TE OGH 1985/10/29 5Ob85/85

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Veröffentlicht am 29.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eveline A, Hauseigentümerin, Wien 3., Baumannstraße 4, vertreten durch Dr.Alexander Kubicek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Wilhelm B, praktischer Arzt, Wien 3., Baumannstraße 4, vertreten durch Dr.Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 114.493,58 S samt Anhang infolge der Rekurse beider Streitteile gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Juni 1985, GZ.11 R 142/85-15, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 26.Feber 1985, GZ.24 Cg 144/84-10, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte mit der am 30.4.1984 beim Erstgericht eingelangten Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 114.493,58 S samt 14 % Zinsen seit 26.4.1984. Sie brachte vor, sie sei Mehrheitseigentümerin des Hauses Wien 3., Baumannstraße 4, und auf Grund eines Bauauftrages zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten an diesem Haus verpflichtet. Die Schlichtungsstelle habe mit der (gemäß §§ 18 f.MRG ergangenen) Entscheidung vom 16.1.1984 festgestellt, daß das Gesamterfordernis einschließlich Geldbeschaffungskosten 1,592.909 S betrage, und die Mehrheitseigentümer des Hauses mit der Vornahme der ihrer Entscheidung zugrundeliegenden Erhaltungsarbeiten innerhalb eines Jahres ab Zuzählung der finanziellen Mittel beauftragt. Der Beklagte sei Wohnungseigentümer im genannten Haus und daher anteilig zur Zahlung des Klagebetrages gehalten, wobei im Falle der Barzahlung die Geldbeschaffungskosten entfielen. Er habe die Forderung auch dem Grunde nach anerkannt, deren Bezahlung jedoch unberechtigterweise davon abhängig gemacht, daß gegen ihn nach Begleichung des Betrages aus dem Titel der Generalreparatur keine Forderungen mehr gestellt würden. Es sei ihr nicht zumutbar, Bauaufträge zu erteilen und die hiefür erforderlichen Beträge für den Beklagten vorzustrecken. Installationsarbeiten seien im übrigen schon durchgeführt worden. Da ihr die C D E infolge Zahlungsverzuges

14 % Verzugszinsen berechne, habe ihr der Beklagte auch diese Verzugszinsen zu ersetzen.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Klageabweisung und wendete ein: Die Klägerin sei zu 19.402/27.285-Anteilen Miteigentümerin, er selbst sei zu 2.250/27.285-Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 3091 KG Landstraße, Haus Wien 3., Baumannstraße 4. Die Klägerin habe ihm die genannten Anteile zur Begründung von Wohnungseigentum übertragen, doch sei Wohnungseigentum bisher noch nicht begründet worden. Bei Kaufvertragsabschluß habe ihm die Klägerin mitgeteilt, daß am Haus Reparaturarbeiten notwendig seien, deren auf ihn entfallende Kosten maximal 10.000 S betragen würden. Tatsächlich habe die Klägerin jedoch eine Entscheidung der Schlichtungsstelle nach §§ 18 f.MRG erwirkt, wonach Erhaltungsarbeiten mit einem Aufwand von 1,592.909 S erforderlich seien. Dieses gigantische, ihm bei Vertragsabschluß verschwiegene Reparaturerfordernis sei ein Mangel des Kaufgegenstandes, für den die Klägerin aus dem Titel der Gewährleistung einzustehen habe. Der Rechtsgrund der Klageforderung sei nicht eindeutig ersichtlich, die Klage sei daher unschlüssig. Selbst wenn feststünde, daß Reparturen mit einem Aufwand von 1,592.909 S notwendig wären, ergäbe sich daraus noch nicht ein Anspruch der Klägerin gegen ihn auf Zahlung des anteilsmäßigen Betrages. Eine solche Forderung könnte lediglich aus einer Geschäftsführung entstehen, wenn Auslagen bereits erwachsen seien und deren Ersatz verlangt werde. Da die Arbeiten bisher weder durchgeführt noch abgerechnet worden seien, seien der Klägerin aber bisher keinerlei Auslagen erwachsen und demnach keinerlei Forderungen entstanden. Dasselbe gelte für die Verzugszinsen. Richtig sei bloß, daß er erklärt habe, die sofortige anteilsmäßige Zahlung der Reparaturkosten einer Kreditaufnahme vorzuziehen, und bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung bereit gewesen wäre, entsprechende Beträge zu leisten. Schließlich setze er der Klageforderung in eventu aufrechnungsweise nachstehende Gegenforderungen entgegen: a) Im Kaufvertrag sei vereinbart gewesen, daß im Hause ein Lift errichtet werde und er die Kosten hiefür anteilig trage. Er habe bereits Akontozahlungen von 67.650 S geleistet, aber bisher noch keine Kostenabrechnung erhalten, obgleich der Lift längst in Betrieb sei. b) Die Klägerin habe von ihm seit 1981 Pauschalbeträge für die Betriebskosten verlangt und erhalten, diese bisher aber noch nicht ordnungsgemäß abgerechnet. Aus den teils nicht überprüfbaren, teils ersichtlich unrichtigen Abrechnungen ergebe sich für ihn aus den Jahren 1981 bis 1983 ein Guthaben von insgesamt 196.628,50 S.

Die Klägerin replizierte, sie habe den Kaufvertrag mit dem Beklagten lediglich auf Grund eines Rücktritts des Voreigentümers der Wohnung F geschlossen, sämtliche Zahlungen für die gegenständliche Wohnung seien zwischen F und dem Beklagten verrechnet worden. Der Beklagte sei bei Vertragsabschluß von Wasserschäden in Kenntnis gesetzt worden, die Höhe der erforderlichen Reparaturkosten sei ihr damals nicht bekannt gewesen. Die Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht. Die Abrechnung der Lifterrichtungskosten habe ein Guthaben von 19.787,57 S zu ihren Gunsten ergeben; sie habe diesen Betrag gesondert eingeklagt. Die Betriebskostenabrechnungen hätten nicht zu einem Guthaben zugunsten der Mieter, sondern zu einem solchen zugunsten der Hausverwaltung geführt.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin war am 14.9.1979 zu 13/15-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 3091 KG Landstraße, Haus in Wien 3., Baumannstraße 4. Sie verkaufte an diesem Tag einen 1/15-Anteil der Gesamtliegenschaft zwecks Begründung von Wohnungseigentum an der Wohnung top.Nr.9 an Lorenzo F vorbehaltlich der genaueren Festlegung der Anteile nach dem Ergebnis des Parifizierungsverfahrens. Lorenzo F trat innerhalb einer Frist von 2 Jahren von diesem Kaufvertrag zurück und machte den Beklagten als Wohnungswerber namhaft. Am 31.3.1981 schloß daher die Klägerin, immer noch zu 13/15-Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft, mit dem Beklagten zum Zweck der Begründung von Wohnungseigentum an der Wohnung top.Nr.9 einen Kaufvertrag über 150/1819-Anteile an der Liegenschaft, und zwar deshalb, weil in der Zwischenzeit eine Nutzwertentscheidung der MA 50 ergangen war. Der Beklagte nahm zur Kenntnis, daß sich seine Anteile nach einer Neufestsetzung der Nutzwerte infolge des Verkaufs des Dachgeschoßes im Wohnungseigentum ändern würden.

Der Klagevertreter hatte dem Beklagten erklärt, daß das Haus im Rahmen eines Verfahrens nach § 7 MG renoviert worden sei und sich in gutem Zustand befinde. Auf Grund eines Kanalgebrechens sei aber mit weiteren Kosten zu rechnen, von denen auf den Anteil des Beklagten 8.000 S bis 10.000 S entfallen würden. Im Zuge der Befundaufnahme nach dem Kanalgebrechen im Bereich des Erdgeschoßes und des Kellergeschoßes des Hauses stellte sich - nach Abschluß des Kaufvertrages zwischen den Streitteilen - heraus, daß das Haus vom Hausschwamm befallen war und im Zusammenhang damit bereits umfangreiche Schäden vorlagen. Zur Sanierung wurde den Miteigentümern ein Instandsetzungsauftrag erteilt.

Die Miteigentümer Eveline und Henry A leiteten zur Deckung der Instandsetzungskosten bei der Schlichtungsstelle ein Verfahren nach §§ 19 f.MRG ein. Gegner in diesem Verfahren waren die Mieter der Wohnungen top.Nr.6, 10, 10 a, 11, 14 und 15, nicht aber die (künftigen) Wohnungseigentümer. Die Schlichtungsstelle stellte ein Gesamterfordernis von 1,592.909 S einschließlich 130.666,52 S Geldbeschaffungskosten und 100.000 S Hauptmietzinsabgang fest. Die Gesamtkosten der Erhaltungsarbeiten (zuzüglich Bauüberwachung und Bauverwaltung) betragen also 1,362.242,50 S. Die Mietzinse wurden auf die Kategoriemietzinse (richtig: auf 61,54 % der Kategoriemietzinse) erhöht. Eine weitere Erhöhung der Hauptmietzinse wurde nicht vorgenommen.

Der Beklagte erklärte sich bereit, die auf seine Anteile entfallenden Kosten einschließlich des Anteils am Hauptmietzinsabgang zu bezahlen, um seine Anteile nicht belasten zu müssen, forderte von der Klägerin aber die Zusage, daß aus dem Titel dieser Generalreparatur keinerlei Forderungen mehr gegen ihn erhoben werden würden. Die Klägerin akzeptierte diese Bedingung nicht und forderte die Zahlung des Klagebetrages.

Bisher wurden für Kanalarbeiten rund 170.000 S ausgegeben. Die Klägerin wird die Arbeiten erst fortsetzen, sobald das Gesamterfordernis erlegt wurde. Das Gesamtausmaß der Kosten ist nicht abzusehen, weil immer wieder neue Schäden auftauchen. Im Jahre 1984 wurde eine neuerliche Nutzwertfeststellung vorgenommen, sodaß die Anteile der Klägerin zum 27.3.1984 19.402/27.285, jene des Beklagten 2.250/27.285 betragen. Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Die Entscheidung der Schlichtungsstelle über die Erhöhung der Hauptmietzinse bzw. die Feststellung des Reparaturaufwandes sei im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter bindend. Sie eröffne den Eigentümern die Möglichkeit, den Mietern das Reparaturerfordernis in der Weise anzulasten, daß ein Kredit aufgenommen werde und die Rückzahlungsraten aus den auf den Kategoriemietzins erhöhten Hauptmietzinsen abgedeckt würden. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle gestalte aber nicht die Rechtslage zwischen den Miteigentümern, sondern wirke auf dieses Rechtsverhältnis nur zurück, indem sie die zwischen ihnen aufzuteilenden Einnahmen infolge der Zweckwidmung der Mietzinseingänge mindere und indem die Veranlassung der Arbeiten von den Mietern zwangsweise durchgesetzt werden könne. Eine Verpflichtung des einen Miteigentümers gegenüber dem anderen, ihm Anteile am Reparaturerfordernis vorauszuzahlen, könne daraus nicht abgeleitet werden. Die Entscheidung der Schlichtungsstelle sei somit keine tragfähige Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch.

Die Klägerin berufe sich aber auch auf ein Anerkenntnis der Forderung, das sie offenbar in dem Schreiben des Beklagten vom 27.3.1984 erblicke. Die in diesem Brief enthaltene Erklärung der Zahlungsbereitschaft im Ausmaß des eingeklagten Betrages sei aber unter der Bedingung erfolgt, daß die Klägerin auf weitere Forderungen aus dem Titel derselben Generalreparatur verzichte. Da diese Bedingung nicht erfüllt worden sei, sei dem Beklagten daraus keine Verpflichtung entstanden, weil er sich ohne diese Zusage nicht habe binden wollen. Auch dieser Rechtsgrund reiche daher für eine Verpflichtung des Beklagten nicht aus.

Ein anderer Rechtsgrund sei zwar nicht behauptet worden, doch sei die Klägerin nicht auf die angeführten Rechtsgründe beschränkt. Es sei vielmehr zu prüfen, ob der behauptete Sachverhalt in irgendeiner Weise geeignet sei, einen Anspruch der Klägerin zu begründen. Dies sei zu verneinen. Der Beklagte sei im Innenverhältnis verpflichtet, notwendige Reparaturkosten, zu deren Tragung die Eigentümer verpflichtet seien, entsprechend seinen Anteilen mitzutragen. Ein Anspruch auf Zahlung entstehe der Klägerin aber erst mit der Tragung entsprechender Auslagen, die sie dem Beklagten gegenüber nachzuweisen und fälligzustellen habe. Der auf die Anteile des Beklagten entfallende Teil des Gesamterfordernisses einschließlich Hauptmietzinsabgang betrage dann allerdings 120.580,74 S. Ob die Klägerin darüber hinausgehende Ansprüche geltend machen könne, hänge schließlich davon ab, wieviel sie dem Beklagten tatsächlich vorlege und ob Gegenforderungen des Beklagten bestünden. Da aber bereits die Forderung der Klägerin als nicht zu Recht bestehend erkannt worden sei, habe eine Auseinandersetzung mit den vom Beklagten behaupteten Gegenforderungen entfallen können. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es führte aus:

Grundsätzlich seien für die Beurteilung von Ersatzansprüchen zwischen Miteigentümern einer Liegenschaft die Bestimmungen der §§ 837, 839 ABGB maßgebend. Diese Bestimmungen seien jedoch dispositiver Natur. Im vorliegenden Fall sei der Beklagte nicht nur einfacher Miteigentümer der strittigen Liegenschaft, sondern Wohnungseigentumsbewerber und offenbar auch Benützer der Wohnung top.Nr.9 in diesem Haus. Für die Aufteilung der Kosten einer Erhaltungsarbeit zwischen den Mietern und den selbst benützenden Hauseigentümern seien jedoch die zwingenden Bestimmungen des § 18 MRG anzuwenden, die in diesem Umfang an die Stelle der §§ 837 und 839 ABGB träten. Die Aufteilung des Gesamterfordernisses erfolge gemäß § 18 Abs.2 MRG nach den 'anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinsen' (das seien die 'fiktiven Kategoriezinse') und, wenn dies nicht ausreiche, überdies noch gemäß § 18 Abs.3 MRG nach den Nutzelächen der einzelnen Objekte. Im vorliegenden Fall sei durch die Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 16.1.1984 die Aufteilung des Reparaturerfordernisses allein nach den Kategoriemietzinsen (§ 18 Abs.2 MRG) ausgesprochen worden. Diese Entscheidung binde aber - sofern sie in Rechtskraft erwachsen sei - nicht nur die Mieter, sondern auch die Vermieter, somit auch den Beklagten. Er würde also seiner Verpflichtung zur anteiligen Tragung der Erhaltungskosten dadurch nachkommen, daß er seinen in der Anlage zur Entscheidung der Schlichtungsstelle ausgesprochenen Anteil am erhöhten 'Hauptmietzins' für die Dauer des Aufteilungszeitraumes entrichte. Da sich der Beklagte aber weigere, ein zur Finanzierung der Reparaturarbeiten erforderliches Darlehen auf seinem Eigentumsanteil einverleiben zu lassen (ob er seinen Anteil am erhöhten Hauptmietzins bezahle, sei derzeit nicht geprüft), sei die normale Abwicklung und Finanzierung des § 18-Verfahrens nicht g sichert. Das Kreditinstitut oder auch die übrigen Hauseigentümer seien nämlich unter Umständen nicht bereit, das gesamte Darlehen (einschließlich des auf den Beklagten entfallenden Anteils) nur auf den restlichen Miteigentumsanteilen einverleiben zu lassen. In diesem Fall könnte für den auf den Beklagten entfallenden Anteil am Reparaturerfordernis, der sich hier aber nicht nach den Miteigentumsanteilen, sondern nach dem Verhältnis des erhöhten Hauptmietzinses des vom Beklagten benützten Objektes zum Gesamtbetrag der erhöhten Mietzinse (laut Entscheidung der Schlichtungsstelle wäre dies ein Verhältnis von 1558,05 : 20.257,60) richte, ein Pfandrecht nicht einverleibt werden. In diesem Falle müßte daher auf die Bestimmungen der §§ 837, 839 ABGB zurückgegriffen werden, wonach der die Verwaltung führende Miteigentümer befugt sei, den Ersatz aller nützlichen Aufwendungen zu fordern (MGA ABGB 31 § 837/8; Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 10 und 13 zu § 837). Dies setze aber voraus, daß der die Verwaltung führende Miteigentümer den Aufwand auch tatsächlich gemacht habe. Hier habe die Klägerin einen solchen Aufwand in der Höhe von rund 170.000 S für die Behebung von Kanalgebrechen behauptet. Hiezu fehlten aber ausreichende Feststellungen des Erstgerichtes. Sollte die Klägerin einen solchen Aufwand tatsächlich vorgenommen haben, so hätte sie auch Anspruch auf (hier im Ausmaß des § 18 Abs.2 MRG) anteiligen Ersatz gegenüber dem Beklagten. Gleiches gelte von dem durch die Entscheidung der Schlichtungsstelle auch für den Beklagten bindend festgestellten vorläufigen Hauptmietzinsabgang. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber zu treffen haben, welche Auslagen der Klägerin als der die Verwaltung führenden Mehrheitseigentümerin im Rahmen der nach § 18 MRG aufgetragenen Arbeiten tatsächlich bereits erwachsen seien und wie weit der Anteil des Beklagten an diesen Beträgen nicht durch seine allfälligen Zahlungen auf Grund der Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 16.1.1984 abgedeckt sei. Sollte sich dann ein den Beklagten treffender Fehlbetrag herausstellen, so wären überdies Feststellungen zu den vom Beklagten erhobenen Gegenforderungen zu treffen.

Der Rechtskraftvorbehalt nach § 519 Abs.1 Z 3 ZPO sei auszusprechen gewesen, weil die Frage, inwiefern die Kosten von Reparaturarbeiten nach § 18 MRG von selbst benützenden Miteigentümern (Wohnungseigentumsbewerbern) mitzutragen seien, vom Obersten Gerichtshof, soweit ersichtlich, bisher noch nicht entschieden worden sei.

Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Streitteile, die eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne ihres jeweiligen Prozeßstandpunktes (Klagestattgebung bzw. Wiederherstellung des Ersturteils) anstreben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt. Die zutreffende Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Klägerin ihre Klageforderung nicht auf ein Anerkenntnis des Beklagten stützen kann, wird weder vom Berufungsgericht noch von den Streitteilen in den Rekursen in Zweifel gezogen.

Eine nach §§ 18 f.MRG ergehende rechtskräftige Entscheidung der Gemeinde oder des Außerstreitrichters, in der dem Vermieter zur Durchführung von bestimmten Erhaltungsarbeiten die Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses bewilligt und der Auftrag zur Vornahme der der Entscheidung zugrundeliegenden Erhaltungsarbeiten binnen einer angemessenen, ein Jahr nicht übersteigenden Frist erteilt wird, greift in Ansehung des von den Mietern geschuldeten Hauptmietzinses rechtsgestaltend in die zwischen dem Vermieter bzw. den Vermietern und den Mietern bestehenden Mietverträge ein und schafft in Ansehung der vom Vermieter bzw. den Vermietern durchzuführenden Erhaltungsarbeiten einen nach § 6 Abs.2 MRG vollstreckbaren Exekutionstitel (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu §§ 18, 19 MRG). Wenn der Antrag nach §§ 18 f.MRG von dem die Hausverwaltung führenden Mehrheitseigentümer gestellt wurde, wozu dieser in dem Regelfall, daß es sich dabei um eine in den Bereich der ordentlichen Verwaltung gehörende Maßnahme handelt (SZ 34/79 = MietSlg.8524/23, SZ 38/6 = MietSlg.17.035 ua; Palten in ImmZ 1981,233; Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 833), befugt ist, muß der Minderheitseigentümer diese beiden - im Verhältnis zwischen den Miteigentümern als Vermietern und den Mietern eintretenden - Wirkungen einer solchen Entscheidung gegen sich gelten lassen. Darüber, welchen Anteil an dem Gesamterfordernis ein Miteigentümer des Hauses im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern des Hauses zu tragen hat, sagt die Entscheidung nach §§ 18 f.MRG nichts aus. Dieser Anteil richtet sich daher bei Fehlen einer abweichenden Vereinbarung zwischen den Miteigentümern (§ 839 Satz 1 ABGB ist - wie das Berufungsgericht richtig ausführt - dispositiver Natur: Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 839) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes auch bei einem eine Wohnung des Hauses auf Grund seines Miteigentums benützenden Miteigentümer, und zwar selbst dann, wenn ihm diese Wohnung später ins Wohnungseigentum übertragen werden soll, nicht nach dem für diese Wohnung im Rahmen der Entscheidung nach §§ 18 f.MRG anrechenbaren monatlichen Hauptmietzins (§ 18 Abs.1 Z 6 lit.c MRG), sondern - solange (wie hier) auch nicht an einer Wohnung des Hauses Wohnungseigentum grundbücherlich begründet wurde (MietSlg.30.571/29, 30.573/36, 32.502 u.a.; vgl. Meinhart in ImmZ 1978,311 ff; Würth in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 19 WEG) - nach § 839 Satz 1 ABGB.

Im vorliegenden Fall teilte der Beklagte in seinem Schreiben vom 27.3.1984 dem Klagevertreter mit, daß er, um seinen Grundbuchsanteil nicht zu belasten, die auf ihn entfallenden anteiligen Kosten der Generalreparatur vorweg bezahlen möchte, wodurch sich das aufzunehmende Darlehen um seinen Anteil verringern würde und er sich die anteiligen Geldbeschaffungskosten ersparen könnte. Der Errechnung seines Anteils an den Reparaturkosten legte er konform mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle Gesamtkosten der Erhaltungsarbeiten (zuzüglich Bauüberwachung und Bauverwaltung) von 1,362.242,50 S zuzüglich eines Hauptmietzinsabganges per 31.1.1984 von 100.000 S, insgesamt also einen Betrag von 1,462.242,50 S, zugrunde; er ging davon aus 7,83 % dieses Betrages entfielen anteilig auf ihn (ohne eine nähere Begründung dafür zu geben, wie er zu diesem Prozentsatz komme); das ergebe 114.493,58 S. Warum er sich für berechtigt erachte, von der Klägerin die Zusage zu verlangen, daß nach der Begleichung des genannten Betrages aus dem Titel dieser Generalreparatur keinerlei Forderungen mehr gegen ihn erhoben werden würden, führte der Beklagte im Schreiben vom 27.3.1984 nicht aus. Möglicherweise verlangte der Beklagte die erwähnte Zusage im Hinblick auf die Erklärungen, die der Klageverteter ihm gegenüber hinsichtlich des Zustandes des Hauses und hinsichtlich der zur Behebung eines Kanalgebrechens erforderlichen Kosten abgegeben hatte, oder wegen der nunmehr im gegenständlichen Verfahren eingewendeten Gewährleistungsverpflichtung der Klägerin aus dem Kaufvertrag. Daß es sich bei den der Entscheidung der Schlichtungsstelle zugrunde liegenden Erhaltungsarbeiten um solche handle, die er im Verhältnis der Miteigentümer untereinander seinem Anteil entsprechend mitzutragen habe, hat der Beklagte jedenfalls nicht bestritten. Dasselbe gilt für den Hauptmietzinsabgang. Das erstmals im Rekurs des Beklagten dazu erstattete Vorbringen ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium eine unbeachtliche Neuerung. Die Klägerin lehnte die vom Beklagten begehrte Zusage ab, nahm aber, wie insbesondere die gegenständliche Klageführung zeigt, zustimmend zur Kenntnis, daß sich der Beklagte an der Darlehensaufnahme nicht beteiligen und seinen Anteil an den Reparaturkosten (zuzüglich Hauptmietzinsabgang) 'vorweg' bezahlen wolle.

Im Rekurs vertritt die Klägerin den Standpunkt, daß der Beklagte seinen Anteil am Erhaltungsaufwand durch Barzahlung decken müsse, weil er eine Darlehensaufnahme hiefür verweigere und sie als Mehrheitseigentümerin nicht verpflichtet sei, die Reparaturkosten zunächst für ihn auszulegen und dann jeweils gegen ihn einzuklagen. Der Beklagte verficht im Rekurs die Auffassung, daß der von der Klägerin - überdies nicht in der nötigen Form und mit der gebotenen Bestimmheit - geltend gemachte anteilige Ersatzanspruch für Aufwendungen, die sie im Zuge der gegenständlichen Generalreparatur getätigt habe, erst mit der ordnungsgemäßen Rechnungslegung ihm gegenüber fällig werde; eine solche Rechnungslegung sei bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz nicht erfolgt. Es sei ihm nicht zumutbar, unbescheinigte Auslagen ohne Kontrollmöglichkeit zu ersetzen und in keiner Weise abgesicherte Vorleistungen an die Klägerin zu erbringen. In Wahrheit habe die Klägerin vom Beklagten auch niemals einen Aufwandersatz, sondern eine Vorschußleistung begehrt, ohne daß überhaupt feststehe, ob die Klägerin die in der Entscheidung der Schlichtungsstelle bzw. in den Kostenvoranschlägen angeführten Arbeiten je durchführen lassen werde oder aus technischen Gründen durchführen lassen könne. Dazu ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Bereits aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, daß die Klageforderung weder aus einem Anerkenntnis des Beklagten noch aus der Entscheidung der Schlichtungsstelle allein abgeleitet werden kann. Das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin reicht aber gerade noch aus, um prüfen zu müssen, ob die Klageforderung im § 837 ABGB begründet ist.

Die Klägerin, die die Hausverwaltung (durch den Klagevertreter) führende Mehrheitseigentümerin, ist gemäß § 837 ABGB als Machthaberin anzusehen. Sie ist daher einerseits verbunden, ordentlich Rechnung abzulegen, andererseits aber befugt, allen nützlich gemachten Auslagen in Abrechnung zu bringen. Schon deshalb ist der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes berechtigt, hat doch die Klägerin immerhin vorgebracht, (offenbar auf Grund des Bauauftrages und der Entscheidung der Schlichtungsstelle) bereits 'Installationsarbeiten' durchgeführt zu haben (AS 6), und das Erstgericht (auf Grund der Aussage des Klagevertreters als Zeuge: AS 29) festgestellt, daß für die schon beendeten 'Kanalreparaturarbeiten' bisher rund 170.000 S bezahlt wurden. Da die Klägerin gemäß § 837 ABGB als Machthaberin anzusehen ist, hat sie auch alle Rechte und Pflichten eines Machthabers nach §§ 1002 ff.ABGB (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 2 in Verbindung mit Rdz 13 zu § 837 mit weiteren Nachweisen). Nach § 1014 ABGB ist der Machtgeber verbunden, dem Machthaber auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen einen angemessenen Vorschuß zu leisten. Der Anspruch des Machthabers auf Vorausleistung eines Aufwandersatzes besteht, soweit nichts besonders vereinbart ist, auf Verlangen des Machthabers, das schriftlich, mündlich oder konkludent gestellt werden kann, und zwar im Hinblick auf die zu erwartenden Barauslagen (vgl. Strasser in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 1014, 1015). Der Beauftragte braucht grundsätzlich nicht für den Auftraggeber in Vorlage zu treten. Es kommt auf die Verhältnisse des einzelnen Falles und auf die übung des redlichen Verkehrs an (Stanzl in Klang 2 IV/1, 848; vgl. dazu auch MietSlg.30.564/20, wonach die Aufbringung der Mittel für die zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft erforderlichen Arbeiten schlechthin, mag sie nun durch eine Rücklage oder durch die Aufnahme eines Darlehens oder durch Vorschußzahlungen erfolgen, zu den durch Mehrheitsbeschluß zu entscheidenden Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung im Sinne des § 14 Abs.1 WEG zählt). Hier sind also die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Hausverwaltung und etwa auch die Vorteile einer prompten Bezahlung von Reparaturrechnungen zu berücksichtigen. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren - unter Beachtung der Auffassung des Obersten Gerichtshofes, daß sich der vom Beklagten zu tragende Anteil nach § 839 Satz 1 ABGB richtet - nach einer zweckdienlichen Erörterung der Anspruchsgrundlagen mit den Parteien sowie nach einer dann allenfalls noch notwendigen Aufnahme weiterer Beweise (sollten die bisher ergangenen Bauaufträge, die Entscheidung der Schlichtungsstelle und die bereits vorliegenden Kostenvoranschläge nicht genügen) nicht nur die für einen Aufwandersatzanspruch der Klägerin, sondern auch die für einen Anspruch der Klägerin auf eine angemessene Vorschußleistung auf die von ihr nachträglich abzurechnenden Auslagen für die Erhaltungsarbeiten erforderlichen Feststellungen nachzutragen und bei Bestehen einer Klageforderung auch auf die Gegenforderungen des Beklagten einzugehen haben. Es war daher den Rekursen im Ergebnis nicht Folge zu geben. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO sowie auf der Erwägung, daß beide Rechtsmittel zur weiteren Klärung von Rechtsfragen beigetragen haben.

Anmerkung

E06741

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00085.85.1029.000

Dokumentnummer

JJT_19851029_OGH0002_0050OB00085_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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