TE Vwgh Erkenntnis 2005/6/29 2003/08/0094

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Veröffentlicht am 29.06.2005
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs2;
GmbHG §96;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Dr. P & Dr. P GmbH Personal & Managementpartner in W, vertreten durch Gruber & Partner, Rechtsanwalts KEG in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 10. März 2003, Zl. 220.305/1-6/03, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. H in W; 2. Wiener Gebietskrankenkasse, 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19;

3. Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1; 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65; 5. Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 55- 57), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte in dieser Beschwerdesache wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2001, Zl. 98/08/279, und den dort wiedergegebenen Verfahrensgang verwiesen. In dem genannten Verfahren hat der Verwaltungsgerichtshof den dort angefochtenen Bescheid teilweise wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, teilweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Er ist dabei davon ausgegangen, dass gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 29. Mai 1996, Zl. VA-VR 9130209/96-Scha/Fi, mit dem festgestellt wurde, dass die Erstmitbeteiligte zu näher angeführten Zeiten im Jahr 1993 auf Grund ihrer Beschäftigung als kaufmännische Angestellte bei der beschwerdeführenden Gesellschaft (Dr. P und Dr. P GmbH) der Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG unterlegen sei, von dieser Gesellschaft ein Einspruch und in der Folge eine Berufung an die belangte Behörde erhoben wurde. Gegen zwei weitere Bescheide der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom selben Tag, Zl. jeweils VA-VR 9130195/96-Scha/Fi, mit denen die Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten in den Jahren 1994/1995 bzw. im Jahre 1995 beim Dienstgeber Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH festgestellt wurde, hat die genannte Gesellschaft jeweils Einspruch und in der Folge Berufung an die belangte Behörde erhoben. Die belangte Behörde hat im ersten Verfahrensgang mit dem damals angefochtenen Bescheid die Frage der Versicherungspflicht für alle genannten Zeiträume ausschließlich im Hinblick auf den Dienstgeber Dr. P und Dr. P GmbH (beschwerdeführende Gesellschaft) beantwortet, ohne auf den Umstand einzugehen, dass von den beiden Unterinstanzen eine versicherungspflichtige Beschäftigung für diesen Dienstgeber lediglich für Zeiträume im Jahre 1993 festgestellt wurde.

Die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 6. September 1999 als übertragende Gesellschaft mit der beschwerdeführenden Gesellschaft als übernehmende Gesellschaft verschmolzen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid hat die belangte Behörde Folgendes ausgesprochen:

"Im Verfahren über die Berufung Firma (beschwerdeführende Gesellschaft Dr. P und Dr. P GmbH) ... gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien von 30.09.1996, Zlen. MA 15-II-P51/96, in denen über die Feststellung der Versicherungspflicht der (Erstmitbeteiligten) auf Grund ihrer Beschäftigung in der Firma (Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH) ... im Zeitraum vom 9.3.1994 bis 11.3.1994, vom 19.4.1994 bis 16.5.1994, vom 20.6.1994 bis 30.6.1994, vom 16.8.1994 bis 20.10.1994, vom 9.11.1994 bis 20.12.1994, vom 9.1.1995 bis 30.1.1995, vom 20.2.1995 bis 23.5.1995 und vom 10.7.1995 bis 14.7.1995 abgesprochen wurde, werden die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 30.09.1996, Zlen. MA 15-II-P51/96 ersatzlos behoben und sowohl die Berufung gegen diese Bescheide als auch die Einsprüche der (beschwerdeführenden Gesellschaft) ... gegen die Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 29.05.1996, Zl. VA-VR 9130195/96- Scha/Fi, wegen mangelnder Rechtsmittellegitimation zur Erhebung einer Berufung/eines Einspruches gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 8 und § 63 AVG zurückgewiesen."

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe in ihren Bescheiden vom 29. Mai 1996, Zl. VA-VR 9130195/96-Scha/Fi, festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Beschäftigung als Angestellte beim Dienstgeber Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P.

Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH in den im Spruch genannten Zeiträumen der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. Gegen diese Bescheide habe die beschwerdeführende Gesellschaft (Dr. P und Dr. P GmbH) gleich lautende Einsprüche vom 6. Juli 1996 erhoben. Mit drei Bescheiden vom 30. September 1996, Zl. MA 15-II-P51/96, habe der Landeshauptmann von Wien die Einsprüche als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt. Gegen "diesen Bescheid" habe die beschwerdeführende Gesellschaft "vorliegende Berufungen vom 21.10.1996" erhoben. Daraufhin habe die belangte Behörde einen Bescheid vom 20. Juli 1998 erlassen, in dem sie die Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten zur beschwerdeführenden Gesellschaft festgestellt habe.

Nach der Wiedergabe von Rechtsvorschriften setzte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fort, sowohl die Einsprüche als auch die Berufungen im Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht der Erstmitbeteiligten beim Dienstgeber Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH seien von von der beschwerdeführenden Gesellschaft (Dr. P und Dr. P. GmbH) eingebracht worden. Die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH habe keine Rechtsmittel eingebracht, auch lägen keine entsprechenden Vollmachten vor. Dies alles ergebe sich aus den Verwaltungsakten; die Zuordnung der Rechtmittel zur beschwerdeführenden Gesellschaft ergebe sich eindeutig aus dem Briefkopf und der im Schreiben angeführten Firmenbuchnummer; es sei den Rechtsmitteln kein Hinweis zu entnehmen, dass sie von der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH stammten.

Unter Berücksichtigung, dass die beiden genannten Gesellschaften mit Verschmelzungsvertrag vom 6. September 1999 in der beschwerdeführenden Gesellschaft aufgegangen seien, ergebe sich in rechtlicher Hinsicht, dass zum Zeitpunkt der Erhebung der Einsprüche und der Berufungen im vorliegenden Verfahren zwei Rechtspersönlichkeiten vorgelegen seien, von denen nur die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH Partei und damit zur Erhebung eines Rechtsmittels legitimiert gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der unzuständige Dienstgeber Rechtsmittel erhoben habe, weshalb die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien aus dem Rechtsbestand zu entfernen gewesen seien. Es gelte daher für die entsprechenden Verfahren die durch die Bescheide der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse hergestellte Sach- und Rechtslage.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gesellschaft Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zufolge der im Spruch angeführten Zeiträume lediglich über die Versicherungspflicht hinsichtlich der vom Landeshauptmann von Wien der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH zugeordneten Zeiten in den Jahren 1994 und 1995 abgesprochen hat (Zlen. MA 15-II-P51/96 und MA 15-II-P43/96), während über die Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, mit dem dieser über die Beschäftigung bei der Dr. P und Dr. P GmbH im Jahre 1993 abgesprochen hat, (MA 15-II-P42/96) nicht entschieden wurde.

Die belangte Behörde erachtete die - irrtümlich von ihr lediglich einer Aktenzahl (MA 15-II-P 51/96) zugeordneten - Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom 30. September 1996 deshalb als rechtswidrig, weil dieser die Einsprüche gegen die entsprechenden Bescheide der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse hätte zurückweisen müssen, zumal sie von der Dr. P und Dr. P GmbH erhoben worden seien, während mit diesen Bescheiden über die Versicherungspflicht beim Dienstgeber Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH abgesprochen wurde, somit nur die zuletzt genannte Gesellschaft zur Erhebung von Einsprüchen und in der Folge von Berufungen legitimiert gewesen sei.

Legte die belangte Behörde diesem Ergebnis zu Grunde, es seien alle Rechtsmittel von der - mittlerweile allein existenten - beschwerdeführenden Gesellschaft (Dr. P und Dr. P GmbH) eingebracht worden, was sich eindeutig aus dem Briefkopf dieser Schriftsätze und der dort angeführten Firmenbuchnummer der Dr. P und Dr. P GmbH ergebe - ein Hinweis auf die Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH finde sich nicht -, ist ihr zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis vom 20. Dezember 2001 bei der Darstellung des Verfahrensganges nach der Aktenlage davon ausgegangen ist, dass die nunmehr mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesenen Berufungen von der Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalbereitstellung und Organisationsentwicklung GmbH erhoben wurden. Für die Einsprüche ergibt sich dies aus der gleichlautenden Formulierung, die Erstmitbeteiligte habe "ihre Arbeiten weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Abhängigkeit von der (Dr. P. P. und Ing. Dr. K. P. Personalmarketing und Organisationsentwicklung GmbH) durchgeführt". Gezeichnet wurden die Einsprüche von Dr. P. P., der zu jener Zeit Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen ist.

Entgegen der nunmehr von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, erlaubt allein die Verwendung von Briefpapier der Dr. P und Dr. P. GmbH, mit der die vorhin genannte Gesellschaft schließlich verschmolzen wurde, keine eindeutige und abschließende Beantwortung der Frage, wem das Rechtsmittel zuzuordnen ist. Zwar befinden sich die durch den angefochtenen Bescheid zurückgewiesenen Berufungen nicht im Verwaltungsakt, sodass eine Beurteilung ihrer Urheberschaft nicht möglich ist; der angefochtene Bescheid erweist sich aber schon deshalb als rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Bescheide des Landeshauptmannes von Wien in der fälschlichen Annahme aufgehoben hat, es fehle an der Legitimation zur Erhebung der Einsprüche. Dadurch ist der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Juni 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080094.X00

Im RIS seit

22.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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