TE OGH 1985/10/29 4Ob372/85

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Veröffentlicht am 29.10.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Gamerith und Dr. Riedler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gfg - A mbH, Kaasgrabenweg 7, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Hans Pichler, Dr. Daniel Charim und Dr. Wolfgang Spitzy, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B C D E F

Gesellschaft mbH, Hagenstraße 44, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Maximilian Ganzert und Dr. Friedrich Wilhelm Ganzert, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,-) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 12. November 1984, GZ 2 R 305/84-11, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Linz vom 27.September 1984, GZ 7 Cg 348/84-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

'Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei wider die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei verboten, im geschäftlichen Verkehr die Abkürzung 'Gfb (GfB)' im Zusammenhang mit der Bezeichnung 'Betriebsberatung' zu verwenden.

Die einstweilige Verfügung wird für die Zeit, bis die gefährdete Partei ihren Anspruch durch Zwangsvollstreckung geltend machen kann, bewilligt.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Provisorialverfahrens zur Hälfte endgültig und zur Hälfte vorläufig selbst zu tragen. Die klagende Partei hat der beklagten Partei an Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen S 4.761,74 (davon S 419,24 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Beide Streitteile betreiben Personalberatungsunternehmen und stehen zueinander im Wettbewerb. Die klagende Partei ist unter der Firma 'Gfg - A m.b.H. (früher: 'GfG - F IN G Gesellschaft m.b.H.') seit 6.7.1977 (mit der nunmehrigen Firmenbezeichnung seit 20.8.1980) im Handelsregister eingetragen. Die beklagte Partei führt die Firma 'B C D E F Gesellschaft

m. b.H.' (Eintragung vom 18.12.1980). Die klagende Partei tritt im Geschäftsverkehr (insbesondere bei Inseraten und im Schriftverkehr) als 'GfG (H) - F', die beklagte Partei als 'GfB

(I) - FS-GMBH' auf. Beide Parteien verwenden

außerdem verschieden gestaltete ovale Geschäftsabzeichen mit den Buchstaben 'H' bzw. 'I' (Beilagen 1,2).

Die klagende Partei behauptet, daß die Verwendung der mit ihrem Firmenbestandteil 'Gfg' ähnlichen Abkürzung 'GfB' geeignet sei, Verwechslungen mit ihrer Firma hervorzurufen, zumal 'Gfg' die ständig verwendete Kurzbezeichnung der Klägerin sei, die bei ihren Kunden und bei vielen Angestellten bekannt sei.

Die klagende Partei begehrt zur Sicherung ihres gleichlautenden Klagebegehrens, der beklagten Partei aufzutragen, die Verwendung der Abkürzung 'GfB' im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen. Die beklagte Partei sprach sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung aus. Ein Vergleich der beiden Geschäftsabzeichen (Beilagen 1, 2) ergebe, daß eine Verwechslung der Streitteile ausgeschlossen sei.

Das Erstgericht bewilligte den Sicherungsantrag mit der Begründung, daß die Verwendung der Kurzbezeichnung 'GfB (I)' geeignet sei, Verwechslungen mit der klagenden Partei hervorzurufen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes,über den es entschieden hat, S 60.000 (richtig wohl: S 15.000) nicht aber S 300.000 übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht war der Ansicht, daß die verglichenen Buchstabenzusammensetzungen ohne Kenntnis der vollständigen Bezeichnung unverständlich seien, so daß ihnen keine Namensfunktion zukomme. Für die Abkürzung 'Gfg' könnte nur dann der Schutz des § 9 UWG gewährt werden, wenn sie Verkehrsgeltung erlangt habe, was aber nicht bescheinigt sei. Niemand habe das Recht, einzelne Buchstaben des Alphabet's - ohne Namensfunktion - für sich allein in Anspruch zu nehmen. Die anscheinend gegenteilige Entscheidung ÖBl.1979, 47 könne auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, weil es dort um den Vergleich des vollen Firmenwortlauts gegangen sei. Vorliegend sei jedoch nur die Verwendung der Abkürzungen 'GfG' und 'I' zu beurteilen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig (ÖBl.1984, 104) und auch teilweise berechtigt.

Derjenige, der im geschäftlichen Verkehr eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Unternehmens in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann gemäß § 9 Abs.1 UWG von diesem auf Unterlassung der Benützung in Anspruch genommen werden. Der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens stehen gemäß § 9 Abs.3 UWG Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Unternehmens von anderen bestimmte Einrichtungen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten. Den Schutz nach § 9 UWG genießt nicht nur der volle Firmenwortlaut, sondern - selbst ohne Verkehrsgeltung (ÖBl.1980, 159; ÖBl.1984, 134) - auch ein Firmenbestandteil, der für sich oder im Zusammenhang mit Zusätzen, die bei seinem Gebrauch verwendet werden, die Eigenschaft hat, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht 14 1590 f;

Koppensteiner, Wettbewerbsrecht 402, ÖBl.1973, 133; ÖBl.1976, 77;

ÖBl.1979, 47; ÖBl.1980, 159; ÖBl.1981, 104; ÖBl.1984, 134; 4 Ob 349/79). Der Schutz eines solchen Firmenbestandteils besteht, so wie bei einer besonderen Bezeichnung des Unternehmens, regelmäßig ab Beginnn des Gebrauches bzw. der Eintragung ins Handelsregister (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 44 f; 4 Ob 313/75; 4 Ob 346/77). Voraussetzung eines solchen Schutzes ist aber, wie bereits erwähnt, daß die Bezeichnung (hier: der Firmenbestandteil) Unterscheidungskraft besitzt, also etwas Besonderes, Individuelles an sich hat und damit geeignet ist, das Unternehmen von anderen zu unterscheiden und auf den Betrieb des Benützers hinzuweisen. Das Zeichen muß also eine Namensfunktion haben (Hohenecker-Friedl aaO 47; Baumbach-Hefermehl aaO 1528; Koppensteiner aaO; 4 Ob 346/77;

ÖBl.1979, 47; ÖBl.1981, 104). Fehlt einer besonderen Bezeichnung des Unternehmens oder einem Firmenbestandteil diese Unterscheidungskraft, so beginnt der Schutz erst mit dem Zeitpunkt der Erlangung der Verkehrsgeltung (4 Ob 361/75; 4 Ob 346/77). Reinen Buchstabenzusammensetzungen, die lautlich nicht aussprechbar sind, kommt, ebenso wie bloßen Gattungsbezeichnungen, Namensfunktion (bzw. Unterscheidungskraft bei der Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen) im allgemeinen nicht zu (Hohenecker-Friedl aaO 47, 165; Baumbach-Hefermehl 1522, 1575, 1583, 1588 ff; derselbe, Warenzeichenrecht 12 327 f; ÖBl.1976, 105, ÖBl.1979, 47; ÖBl.1982, 77), doch können sie durch Verkehrsgeltung diese Namensfunktion und damit Schutzfähigkeit erlangen. Auch dann wird aber für die Beseitigung der Verwechslungsgefahr bei solchen nur aus wenigen Buchstaben bestehenden Wortzeichen vielfach schon der Unterschied in einem Buchstaben ausreichen (vgl. ÖBl.1976, 65; ÖBl.1979, 136).

Der Beurteilung der für die Namensfunktion wesentlichen Unterscheidungskraft sind aber entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes im vorliegenden Fall nicht die Abkürzungen 'Gfg' und 'GfB (I)' sondern die Bezeichnungen 'Gfg - F' und

'GfB (I) - FS GMBH' zugrundezulegen, weil die

klagende Partei den Unterlassungsanspruch ausdrücklich auf den Firmenschutz stützte (vgl. ÖBl.1979, 47). Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist auch eine Kombination an sich nicht unterscheidungskräftiger Wörter dann schutzfähig im Sinne des § 9 Abs.1 UWG, wenn und soweit die Verbindung als Ganzes nicht der Umgangssprache angehört, sondern vom Verkehr als eigenartige sprachliche Neubildung aufgefaßt wird, in der die sonst übliche Bedeutung der einzelnen Wörter so in den Hintergrund tritt,daß die Wortverbindung geeignet ist, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden (ÖBl.1976, 77; ÖBl.1979, 47; ÖBl.1979, 77; ÖBl.1981, 104 mwN). Der Buchstabengruppe 'Gfg' fehlt wohl für sich allein ohne Verkehrsgeltung jede Namensfunktion. Ebenso ist die Gattungsbezeichnung 'Betriebsberatung' nicht schutzfähig und darf schon wegen der Notwendigkeit, daß gleichartige Unternehmen auf diesen Unternehmensgegenstand hinweisen, nicht dem Verkehr entzogen werden. Die Kombination der beiden Bestandteile zu

'Gfg - F' stellt aber eine individuelle sprachliche Neubildung dar. Durch die Zusammensetzung der Buchstabengruppe und der Gattungsbezeichnung, die gegenseitig aufeinander einwirken, wird ein Gesamteindruck herbeigeführt, der von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Aussage über Art und Gattung des Unternehmens, sondern als eindeutiger Hinweis auf ein ganz bestimmtes - damit individualisiertes - Unternehmen, eben die 'Gfg - F' aufgefaßt wird. Werden daher diese beiden Firmenbestandteile gemeinsam betrachtet, - wie sie ja auch tatsächlich im Verkehr verwendet werden - so kann ihnen eine Namensfuntkion nicht abgesprochen werden (ÖBl.1979, 47). Die beklagte Partei greift dadurch, daß sie sich als 'GfB - F (J)' bezeichnet, in diese gemeinsam

schutzfähigen Firmenbestandteile ein. Durch die Veränderung bloß eines Buchstabens (B statt G) erfolgt keine so weitgehende Veränderung des Gesamteindruckes - und zwar weder im optischen Erscheinungsbild, noch insbesondere im Wortklang - daß eine Verwechslungsgefahr auszuschließen wäre (vgl. ÖBl.1976, 65 ua). Auch die (zusätzliche!) Verwendung verschiedener ovaler Geschäftszeichen mit den Buchstaben 'H' und 'I' schließt die Verwechslungsgefahr nicht aus. Selbst wenn die beklagte Partei beim schriftlichen Gebrauch der Worte 'GfB - F J' stets das ovale Geschäftsabzeichen hinzusetzte - was nicht bescheinigt ist - , wäre beim mündlichen Gebrauch der Bezeichnung 'GfB - F'

immer noch eine große Verwechslungsgefahr gegeben.

Da die Firmenbestandteile 'Gfg - F' nur in ihrer

Kombination Unterscheidungskraft besitzen, hat die klagende Partei keinen Anspruch darauf, daß die beklagte Partei den Gebrauch der Abkürzung 'GfB' im geschäftlichen Verkehr schlechthin unterlasse. Sie hat aber, was ein Minus zu ihrem Begehren bildet, Anspruch darauf, daß die beklagte Partei die Bezeichnung 'GfB' in Verbindung mit den Worten 'F (J)' unterlasse.

In diesem Umfang ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 393, 78, 402 EO, 43 Abs.1, 50 ZPO. Beide Parteien sind je zur Hälfte als obsiegend und unterliegend anzusehen.

Anmerkung

E06730

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00372.85.1029.000

Dokumentnummer

JJT_19851029_OGH0002_0040OB00372_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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