TE OGH 1985/11/7 7Ob35/85

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Veröffentlicht am 07.11.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Gerald A, Rechtsanwalt, Graz, Raubergasse 27, wider die beklagte Partei B C Versicherungs-AG, Wien 1., Bäsendorferstraße 13, vertreten durch Dr.Werner Thurner, Rechtsanwalt in Graz, wegen 141.485,02 S s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 24. April 1985, GZ.2 R 71/85-17, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgericht vom 31.Jänner 1985, GZ.7 Cg 304/84-10, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 8.145,45 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.920 S Barauslagen und 565,95 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat bei der Beklagten eine Berufshaftpflichtvesicherung abgeschlossen, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (D) zugrunde liegen. Nach Art.5.4 a E hat der Versicherer die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in welchem der Geschädigte von dem Versicherungsnehmer befriedigt oder der Anspruch des Geschädigten durch rechtkräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist.

Unter Berufung auf die abgeschlossene Haftpflichtversicherung begehrt der Kläger von der Beklagten 141.485,02 S s.A. mit folgender wesentlicher Begründung:

Seine Klienten Herbert und Adelheid F hätten an Helmut G einen PKW unter Eigentumsvorbehalt verkauft. Vor Bezahlung des Kaufpreises sei der PKW gestohlen worden. Helmut G habe den PKW gegen das Diebstahlsrisiko versichert gehabt und seine diesbezüglichen Versicherungsansprüche an die Ehegatten F abgetreten. Auf Rat des Klägers haben die Ehegatten F die Versicherungsansprüche des Helmut G gegen dessen Versicherung geltend gemacht, doch sei dieser Anspruch in drei Instanzen im Hinblick auf ein bestehendes Abtretungsverbot abgewiesen worden. Die Ehegatten F seien zur Zahlung von 43.085,02 S an Kosten sowie 8.400 S an Entscheidungsgebühren, insgesamt daher 51.485,02 S verhalten worden. Darüber hinaus sei ihnen ein Schaden von 90.000 S (Wert des PKW) entstanden. Der Gesamtschaden der Eheleute F von 141.485,02 S sei durch den unrichtigen Rat des Klägers verschuldet worden, weshalb ihm die Beklagte diesen Betrag auf Grund der bestehenden Haftpflichtversicherung ersetzen müsse.

Während das Erstgericht dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens von 90.000 S 51.485,02 S zusprach, wies das Berufungsgericht mit der angefochtenen Entscheidung das gesamte Klagebegehren ab. Es vertrat hiebei die Rechtsansicht, mangels Ansprucheserhebung der Ehegatten F gegen den Kläger und mangels Befriedigung einer Forderung dieser Ehegatten durch den Kläger hätte dieser Versicherungsleistungen nicht an sich, sondern nur an die Ehegatten F verlangen können. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Auf die Ausführungen der Revision zu einem angeblichen Anerkenntnis der Forderungen der Ehegatten F durch den Kläger muß nicht eingegangen werden, weil der Kläger ein solches Anerkenntnis im Verfahren erster Instanz nicht behauptet hat.

Diesbezüglich handelt es sich also um eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung.

Richtig hat das Berufungsgericht erkannt, daß es sich bei dem Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer aus der Haftpflichtversicherung, soweit ihm Schadensersatzansprüche Dritter zugrunde liegen, um einen Befreiungsanspruch handelt, also der Versicherer den Versicherungnehmer von diesen Schadenersatzansprüchen frei zu halten hat. Es besteht dieszüglich kein Anspruch des Versicherungsnehmers auf Leistung zu erwartender Schadenersatzansprüche an sich selbst. Erst wenn der Versicherungsnehmer den Dritten erlaubterweise befriedigt hat, erwächst ein solcher Zahlungsanspruch (Prälss-Martin, VVG 23 848, SZ 48/87). Im vorliegenden Fall wurde nicht einmal die Erhebung eines konkreten Anspruches der Ehegatten F gegen den Kläger behauptet, geschweige denn eine Befriedigung solcher Ansprüche durch den Kläger. Demnach hätte der Kläger höchtens eine Leistung an die Ehegatten F, nicht aber an sich selbst verlangen können. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art.5.4 a der D, weil dort nur geregelt ist, daß der Versicherer die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten hat, in welchem der Geschädigte von dem Versicherungsnehmer befriedigt oder der Anspruch des Geschädigten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. Weder eine Befriedigung noch ein Urteil noch ein Anerkenntnis oder ein Vergleich wurden behauptet. Im übrigen sagt diese Bestimmung nicht, an wen die Entschädigung zu leisten ist. Ob eine Verurteilung zur Zahlung an einen Dritten gegenüber dem Begehren des Versicherungsnehmers auf Zahlung an sich ein aliud oder ein minus wäre, muß hier nicht geprüft werden, weil der Kläger auch in der Revision ausdrücklich Zahlung an sich verlangt und zu erkennen gibt, daß er eine Zahlung an die geschädigten Dritten nicht ins Auge faßt. Demnach bestünde gar nicht die Möglichkeit, abweichend vom Begehren des Klägers vorzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E06985

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0070OB00035.85.1107.000

Dokumentnummer

JJT_19851107_OGH0002_0070OB00035_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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