die von der beklagten Partei eingewendete, erhöhte Aufwendungen für die Ersatzlieferungen betreffende, Gegenforderung gemäß der der klagenden Partei mit der Klagebeantwortung zugekommenen Schadensberechnung Beilage ./6 sei der Höhe nach von der klagenden Partei in erster Instanz gar nicht bestritten worden. Auch die weitere Gegenforderung von S 300.000,-- bestehe - aufgewertet - zu Recht, weil die vereinbarungsgemäße Abdeckung dieser Forderung durch Sandlieferungen zufolge Einstellung des Betriebes der A KG nicht mehr möglich erscheine und daher nunmehr eine Geldforderung vorliege.

In der Revision wird unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vorgebracht, das gegenständliche Gerichtsverfahren sei im wesentlichen über die Beweiswürdigung des Erstgerichtes entschieden worden, wobei es darum gegangen sei, welchen Inhalt ein von Dkfm.H mit Ing.I und Direktor J geführtes Telefonat gehabt habe. Vor dem Berufungsgericht sei der Antrag auf Wiederholung der diesbezüglichen Beweise gestellt worden, damit das Berufungsgerich selbst die Frage entscheide, welchen Personen die größere Glaubwürdigkeit zukomme. Diesem Antrag habe das Berufungsgericht nicht entsprochen, sodaß das Berufungsverfahren mangels erschöpfender Erörterung der Sache mangelhaft geblieben sei.

Nach ständiger Judikatur gehört die Frage, ob vor dem Berufungsgericht eine Beweiswiederholung erforderlich ist oder nicht, der vor dem Obersten Gerichtshof unanfechtbaren Beweiswürdigung an (1 Ob 702/52; EvBl 1974/72; EvBl 1985/70 u.v.a.). Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens hinsichtlich der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der gestellten Beweisfrage überhaupt nicht befaßt (7 Ob 37/67; RZ 1970,222; 3 Ob 58/83 u.v.a.), also keine nachvollziehbaren überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und in seinem Urteil festgehalten hat (7 Ob 28/78; EF 34.489; 3 Ob 83/84 u.v.a.). Davon kann vorliegendenfalls aber keine Rede sein, weil das Berufungsgericht, wie bereits erwähnt, auf den Seiten 10 bis 13 seines Urteils im einzelnen und ausführlich darlegte, welche Umstände für die Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung und der bekämpften Feststellung sprechen. Da das Gesetz (§ 503 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO) einen Revisionsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung nicht vorsieht, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, zur berufungsgerichtlichen Beweiswürdigung selbst Stellung zu nehmen. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist somit nicht gegeben.

In der Rechtsrüge führt die Revisionswerberin aus, sie habe entgegen der berufungsgerichtlichen Ansicht die von der beklagten Partei erhobenen Gegenforderungen mit einem hinreichenden erstinstanzlichen Vorbringen bestritten und es sei Sache desjenigen, der eine Forderung behaupte, auch deren Höhe zu beweisen. Solche Beweise seien in den von der beklagten Partei vorgelegten Urkunden nicht gelegen. Nach dem Liefervertrag vom 6.9.1977 sei der Preis wertgesichert und jährlich neu festzulegen gewesen, worauf die Schadensberechnung der beklagten Partei nicht Bedacht nehme. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liege im übrigen in der Tatsache, daß die beklagte Partei noch nach dem 4.8.1978 Sandlieferungen entgegengenommen habe, eine schlüssige Fortsetzung des Vertragsverhältnisses. Unrichtig erscheine schließlich die berufungsgerichtliche Feststellung, daß die Erteilung der Betriebsbewilligung durch die Bergbaubehörde mangels diesbezüglichen Ansuchens unterblieben sei. Tatsächlich sei nach der Aktenlage ein solches Ansuchen gestellt worden, bis zum 3.8.1978 sei eine solche Betriebswilligung allerdings noch nicht erteilt worden. Auch diesen Ausführungen kann insgesamt nicht gefolgt werden. Zu der von der beklagten Partei in Beilage ./6 angestellten detaillierten Schadensberechnung hat die klagende Partei vor dem Erstgericht lediglich wie folgt (AS 27) Stellung genommen: 'Da die Vertragsauflösung unberechtigt erfolgte, wird auch die Gegenforderung von S 5,065.225,--, die angeblich durch Tätigung von Deckungskäufen entstanden ist, bestritten. Wie bereits erwähnt, hat die beklagte Partei ihr angebotene Lieferungen nicht einmal mehr angenommen, sie kann daher der klagenden Partei auch nicht mehr die Kosten von Deckungskäufen anrechnen'.

Nach diesem Vorbringen hat die klagenden Partei den in der Schadensberechnung zugrundegelegten Mehrpreis als solchen somit in keiner Weise in Zweifel gezogen, sondern ausschließlich die Haftung für die Mehrkosten der Deckungskäufe abgelehnt. Daß die beklagte Partei in der Folge gezwungen war, den Quarzsand anderswo zu kaufen, ist offenkundig und durch den mit den Quarzwerken K geschlossenen Liefervertrag erwiesen. Wenn die Unterinstanzen mangels Bestreitung und gegenteiliger Beweisanbote der klagenden Partei bei der Schadensberechnung die aus den von der beklagten Partei vorgelegten Urkunden hervorgehenden Mehrpreise für erwiesen hielten, dann kann dies in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin wurde vom Berufungsgericht aber auch eine schlüssige Fortsetzung des Vertragsverhältnisses durch die beklagte Partei zu Recht verneint. Durch die Entgegennahme eines Lagerbestandes Quarzsand zur augenblicklichen Sicherung der Glasproduktion bis zur Belieferung durch den neuen Lieferanten hat die beklagte Partei keinesfalls im Sinne des § 863 Abs 1 ABGB eine Handlung gesetzt, welche mit überlegung aller Umstände keine Zweifel daran ließ, sie wolle entgegen ihren vorangegangenen Erklärungen das Vertragsverhältnis mit der A KG doch fortsetzen. Es war für diese nämlich ohne weiteres erkennbar, daß die beklagte Partei zunächst nur solcherart einer mit großen Schäden verbundenen Unterbrechung der Glasproduktion vorbeugen konnte.

Der Frage schließlich, ob die Erteilung der Betriebsbewilligung mangels Ansuchens unterblieb oder über ein solches Ansuchen nur noch nicht entschieden war, kommt bei Zugrundelegung der vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Sinne der vorstehenden Ausführungen keine streitentscheidende Bedeutung zu. War die A KG wegen der festgestelltermaßen von ihr bekanntgegebenen und zu vertretenden Betriebseinstellung zur Erfüllung ihrer Vertragspflicht nicht mehr in der Lage, dann wurde sie der beklagten Partei wegen dieser Vertragsverletzung schadenersatzpflichtig. Deren Schadenersatzforderungen erreichen jedenfalls die Höhe der Klagsforderung, sodaß die Klage mit Recht abgewiesen wurde. Der Revision war demgemäß ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E06806

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0020OB00643.84.1008.000

Dokumentnummer

JJT_19851008_OGH0002_0020OB00643_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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